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  • · Fachbeitrag · Nachfolgeplanung

    Übertragung eines „verkleinerten“ Betriebs: Gesamtplan nicht immer Gestaltungsmissbrauch!

    von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

    | Veräußert ein Mitunternehmer aufgrund einheitlicher Planung Sonder-BV, bevor er den ihm verbliebenen Mitunternehmeranteil unentgeltlich überträgt, steht dies der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen. Mit dieser begrüßenswerten Entscheidung kurz vor dem Jahreswechsel hat der BFH die Nachfolge in mittelständischen Betrieben erheblich erleichtert ( BFH 9.12.14, IV R 29/14, Abruf-Nr. 174489 ). |

    1. Sachverhalt

    Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, betrieb bis zum Jahr 2001 einen Einzelhandel mit Spielwaren, Kinderwagen und Textilien. An der KG waren Vater V zu 2/3 und Sohn S zu 1/3 als Kommanditisten beteiligt. Die KG nutzte zwei nebeneinander stehende Gebäude A und B, die im Eigentum des V standen und zum Teil als Sonderbetriebsvermögen der KG behandelt wurden, wie folgt:

     

    Mitte des Jahres 2001 gab die KG die Räume im Gebäude B auf und verpachtete diese nach einem Umbau an den Betreiber einer Eisdiele. Ihre Geschäftsräume im Gebäude A vermietet die KG an die neu gegründete C-GmbH, an der sie zu 30 % beteiligt war und die den Spielwarenhandel der KG weiter betrieb. Im Jahr 2007 verkaufte V das Gebäude B zum Verkehrswert (500.000 EUR) an den Pächter der Eisdiele.

     

    Anschließend, ebenfalls noch im Jahr 2007, übertrug V seinen Kommanditanteil und das in seinem Sonderbetriebsvermögen stehende Grundstück A ‒ wie geplant ‒ im Wege vorweggenommener Erbfolge an seinen Sohn. An der Wohnung im 3. OG behielt sich V ein lebenslanges Wohnrecht vor (Nießbrauch).

     

    Während der Gewinn aus dem Verkauf des Grundstücks B an den Betreiber der Eisdiele als Sonderbetriebseinnahmen des V behandelt und voll versteuert wurde, erfolgte die Übertragung der Kommanditanteile und des Grundstücks A erfolgsneutral zu Buchwerten. Diese steuerliche Behandlung erkannte das FA nicht an und setzte für die Übertragung der Kommanditanteile und des Gebäudes A, sowie für die Veräußerung des Gebäudes B einen einheitlichen nach § 34 EStG tarifbegünstigten Aufgabegewinn bei V an. Klage und Revision der KG und des V hatten aber vollen Erfolg.

    2. Anmerkungen

    Nach Ansicht des BFH hat V seinen KG-Anteil nicht aufgegeben, sondern begünstigt nach § 6 Abs. 3 EStG auf S übertragen. Der Mitunternehmeranteil an der KG wurde nach Ansicht des BFH nicht dadurch aufgegeben, dass er neben dem Anteil am Vermögen der KG und dem Gebäude A nicht auch das Gebäude B unentgeltlich auf S übertragen hat. Denn das Gebäude B stand im Zeitpunkt der Übertragung des KG-Anteils nicht mehr im Eigentum des V, sondern gehörte bereits dem Betreiber der Eisdiele. Es war daher nicht mehr Bestandteil des Betriebsvermögens der KG und gehörte somit nicht mehr zum Mitunternehmeranteil des V.

     

    Dass das Gebäude B kurz zuvor an den Betreiber der Eisdiele als fremdem Dritten veräußert wurde, ist nicht im Wege einer zusammenfassenden Betrachtung als Teil des Übertragungsvorgangs anzusehen. Es kann dabei dahinstehen, ob Veräußerung und Anteilsübertragung auf einem einheitlichen Gesamtplan des Klägers beruhten. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG laut BFH nicht ausschließen.

