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  • · Fachbeitrag · Betriebsprüfungen

    Ermäßigter Steuersatz für Imbisse in Food-Courts?

    von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

    | In den vergangenen Monaten sind Imbisse in „Food-Courts“ von Einkaufszentren zunehmend in den Fokus von Betriebsprüfern gelangt und zum Teil sind auch Steuerstrafverfahren eingeleitet worden. Hintergrund ist, dass viele Imbissbesitzer den Verkauf ihrer Speisen nur dem ermäßigten Steuersatz unterworfen haben, während die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass die Verkäufe anteilig dem Regelsteuersatz unterliegen. Der jüngst vom BFH entschiedene „Breznläufer-Fall“ könnte aber dafür sorgen, dass man sich in solchen Fällen erfolgreich gegen die Finanzverwaltung zur Wehr setzen kann. |

    1. Zum Hintergrund

    Bei Imbissverkäufen wird schon seit Jahren darüber gestritten, in welchen Fällen es sich um reine Speisenlieferungen handelt und wann mit 19 % zu versteuernde Restaurationsumsätze vorliegen. Werden eigene Verzehrvorrichtungen angeboten, wird man um eine Aufteilung regelmäßig nicht umhinkommen. Doch selbst wenn eine entsprechende Aufteilung stattgefunden hat, wird diese im „BP-Fall“ regelmäßig ‒ zuungunsten der Steuerpflichtigen ‒ geändert. Die Prüfer haben sich dabei auf den UStAE und in jüngster Zeit auch auf ein Urteil des FG Hamburg gestützt. Der „Breznläufer-Fall“ des BFH lässt aber hoffen, dass die Finanzverwaltung ihre Haltung aufgeben muss und die Betreiber von Imbissbetrieben in Food-Courts ihre Umsätze künftig so gut wie ausschließlich dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen können.

    2. Das Verfahren vor dem FG Hamburg

    Im Streitfall betrieb der Kläger einen Döner-Imbiss im Gastronomiebereich eines Einkaufszentrums. Die Fläche, auf der der Imbiss betrieben wurde, hatte er angemietet. Parallel zum Mietvertrag schloss er eine Vereinbarung über die Nutzung des Gastronomiebereichs. Die Gastronomiefläche stand den Mietern bzw. den Kunden des Einkaufszentrums allgemein zur Verfügung. Einen Anspruch auf eine besondere Nutzung dieser Fläche hatte der Kläger nicht. Die Spülküche und die Möblierung wurden vom Vermieter gestellt. Der Kläger erklärte Erlöse aus dem Verzehr vor Ort von rund 15 % des Gesamtumsatzes, die restlichen 85 % unterwarf er als „Verzehr außer Haus“ dem ermäßigten Steuersatz. Dem folgte das Finanzamt im Rahmen einer USt-Sonderprüfung jedoch nicht, zumal der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nur unzureichend nachgekommen war.

     

    Der Prüfer schätzte, dass nur 25 % der Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterlägen und 75 % dem Regelsteuersatz. Die ausgegebenen Speisen seien im Hinblick auf die Lage des Imbisses im Gastronomiebereich nahezu ausschließlich dazu bestimmt gewesen, von der Kundschaft unmittelbar an Ort und Stelle verzehrt zu werden. Dies hätten die im Rahmen der Prüfung zur Mittagszeit durchgeführten Zählungen bestätigt. Auch weitere Kundenzählungen am Nachmittag hätten zum gleichen Ergebnis geführt.

     

    Das FG Hamburg (7.4.16, 6 K 132/15) ist der Auffassung des Finanzamts mit folgender Begründung gefolgt: Die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder in Kino-Foyers ist eine Lieferung, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die damit voraus- und einhergehenden Dienstleistungselemente nicht überwiegen. „Schädliche“ Dienstleistungselemente, die zu einer Einordnung als sonstige Leistung führen können, sind u. a. das Abräumen und Endreinigen von Geschirr und Tischen sowie zur Verfügung gestellte Verzehrvorrichtungen wie Tische und Stühle.

     

    MERKE | Nicht einzubeziehen sind zwar Leistungen eines Dritten, selbst wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers erfolgen. Leistet der Dritte jedoch an den Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handelt es sich laut FG um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen ist.

     

     

    Das FG argumentierte weiter: „Auch wenn der Gastronom Mieter ist ohne Anspruch auf eine eigene, ausschließliche Nutzung des Sitz- und Verzehrbereichs durch seine Kunden, steht dies der Annahme einer zusätzlichen Dienstleistung nicht entgegen, sondern liegt in der Natur der Sache. Auch bei einem Imbiss mit einem eigenen Sitzbereich kann es vorkommen, dass nicht jeder Kunde einen Platz findet. Die Nutzungsmöglichkeit durch die Kunden eines Imbisses ist somit dem Mieter/Gastronom zuzurechnen.

