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  • · Fachbeitrag · Steuerticker

    Neues aus Gesetzgebung, Finanzverwaltung und Rechtsprechung auf den Punkt gebracht

    von Dipl.-Finw. StB Michael Seifert, Troisdorf

    | Im „Steuerticker“ weisen wir regelmäßig auf Neuerungen aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung hin, die Sie im Berufsalltag kurzfristig umsetzen sollten. |

    1. Update zu § 7g EStG

    § 7g EStG hat zuletzt durch das JStG 2020 zahlreiche Änderungen erfahren. Eine weitere gesetzliche Neuerung hat der Gesetzgeber nunmehr durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts beschlossen (BT-Drucks. 19/29843 19.5.21, § 52 Abs. 16 EStG). Danach wird der Reinvestitionszeitraum auf fünf Jahre (Bildungsjahr 2017) bzw. auf vier Jahre (Bildungsjahr 2018) verlängert. Der Bundesrat hat diesem Gesetz am 25.6.21 zugestimmt.

     

    Übersicht / 

    Bildung des IAB
    Späteste Auflösung des IAB

    2016

    2019

    2017

    2022 (fünf Jahre)

    2018

    2022 (vier Jahre)

    2019

    2022

    2020

    2023

     

    PRAXISTIPP | Die gesetzliche Änderung ist der Coronapandemie geschuldet. Sofern die Investition erst im Jahr 2022 getätigt wird, scheidet allerdings die Anwendung der degressiven Abschreibung aus. § 7 Abs. 2 EStG ist nur für Investitionen in den Jahren 2020 und 2021 vorgesehen. Sollte sich eine im Jahr 2017 bzw. 2018 beabsichtigte Investition, für die ein IAB gebildet wurde, selbst bis Ende 2022 nicht realisieren lassen, könnte wegen der damit verbundenen rückwirkenden Verzinsung eine frühzeitige freiwillige Auflösung des seinerzeit gebildeten IAB erwogen werden.

     

    Der BFH hatte sich zudem mit der Frage zu der „ausschließlichen und fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung“ in diesem Bereich auseinanderzusetzen. Bei Geschäftswagen verlangt die Finanzverwaltung bislang ein im Investitionsjahr und im Folgejahr ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch. Wird das Fahrtenbuch z. B. im Rahmen einer Außenprüfung verworfen, werden als Folgewirkungen auch die Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG und der seinerzeit gebildete Investitionsabzugsbetrag rückwirkend versagt. Dies sieht der BFH anders und lässt statt des Fahrtenbuchs auch andere Beweismittel als Nachweis zu (BFH 15.7.20, III R 62/19, DStR 21, 788).

     

    PRAXISTIPP | Bei Dienstwagen ist ‒ im Gegensatz zu Geschäftswagen ‒ von einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung auszugehen. Der private Nutzungsumfang des Arbeitnehmers schlägt nicht durch.

     

    2. Corona-Masken und Einkommensteuerrecht

    Vermehrt stellt sich die Frage nach dem Kostenabzug von Corona-Masken. Der Bundesrat hatte gefordert, einen pauschalen Sonderausgabenabzug im VZ 2020 und 2021 von 200 EUR bzw. 400 EUR (Einzel-/Zusammenveranlagung) einzuführen. Diese Forderung hat sich in den Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt (siehe BT-Drucks. 19/27632, S. 120). Damit gilt Folgendes:

     

    • a) Außergewöhnliche Belastungen: Die Berücksichtigung von Aufwendungen für Schutzmasken nach § 33 EStG scheidet aus, weil es an einer Außergewöhnlichkeit mangelt.

     

    • b) Sonderausgaben: Ein Abzug als Sonderausgaben scheidet mangels Rechtsgrundlage aus.

     

    • c) Werbungskosten: Aufwendungen des Arbeitnehmers für Schutzmasken, die für die berufliche Nutzung erworben wurden, stellen Werbungskosten dar. Ob und in welchem Umfang ein beruflicher Zusammenhang besteht, muss der Arbeitnehmer im jeweiligen Einzelfall glaubhaft machen. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung pauschale Abzugsbeträge zulassen wird, um zeitaufwendige Einzelfalldiskussionen ohne gravierende steuerliche Auswirkungen zu verhindern.

     

    • d) (Sonder-)Betriebsausgaben: Für die Aufwendungen für Corona-Masken des (Mit-)Unternehmers gelten die zu den Werbungskosten dargestellten Grundsätze. Sofern die Masken den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden, liegen Betriebsausgaben vor. Es liegt kein geldwerter Vorteil gegenüber den Mitarbeitern vor, sondern eine Leistung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, sofern die Masken ausschließlich zur betrieblichen Verwendung vorgesehen sind (FAQ „Corona“ [Steuern] unter VI.15).

    3. Handygestellung an Mitarbeiter ‒ neue Stolpersteine

    Steuerfrei bleiben Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten (§ 3 Nr. 45 S. 1 EStG). Diese Vorschrift spielt gerade bei der Nettolohnoptimierung eine bedeutsame Rolle.

     

    PRAXISTIPP | Begünstigt sind u. a. die Überlassung eines PC, Laptops, Handys, Smartphones, Tablets oder auch einer Smartwatch (H 3.45 LStH 2021 „Beispiele für begünstigte Geräte und Leistungen“).

