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  • · Umsatzsteuer

    Steuerbefreiung: Flugunterricht nicht mit Schul- oder Hochschulunterricht vergleichbar

    Bild: © Jonny Belvedere ‒ stock.adobe.com

    von Dipl.-Finw. (FH) Gerrit Uphues, LL. M., Köln

    | Die Steuerbefreiung von Unterrichtstätigkeiten war jüngst mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung von EuGH und BFH. Nachdem bereits Entscheidungen des EuGH zu Fahrschul-, Surf- und Segel- sowie Schwimmunterricht vorliegen, hatte der BFH jüngst den Fall eines Hobbyfliegers auf dem Tisch. Die klare Botschaft: Der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht“ i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umfasst nicht die Erteilung von Flugstunden. Damit ist der Unterricht, der dazu dient, eine sog. Privatpilotenlizenz zu erlangen, nicht von der Umsatzsteuer befreit ( BFH 13.11.24, XI R 31/22, Abruf-Nr. 246659 ). |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Luftsports, erwarb im Jahr 2015 ein einmotoriges Flugzeug. Er überließ es zum einen seinen Mitgliedern gegen Entgelt, zum anderen verwendete er es in den Streitjahren 2016 und 2017 in der Ausbildung von Flugschülern zum Erwerb der Privatpilotenlizenz. In seiner USt-Erklärung erklärte der Verein die Umsätze aus der Überlassung des Flugzeugs mit dem ermäßigten Steuersatz, während er die Umsätze aus dem Flugunterricht als steuerfrei behandelte. Das FA sah beides hingegen als einheitliche steuerfreie Leistung an und kappte den geltend gemachten Vorsteuerabzug in Höhe des Anteils der steuerfreien Verwendung. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Flugunterricht steuerpflichtig ist. Damit sei der Vorsteuerabzug weder nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen noch nach § 15a UStG zu berichtigen. Flugunterricht ist nicht gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Vorschrift entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen (vgl. u. a. BFH 30.6.22, V R 32/21 [V R 31/17], BFHE 277, 519, Rn. 12).

     

    MERKE | Unter welchen Voraussetzungen „Schul- oder Hochschulunterricht“ i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL vorliegt, hat der EuGH in den Urteilen „A & G Fahrschul-Akademie“ und „Dubrovin & Tröger ‒ Aquatics“ sowie im Beschluss „Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst“ geklärt. Danach verweist der „Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts (…) allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen“ (vgl. EuGH 14.3.19, C449/17, Rn. 26; 21.10.21, C-373/19, Rn. 28; 7.10.19, C-47/19, Beschluss, Rn. 30). Die Steuerbefreiung einer Unterrichtsleistung setzt somit das Vorliegen eines integrierten Systems sowie eines breiten und vielfältigen Spektrums von Stoffen voraus.

     

    Nicht erfasst als „nur punktuell erteilter“ Unterricht sind daher z. B.:

     

     

    Die 120 Stunden Theorie und mindestens 45 Flugstunden, die im Streitfall im Rahmen des Unterrichts erbracht wurden, mögen den Teilnehmern zwar erhebliche zeitliche Kapazitäten abverlangen. Auch mag der Stoff, der vermittelt wurde (u. a. Luftrecht, Navigation, Meteorologie), umfangreich sein. Er stellt jedoch kein integriertes System in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen dar. Vielmehr zielt all dies darauf ab, das Fliegen mit Flugzeugen zu erlernen und sicher zu beherrschen. Er ist daher ‒ ebenso wie Fahrschul- oder Segelunterricht ‒ ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, der die Fähigkeit vermittelt, ein Fahrzeug zu führen.

     

    Der Flugunterricht ist auch nicht als Aus- oder Fortbildung oder als berufliche Umschulung steuerfrei, da ein direkter Bezug der Flugausbildung zu einem Gewerbe oder einem Beruf fehlt. Auch dient der Unterricht insoweit nicht dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse.

     

    Beachten Sie | Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG liegen mangels einer „Veranstaltung“ ebenfalls nicht vor. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind ebenfalls nicht erfüllt, da eine entsprechende Bescheinigung nicht vorliegt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Mit dem Besprechungsurteil ergeht eine weitere Entscheidung zu der Frage, ob eine bestimmte Unterrichtstätigkeit unter die Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL fällt. In seinem Urteil „A & G Fahrschul-Akademie“ (EuGH 14.3.19, C449/17, Rn. 26) hatte der EuGH den Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ erstmals definiert und seitdem bereits entschieden, dass Fahrschul-, Surf- und Segelunterricht sowie Schwimmunterricht hierunter nicht zu fassen sind.

     

    Dementsprechend urteilte der BFH vorliegend wenig überraschend, dass auch der Flugunterricht keinen steuerfreien Schul- oder Hochschulunterricht darstellt, da es sich auch hier um einen spezialisierten, punktuell erteilten Unterricht handelt. Es zeichnet sich damit eine klare Tendenz in der Rechtsprechung von EuGH und BFH ab. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass es sich um Entscheidungen über Einzelfälle handelt und die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls bei der Beurteilung der Steuerpflicht einer konkreten Unterrichtstätigkeit zu würdigen sind.

     

    Zum Autor | Gerrit Uphues ist in der Finanzverwaltung NRW tätig. Der Aufsatz wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die persönliche Auffassung des Autors wieder.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2025 | Seite 199 | ID 50371823