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  • · Fachbeitrag · Schöne neue (Arbeits-)Welt

    Homeoffice ist nicht Heimarbeit

    von Marion Ketteler, Münster, www.kanzleiprofiling.de

    | Befürchtungen gegen das Homeoffice gibt es beiden Seiten. Arbeitgeber scheuen u. a. den organisatorischen Aufwand für Homeoffice-Arbeitsplätze. Und dem ein oder anderen ist auch nicht so ganz wohl bei dem Gedanken, dass „seine Leute den ganzen Tag unbeaufsichtigt sind.“ Arbeitnehmer fürchten eine „Entgrenzung der Arbeit“. Was beide Seiten verkennen: Auch wenn jetzt viele zum ersten Mal mit dem Homeoffice experimentieren (müssen), sie betreten keineswegs „Neuland“. Es gibt bereits vielfältige Erfahrungen und vor allem konkrete Tipps, wie das Homeoffice erfolgreich gestaltet werden kann. Dieser Beitrag beleuchtet die Mitarbeiterseite ‒ und zwar die sozialen Bedürfnisse, die über die Arbeit erfüllt werden. |

    Bedürfnis nach Zugehörigkeit

    Wir sind soziale Wesen und streben nach Zugehörigkeit. Jeden Morgen ins Büro zu kommen und jeden Tag dieselben Menschen zu treffen, schafft Zugehörigkeit. Selbst wenn ich mich nicht mit jedem verstehe: Allein, dass ich weiß, dass ich mit diesem gut auskomme und mit jenem nicht, stärkt meine Gruppenidentiät. Ich kenne die Gruppe derer, die mich den ganzen Tag umgeben und sie kennen mich. Durch das Homeoffice fällt diese alltägliche Erinnerung an die Zugehörigkeit plötzlich weg. Es muss also auf anderen Wegen versucht werden, das Zugehörigkeitsgefühl zu erhalten, gerade wenn über die konkrete Arbeitsteilung nur wenig Gelegenheit zu Kontakten besteht.

     

    PRAXISTIPPS |

     

    • Virtuelle Mittagspause: Wer seine Mittagspausen mit Kollegen verbringt, kann das vielleicht auch ‒ virtuell ‒ im Homeoffice beibehalten. Da ja jeder in seinem Homeoffice sitzt, kann er ja auch vielleicht etwas über diesen Raum erzählen. Das schafft dann wieder Austausch und Nähe.

     

    • Die Homeoffice-Kaffeetasse: Zugehörigkeit kann auch über Zeichen hergestellt werden. Daher ist z. B. eine Homeoffice-Kaffeetasse eine einfache Möglichkeit, auch im Homeoffice an die Zugehörigkeit erinnert zu werden und Zugehörigkeit zu demonstrieren.
     

    Bedürfnis nach Sicherheit

    Immer wieder dieselben Abläufe zu durchlaufen, gibt Sicherheit. Wieso sitzen wir jeden Mittag auf demselben Platz in der Küche oder Kantine? Wir könnten auch ebenso jeden Tag einen neuen Platz ausprobieren. Wieso gehen wir immer mit denselben Kollegen zur selben Zeit essen? Routinen geben Sicherheit. Durch die veränderte Situation gibt es erst einmal nur Neues: ein neuer Arbeitsplatz zuhause, die neue Technik, die beherrscht werden muss, die anfänglichen Probleme damit. Eine neue Tagesstruktur muss gefunden und mit den übrigen Haushaltsmitgliedern verbindlich vereinbart werden.

     

    PRAXISTIPPS |

     

    • Soviel Alltag wie möglich: Es hilft, soviel Alltag wie irgend möglich in die virtuelle Welt zu überführen. Findet jeden Montag ein Meeting statt? Dann sollte die Möglichkeit bestehen, dass sich Mitarbeiter aus dem Homeoffice dazuschalten können.

     

    • Organisierter Erfahrungsaustausch: Gut ist, was den Austausch untereinander über die Erfahrungen mit den neuen Umständen, der neuen Technik etc. fördert. Das verkürzt Lernkurven, weil nicht alle dieselben Probleme lösen müssen. Manche Lösungen sind mit Sicherheit übertragbar.
     

