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  • 22.04.2008 | Kanzleiführung

    Fallstudie – Was passiert, wenn mit dem Inhaber auch der Führungsstil wechselt?

    von Gerd Jürgen Merz, Kanzleiberater, Stein-Bockenheim

    Praxisübernahmen werden häufig nur unter rechtlichen oder steuerlichen Gesichtspunkten betrachtet. Selten wird im Vorfeld darüber nachgedacht, dass mit dem Inhaberwechsel auch ein mitunter problematischer Kulturwechsel einhergeht. Mit dieser Fallstudie aus der Praxis sollen gerade die Auswirkungen auf die Mitarbeiter verdeutlicht und die Bestimmungsgründe für einen gelungenen Wandlungsprozess herausgearbeitet werden. 

    1. Ausgangssituation

    Horst B., seit drei Jahren Steuerberater, übernahm die Kanzlei seiner Mutter mit 14 zumeist langjährigen und erfahrenen Mitarbeitern, nachdem er sechs Jahre in einer größeren Sozietät gearbeitet hatte. Die Steuerbevollmächtigte hatte während des Auf- und Ausbaus ihrer Praxis zu ihren Mitarbeitern ein vertrauensvolles, fast mütterliches, Verhältnis aufgebaut. Sie kannte alles und jeden, war stets ansprechbar und hatte die Kanzlei organisatorisch im Griff. Nach zeitgemäßen Maßstäben stimmten jedoch weder Produktivität noch Wirtschaftlichkeit. Der Mandantenstamm war ebenso überaltert, wie die Arbeitsabläufe.  

     

    Horst B. hatte sich vorgenommen, die Kanzlei auf einen zeit- und anforderungsgemäßen Stand zu bringen. Sehr schnell erkannte er, dass die bisherige autoritäre Führung einer der wesentlichen Gründe für die unbefriedigende Produktivität war. Die Mitarbeiter sollten eigentlich aufgrund ihrer Erfahrungen in der Lage sein, selbstständiger und rationeller zu arbeiten. Stattdessen hielten sie ihn mit simpelsten Fragen im Tagesgeschäft von seinen unternehmerischen Aufgaben ab. Also begann er „kooperativ“ zu führen. Er löste fortan nicht mehr die Probleme der Mitarbeiter, wie es seine Mutter getan hatte, sondern versuchte sie zur selbstständigen Problemlösung anzuregen. Die Mitarbeiter zeigten sich jedoch schon nach kurzer Zeit überfordert. Innerhalb weniger Wochen waren beide Seiten demotiviert und hatten das Vertrauen ineinander verloren.  

     

    In unserem Ausgangsfall kamen beide Seiten mit dem Wechsel des Führungsstils nicht zurecht. Unter Führungsstil versteht man ein langfristiges, relativ stabiles Verhaltensmuster in der Art und Weise, die Mitarbeiter zu führen. Die Führungsstile haben sich in den vergangenen Jahren den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen angepasst und weiter entwickelt. Kennzeichnendes Merkmal der unterschiedlichen Führungsstile ist der Entscheidungsspielraum. Je kooperativer der Führungsstil ist, desto mehr Spielraum wird dem Mitarbeiter zugebilligt.  

     

    Üblicherweise werden folgende Grade unterschieden  

     

    • autoritär: Der Vorgesetzte entscheidet, die Mitarbeiter führen aus.
    • patriarchisch: Der Vorgesetzte entscheidet, ist aber bestrebt, die Mitarbeiter von den Entscheidungen zuvor zu überzeugen.
    • beratend: Der Vorgesetzte entscheidet, gestattet jedoch Fragen dazu, um durch deren Beantwortung Akzeptanz zu erreichen.
    • konsultativ: Der Vorgesetzte informiert die Mitarbeiter über beabsichtigte Entscheidungen. Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
    • partizipativ: Die Mitarbeiter entwickeln Vorschläge. Aus der Zahl der gemeinsam gefundenen und akzeptierten möglichen Lösungen entscheidet sich der Vorgesetzte für die von ihm favorisierte.
    • delegativ: Der Vorgesetzte ist nach innen und außen Koordinator. Die Mitarbeiter entscheiden, nachdem der Vorgesetzte das Problem aufgezeigt und die Grenzen des Entscheidungsspielraums festgelegt hat.

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