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  • · Fachbeitrag · Elektronik statt Papier

    Erste Erfahrungen mit der vorausgefüllten Steuererklärung

    von Alexandra Buba, M.A., freie Wirtschaftsjournalistin, Nürnberg

    | Seit gut einem halben Jahr können Steuerberater und Mandanten im Zuge der Vorausgefüllten Steuererklärung (VaSt) Daten bei der Finanzverwaltung abrufen. Der Praxistest zeigt: Trotz herber Kritik bei seiner Einführung bringt das Verfahren heute mehr Nutzen als es Aufwand verursacht. Wie die Erfahrungen im Einzelnen aussehen und welche Vorteile aber auch Fehlerquellen, Risiken und Kritiken bestehen, zeigt dieser Beitrag. |

    VaSt ist keine fertige Steuererklärung

    Es ist eigentlich immer dasselbe mit E-Projekten der Verwaltung: Man wird den Verdacht nicht los, dass völlig an den Bedürfnissen von Bürgern, Steuerpflichtigen und Unternehmen vorbei programmiert wurde. Auch die VaSt macht hier keine Ausnahme. Bei genauerem Hinsehen ist es allerdings vornehmlich der Begriff, der nicht passt. Das Verfahren funktioniert vergleichsweise reibungsfrei und erleichtert die Arbeit in den Kanzleien.

     

    Wer erwartet hatte, dass er auf ein Verfahren wie in Dänemark trifft, wird enttäuscht. Während bei unseren nördlichen Nachbarn rund 90 % der Erklärung vorausgefüllt sind und der Steuerpflichtige nur in 10 % aller Fälle davon überhaupt Änderungen vornehmen muss, finden sich in Deutschland nur einige wenige Eintragungen. „Von rund 2.000 Daten, die ich in die Erklärung eintragen kann, sind nur etwa 100 erfasst“, erklärt Stefan Ebert, Projektleiter im Produktmanagement für die Vollmachtsdatenbank (VDB) im Rahmen der VaSt bei der DATEV eG. „Das ist keine VaSt, eher eine Ausfüllhilfe. Hinzu kommt, dass es für den Normalbürger nicht einfach ist, seine Daten abzurufen. Beide Punkte haben für die massive Kritik gesorgt.“

     

    Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) erklärt dazu auf Anfrage: „Wir sehen nach wie vor die Bezeichnung ‚VaSt‘ kritisch. Denn sie suggeriert, dass dem Steuerpflichtigen eine fertige Steuererklärung geliefert wird. Tatsächlich werden dem Steuerpflichtigen nur einzelne steuerliche Stammdaten zur Verfügung gestellt - wie die vom Arbeitgeber übermittelte Lohnsteuerbescheinigung, die Mitteilungen über den Bezug von Rentenleistungen sowie die Beiträge zu Kranken- wie Pflegeversicherungen und Vorsorgeaufwendungen.“

    Hauptarbeit verbleibt beim Steuerberater

    Seitens des Gesetzgebers ist angedacht, künftig auch Lohnersatzleistungen und Spendenbescheinigungen vorausgefüllt zur Verfügung zu stellen. Langfristig sollen im Grundsatz sämtliche Daten bereits enthalten sein. Dafür sind allerdings rechtlich noch einige Hürden zu nehmen - die größte ist das Bankgeheimnis - sodass dieses Ziel noch in weiter Ferne liegt. Selbst bei den Spendenbescheinigungen wird es schon schwierig. Derzeit sind bei Weitem nicht alle Organisationen, insbesondere die politischen Parteien nicht, bereit zu so viel Transparenz. Auch Prof. Dieter Kempf, Vorstandsvorsitzender der DATEV eG und Präsident des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) e.V. sagt: „Von dem erklärten Ziel, die Erstellung der Einkommensteuererklärung zu erleichtern, sind wir noch weit entfernt. Da derzeit nur wenige Felder vorbestückt sind, verbleibt der Hauptteil der Arbeit nach wie vor beim Steuerzahler bzw. seinem Steuerberater.“

    Technisch kaum Schwierigkeiten

    Wirft man einen Blick auf die Sache an sich - den eigentlichen Abruf - so stellt man fest, dass hier kaum Schwierigkeiten auftauchen. Die Technik läuft reibungslos. Bei der DATEV erfolgt der Abruf über das Rechenzentrum. Im Rahmen der Abfrage werden bei der Finanzverwaltung die Belege über bereits geleistete Zahlungen sowie die Daten der Krankenkassen, Arbeitgeber und Versicherer abgeholt. In vielen Kanzleien erledigen die Mitarbeiter das bereits ohne Schwierigkeiten. „Natürlich gibt es bei jeder Neuerung erst mal ein paar Problemchen, doch die werden im Hintergrund behoben. Der Anwender ist davon in der Regel gar nicht betroffen“, erklärt Ebert.

