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  • · Nachricht · Haftungsrecht

    Strafrechtliche Vorfragenkompetenz des FG

    von OStA a.D. Raimund Weyand, St. Ingbert

    | Das FG darf im Rahmen seiner Überzeugungsbildung steuerstrafrechtliche Vorfragen auch dann eigenständig prüfen, wenn die Staatsanwaltschaft ihre diesbezüglichen Ermittlungen eingestellt hat (BFH 28.2.23, VII R 29/18). |

     

    Sachverhalt

    Das FA nahm einen Steuerberater wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§§ 71, 370 AO) durch Haftungsbescheid für rückständige USt einer von ihm früher vertretenen, mittlerweile insolventen GmbH in Anspruch. Die Vorwürfe: Er habe falsche USt-Voranmeldungen erstellt und eingereicht, durch wahrheitswidrige Erklärungen eine USt-Sonderprüfung verhindert und Belege in der Buchhaltung der Mandantin manipuliert. Ein gegen ihn geführtes Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft eingestellt (§ 170 Abs. 2 StPO), weil ihrer Meinung nach ein sicherer Tatnachweis nicht zu führen war. Die Klage des Betroffenen war sowohl beim FG als auch beim BFH erfolglos.

     

    Entscheidung

    Der BFH ist an die in einem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Feststellung oder Nichtfeststellung von Tatsachen durch das FG ist der revisionsrechtlichen Nachprüfung aber weitgehend entzogen. Lediglich Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze können zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen. Erstinstanzliche Schlussfolgerungen haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber doch möglich sind, selbst wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (BFH 3.12.19, X R 5/18).

     

    Das FG hatte seine Überzeugungsbildung zum einen auf die mittlerweile rechtskräftigen Verurteilungen der früheren GmbH-Organe gestützt und zudem die Aussagen eines zuvor in der Praxis des Klägers mit dem betreffenden Mandat betrauten Mitarbeiters berücksichtigt. In seine Wertung hat es die Gesamtumstände des Streitfalls einbezogen, vor allem weitere ‒ auch widersprüchliche ‒ Zeugenaussagen und die allgemeine Aktenlage, ebenfalls in Bezug auf die staatsanwaltschaftlichen Einstellungsgründe. Der BFH sah angesichts der abgewogenen Ausführungen des FG keine revisionsrechtlich relevanten Fehler. Unerheblich ist auch, ob das gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren eingestellt wurde, da eine Verurteilung nicht Voraussetzung für die Inanspruchnahme nach § 71 AO ist (BFH 26.9.12, VII R 3/11).

     

    Relevanz für die Praxis

    Liegt Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor, ist die Inanspruchnahme des Gehilfen als Haftungsschuldner dem Grunde und der Höhe nach stets ermessensgerecht (§ 102 FGO). Ermessenserwägungen müssen dann nicht näher dargelegt werden (Vorprägung der Ermessensentscheidung; BFH 8.9.04, XI R 1/03).

    Quelle: ID 49635490

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