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  • 01.11.2006 | Maßnahmen zur Haftungsvermeidung

    Der Umgang mit Schätzungsbescheiden – Steuerberater- und Mandantenpflichten

    von StB RA FAStR Stefan Arndt, Köln
    In einem aktuellen Urteil hat das OLG Bamberg folgende Grundsätze zur Haftung des Steuerberaters bei Schätzungsbescheiden aufgestellt: Ein steuerlicher Berater ist verpflichtet, bei seinem Mandanten die für die Abgabe einer steuerlichen Erklärung erforderlichen Unterlagen substantiiert anzufordern. Dies gilt insbesondere, wenn ihm bekannt ist, dass die Finanzbehörde einen Schätzungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen hat. In einem solchen Fall hat der Steuerberater seinen Mandanten über den zu erwartenden weiteren Verfahrensablauf ebenso aufzuklären wie über den Eintritt einer etwaigen Bestandskraft des Schätzungsbescheides nach dem Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung. Der Mandant hat den Nachweis zu erbringen, dass er dem beauftragten Steuerberater sämtliche steuerlich relevanten Unterlagen und ihm persönlich zugegangene Bescheide der Finanzbehörde vorgelegt hat. Dies gilt auch, wenn der Steuerberater die Übergabe von Unterlagen des Mandanten nicht vermerkt und ebenso keinen Fristenkalender geführt hat (OLG Bamberg 28.4.06, 6 U 23/05, Abruf-Nr. 062831).

    Sachverhalt

    Die Mandantin forderte von ihrem Steuerberater Schadenersatz in Höhe von 135.566,63 EUR aus der steuerlichen Mehrbelastung durch rechtskräftig gewordene Schätzungsbescheide. Dem Steuerberater waren im Rahmen seines Dauermandats von der Mandantin Schätzungsbescheide – zum Teil nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist – übergeben worden. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die für die Erstellung der maßgeblichen Steuererklärungen notwendigen Unterlagen lagen zu diesem Zeitpunkt nicht bzw. nicht vollständig im Büro des Steuerberaters vor. Der Steuerberater legte gegen die Schätzungsbescheide keinen Einspruch ein. Zu einem späteren Zeitpunkt ergingen dann Bescheide über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung. Auch diese Bescheide hat der Steuerberater nicht angefochten. Er begründet dies damit, dass ihm die für die Erstellung der Steuererklärungen notwendigen Unterlagen nicht zur Verfügung gestanden hätten, ein Einspruch also nicht substantiiert zu begründen gewesen wäre. 

    Anmerkungen

    Der erkennende Senat hat in dem Verhalten des Steuerberaters eine Verletzung der ihm aus dem Mandatsverhältnis obliegenden Pflichten gesehen. Basierend auf der einem strengen Maßstab unterliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Steuerberater seinen Mandanten grundsätzlich umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (BGH 12.2.04, DB 04, 1771). Dies gilt um so mehr im erweiterten Pflichtenkreis des Dauermandats, welches den Berater zur Belehrung über jegliche steuerliche Gestaltung auch bei ferner liegenden steuerlichen Sachverhalten verpflichtet (BGH 20.11.97, DStRE 98, 74). Danach hätte der Steuerberater spätestens nach Erhalt der Schätzungsbescheide die rechtzeitige Vorlage sämtlicher notwendiger Unterlagen konkret und dringlich einfordern müssen. Denn die Mandantin konnte erwarten, dass der Steuerberater die ihm übertragenen Aufgaben sach- und fristgerecht erfüllt und gegebenenfalls mit präziser Fragestellung rechtzeitig um Informationen und Nachweise ersucht, wenn die ihm überreichten Unterlagen lückenhaft waren (OLG Düsseldorf 9.1.04, 23 O 34/03). Ferner oblag es ihm, die Mandantin darüber zu unterrichten, wie sich der weitere Verfahrensablauf im Hinblick auf Rechtsmittel und den Wegfall des Vorbehaltsvermerks gestalten wird.  

     

    Zwischen der Pflichtverletzung durch den Steuerberater und dem von der Mandantin geltend gemachten Schaden bestand auch der erforderliche adäquate Ursachenzusammenhang. Denn es liegt nach Auffassung der Richter auf der Hand, dass die unterlassene Anforderung der Unterlagen und die unterbliebene Aufklärung durch den Steuerberater die Nachteile für die Mandantin ausgelöst haben. Den entstandenen Schaden hat der Steuerberater allerdings nur zur Hälfte zu tragen, da das Gericht in dem Verhalten seiner Mandantin ein erhebliches Mitverschulden sieht. Sie hatte in ihrem eigenen Verantwortungsbereich für ordentliche Grundaufzeichnungen in den steuerlichen Angelegenheiten zu sorgen und diese dem Steuerberater auch vorzulegen. Dabei trifft den Mandanten die Beweislast für die vollständige Vorlage der Unterlagen. 

    Praxishinweise

    Das Urteil ist aus haftungsrechtlicher Sicht des Steuerberaters nicht zu beanstanden und setzt erwartungsgemäß die strenge Rechtsprechung des BGH in ähnlich gelagerten Fällen fort. Dennoch ist die Entscheidung hinsichtlich des Sachverhalts in zwei Punkten für die berufliche Praxis der Steuerberater bemerkenswert:  

     

    • Wie im vorliegenden Fall ergehen immer wieder Urteile in Bezug auf den fahrlässigen Umgang des Steuerberaters mit Schätzungsbescheiden.

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