     

    MERKE | Auch hier gibt es insofern eine Analogie zu den anderen neu eingeführten elektronischen Verfahren: Die Technik ist weniger das Problem als das Konzept als solches. Steuerberater müssen also bei der VaSt nicht damit rechnen, sich auch noch mit nicht funktionierenden Abrufen herumschlagen zu müssen.

     

    Frühzeitig Abweichungen erkennen

    Neben der Scheu vor eventuell sperriger Technik gibt es seitens der Steuerberater auch die Befürchtung, die zunehmende Automatisierung bei der Steuerdeklaration könne mittel- und langfristig auf das Beratungsgeschäft und den Umsatz durchschlagen. Im Moment ist das sicherlich nicht der Fall - im Gegenteil. „Für uns ist die VaSt ein ganz wesentliches Instrument zur Qualitätssicherung“, erklärt Steuerberater Heinz Mattheisen aus Neuss. Er war der erste Steuerberater, der in Deutschland überhaupt eine VaSt abgerufen hat, und ist heute schon so etwas wie ein Routinier. Der Vorteil liegt für ihn - und für viele andere Berater - darin, dass durch die vorausgefüllten Daten schon zum Zeitpunkt der Erklärung klar ist, von welchen Werten die Finanzverwaltung später ausgehen wird.

     

    Das kann grundsätzlich zwar gut oder schlecht für den Mandanten sein. In der Regel erkennt Steuerberater Mattheisen durch die Angaben aber Vorteile für seine Mandanten. Insbesondere, wenn dereinst Daten der Arbeitsverwaltung oder Daten über Lohnersatzleistungen durch Krankenkassen, Spendendaten und vieles mehr eingesteuert würden, werden sich weitere Qualitätsverbesserungen ergeben. „Plötzlich sehen Sie, dass Ihr Mandant eigentlich in mehrere Riester-/Rürupverträge einzahlt, obwohl er Ihnen immer nur einen Beleg gebracht hat“, erklärt er. Das mindert die Steuerlast zwar nicht immer in erheblichem Maße, sorgt aber für Mandantenzufriedenheit. Dadurch, dass der Steuerberater auch bei anderen Sachverhalten immer schon im Vorfeld feststellen kann, wo die Bescheide abweichen werden, kann er nachfragen und einiges zu diesem frühen Zeitpunkt klären. Das erspart spätere Einsprüche und führt einfacher sowie schneller zum Ziel. Generell müssen die Mandanten sich zudem weniger darum bemühen, ihre Belege beizubringen - es sei denn, die Daten sind fehlerhaft. Denn derzeit verlässt sich die Finanzverwaltung auf die Daten, die sie von Dritten wie dem Arbeitgeber, der Krankenkasse oder der Rentenversicherung erhält. Sind diese fehlerhaft und der Steuerpflichtige korrigiert sie entsprechend, stellt die Finanzverwaltung die Richtigkeit der voreingestellten Daten nicht infrage.

    Wer haftet für fehlerhafte Daten?

    Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass der Steuerpflichtige für die Richtigkeit seiner Daten Sorge zu tragen hat. Konkret erwartet sie, dass sich der Steuerpflichtige im Fall des Falles selbst darum kümmert, dass z.B. die Krankenkasse die Daten korrigiert und dann an die Finanzverwaltung schickt. „Unserer Meinung nach liegt hier ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz vor“, erklärt die BStBK. „Es muss Sache der Finanzverwaltung sein, einen solchen Sachverhalt aufzuklären. Es kann nicht sein, dass das Risiko fehlerhafter Daten einseitig beim Steuerpflichtigen liegt.“ Wer für fehlerhafte Daten haftet, ist also bislang nicht eindeutig geklärt.