    Bedürfnis nach Austausch

    Der „Flurfunk“ erfüllt ein wichtiges Bedürfnis: dem nach zwischenmenschlichem Austausch. Auch zur informellen Informationsweitergabe ist er gut geeignet. Das kurze Gespräch in der Teeküche erspart nicht selten lange Besprechungen oder Diskussionen. Aber mit wem stehe ich im Homeoffice in der Küche an der heimischen Kaffeemaschine? Wenn ich Pech habe, bin ich den ganzen Tag mit mir allein. Da fällt ein zwischenmenschlicher Austausch völlig weg und kann in dieser Zeit auch nicht sonstwie kompensiert werden.

     

    PRAXISTIPPS |

     

    • Videomeetings für den Austausch: Persönlicher fachlicher Austausch war immer schon Gold wert. Jetzt wird auch der private Austausch wichtiger denn je. Einen anderen Kollegen wenigstens bis zu den Schultern zu sehen ist auf jeden Fall für die persönliche Kommunikation besser als nur zu telefonieren.

     

    • Kommunikationsbereit sein: Hier geht es darum, weiterhin ein offenes Ohr für die Kollegen zu haben und das eigene betriebliche Netzwerk nicht verkümmern zu lassen, nur weil man sich persönlich nicht mehr sieht. Zuzuhören und sich mitzuteilen stärkt auch das Gefühl der Zugehörigkeit.
     

    Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung

    Die Austauschmöglichkeit ist auch noch in einem anderen Kontext wichtig. Jeder freut sich über einen anerkennen Satz oder über ein Lob. Das wird jetzt schwieriger, weil zum einen die Erfolge weniger sichtbar oder miterlebbar sind und zum anderen der persönliche Austausch mangels Kontaktanlässen gehemmt ist Aber es geht nicht nur um Anerkennung und Wertschätzung für Leistungen aus der beruflichen Sphäre. Mitarbeiter tauschen sich informell auch untereinander über besondere Anlässe aus der privaten Sphäre aus.

     

    PRAXISTIPPS |

     

    • Virtuelle Teeküche: Mindestens so wichtig wie die offiziellen Meetings sind die inoffiziellen.

     

    • Das Nudelrezept der Woche : Wie wäre es mit einer kleinen Challenge: Jeder der mitmachen möchte zeigt ein selbst gekochtes Gericht und liefert das Rezept gleich mit? Dann können alle die Rezepte der anderen ausprobieren und bewerten.
     

    Bedürfnis nach Selbstverwirklichung

    Das Bedürfnis der Selbstverwirklichung geht auf Maslow zurück und beschreibt das Bedürfnis, das zu verwirklichen, was potenziell in einem steckt Das Bedürfnis wird in der privaten und in der beruflichen Sphäre gelebt. Gerade für Gestalter und Bewirker ist es der Antrieb. Menschen, die gerne Neues beginnen und umsetzen, für Dynamik im eigenen Arbeitsbereich sorgen oder viel dafür tun, dass sie erfolgreich sind, haben ein starkes Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.

     

    Durch die Vereinzelung im Homeoffice kann diese Entwicklung gehemmt werden oder völlig zum Erliegen kommen. Wo ich andere brauche, um meine Ideen und Vorstellungen in die Tat umzusetzen, wird es schwieriger, sie aus dem Homeoffice dafür zu begeistern. Das kann schnell zu Unzufriedenheit führen.

     

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    • Virtuelle Teams: Hier verlässt man den Bereich der „Tipps und Tricks“ und betritt den Raum der virtuellen Teams und deren Führung, was eine „Wissenschaft für sich“ ist.
     

    Man kann es nicht allen recht machen ‒ und muss es auch nicht

    Jeder Mitarbeiter ist hinsichtlich der Ausprägungen der einzelnen Bedürfnisse individuell. Der eine braucht mehr Austausch, die andere mehr Raum für Selbstverwirklichung. Insofern liegt die Aufgabe nicht darin, die Erfüllung aller Bedürfnisse durch das Homeoffice gleichermaßen zu optimieren ‒ das geschieht auch im Büro nicht. Es geht darum, die neue Arbeitsform Homeoffice so zu gestalten, dass sie eine willkommene (!) Flexibilisierung der Arbeit ermöglicht. Das geht nur, wenn beide Seiten etwas davon haben.

     

    FAZIT | Homeoffice ist nicht einfach nur „Arbeiten von Zuhause“. Homeoffice ist eine eigenständige Arbeitsform mit ihren Vor- und Nachteilen, die an beide Seiten erhöhte Anforderungen stellt.

     
    Quelle: ID 46463638

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