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  • 21.07.2010 | Pflicht zur höchstpersönlichen Leistung

    Zulässiger Umfang der Beschäftigung von Kontierern durch einen Steuerberater

    von RA Gisela Streit, Münster

    Buchhalter bzw. Bilanzbuchhalter können sowohl im Angestelltenverhältnis als auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, soweit sie weisungsgebunden und unter der fachlichen Aufsicht sowie der beruflichen Verantwortung des Steuerberaters tätig werden. Steuerberater und -bevollmächtigte haben ihren Beruf hingegen eigenverantwortlich auszuüben, d.h., sie sind verpflichtet, die ihren Mandanten geschuldeten Dienstleistungen regelmäßig höchstpersönlich zu erbringen. Die Auslagerung von Tätigkeiten - auch von Buchführungsarbeiten - auf selbstständig tätige Gewerbetreibende widerspricht diesem Grundsatz (OVG NRW 5.11.09, 4 A 2698/04, Abruf-Nr. 101841).

    Sachverhalt

    Die erste Klägerin entwickelt und vertreibt Finanzbuchhaltungssoftware und ist Franchisegeberin für gewerbliche Buchführungsbüros. Die zweite Klägerin war deren Franchisenehmerin und führt ein Kontierungsbüro. Die Beklagte ist die Steuerberaterkammer. Mit ihrer Unterlassungsklage wollten die Klägerinnen erreichen, dass die Beklagte zukünftig folgende Belehrung an ihre Mitglieder laut Schreiben vom 16.9.99 unterlässt:  

     

    „Kontierer ... dürfen nur Teilbereiche der Buchführung im Rahmen des § 6 Ziff. 4 StBerG und unter den dort genannten Voraussetzungen erbringen. Das verbietet zum einen eine weitergehende Tätigkeit, zum anderen aber auch eine weitergehende Kundmachung nach außen.
    Unabhängig hiervon gilt, dass Steuerberater weder gewerblich tätig werden noch mit Gewerbetreibenden zusammenarbeiten dürfen -
    § 57 Abs. 2, Abs. 4 StBerG. Darüber hinaus verpflichtet § 57 Abs. 1 StBerG Berufsangehörige zur eigenverantwortlichen, unabhängigen sowie verschwiegenen Berufsausübung und auch zur Ausübung des Berufs unter Beachtung des Verbots einer individuellen Mandatsführung (Werbeverbot).“

     

    Entscheidung

    Die Klagen sind zulässig. Das OVG sah in der in Frage stehenden Belehrung eine Aufforderung, nicht mit den Klägerinnen in geschäftlichen Kontakt zu treten. Die Klägerinnen seien deshalb klagebefugt: Ein Eingriff in ihre Rechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erscheine zumindest möglich. Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Das OVG nimmt insofern Bezug auf die §§ 76, 57 StBerG, wonach es der beklagten Steuerberaterkammer obliegt, ihre Mitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. In Wahrnehmung dieser Aufgabe sei die Beklagte berechtigt, ihre Mitglieder darauf hinzuweisen, dass eine Zusammenarbeit zwischen Steuerberatern und selbstständigen Kontierern außerhalb einer Beschäftigung als Angestellte oder freie Mitarbeiter unzulässig ist.Steuerberater und Steuerbevollmächtigte seien verpflichtet, ihre Berufe eigenverantwortlich auszuüben - d.h. insbesondere, dass sie die ihren Mandanten geschuldete Dienstleistung grundsätzlich höchstpersönlich erbringen müssen. Die Anstellung von Gehilfen stehe dem nicht entgegen: Angestellte Gehilfen unterliegen der Kontrolle und den Weisungen des Steuerberaters umfassend, sodass eine mit Unterstützung dieser Gehilfen erbrachte Tätigkeit nach wie vor als in eigener Verantwortung erbrachte höchstpersönliche Dienstleistung des Steuerberaters anzusehen sei.  

     

    Bei der Übertragung von Kontierungstätigkeiten auf gewerbliche Büros außerhalb einer Beschäftigung freier Mitarbeiter soll dies jedoch nicht gelten. Insbesondere bei Kontierungsbüros, die eine Mehrzahl von Mitarbeitern beschäftigen und eine mehrstufige Organisationsstruktur aufweisen, sollen die Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten des Steuerberaters nicht mehr in dem Umfang gewährleistet sein, dass das jeweilige Arbeitsergebnis noch als seine in eigener Verantwortung erbrachte höchstpersönliche Dienstleistung angesehen werden könne. Denn hier obliegen Auswahl, Unterweisungs- und Überwachungsaufgaben unmittelbar dem Büroinhaber. Darüber hinaus soll lt. OVG auch die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht durch den Steuerberater weniger gut gewährleistet sein, wenn seine Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten begrenzt sind.  

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