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  • · Fachbeitrag · Kapitalgesellschaften

    Neues zu Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto einer GmbH

    von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

    | Bei einer GmbH handelt es sich ‒ wie bei allen Kapitalgesellschaften ‒ um eigenständige juristische Personen. Das steuerliche Einlagekonto einer GmbH ist dabei das Scharnier zwischen der GmbH und ihren Anteilseignern. Deshalb sind Zahlungen in das Einlagekonto genau so wie Zahlungen aus dem Einlagekonto immer mit besonderer Vorsicht zu behandeln. In einer umfangreichen Entscheidung hat der BFH nunmehr dazu Stellung genommen, wie sich die Einlage von GmbH-Anteilen ‒ in denen erhebliche stille Reserven schlummern ‒ auf anschließende Ausschüttungen aus dem Einlagekonto auswirken (BFH 30.6.22, IV R 19/18; Abruf-Nr.  231622 ). |

     

    Sachverhalt

    A ist der alleinige Kommanditist der vermögensverwaltend tätigen X-GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die X-GmbH ist. A ist außerdem seit vielen Jahren ‒ auch schon, als noch das sog. Anrechnungsverfahren für die Besteuerung von Körperschaften Anwendung fand ‒ zu 30 % an der Y-GmbH beteiligt. Im Jahr 01 trat A seine Anteile an der Y-GmbH ‒ die er bis dahin im Privatvermögen gehalten hatte ‒ an die X-GmbH & Co. KG ab. Die Einbringung erfolgte zum Buchwert ohne Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte an die X-GmbH & Co. KG. Die Y-GmbH hatte aus der Zeit des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens noch eine große Menge an sog. EK 04.

     

     

    In den Jahren 02 bis 04 schüttete die Y-GmbH erhebliche Beträge aus ihrem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) aus. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass positive Anschaffungskosten für die eingelegte Beteiligung i. H. v. 735.597,67 EUR um die zum Stichtag 31.12.01 ermittelten negativen Anschaffungskosten i. H. v. 187.651,52 EUR zu mindern seien. Die Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung seien daher mit 547.946,15 EUR anzusetzen. Nachdem in den Jahren 02 und 03 bereits Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto, welches aus dem früheren EK 04 entstanden sei, erfolgt seien, minderten sich die Anschaffungskosten der Y-GmbH bis auf einen Erinnerungswert. Soweit die Ausschüttungen der Jahre 03 und 04, die ebenfalls aus dem Einlagekonto erfolgt sind, die Anschaffungskosten überstiegen, lägen außerordentliche Erträge vor. Für das Jahr 03 wären dies 94.332,85 EUR und für das Jahr 04 30.927,60 EUR.

     

    Der BFH gab dem FA, das sich der Ansicht des Prüfers angeschlossen hatte, im Ergebnis Recht.

     

    Rechtliche Würdigung

    Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG bzw. aus dem EK 04, die in der Zeit vor dem Überschreiten der im Streitfall maßgeblichen Wesentlichkeitsgrenze von 25 % erfolgt sind, führen zu einer Minderung der Anschaffungskosten der in das Gesamthandsvermögen der X-GmbH & Co. KG eingelegten GmbH-Beteiligung und sind damit bei der Ermittlung des Einlagewerts der Beteiligung zu berücksichtigen.

     

    Die Einlage einer zunächst im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in ein Betriebsvermögen (hier der X-GmbH & Co. KG) ist mit den Anschaffungskosten der Y-GmbH zu bewerten.

     

    Einlagen sind grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten, den das Wirtschaftsgut (die Beteiligung an der Y-GmbH) im Zeitpunkt seiner Zuführung zum Betriebsvermögen hat. Der Einlagewert ist jedoch auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts zu begrenzen, wenn es sich um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft handelt, an der der Steuerpflichtige i. S. d. § 17 Abs. 6 EStG beteiligt ist. Das bedeutet, dass die Einlage einer Beteiligung dann, wenn die Beteiligung im „Zeitpunkt der Zuführung“ zum Betriebsvermögen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 6 EStG erfüllt ‒ also wesentlich ist ‒, mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist.