     

    Beachten Sie | Es muss aber ein betriebliches Gerät vorliegen, das dem Arbeitgeber zuzurechnen ist. Der Geräteerwerb von einem Mitarbeiter durch den Arbeitgeber und die anschließende Überlassung an eben diesen wird als Gestaltungsmissbrauch angesehen.

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber „kauft“ vom Arbeitnehmer ein Mobiltelefon zu einem nicht marktüblichen Preis von z. B. 1 EUR und stellt es diesem anschließend zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Verbindungsentgelte des Arbeitnehmers werden nach dem „Kauf“ vom Arbeitgeber übernommen.

     

    Eine Steuerbefreiung der Verbindungsentgelte nach § 3 Nr. 45 EStG kommt nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung nicht in Betracht, da der Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht standhält und es sich somit bei der Zurverfügungstellung des Mobiltelefons nicht um ein betriebliches Telekommunikationsgerät des Arbeitgebers handelt.

     

    PRAXISTIPP | Gegen diese einschränkende Auslegung regt sich Widerstand. Der BFH wird in einem anhängigen Verfahren zu klären haben, ob die Rechtsauslegung der Finanzverwaltung rechtens ist (FG München 20.11.20, 8 K 2655/19, Rev. BFH: VI R 50/20). In der Abwehrberatung sollten aufgegriffene Fälle bis zur BFH-Entscheidung offengehalten werden. In der Gestaltungsberatung sollte wegen der lohnsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Haftungsrisiken ein anderer Weg gewählt werden. So sollte der Arbeitgeber bei einem Telekommunikationsanbieter selbst einen Vertrag abschließen, der auch ein Handy umfasst, und dieses anschließend dem Mitarbeiter zur unentgeltlichen Nutzung überlassen.

     

    4. Wirksamer Antrag bei Günstigerprüfung

    Kapitalerträge werden auf Antrag individuell besteuert, sofern sich eine niedrigere Einkommensteuer einschließlich Zuschlagsteuer als die Abgeltungsteuer ergibt (§ 32d Abs. 6 EStG). Damit wird für Mandanten, deren Belastung mit der tariflichen Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte niedriger ist als der Abgeltungsteuersatz von 25 %, die Möglichkeit geschaffen, dass ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen diesem niedrigeren Steuersatz unterworfen werden. Der Antrag auf Anwendung der Günstigerprüfung ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu stellen:

     

    • Blick auf den Erklärungsvordruck

     

     

    PRAXISTIPP | Zusammen veranlagte Ehegatten/Lebenspartner können das Wahlrecht nur gemeinsam ausüben. Dementsprechend weist der Erklärungsvordruck darauf hin, dass im Falle der Zusammenveranlagung die Anlage KAP beider Ehegatten/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz einzureichen ist.

     

    Der Antrag auf Günstigerprüfung kann bis zur Unanfechtbarkeit des betreffenden ESt-Bescheides gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der AO (z. B. § 164 Abs. 2 AO) oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist.

     

    PRAXISTIPP | Der Antrag muss ‒ im Gegensatz zur Beantragung der Besteuerung einer unternehmerischen Beteiligung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ‒ nicht zusammen mit der erstmaligen ESt-Erklärung gestellt werden.

     

    Der BFH hat sich mit nunmehr amtlich veröffentlichtem Urteil vom 14.7.20 (VIII R 6/17, BStBl II 21, 92) zur Anwendung der Günstigerprüfung geäußert. Im Entscheidungsfall wurde im Rahmen der erstmaligen Veranlagung die Günstigerprüfung nicht beantragt, weil hohe positive Einkünfte vorlagen. Durch eine spätere Änderung eines Grundlagenbescheides minderten sich die bislang berücksichtigten Einkünfte mit der Folge, dass sich nunmehr die Anwendung des tariflichen Steuersatzes als günstiger erwies. Nach Auffassung des BFH liegt ein rückwirkendes Ereignis vor, sodass die Günstigerprüfung erstmals beantragt werden kann (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO).

     

    PRAXISTIPP | Es ist zwischen einer ursprünglich unterbliebenen Antragstellung nach § 32d Abs. 6 EStG, die sich bereits bei erstmaliger Veranlagung ausgewirkt hätte und einer nachträglich erstmalig steuergünstigen Antragstellung zu unterscheiden. Im zuerst genannten Fall kann weiterhin keine Günstigerprüfung mit Auswertung eines neuen Grundlagenbescheides beantragt werden.

     

    Übersicht / Günstigerprüfung § 32d Abs. 6 EStG

    Erstmalige ESt-Festsetzung
    Geänderte ESt-Festsetzung

    Tarifliche Steuer ist günstiger als die Abgeltungsteuer

    Tarifliche Steuer ist erst nunmehr günstiger als die Abgeltungsteuer.

    Erstmalige ESt-Festsetzung: Günstigerprüfung ist zu beantragen.

    Erstmalige ESt-Festsetzung ohne Günstigerprüfung

    Geänderte ESt-Festsetzung: Erstmalige Beantragung der Günstigerprüfung scheidet aus.

    Geänderte ESt-Festsetzung: Günstigerprüfung kann gewählt werden.

     

    Kommt es zu einem Verlustrücktrag und ist nach dem Verlustrücktrag erstmals die tarifliche Steuer günstiger als die Abgeltungsteuer, dürfte das Wahlrecht auf Günstigerprüfung ebenfalls aufleben. Da die Günstigerprüfung antragsbezogen ist, haben Berater den entsprechenden Antrag neben dem Antrag auf Verlustrücktrag zu stellen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 247 | ID 47453117

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