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  • 14.03.2013

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 26.09.2012 – 2 K 13510/10

    - Nachträgliche AK i. S. des § 17 EStG sind auch an die Gesellschaft gewährte Finanzierungshilfen, soweit diese bis zur Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft nicht zurückgewährt werden.


    - Dazu zählen sowohl verdeckte Einlagen wie Gesellschafterdarlehen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind.


    - Einer KapG kann auch noch nach Liquidationsbeginn seitens der Gesellschafter finanzielle Mittel zugeführt werden, während ein späterer Verlust nachträgliche AK auf den Beteiligung i. S. des § 17 EStG darstellt.


    - Die Berücksichtigung nach Liquidation zugeführter finanzieller Mittel als nachträgliche AK auf die Beteiligung scheidet wegen Gestaltungsmissbrauchs aus, soweit die neu zugeführten Gelder nur dazu dienen, Darlehen oder andere Fremdkapitalmittel abzulösen, die der auch die neuen Finanzmittel zuführende Gesellschafter der Gesellschaft vor Erwerb der Gesellschafterstellung gewährt hat.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Auflösungsverlusts im Sinne des § 17 Abs. 1 und 4 EStG.

    Der geschiedene Kläger wird allein zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr vor allem Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus nicht selbstständiger Arbeit als Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Ferner erwirtschaftete er erhebliche Verluste aus Vermietung und Verpachtung, unter anderem aus seiner - über viele Jahre gehaltenen - Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft W. GbR in Höhe von 25%. Diese GbR ist Eigentümerin eines mit dem W.-Hotel bebauten Grundstücks. Weitere GbR-Gesellschafter waren jedenfalls seit 2003 die Herren R. und S.

    Mit notariellem Vertrag vom 30. Juni 2005 hatte der Kläger einen Geschäftsanteil im Nominalwert von 15 T€ an der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH für 1 € von Frau A., die eine Zeitlang unter derselben Anschrift wie der Kläger gewohnt hatte, erworben. Die - jedenfalls seit 2004 bilanziell überschuldete - W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH mit einem Stammkapital von 96.000 € hatte das Hotel auf dem Grundstück der W. GbR betrieben, aber zum 31. Dezember 2004 ihren aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt. Am 21. Dezember 2006 beschlossen ihre Gesellschafter die Liquidation, die am 12. Juni 2008 beendet wurde. Weitere GmbH-Gesellschafter waren zu diesem Zeitpunkt F. (Stammeinlage 25.500 €) sowie die Damen R. (Stammeinlage 40.500 €) und S. (Stammeinlage 15.000 €); die Ehefrauen der vorgenannten Herren R. und S.

    Schon 2002 hatte der Kläger der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH 17.000 € als Einlage im Rahmen einer (typischen) stillen Gesellschaft gewährt und in den Jahren 2003 bis 2005 - vor Erwerb der Gesellschafterstellung - mehrere Darlehen über insgesamt 26.137 €.

    Am 17. Mai 2006 gewährte der Kläger der GmbH einen weiteren Kredit über 262 € und am 27. Dezember 2006 eine als Einlage bezeichnete Zahlung über 46.000 €. Am Folgetag zahlte die GmbH die vom Kläger im Rahmen der stillen Gesellschaft gezahlte Einlage über 17.000 € zurück sowie die zunächst gewährte Darlehen über 26.137 €; als Verwendungszweck der diesbezüglichen Überweisungen ist jeweils „Rückz. Darlehen” angegeben.

    Schriftliche Vereinbarungen zu den Zahlungen des Klägers liegen dem Senat nicht vor. Im Rahmen der stillen Gesellschaft soll nach einer - erstmals mit Schriftsatz vom 24. September 2012 erfolgten - Darstellung des Klägers vereinbart gewesen sein, dass im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebes der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH die stille Gesellschaft unter Einlagenrückgewähr aufgelöst werde.

    In der Einkommensteuererklärung 2008 machte der Kläger einen Auflösungsverlust aus seiner vorgenannten Beteiligung an der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH geltend. Dies lehnte der Beklagte im angefochtenen Bescheid wegen nach seiner damaligen Ansicht noch nicht beendeter Liquidation der GmbH ab.

    Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers hatte insoweit Erfolg, als der Beklagte im Einspruchsbescheid den Verlust der Stammeinlage in Höhe des tatsächlich für ihren Erwerb aufgewandten Betrages von 1 € und den am 17. Mai 2006 gezahlten Kredit über 262 € als Auflösungsverlust anerkannte. Die Berücksichtigung des am 27. Dezember 2006 gewährten Kredits lehnte der Beklagte ab, weil diese Gewährung nach Beginn der Liquidation der GmbH erfolgt sei. Als Auflösungsverluste könnten nur eigenkapitalersetzende Kredite anerkannt werden. Dies seien Kreditgewährungen, die ein Gesellschafter seiner Gesellschaft in der Krise, zu einem Zeitpunkt in der er ihr als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte, gewährt habe. Hierzu zähle eine Kreditgewährung nach Beginn der Liquidation nicht; einer solchen Gesellschaft führe ein ordentlicher Kaufmann kein Eigenkapital mehr zu.

    Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass auch der von ihm am 27. Dezember 2006 gewährte, von der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH nicht zurückgezahlte, Kredit zu den nachträglichen Anschaffungskosten seiner am 30. Juni 2005 erworbenen Beteiligung an dieser GmbH gehöre. Die GmbH habe nach § 69 GmbHG bis zum Abschluss des Liquidationsverfahrens fortbestanden; es sei durch das konkrete Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden. Ordne man die Zahlung nicht als Darlehen ein, sei sie eine - ebenfalls nach § 17 EStG berücksichtigungsfähige - verdeckte Einlage.

    Die gewählte Verfahrensweise sei auch kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Es habe dem Kläger frei gestanden, ob, wann und in welchem Umfang der der GmbH liquide Mittel zuführe. Die so erreiche Erhöhung eines Verlusts im Sinne des § 17 EStG ändere daran nichts; der Kläger habe nur von einer gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es gelte dasselbe wie bei einer sogenannten ringweisen Anteilsveräußerung zur Verlustnutzung.

    Die Art der Mittelzuführung sei nicht ungewöhnlich gewesen. Die Liquidation der GmbH sei durch den Zufluss zusätzlicher finanzieller Mittel zur Abwendung des Insolvenzverfahrens ermöglicht worden. Hätte sich der Kläger nicht an dieser Abwendung beteiligt, hätte er sowohl mit negativen Konsequenzen für die W. GbR als auch mit der Gefährdung seiner geschäftlichen Reputation im Hinblick auf seine sonstigen geschäftlichen Aktivitäten, insbesondere gegenüber den finanzierenden Kreditinstituten rechnen müssen.

    Nach richterlichem Hinweis, dass in Höhe des 28. Dezember 2006 zurückgezahlten Betrages unter dem Gesichtspunkt eines „Hin- und Herzahlens” keine sinnvollen wirtschaftlichen oder sonstigen außersteuerlichen Gründe ersichtlich seien, hat der Kläger vorgetragen, dass erst durch die Hingabe des neuen Darlehens vom 27. Dezember 2006 die von den weiteren Gesellschaftern eingeforderte Nachrangigkeit dieses Darlehens erreicht worden sei; die zunächst gewährten Kredite seien nach der damals geltenden Fassung des § 32a GmbHG von den Regelungen über den Eigenkapitalersatz ausgenommen gewesen. Die Sparkasse, die auch die von der W. GbR gehaltene Immobilie finanziert habe, habe sich bereits 2003 für den schlechten Geschäftsverlauf der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH sensibilisiert gezeigt. Neben dem Kläger hätten auch die Gesellschafter R. und S. der Gesellschaft Darlehen in Höhe von 61.262 und 45.262 € gewährt, wobei unstreitig ist, dass diese Darlehensgewährungen bereits 2002 und 2003 erfolgten und teilweise von deren Ehefrauen stammen.

    R. und S. könnten auch bezeugen, dass der Kläger mit der Zuführung des Nachrangdarlehens ihren Forderungen entsprochen habe. Angesichts der zivil- und steuerrechtlichen Anforderungen an eine qualifizierte Rangrücktrittsabrede sei die gewählte Gestaltung unkomplizierter und zielführender gewesen, als einen entsprechenden Rangrücktritt in Bezug auf die vom Kläger zunächst gewährten Kredite zu vereinbaren. Jedenfalls auf Ebene der W. GbR habe bereits 2003 Einigkeit bestanden, eine gleichmäßige Belastung aller Gesellschafter herbei zu führen.

