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  • · Fachbeitrag · Strafprozessrecht

    Zeugen bei der Durchsuchung eines Anwaltsbüros müssen nicht speziell qualifiziert sein

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Bei der Durchsuchung der Kanzlei eines Berufsgeheimnisträgers sind an die hinzugezogenen Zeugen keine besonderen Anforderungen zu stellen (LG Landshut 31.8.11, 6 Qs 92/11, Beschluss unter www.dejure.org)

    Sachverhalt

    Das Amtsgericht Landshut hatte die Durchsuchung der Praxisräume eines Anwalts angeordnet, der im Verdacht verschiedener Straftaten stand. Nach Durchführung der Maßnahme legte der Beschuldigte Rechtsmittel u.a. mit der Begründung ein, bei der Durchsuchung eines Anwaltsbüros seien immer „qualifizierte“ Durchsuchungszeugen hinzuzuziehen - i.d.R. Volljuristen oder Angehörige der Anwaltskammer. Das LG verwarf die Beschwerde als unbegründet.

     

    Entscheidung

    Das LG verweist auf den aus seiner Sicht eindeutigen Wortlaut des § 105 Abs. 2 StPO: Hiernach sind bei einer Durchsuchung nach Möglichkeit entweder ein Gemeindebeamter oder zwei Einwohner des Gemeindebezirks hinzuzuziehen, in dem die Maßnahme stattfindet. Zeugen müssen aber nicht zugegen sein, wenn sich ein Richter oder ein Staatsanwalt an der Aktion beteiligt. Im vorliegenden Fall fand die Durchsuchung von Anfang an im Beisein des zuständigen Staatsanwalts statt. Schon deshalb waren weitere Zeugen nicht nötig.

     

    Nach Meinung des LG gebietet auch die Rechtsprechung des EuGH keine andere Beurteilung des Sachverhalts. Zwar hat der EuGH entschieden, dass bei der Durchsuchung einer Anwaltskanzlei zwingend mindestens ein Zeuge anwesend sein muss (EuGH 9.4.09, NJW 10, 2109). Diese Vorgaben sollen aber nur sicherstellen, dass bei der Maßnahme kein Material beschlagnahmt wird, das dem Anwaltsprivileg (§ 97 StPO) unterliegt. Der Zeuge muss also zwischen beschlagnahmefähigen und -freien Dokumenten unterscheiden können. Weitere Vorgaben für die berufliche Ausbildung des Zeugen oder dessen professionelle Tätigkeit macht der EuGH aber ausdrücklich nicht. Bei der Durchsuchung in der zu entscheidenden Sache waren neben dem ermittelnden Staatsanwalt mehrere Mitarbeiter des Anwalts dauerhaft anwesend. Damit war laut LG hinreichend sichergestellt, dass der anwaltlichen Schweigepflicht unterfallende Materialien von den Ermittlungsbehörden nicht unerlaubt mitgenommen werden konnten.

     

    Praxishinweis

    In Steuerstrafverfahren, die von der Finanzbehörde in eigener Zuständigkeit geführt werden (§ 399 AO), kann anstelle eines Richters oder Staatsanwalts auch ein Angehöriger der BuStra teilnehmen, der diesem Personenkreis gleichsteht; weitere Zeugen sind dann nicht erforderlich. Der Betroffene kann überdies selbst auf Zeugen verzichten - etwa, weil er Aufsehen vermeiden will. Die Durchsuchungskräfte gehen auf einen Verzicht aber nicht immer ein. § 105 StPO dient auch ihrem Schutz, weil der hinzugezogene neutrale Zeuge etwaige spätere Vorwürfe entkräften kann, die Beamten hätten sich rechtswidrig verhalten.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 5 | ID 36149100

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