     

    Es ist lebensnah anzunehmen, dass ein Imbiss, der in einem Einkaufszentrum liegt, im Wesentlichen von den Kunden des Einkaufszentrums sowie von Mitarbeitern der dort und im unmittelbaren Umfeld angesiedelten Firmen frequentiert wird. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil der Umsätze auf den Verzehr an Ort und Stelle entfällt.“

     

    MERKE | Die Richter lagen mit ihrer Haltung auf einer Linie mit A. 3.6 Abs. 5 UStAE, in dem es heißt: „Es ist daher im Einzelfall ‒ ggf. unter Berücksichtigung von getroffenen Vereinbarungen ‒ zu prüfen, inwieweit von einem Dritten erbrachte Dienstleistungselemente dem speiseabgebenden Unternehmer zuzurechnen sind. Leistet der Dritte an diesen Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handelt es sich um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen ist.“

     

    3. Das aktuelle BFH-Urteil

    Aufgrund der Tatsache, dass keine Revision zugelassen worden war, schien die Sache klar. Hinzu kam das sog. Breznläufer-Urteil des FG München vom 22.2.17 (3 K 2670/14), in dem eine ähnliche Begründung angeführt wurde. Im Streitfall pachtete die Klägerin während des Oktoberfestes Verkaufsstände in mehreren Festzelten an. Die von ihr beschäftigten „Breznläufer“ gingen durch die Reihen des Festzelts und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers. Das Finanzamt sah hierin eine sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Klägerin die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das FG München bestätigte dies. Der BFH sah das aber erfreulicherweise anders.

     

    Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Danach führt der Verkauf der Brezeln umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung der Backwaren, die ermäßigt zu besteuern ist. Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, dienten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers. Damit handelte es sich um für die Klägerin fremde Verzehrvorrichtungen, an denen der Klägerin kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden habe. Sie habe keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit in dem Sinne erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte. Es sei nach der „Realität“ auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen wären, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch zu nehmen (BFH 3.8.17, V R 15/17).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Berater von betroffenen Steuerpflichtigen sollten die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Betreibern der Food-Courts und den Betreibern der Imbissbetriebe ‒ nochmals ‒ prüfen. Nach meinem Dafürhalten kann die Auffassung der Finanzverwaltung, eine „Mitnutzungsmöglichkeit“ in einem Food-Court reiche für die Annahme eines Dienstleistungselements aus, nicht mehr aufrechterhalten werden. M. E. sind die Kernaussagen in dem „Breznläufer-Urteil“ durchaus auf die „Food-Court-Fälle“ übertragbar.

     

    Wahrscheinlich wird die Finanzverwaltung allerdings versuchen, die für sie positiven Aussagen des Urteils „in irgendeiner Weise“ zu ihren Gunsten auszulegen. Von Gewicht könnte dabei folgender Satz des BFH sein: „Darüber hinaus handelte es sich bei Brezeln um eine Standardspeise einfachster Art, die keinerlei über den bloßen Herstellungsvorgang hinausgehendes Zubereitungselement wie etwa ein Warmhalten für den Verzehr aufwies. Für ihren Verzehr bedurfte es zudem keiner Art von Hilfsvorrichtung.“ Hier unterscheidet sich der Verkauf von Snacks zugegebenermaßen von dem Verkauf von Döner und Pommes frites.

     

    Auch muss der Finanzverwaltung zugutegehalten werden, dass Food-Courts natürlich darauf ausgerichtet sind, dass Speisen und Getränke an Ort und Stelle verzehrt werden. Allerdings bleibt es dabei, dass die Verfügungsberechtigung über bestimmte Verzehreinrichtungen nun einmal nicht bei dem Gastronomen, sondern bei dem Vermieter liegt und der Gastronom/Mieter allenfalls ein „abgeleitetes“ oder „mittelbares“ Recht hat.

     

    Da derzeit noch eine Stellungnahme der Finanzverwaltung aussteht und weiterführende Urteile jüngeren Datums nicht bekannt sind, bleibt der Praxis nur die Möglichkeit, selbst Rechtsstreitigkeiten zu führen und Verfahrensruhe zu beantragen. Jedenfalls sollte die Anwendung des Regelsteuersatzes bis auf Weiteres nicht einfach „hingenommen“ werden. Die weitere Entwicklung bleibt spannend.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Auch der XI. Senat des BFH hat sich mit dem Steuersatz bei Gastronomieleistungen befasst, wenn auch nur im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer Revision. Die Entscheidung (XI B 37/17) stellen wir in der kommenden Ausgabe vor.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 395 | ID 44899815

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