     

    Als Hauptfehlerquelle erweisen sich aktuell die Daten, die die privaten Krankenkassen liefern. Sie kamen häufig nicht bis zum Stichtag 28.2. und waren zudem oftmals nicht korrekt. Insbesondere bei den Beiträgen für neugeborene Kinder gab es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Probleme, da diese zunächst noch keine Steueridentifikationsnummer haben. Außerdem erwies sich die Zuordnung und Identifikation mehrerer Renten als schwierig.

    Kann zu große Transparenz zum Problem werden?

    Neben der Frage, ob die vorausgefüllten Daten korrekt sind oder nicht und wer am Ende dafür haftet, spielt eine Rolle, wie alle Beteiligten künftig mit der wachsenden Transparenz umgehen. Bei Steuerberatern ist in besonderer Weise das Verhältnis zum Mandanten betroffen. Künftig wird er wohl oder übel auch von Dingen Kenntnis erlangen, die ihm der Mandant bislang nicht offenbart hat, und nicht darum herumkommen, diese anzusprechen.

    Hauptaufwand verursacht VDB

    Bevor der Steuerberater aber überhaupt in der komfortablen Lage ist, die Daten seiner Mandanten abrufen zu können, muss er sich mit der VDB auseinandersetzen. Sie stellt die eigentliche Hürde im gesamten Verfahren dar. Während der Abruf der Daten derzeit sowohl technisch als auch im Hinblick auf den Mandantenkontakt reibungslos funktioniert, benötigt es einigen Aufwand, um die VDB mit den erforderlichen Vollmachten aller Mandanten zu bestücken. Im Juli verzeichnete die Datenbank 5.100 Nutzer, die insgesamt eine halbe Mio. Vollmachten hinterlegt hatten. Dazu mussten sie alle ihre Mandanten anschreiben und um Unterschrift und Rücksendung eines Papierdokuments bitten. „Die Rücklaufquote liegt vielleicht so bei 50 %“, sagt Mattheisen. „Anschließend müssen Sie hinterhertelefonieren und den Rest einsammeln.“ Liegt die unterschriebene Papiervollmacht dann vor, ist der Fall immer noch nicht erledigt. In der Datenbank lässt sich dann lediglich ein elektronisches Formular aktivieren, das in der Folge ein Schreiben der Finanzverwaltung auslöst. Dieses weist den Mandanten darauf hin, dass sein Steuerberater behauptet, eine Vollmacht von ihm erhalten zu haben, und räumt ihm eine Widerspruchsfrist ein. Nur wenn der Mandant dann nicht widerspricht, trägt die Finanzverwaltung die Vollmacht ein und der Abruf kann 35 Tage nach der Aktivierung erfolgen.

     

    Hinweis | Gelegentlich stimmen die Adressdaten auf der vom Steuerberater hinterlegten Vollmacht nicht mit dem Melderegister überein oder Dokumente können nicht zugestellt werden. In diesem Fall unternimmt die Finanzverwaltung nichts und informiert den Berater ohne Angabe von Gründen darüber, dass die Vollmacht nicht eingetragen werden konnte. Auslandsadressen können generell nicht angeschrieben werden.

    Neues Tool erleichtert Vollmachtenverwaltung

    Das alles klingt nicht nur nach Aufwand und Ärger, sondern produziert in der Praxis tatsächlich beides. Ein wenig Abhilfe soll ein neues Tool der DATEV schaffen, mit dem der Status der Vollmacht für alle Einkommensteuermandanten per Sammelabruf überprüft werden kann. Mit diesem Tool werden übrigens auch die Informationen zum Steuerkonto online mitgeliefert, dessen Daten ebenfalls in die VaSt einfließen.

     

    Eine spezielle Methode, wie sich die Vollmachten am einfachsten einholen lassen, gibt es hingegen nicht. Einige Steuerberater schreiben in einer groß angelegten Aktion all ihre Mandanten auf einmal an, andere kombinieren das Einholen der Vollmacht mit der Steuererklärung. Letzteres hat den Vorteil, dass das Schriftstück nicht so leicht übersehen und zuverlässiger mit unterschrieben wird. Der Nachteil besteht darin, dass die Vollmachten nur tröpfchenweise eingehen und dauerhaft mit verwaltet werden müssen.