    Jedenfalls im Hinblick auf die vertragsgemäß erfolgte Auflösung der stillen Gesellschaft habe sich auch seine wirtschaftliche Lage verändert: Er habe die Einlage zurückerhalten und getrennt davon ein eigenkapitalersetzendes Darlehen gewährt.

    Der Kläger beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid 2008 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Anerkennung eines dem Kläger aus der Auflösung der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH entstandenen Verlusts in Höhe von 46.263 € herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist nunmehr der Ansicht, bei der Zahlung über 46.000 € am 27. Dezember 2006 handele es sich nicht um ein Darlehen im Sinne des § 607 BGB, sondern um eine Einlage. Dies setzte eine Vereinbarung über die Laufzeit und Art und Zeit der Rückzahlung voraus, die Entrichtung von Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten und die ausreichende Besicherung des Rückzahlungsanspruchs.

    Ihre Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten scheitere an den im Einspruchsbescheid ausgeführten Gründen. Zudem liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor. Mit dem Kauf des wertlosen GmbH-Anteils sowie der Überweisung von 46.000 € mit am Folgetag erfolgender Rücküberweisung der ursprünglich gewährten Darlehen habe der Kläger nur erreichen wollen, den Verlust dieser Darlehen nach § 17 EStG geltend machen zu können. Wirtschaftliche oder außersteuerliche Gründe für diese Handlungsweise lägen nicht vor.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Gründe

    Die zulässige Klage hat nur im geringen Umfang Erfolg. Nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang verletzt der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Einspruchsbescheids den Kläger in seinen Rechten und ist insoweit abzuändern (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

    1. Die vom Kläger nach Erwerb der - wesentlichen - Beteiligung am Stammkapital der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH erbrachten und bis zu deren Auflösung im Streitjahr nicht zurückgezahlten Zahlungen an diese Gesellschaft mindern dem Grunde nach § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten auf diese Beteiligung die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb.

    a) Nachträgliche Anschaffungskosten auf eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind auch an die Gesellschaft gewährte Finanzierungshilfen, soweit diese Finanzierungshilfen bis zur Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft nicht zurück gewährt werden (st. Rspr., vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1984, VIII R 36/83, vom 4. März 2008, IX R 80/06, BStBl. II 2008, 577 und vom 19. August 2008, IX R 63/05, BStBl. II 2009, 5 sowie BFH-Beschluss vom 16. März 2012, IX B 142/11, BFH/NV 2012, 1124; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., Rz. 163 zu § 17).

    Zu diesen Finanzierungshilfen zählen sowohl verdeckte Einlagen (Gewährung von Eigenmitteln über das gezeichnete Kapital hinaus) wie Gesellschafterdarlehen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1984, VIII R 36/83, BStBl. II 1985, 320 und o.g. Beschluss vom 16. März 2012; Weber-Grellet, a.a.O., Rz. 170).

    Es kommt daher nicht darauf an, ob die vom Kläger am 27. Dezember 2006 veranlasste Zahlung von 46.000 € an die W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH entsprechend des vom Kläger bei der Überweisung angegebenen Verwendungszwecks als (verdeckte) Einlage (so der Verwendungszweck bei der Überweisung an die GmbH) anzusehen ist oder als Gesellschafterdarlehen (so die buchhalterische Erfassung bei der GmbH und das Vorbringen des Klägers im Klagverfahren) und damit auch nicht auf die Frage, wann nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts vom Vorliegen eines Darlehensvertrages (§ 488 BGB) auszugehen ist. Die vom Beklagten angeführte Norm des § 607 BGB regelt seit der Schuldrechtsreform im Übrigen nur noch das Sachdarlehen und nicht mehr die zeitweise Überlassung von Geld.

    b) Auch eine entsprechende Darlehenshingabe wäre durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen; eine verdeckte Einlage ohnehin.

    Nach der vorgenannten Rechtsprechung des BFH galt ein Darlehen dann als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn es nach § 32a GmbHG i.d. bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung eigenkapitalersetzenden Charakter hatte.

    Dies ist ersichtlich der Fall. Die W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH war seit mehreren Jahren bilanziell überschuldet und damit im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG in der Krise, so dass Darlehensgewährungen durch einen wesentlich beteiligten Gesellschafter wie den Kläger im Insolvenzverfahren wie Eigenkapital nur nachrangig berücksichtigungsfähig gewesen wären.

