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  • 23.11.2010 | Durchsuchung

    Besonderer Schutz für Berufsgeheimnisträger

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Führen Staatsanwälte Verfahren wegen Steuer- und Wirtschaftsdelikten, geraten auch die Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe ins Blickfeld der Ermittler, die für den Beschuldigten tätig sind oder waren, und die deswegen der Beihilfe zu Straftaten ihrer Mandanten verdächtigt werden. Durchsuchungen der Kanzleiräume mit dem Ziel, verfahrenserhebliche Unterlagen sicherzustellen, sind häufig die Folge. Das BVerfG hat in einem aktuellen Beschluss den besonderen Schutz von Berufsgeheimnisträgern vor solchen Maßnahmen hervorgehoben (BVerfG 31.08.10, 2 BvR 223/10, Abruf-Nr. 103715).

     

    Sachverhalt

    Die Staatsanwaltschaft führte gegen eine Anwältin ein Ermittlungsverfahren, weil sie von strafrechtlich relevanten Handlungen zugunsten eines Mandanten ausging. Aufgrund einer entsprechenden richterlichen Anordnung wurden die Kanzleiräume der Berufsangehörigen durchsucht, wobei die Ermittler auch Unterlagen beschlagnahmten. Rechtsmittel der Betroffenen blieben zunächst erfolglos. Das BVerfG hob den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss jetzt auf.  

     

    Entscheidung

    Das Grundgesetz garantiert in Art. 13 GG die Unverletzlichkeit der Wohnung. Diesem Schutz der räumlichen Lebenssphäre unterfallen auch die beruflich genutzten Räume eines Berufsgeheimnisträgers, also die Kanzlei eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts. Dieses verfassungsmäßige Recht gilt aber nicht uneingeschränkt: Die Unverletzlichkeit der Wohnung muss zurücktreten, wenn der Verdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde. Allerdings verlangt die Schwere des Eingriffs, dass dieser Verdacht nicht nur auf bloßen Vermutungen oder vagen Anhaltspunkten begründet wird.  

     

    Den Verdacht hat der zuständige (Ermittlungs-)Richter eigenverantwortlich zu prüfen und dabei die Interessen des Betroffenen angemessen zu berücksichtigen, bevor er seine Entscheidung trifft. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen. Der besondere Schutz von Berufsgeheimnisträgern, der schon in § 53 StPO dokumentiert wird, gebietet bei der Anordnung der Durchsuchung von Kanzleiräumen zudem die besonders sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ausführlich BVerfG 21.1.08, 2 BvR 1219/07, NStZ-RR 08, 176). Die Strafverfolgungsbehörden und das Gericht haben dabei auch das Ausmaß der mittelbaren Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Betroffenen zu berücksichtigen, z.B. die Folgen der Beschlagnahme einer Kanzlei-EDV-Anlage oder von Handakten, die laufende Verfahren betreffen.  

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