    Zukünftige Entwicklungen

    Generell kann aber auch die VDB dazu dienen, die Qualität der Kanzleidaten zu verbessern. „Ich würde mir wünschen, dass die Finanzverwaltung ihre Daten rücküberträgt. Das betrifft insbesondere die Adressdaten der Mandanten. Hier hat die Verwaltung die deutlich frischeren Daten als wir, da wir oft nicht rechtzeitig informiert werden, wenn ein Steuerpflichtiger oder dessen Ehepartner umzieht“, sagt Mattheisen.

     

    In der Tat plant die Finanzverwaltung, neben der Erweiterung der Anzahl der vorausgefüllten Felder in der abrufbaren Erklärung die elektronische Vollmacht auszubauen. Bisher kann eine eingestellte Vollmacht nur für den Datenabruf der genannten steuerlichen Stammdaten genutzt werden. Es ist beabsichtigt, zukünftig alle Elemente der Vollmacht elektronisch nutzbar zu machen. Die VDB könnte dann umfassend genutzt werden.

     

    Hinweis | Auch für Wirtschaftsprüfer soll bald eine entsprechende Datenbank zur Verfügung stehen, wie die DATEV auf ihrer Jahrespressekonferenz ankündigte.

    Vorteile für alle Beteiligten angestrebt

    Rechtlicher Eigentümer der VDB ist im Übrigen die BStBK. Die DATEV unterhält einen Vertrag mit ihr und betreibt die technische Seite der Plattform. Die Kammer mahnt in diesem Zusammenhang an: „Bei aller Unterstützung für elektronische Steuerverfahren, weisen wir darauf hin, dass die elektronische Übermittlung von Daten keine Einbahnstraße mit Vorteilen ausschließlich aufseiten der Finanzverwaltung sein darf. Auch die zur elektronischen Übermittlung Verpflichteten müssen von der Digitalisierung profitieren. Die zunehmende elektronische Übermittlung darf nicht dazu führen, dass das materielle Steuerrecht ausgehebelt wird. Bisher müssen zahlreiche Belege in Papierform eingereicht werden. Wir hoffen, dass dies auch bald elektronisch möglich sein wird.“

    Machen Sie sich und Ihren Mandanten das Leben leichter

    Mit der folgenden Checkliste erhöhen Sie die Akzeptanz der VaSt bei Ihren Mandanten und können Ihre eigenen Arbeitsabläufe in der Kanzlei optimieren.

     

    Checkliste / VaSt: Darauf kommt es an

    Hauptplus der VaSt: Positiv bei Mandanten vermarkten!

    Der Hauptnutzen für Steuerberater liegt darin, dass sie im Vorfeld schon sehen, wo die Bescheide abweichen werden, und diese Dinge bereits klären können. Außerdem werden auch Sachverhalte berücksichtigt, bei denen Mandanten bislang vergaßen, Belege beizubringen.

    Hauptmanko der VaSt: Genug Zeit einplanen!

    Die Bestückung der VDB ist aufwendig. Hier sollten Berater viel Zeit einplanen. Die Rücklaufquote für die Formulare dürfte nicht mehr als 50 % betragen. Zudem gibt es eine 35-tägige Widerspruchsfrist.

    Hauptkritik an der VaSt: Mandanten tatsächlichen Inhalt vermitteln!

    Von der anfänglichen Kritik ist nur der mangelhafte Begriff übrig geblieben. In der Tat handelt es sich nicht um eine VaSt, sondern lediglich um die Möglichkeit des elektronischen Abrufs einzelner Daten. Die Arbeit verbleibt beim Berater.

    Hauptfehlerquelle der VaSt: Daten genau prüfen!

    Bei den ersten Abrufen hat sich herauskristallisiert, dass insbesondere die Daten der Krankenkassen und Arbeitgeber häufig unvollständig oder nicht korrekt sind.

    Hauptrisiko der VaSt: Daten für Mandanten korrigieren lassen!

    Problematisch ist nach wie vor die Haftung bei Fehlern. Grundsätzlich verlässt sich die Finanzverwaltung auf die gemeldeten Daten - auch dann, wenn der Steuerpflichtige sie korrigiert. Dieser muss dann die datenmeldende Stelle kontaktieren und um Korrektur bitten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt) und Vollmachtsdatenbank (VDB): Jetzt geht es los!“ in KP 14, 32
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 153 | ID 42857815

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