    Dass zum Zeitpunkt der Hingabe des entsprechenden Geldbetrages bereits die Liquidation der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH begonnen hatte, ist entgegen der Auffassung des Beklagten ohne Belang. Auch wenn die Gesellschaft durch einen entsprechenden Beschluss ihrer Gesellschafter nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG aufgelöst wird, führt dies anders als die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft als solches nicht dazu, dass ihr ein ordentlicher Kaufmann kein Eigenkapital mehr zugeführt hätte. Die Gesellschaft verliert mit dem Auflösungsbeschluss nur ihre Eigenschaft als aktiv (werbend) tätige Gesellschaft und besteht im Übrigen bis zum Abschluss des Liquidationsverfahrens als eigenständige juristische Person fort. Der Liquidationsbeschluss kann zudem grundsätzlich auch durch Gesellschafterbeschluss, die Gesellschaft fortzusetzen, wieder aufgehoben werden, sofern die Gesellschaft nicht (mehr) insolvenzreif ist (vgl. Karsten Schmidt/Bitter in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., Rz. 79ff. zu § 60; Hessisches Finanzgericht, Urteil v. 12. September 2005, 11 K 3284/05, juris). Nach § 69 GmbHG galt auch die Regelung des § 32a GmbHG bis zum Abschluss der Liquidation einer Kapitalgesellschaft fort.

    Vor allem suspendiert der Beginn der Liquidation aufgrund Gesellschafterbeschlusses nicht die strafbewehrte Pflicht, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Falle der Überschuldung zu beantragen (§§ 64 Abs. 1, 84 GmbHG a.F, vgl. BGH-Urteil vom 28. Oktober 2008, 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24ff.; BayObLG, Beschl. v. 4. Februar 1998, 3 Z BR 462/97, GmbHR 1998, 540; Hess. FG a.a.O., Karsten Schmidt, a.a.O., Rz. 16 § 64 Anh.). Mithin hätte der Kläger der Gesellschaft zur Abwendung der Überschuldung als ordentlicher Kaufmann auch nach Beginn der Liquidation weiterhin Eigenkapital zuführen müssen, so dass seine Überweisung vom 27. Dezember 2006 jedenfalls eigenkapitalersetzenden Charakter hatte. Der Kläger hat zudem überzeugend dargelegt, warum er ein Insolvenzverfahren vermeiden wollte.

    c) Ferner kann offen bleiben, ob das sogenannte Sanierungsprivileg nach § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG insolvenzrechtlich dazu geführt hätte, dass die Zahlung des Klägers vom 27. Dezember 2006 nicht wie Eigenkapital behandelt worden wäre.

    Diese Sonderregelung steht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Annahme einer Veranlassung der Darlehenshingabe aus dem Gesellschaftsverhältnis nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2008, IX R 63/05, BStBl. II 2009, 5; Weber-Grellet, a.a.O., Rz. 172).

    2. Ebenso wie die vom Beklagten im Einspruchsbescheid zu Recht berücksichtigten Aufwendungen des Klägers vor Beginn der Liquidation (Anschaffungskosten der Beteiligung in Höhe von 1 €, Kredit vom Mai 2006 über 262 €) ist auch die Berücksichtigung der Zahlung vom 27. Dezember 2006 als nachträgliche Anschaffungskosten nicht durch § 3c Abs. 2 EStG i.d. im Streitjahr geltenden Fassung auf die Hälfte des überwiesenen Betrages beschränkt.

    Diese im Hinblick auf das sogenannte Halbeinkünfteverfahren (vgl. § 3 Nr. 40 EStG) getroffene Regelung, wonach auch Veräußerungs- und Auflösungsverluste im Sinne des § 17 EStG nur hälftig berücksichtigt werden können, galt bis zur Änderung des § 3c Abs. 2 EStG im JStG 2010 nicht, wenn - wie hier - keine nach dem Halbeinkünfteverfahren nur hälftig steuerpflichtigen Einnahmen aus der Beteiligung erzielt wurden (vgl. BFH-Urteile vom 25. Juni 2009, IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220 und 14. Juli 2009, IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; Heinicke in Schmidt, EStG, 32. Aufl., Rz. 30 zu § 3c).

    3. Dennoch hat die Klage der Höhe nach nur in Höhe des aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfangs Erfolg.

    Soweit der Kläger den Großteil des am 27. Dezember 2006 der W.-Hotel Betriebsgesellschaft gewährten Betrag von 46.000 € bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die Rückzahlungen dieser Gesellschaft am Folgetag auf seine ursprünglich gewährte Zahlungen (Einlage als stiller Gesellschafter/ursprüngliche Darlehensgewährungen) in Höhe von insgesamt 43.137 € zurückerhalten hat, kann sein Verlust einkommensteuerlich nicht berücksichtigt werden.

