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  • 01.12.2007 | Prüfungspflicht des Steuerberaters

    Haftungsfalle Sozialversicherungsrecht – Pflicht zur Kenntnis der Rechtsprechung des BSG?

    von RA Christoph Gahle, Eggesiecker und Partner, Köln
    Übernimmt der Steuerberater die Lohnbuchführung, muss er auch die Sozialversicherungspflicht der Beschäftigten prüfen. Unterläuft ihm hierbei ein Fehler und werden Beiträge zu Unrecht abgeführt, kann er sich schadenersatzpflichtig machen. Die besondere Brisanz der erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung des OLG Brandenburg: Beurteilungsmaßstab für die Sozialversicherungspflicht ist allein das Sozialrecht, steuerrechtliche Maßstäbe sind nicht entscheidend. Im Ergebnis wird dem Steuerberater die Kenntnis der umfangreichen Einzelfallrechtsprechung des BSG zum regelmäßig beraterfremden Thema Sozialversicherungspflicht abverlangt (OLG Brandenburg 7.11.06, 6 U 23/06, Abruf-Nr. 073482)

    1. Sachverhalt

    Die Klägerin, eine GmbH, betrieb ein Reisebüro, für das die beklagte Steuerberaterin bereits seit 1981 tätig war und unter anderem auch die Lohnbuchhaltung führte. Mit Vertrag aus dem Jahr 1984 regelten die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin ihre Beteiligungen neu, einer erhielt 49 v.H., der andere den Rest der Anteile. Die Steuerberaterin verbuchte den Minderheitsgesellschafter als sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, worauf die Gesellschaft in den Folgejahren Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde der Minderheitsgesellschafter als seit 1984 sozialversicherungsfrei eingestuft. Der Antrag der Klägerin auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Arbeitslosenversicherungsbeiträge scheiterte, da sich der Sozialversicherungsträger auf die Einrede der Verjährung berief. Die Klägerin nahm die Steuerberaterin auf Schadenersatz in Anspruch.  

    2. Entscheidungsgründe und Anmerkungen

    Das OLG bejahte eine Pflichtverletzung aus dem Steuerberatungsvertrag. Dem Steuerberater sei die Prüfung der Beitragspflicht nicht nur rechtlich gestattet, vielmehr sei er hierzu sogar verpflichtet gewesen. Denn anhand der Rechtsprechung des BSG zur Sozialversicherungspflicht, die der Steuerberater im weitesten Sinne kennen müsse, und der ihm vorliegenden Anhaltspunkte, habe sich eine Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status aufgedrängt.  

     

    Das Urteil des OLG Brandenburg begegnet erheblichen Bedenken. Es ist auch praxisfremd und führt zu einer Überstrapazierung der Pflichten des Steuerberaters. Denn unter bestimmten Voraussetzungen kann nahezu jeder Mitarbeiter nicht abhängig beschäftigt und damit zumindest in Teilen der Sozialversicherung beitragsfrei sein. Der Steuerberater wäre daher gezwungen, über jeden in der Lohnbuchhaltung aufgeführten Mitarbeiter vorsorglich ergänzende Auskünfte einzuholen und sein vertragliches und familiäres Verhältnis zum Auftrageber, seine tatsächliche Arbeitsweise sowie Rechte und Pflichten im Unternehmen zu erforschen.  

    3. Grenzen der Beratungspflicht im Sozialversicherungsrecht

    Dem Steuerberater obliegt die Hilfeleistung in Steuersachen. Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Zur Rechtsberatung ist der Steuerberater jedoch ohne besondere Zulassung grundsätzlich nicht befugt. Betreibt er unzulässige Rechtsberatung, so kann dies schwerwiegende Folgen von der Verwirkung einer Geldbuße bis hin zum Verlust des Versicherungsschutzes im Schadensfall haben.  

     

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