     

    Aus dem Verweis auf § 17 Abs. 1 EStG folgt weiterhin, dass die Bewertung auch dann mit den Anschaffungskosten zu erfolgen hat, wenn der eingelegte Anteil „innerhalb der letzten fünf Jahre“ vor dem Zeitpunkt der Zuführung (Einlage) die im Zeitpunkt der Zuführung gültige Wesentlichkeitsgrenze überstiegen hat. Wesentlich ist eine Beteiligung für Veräußerungsvorgänge bis zum Veranlagungszeitraum 1998 ab einer Quote von mehr als 25 %, ab dem Veranlagungszeitraum 1999 ab einer Quote von 10 %, aktuell ab einer Quote von mindestens 1 %.

     

    Bei der Bewertung sind dabei sämtliche Wertsteigerungen und -minderungen der Beteiligung seit ihrer Anschaffung zu berücksichtigen. Auf die Dauer des Bestehens der Beteiligung vor der Einlage kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist nur, dass der Steuerpflichtige innerhalb der Fünfjahresfrist überhaupt einmal (nach der in jenem Streitfall wie auch hier maßgeblichen Wesentlichkeitsgrenze) zu mehr als 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist. Denn Zweck der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Buchst. b EStG sei es, zu verhindern, dass Wertsteigerungen, die die eingelegte Beteiligung während ihrer Zugehörigkeit zum Privatvermögen erfahren habe, entgegen der mit § 17 EStG verfolgten Zielsetzung der Besteuerung entzogen werden.

     

    Hieraus folgt, dass auch Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG bzw. aus dem EK 04, die nach den oben ausgeführten Maßstäben die Anschaffungskosten der Beteiligung mindern und ggf. zu negativen Anschaffungskosten führen, auch vor dem Zeitpunkt, in dem die Beteiligung die Wesentlichkeitsgrenze überschreitet, bei der Bemessung der Anschaffungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Buchst. b EStG zu berücksichtigen sind. Da es sich bei Ausschüttungen aus dem Einlagekonto um die Ausschüttung von Eigenkapital handelt, ist also dann, wenn dieses Eigenkapital zum Zeitpunkt der Einlage in das Eigenkapital noch nicht besteuert war, die Besteuerung zum Zeitpunkt der Ausschüttung nachzuholen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung des BFH betrifft sicherlich eine Sachverhaltsgestaltung, die nicht sehr häufig vorkommen dürfte. Gleichwohl sei an dieser Stelle auf die Problematik von Ausschüttungen aus dem Einlagekonto des § 27 KStG verwiesen. Hier kann es nämlich, je nach Höhe der Beteiligung, zu unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen kommen.

     

    Sofern eine Leistung ‒ unter Beachtung der Differenzrechnung nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG ‒ den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigt und mit einem positiven steuerlichen Einlagekonto verrechnet werden kann, ist der aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG stammende Gewinnanteil beim Gesellschafter gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG als nicht steuerbare Einnahme zu behandeln. Insoweit ist auch keine KapSt einzubehalten und abzuführen. Dabei ist je nach Höhe der Beteiligung zu beachten:

     

    • Beteiligung i. S. d. § 17 EStG: Der Teil der Ausschüttung, der aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert ist, führt zunächst nur zu einer Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung. Das heißt, sind die zurückgezahlten Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG niedriger als die Anschaffungskosten der Beteiligung, mindern sie nur die Anschaffungskosten der Beteiligung erfolgsneutral. Sofern die Anschaffungskosten jedoch überschritten werden, ist eine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 4 EStG anzunehmen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegt (§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c S. 2 EStG).

     

    • Beteiligung i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG (d. h., es liegt keine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG vor): In den Fällen des § 20 Abs. 2 EStG tritt ebenfalls eine Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung ein. Dies kann auch zu negativen Anschaffungskosten führen. Eine steuerliche Auswirkung i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ergibt sich hier allerdings erst bei späterer tatsächlicher Veräußerung der Anteile.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2023 | Seite 8 | ID 48800946

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