    Der Berücksichtigung steht die Regelung des § 42 AO (Gestaltungsmissbrauch) entgegen. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt und der Steuerpflichtige keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe für die gewählte Gestaltung nachweist (§ 42 Abs. 2 AO).

    Eine angemessene, naheliegende Gestaltung wäre unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an der Vermeidung eines Insolvenzverfahrens gewesen, anstelle des „Hin- und Herzahlens” mit der Liquidation der Gesellschaft bereits zeitnah nach Einstellung ihres aktiven Geschäftsbetriebes Anfang 2005 zu beginnen. Schon zu jenem Zeitpunkt, als der Kläger noch nicht Gesellschafter war, hätte die schon länger bestehende bilanzielle Überschuldung durch Vereinbarung (qualifizierter) Rangrücktritte hinsichtlich der vom Kläger und wohl auch der weiteren Gesellschafter der W. GbR gewährten Darlehen bzw. Beteiligungen im Rahmen einer typischen stillen Gesellschaft insolvenzrechtlich überwunden werden können.

    Hingegen ist die erst sehr spät beginnende Liquidation und Rückzahlung der vom Kläger ursprünglich gewährten Geldbeträge nach Neugewähr von Darlehen oder Gesellschaftereinlagen vergleichbar dem kurzfristigen Zurückzahlen eines sodann formell neu gewährten Darlehens zur Vermeidung der gewerbesteuerlichen Bewertung als Dauerschuldverhältnis (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 1985, I R 115/82, BStBl. II 1985, 680; FG Hamburg, Urteil vom 10. Februar 2006, I 47/02, EFG 2006, 1353ff.) ungewöhnlich und unangemessen. Zweck kann insoweit nur gewesen sein, dem Kläger die steuermindernde Berücksichtigung wirtschaftlich bereits entstandener Vermögensverluste des Privatvermögens in Höhe der ursprünglichen Darlehen, nach § 17 EStG zu ermöglichen.

    Die W.-Hotel Betriebsgesellschaft konnte - wie auch der Kläger selbst einräumt - die ursprünglichen Darlehen und auch die Einlagen im Rahmen der stillen Gesellschaft ersichtlich nur zurückzahlen, weil sie tags zuvor einen entsprechenden Betrag von ihm darlehensweise (neu) erhalten hatte. Mithin hat sich durch die gegenläufigen Zahlungen  - was das zentrale Indiz für eine unangemessene Gestaltung ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 17. Dezember 2003, IX R 56/03, BStBl. II 2004, 648; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. April 2010, 6 K 53/06, EFG 2010, 1671ff. und FG Nürnberg, Urteil vom 21. Mai 2010, 4 K 821/2009, juris) - weder die wirtschaftliche Position des Klägers noch der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH geändert.

    Hieran ändert ein etwaiger vertraglicher Anspruch auf Rückgewähr des im Rahmen der stillen Gesellschaft geleisteten Betrages von 17.000 € nichts. Der entsprechende Anspruch war - wie auch die Ansprüche auf Rückzahlung der ursprünglich gewährten Darlehen - wegen der wirtschaftlichen Lage der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH wirtschaftlich wertlos.

    Dieser Befund steht nicht im Widerspruch zu der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 7. Dezember 2010 (IX R 40/09, BStBl. II 2011, 427). In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte sich durch die (ringweise) Anteilsveräußerung die wirtschaftliche und rechtliche Position des Anteilsveräußerers - anders als hier durch das „Hin- und Herzahlen” - dauerhaft geändert. Der zeitnahe Erwerb eines neuen GmbH-Anteils änderte hieran nichts, zumal jener neue Anteil im Falle des endgültigen Verlusts nur mit seinen gegenüber dem ursprünglichen Anteil geringeren Anschaffungskosten bewertet worden wäre.

    Die gewählte Gestaltung ist auch trotz der - inzwischen auch relativierten - Behauptung des Klägers, es sei (zu) schwierig gewesen, hinsichtlich der vom Kläger als Nicht-Gesellschafter gewährten ursprünglichen Zahlungen einen qualifizierten Rangrücktritt zu vereinbaren, unangemessen.

