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  • · Nachricht · Elektronischer Rechtsverkehr

    Muss der Berater das besondere elektronische Postfach (beA, beSt) in eigener Sache nutzen?

    von Dipl.-Finw. (FH) Matthias Ulbrich, Visselhövede

    | Der elektronische Rechtsverkehr verpflichtet berufliche Verfahrensbeteiligte wie Rechtsanwälte und Steuerberater zur sicheren digitalen Kommunikation mit den Gerichten. Gilt das aber auch, wenn Rechtsanwälte und Steuerberater sich selbst vertreten? |

     

    Problemstellung

    Die verschiedenen Verfahrensordnungen (§ 130d ZPO, § 52d Abs. 1 FGO etc.) enthalten wortgleiche Formulierungen, wonach prozessbevollmächtigte Berufsträger für die Einreichung ihr besonderes elektronisches Postfach nutzen müssen. Danach sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die u. a. durch einen Berufsträger eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Wird dagegen verstoßen, führt das zur Unwirksamkeit der Prozesshandlung. Sie gilt als nicht vorgenommen. Immer noch uneinheitlich wird allerdings die Frage beantwortet, ob die Verpflichtung auch dann besteht, wenn ein Berufsträger Klage in eigener Sache Klage erhebt, ohne dabei auf seine Zulassung als Rechtsanwalt hinzuweisen. Hier werden zwei Sichtweisen vertreten: die statutsbezogene (die berufliche Stellung entscheidet, nicht der Kontext) und die rollenbezogene (nur bei Tätigwerden als Berufsträger).

     

    Rechtsprechungsübersicht

    Der BGH (4.4.24, I ZB 64/23, 27.3.25, V ZB 27/24) hat wiederholt entschieden, dass § 130d ZPO (für Anwälte) statusbezogen auszulegen sind. Das bedeutet: Die Pflicht zur elektronischen Einreichung gilt immer für Rechtsanwälte und Steuerberater, unabhängig davon, ob sie als Vertreter eines Mandanten oder in eigener Sache auftreten. Dies gilt auch dann, wenn in der Klageschrift nicht ausdrücklich der Beruf angegeben ist.

     

    Die Finanzgerichte haben diese Frage bislang unterschiedlich beantwortet. Pro Statusbezug: FG München 6.12.23, 9 K 956/23, Rev. BFH XIII R 2/25; FG Düsseldorf 9.1.23, 4 V 1553/22 A (Erb), rkr.; FG Hessen 10.10.24, 10 K 1032/23, rkr. Pro Rollenbezug: FG Düsseldorf 19.9.22, 8 K 670/22 E,U, rkr.; FG Hessen 18.10.23, 4 K 895/23 und 10.10.24, 10 K 1032/23, rkr. Das FG Berlin-Brandenburg (11.6.25, 3 K 3005/23) gestattet eine Ausnahme nur dann, wenn die Nutzung des beA „unzumutbar“ ist, z. B. weil sensible private Informationen auch Kanzleimitarbeitern zugänglich wären, die Zugriff auf das beA haben.

     

    Beim BFH (VIII R 2/25) ist allerdings ein Verfahren zu der Frage anhängig, ob § 52d FGO einen rollen- oder statusbezogenen Berufsträgerbegriff verwendet.

     

    PRAXISTIPP | Wer dem Risiko aus dem Weg gehen möchte, reicht auch in eigener Sache elektronisch ein.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2025 | Seite 222 | ID 50579471