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  • · Fachbeitrag · Verfahrensrecht

    Anforderungen an ein steuerliches Verwertungsverbot nach rechtswidriger Durchsuchung

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Trotz einer vorliegenden richterlichen Durchsuchungsanordnung gegen einen Beschuldigten führt die gleichzeitige Durchsuchung von Räumen Dritter zumindest dann zu einem umfassenden steuerrechtlichen Verwertungsverbot, wenn die eingesetzten Beamten die Verletzung des Grundrechts der Unverletzlichkeit einer Wohnung (Art. 13 GG) billigend in Kauf nehmen (FG Niedersachsen 20.9.18, 11 K 267/17).

     

    Sachverhalt

    Die Steufa durchsuchte eine Wohnung, in welcher der beschuldigte Gastwirt unstreitig lediglich ein Zimmer allein bewohnte, während der Rest der Räumlichkeiten ausschließlich von seiner Schwester genutzt wurde. Die Fahnder stießen dabei in deren Bereich auf Aufzeichnungen der Wohnungsinhaberin, die mögliche Schwarzeinnahmen dokumentierten. Das FA setzte nach intensiver Auswertung dieser Unterlagen durch einen Schätzungsbescheid ESt fest ‒ zu Unrecht, wie das FG jetzt feststellte.

     

    Anmerkungen

    Das Gericht nahm ein Verwertungsverbot für die bei der Durchsuchung erlangten Erkenntnisse an. Zwar lag für den ursprünglichen Beschuldigten eine richterliche Durchsuchungsanordnung vor. Dieser Beschluss betraf aber nicht die Klägerin. § 102 StPO gestattet nur die Durchsuchung von Räumlichkeiten, die der Verdächtige tatsächliche innehat. Für die Durchsuchung einer Wohnung reicht es zwar auch aus, wenn sie einen gemeinschaftlichen Herrschaftsbereich des Beschuldigten mit anderen Personen darstellt. Eine Ausdehnung der Durchsuchungsmaßnahme auf Räumlichkeiten, die ausschließlich von Dritten genutzt werden, kann dagegen nur auf § 103 StPO gestützt werden.

     

    Lässt sich nicht zweifelsfrei klären, ob ein Beschuldigter nicht zumindest Mitgewahrsam an den Räumlichkeiten hat, gebietet es schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Sphäre des Mitgewahrsamsinhabers zu respektieren. Ein konkret gefasster Durchsuchungsbeschluss erlaubt es insbesondere nicht, Papiere, die nicht zum unstreitig gemeinschaftlichen Herrschaftsbereich gehören, zu durchsuchen, durchzusehen und auszuwerten. An diese Maxime hatten sich die Fahnder, die während der Maßnahme explizit auf die wahren Nutzungsverhältnisse innerhalb der Wohnung hingewiesen worden waren, bewusst nicht gehalten.

     

    FAZIT | Die Maßnahme verletzte das in Art. 13 GG verankerte Grundrecht der Klägerin auf Unverletzlichkeit ihrer Wohnung. Denn Ausnahmetatbestände, wie Abwehr einer gemeinen Gefahr oder Lebensgefahr für einzelne Personen, vermochte das Gericht nicht zu erkennen. Vielmehr sahen die Richter im Verhalten der Fahnder eine gezielt rechtswidrige Maßnahme, die steuerliche Konsequenzen nicht rechtfertigen konnte. Auch von einem an sich verwertbaren Zufallsfund (§ 108 StPO) ging der Senat nicht aus. Denn gefunden wurden lediglich Kontounterlagen und Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden bzw. Gehälter. Dies ist indes vollkommen sozialadäquat und deutet für sich genommen nicht auf eine Straftat.

     
    Quelle: ID 45699521

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