    Nach dem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der ihr folgenden Finanzverwaltung Ende 2006 wäre ein solcher Rangrücktritt hinsichtlich der der GmbH vom Kläger zunächst gewährten Zahlungen ohne größere Schwierigkeiten möglich gewesen und nach Auffassung des Senats letztlich nicht aufwändiger als das Hin- und Herzahlen von Geldbeträgen.

    Zur Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts hätte es insolvenzrechtlich ausgereicht, die im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 2001, II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271, vorgeschlagenen Formulierungen zu verwenden (vgl. instruktiv K. Schmidt in Scholz, GmbHG 10. Aufl. 2006, Rz. 105 zu §§ 32a, 32b GmbHG). Diese sind und waren steuerrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung der „Gefahr” eines steuerpflichtigen Gewinns der Gesellschaft durch Forderungsverzicht des Gesellschafters unproblematisch (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2005, IV R 13/04, DStR 2006, 75ff.; BMF-Schreiben vom 8. September 2006, u.a. veröffentlicht in DB 2006, 2037 [Heft 38 vom 22. September 2006], Weber-Grellet, a.a.O., Rz. 550 zu § 5 (sowohl 31. Aufl. 2012 wie schon 25. Aufl. 2006). Die Möglichkeit des Rangrücktritts ist erst recht bei Einlagen eines (typischen) stillen Gesellschafters anerkannt (so schon Karsten Schmidt in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1986, Rz. 32 m.w.N.). Die Einlage eines typisch stillen Gesellschafters ist schon zivilrechtlich (§§ 230 Abs. 1, 236 HGB) einer Darlehensgewährung vergleichbar; steuerrechtlich sind die Erträge aus einer solchen Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet.

    Auch dass es zu den ganzen Vorgängen - bis auf einen erstmals im Schriftsatz vom 24. September 2012 erwähnten und dem Senat nicht vorgelegten - möglichen Vertrag zur Gründung der stillen Gesellschaft zwischen dem Kläger und der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH - keine schriftlichen Unterlagen gibt, ist ein Indiz für den Steuer-Umgehungscharakter der vom Kläger gewählten Gestaltung.

    Als beachtlichen außersteuerlichen Grund für die gewählte Gestaltung kommt auch nicht die vage Behauptung des Klägers in Betracht, nur so sei es möglich gewesen, der Forderung der anderen Gesellschafter nach einem Rangrücktritt seiner Darlehen nachzukommen. Diesbezüglich bedarf es auch keiner Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Herren R. und S.

    Die beiden Herren waren nicht Gesellschafter der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH, so dass jedenfalls ohne näheres Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich ist, warum er den allein behaupteten Forderungen dieser beiden Herren nach einem Rangrücktritt seiner an die GmbH gewährten Darlehen hätte nachkommen sollen. Dass es entsprechende Forderungen der tatsächlichen GmbH-Gesellschafter(innen) gegeben hat, hat der Kläger nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche Vorstellungen und Erwartungen die anderen GmbH-Gesellschafter hatten. Vielmehr hat er nur Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Überlegungen des Klägers und der Herren R. und S. zur Tragung künftiger Verluste der W. GbR ergeben, die für die Frage von Überlegungen und Forderungen auf Ebene der GmbH gerade nicht erheblich sind.

    Letztlich ist zu konstatieren, dass sich der Kläger und seine Mitgesellschafter der W. GbR offenbar bewusst entschieden hatten, sich (zunächst) nicht selbst an der W.-Hotel Betriebsgesellschaft mbH zu beteiligen, um die dann eintretenden Folgen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung zu vermeiden. An dieser gewählten Konstruktion mit der Folge, dass dann eben der Gesellschaft als Darlehen oder Einlage im Rahmen einer stillen Gesellschaft gewährte Beträge des Privatvermögens im Falle ihres Verlusts steuerlich nicht berücksichtigt werden können, muss sich der Kläger festhalten lassen.

    4. Die Übertragung der Ausrechnung der Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.

    5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 S. 3 FGO.

    Der Kläger hat nur zu einem geringen Teil (etwa 5%) obsiegt, so dass es dem Senat angemessen erscheint, ihm die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen (vgl. zur Frage des „geringen Teils” BFH-Urteil vom 20. April 2005, X R 53/04, BStBl 2005, 698; Ratschow in Gräber, FGO, Rz. 6 zu § 136).

    Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 FGO) liegen nicht vor.

    VorschriftenAO § 42, EStG § 17, GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 2

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