    3. Praxishinweise

    Der BFH stützt sich bei seiner Entscheidung auf den Sinn und Zweck der Norm des § 6 Abs. 3 EStG, der die Generationennachfolge erleichtern soll:

     

    MERKE | Die Vergünstigung des § 6 Abs. 3 EStG ‒ d.h. die Buchwertfortführung nach einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ‒ dient der ertragsteuerlich unbelasteten Vermögensübertragung zur Sicherung der Liquidität der nach einem Rechtsträgerwechsel fortgeführten betrieblichen Einheit und damit typischerweise der Erleichterung der Generationennachfolge. Sie setzt daher nur voraus, dass im Zeitpunkt der Übertragung eine funktionsfähige betriebliche Einheit besteht. Welchen Umfang das Betriebsvermögen vor der Übertragung hatte, ist für die Verwirklichung des Zwecks ohne Bedeutung.

     

    Dementsprechend schließt die Entnahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage im Zusammenhang mit der Übertragung des verkleinerten Betriebs die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG nicht aus. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG sind im Streitfall erfüllt. So erfolgte die Übertragung beispielsweise unentgeltlich. An dieser Sichtweise ändert sich auch nichts dadurch, dass sich V das Wohnrecht an der im 3. OG belegenen Wohnung vorbehalten hat, denn diese Wohnung war nicht Teil des Betriebsvermögens der KG.

     

    PRAXISHINWEIS |

    Mit der Entscheidung setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, dass nicht jede mehrstufige Umgestaltung sofort als Gesamtplan mit der Folge eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO und einer vollen Besteuerung anzusehen ist. Einem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen den Übergang seines Vermögens auf die nächste Generation oder die Umgestaltung seiner wirtschaftlichen Aktivitäten in mehreren Schritten zu gestalten, den Betrieb dabei umzugestalten oder zu verkleinern, um z.B. weichende Erben besser auszahlen zu können.

     

    Für den BFH entscheidend ist dabei, ob der Zweck einer steuerlichen Vergünstigung erreicht wird oder nicht. Im vorliegenden Fall soll § 6 Abs. 3 EStG den Übergang eines lebenden Betriebes auf die nächste Generation sicherstellen. Dieser Zweck wird auch dann erreicht, wenn der Betrieb auch ohne die zuvor entnommenen Wirtschaftsgüter lebensfähig und die steuerliche Verstrickung der stillen Reserven gewahrt bleibt.

     

    4. Frühere BFH-Entscheidung als Argumentationshilfe nutzen

    So hat der BFH auch in einem vor einiger Zeit entschiedenen Fall argumentiert, wo vor einer Einbringung ein Grundstück in ein anderes Betriebsvermögen ausgelagert wurde.

     

    4.1 Sachverhalt

    Einzelunternehmer E will seinen Betrieb im April 2012 zum 1.1.12 im Wege einer Sachgründung in die E-GmbH einbringen (§ 20 UmwStG). Das wertvolle Betriebsgrundstück soll jedoch ‒ aus Haftungsgründen und wegen der GrESt ‒ nicht mit auf die GmbH übergehen. Etwa ein Jahr vorher überträgt E das Grundstück deshalb nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert auf die zu diesem Zweck neu gegründete E-GmbH & Co. KG.

     

     

    4.2 Lösung des BFH

    Nach Ansicht des BFH (25.11.09, I R 72/08, BStBl II 10, 471) ist die „Auslagerung“ einer wesentlichen Betriebsgrundlage aus dem einzubringenden Mitunternehmeranteil steuerlich anzuerkennen, sofern sie auf Dauer erfolgt und deshalb andere wirtschaftliche Folgen auslöst, als die Einbeziehung des betreffenden Wirtschaftsguts in den Einbringungsvorgang. Anders kann es allenfalls sein, wenn sie alsbald rückgängig gemacht wird und sich deshalb als nur vorgeschoben erweist. Ist dies aber nicht der Fall und ist die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt, können mehrere Steuervergünstigungen „kombiniert“ werden, einmal die steuerneutrale Übertragung in ein anderes Betriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 EStG) und zum anderen die steuerneutrale Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 21 UmwStG).

     

    FAZIT | Mit dieser Entscheidung hat der BFH die Nachfolgeplanung im mittelständischen Bereich erheblich vereinfacht. Es ist nunmehr möglich, ein Unternehmen in mehreren Schritten teilweise an fremde Dritte zu veräußern und teilweise unentgeltlich auf den Nachfolger zu übertragen (BFH 9.12.14, IV R 29/14).

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 78 | ID 43200419

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