08.01.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 25.08.2005 – 2 K 5007/03
1. Die landwirtschaftliche Urproduktion endet mit der Marktfähigkeit des Produkts. Ist für ein unvermeidlich anfallendes Urprodukt ausnahmsweise kein Markt vorhanden, ist die marktgerechte Aufbereitung (hier die Verarbeitung der beim Anbau von Essiggurken unvermeidlich anfallenden übergroßen Gurken zu Gurkenstücken in Gläsern) Teil der landwirtschaftlichen Urproduktion.
2. Die Konservierung eigener landwirtschaftlicher Erzeugnisse ohne wesentliche Veränderung ist landwirtschaftlicher Nebenbetrieb, wenn sie nicht in Konkurrenz zu gewerblichen Anbietern tritt.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 2. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2005
für Recht erkannt:
1. Unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 15.6.2001 und des Gewerbesteuermessbescheides vom 27.6.2001 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2003, wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1998 um den Betrag niedriger festgestellt, der sich ergibt, wenn der Verrechnungsposten für … in Höhe von …. DM entfällt, der Gewerbesteuer Messbetrag für 1998 wird entsprechend festgesetzt. Die Berechnung wird dem Finanzamt übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Einfüllen von Gurkenstücken in Gläser ein landwirtschaftlicher oder ein gewerblicher Verarbeitungsschritt ist.
Die Klägerin verarbeitet landwirtschaftliche Produkte, überwiegend Weißkraut, gewerblich weiter. Gesellschafter der Klägerin sind die Ehegatten X, die in Gütergemeinschaft einen landwirtschaftlichen Betrieb (GbR) … bewirtschaften …. Die GbR erzeugt unter anderem Gurken für die Herstellung von Essiggurken. Mit diesen erzielte sie im Streitjahr einen Umsatz von …DM. Aufgrund der Witterungs- und Erntebedingungen wachsen auch übergroße Gurken heran, die nicht im Ganzen haltbar gemacht werden können. Diese wurden früher überwiegend vernichtet. Ab etwa 1985 versuchte die bayerische Sauerkonservenindustrie diese Gurken zu Gurken-Sticks zu verarbeiten. Hierzu müssen die aussortierten Gurken gewaschen, gekappt und geviertelt und in einer bestimmten Anordnung in Gläser gesteckt werden. Es werden Gewürze und Sud hinzugefügt. Die Gläser werden dann verschlossen und pasteurisiert. Diese Weiterverarbeitung der übergroßen Essiggurken hat die Industrie nach wenigen Jahren aus verschiedenen Gründen wieder eingestellt.
Der Geschäftsführer der GbR und der Inhaber der Sauerkonservenfabrik A entwickelten ein Konzept, diese übergroßen Gurken direkt auf dem Hof haltbar zu machen. Die für die kurze Zeit der Gurkenernte ohnehin anwesenden Erntehelfer könnten dann in Erntepausen die Gurken weiterverarbeiten. Durch Wegfall des Transports zur Konservenindustrie könnte diese leichtverderbliche Ware ohne nennenswerten Ausschuss und mit höherer Qualität hergestellt werden. Mit Schreiben vom 31.7.1991 erbat die GbR vom Finanzamt eine verbindliche Auskunft, welcher Einkunftsart es zuzuordnen wäre, wenn sie die von ihr erzeugten Gurken sortieren, in Gurkengläser abpacken, mit Sud und Gewürzen versehen und pasteurisieren würde. Die Abfüllanlage der Gurkensud und die Gläser sollten von der Konservenindustrie gestellt werden.
Auf Grund verbindlicher Auskunft des Finanzamts vom 23.9.1991, dass diese Verarbeitung als Tätigkeit in einem Land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb angesehen werde, lieferte die GbR zunächst Gurkenviertel in Gläsern an einen Verarbeitungsbetrieb des A. Dort wurden sie pasteurisiert. Der einstündige Transport zu A erfolgte einmal täglich am Nachmittag. Für den Betrieb des A bedeutete jede Anlieferung eine Störung des Betriebsablaufes, weil eine Pasteurisierungsstrasse ab einer bestimmten Zeit für die von der GbR gelieferten Gläser freigehalten werden musste. Bis zur Ankunft im Betrieb des A waren die geviertelten Gurken je nach Witterung teilweise bereits verdorben. 1994 übernahm die GbR von A eine ausgemusterte Pasteurisierungsanlage und lieferte von da an fertige Gurkensticks, teilweise auch mit Etiketten an A und zunehmend auch an andere Abnehmer. Die Gläser, ggf. Etiketten und den Sud bzw. dessen Rezeptur lieferten die Abnehmer. Im Streitjahr erklärte die Klägerin aus der Sticksproduktion Einnahmen in Höhe von ca. …DM.
Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 1996 kündigte das Finanzamt an, dass es auf Grund geänderter Rechtsauffassung beabsichtige, diese verbindliche Auskunft zu widerrufen. Am 13.12.96 fanden eine Betriebsbesichtigung und eine Besprechung zwischen der Klägerin, der Regierung von … und der Steuerverwaltung statt. Darin vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass nur noch die erste Bearbeitungsstufe als Land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzusehen sei. In einer vom Finanzamt gefertigten Niederschrift, die nur von Amtsangehörigen unterzeichnet ist, wurde festgehalten, dass die zweite Bearbeitungsstufe mit dem Befüllen der Gläser beginne. Mit Verfügung vom 18.12.96 widerrief das Finanzamt die verbindliche Auskunft von 23.9.91 insoweit und führt aus: „Die erste Bearbeitungsstufe verbleibt weiterhin im landwirtschaftlichen Bereich. Die Gesamtkosten sowie die einheitlichen Verkaufspreise sind dem Umfang der jeweiligen Verarbeitungsstufen entsprechend aufzuteilen. Auf das Ergebnis der Besprechung mit Betriebsbesichtigung am 13.12.96 wird hingewiesen. „Der steuerliche Berater der Klägerin hat bei Erhalt dieses Schreibens darauf vermerkt: „wodiese zweite Stufe beginnt ist (muss) durch rechtsverbindliche Auskunft geklärt werden.”Der teilweise Widerruf der verbindlichen Auskunft galt erstmals im Streitjahr.In den Verarbeitungsvorgang wurde daraufhin die Klägerin eingeschaltet der die zweite Bearbeitungsstufe zugeordnet wurde. Eine Erfassung und Trennung der Kosten nach Kostenstellen bei der GbR und der OHG erfolgte nicht. Die Kosten wurden im Wesentlichen von der GbR getragen und nachträglich im Wege der Schätzung aufgeteilt und verrechnet.
Im Zuge einer Betriebsprüfung der Jahre 1995 bis 1999 stellte das Finanzamt fest, dass die GbR die Erlöse und den Aufwand bis einschließlich dem Befüllen der Gläser dem landwirtschaftlichen Bereich zugeordnet hatte und nur mit den nachfolgenden Kosten die Klägerin belastet worden war. Auch der der Klägerin in Rechnung gestellte Preis basierte auf den in Gläser gefüllten Gurkenvierteln. Das Finanzamt hat das Befüllen der Gläser der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin zugeordnet und einen entsprechenden Verrechnungsposten in Höhe von …. DM gebildet. Hieraus ergab sich bei der GbR eine Gewinnminderung und bei der Klägerin eine Erhöhung.
Mit Änderungsbescheid vom 15.6.2001 stellte das Finanzamt einen Gewinn von …. DM anstelle eines bisherigen Gewinns in Höhe von … DM fest. Den Einspruch der GbR wies das Finanzamt mit Entscheidungen vom 12.11.2003 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, dass jedenfalls das Befüllen der Gläser zur ersten Verarbeitungsstufe gehöre.
Diese beginne mit dem Schneiden der Gurken. Hierdurch trete erstmals eine Veränderung des landwirtschaftlichen Urproduktes ein. Durch das Einstecken in die Gläser trete keine weitere Veränderung der Gurke ein. Die Gurkenviertel könnten nur transportiert und veräußert werden, nachdem sie in die Gläser eingelegt worden wären. So würde auch in anderen Betrieben verfahren. Es könne keinen Unterschied machen, ob an einen fremden Dritten oder an die Klägerin geliefert werde.
Nach dem Abfüllen ergebe sich eine klare Abgrenzung zur zweiten Verarbeitungsstufe. Diese beginne mit der Zugabe von unterschiedlichem Sud und ende mit der endgültigen Fertigstellung durch das Pasteurisieren. Wenn man von einem einheitlichen Verarbeitungsprozess ausgehe, so sei dieser insgesamt als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu beurteilen.
Es würden ausschließlich Gurken aus dem Anbau der GbR verarbeitet. Der Betrieb diene dem Hauptbetrieb der GbR. Nur durch das Haltbarmachen als Gurkensticks könnten diese zwangsweise anfallenden Gurken vermarktet werden. Das Hauptprodukt „Essiggurke” könne dadurch von der GbR kostengünstiger angeboten werden. Der Anteil des Nebenbetriebes der GbR am Gesamtergebnis des Gurkenanbaus der GbR liege bei ca. 25 %. Der Anteil am Ergebnis des Gesamtbetriebes der GbR sei noch niedriger. Die Veränderung des Urproduktes durch die GbR sei geringfügig. Auch bei den fertigen Gurkensticks sei das Urprodukt unmittelbar zu erkennen. Die von der Industrie übernommenen Anlagen, insbesondere die Schneidevorrichtung und der Stecktisch hätten von der GbR in Eigenentwicklung modifiziert und schließlich völlig ersetzt werden müssen. Angesichts der Technisierung der Landwirtschaft und wegen des hohen Personaleinsatzes handle es sich aber auch insoweit um typisch landwirtschaftliche Produktionsmittel der GbR. Zum Waschen und Schneiden seien bei der GbR ca. 4 Arbeiter, am Stecktisch bis zu 50 Hilfskräfte und für das Stapeln der fertigen Gläser ca. 6 Arbeitskräfte eingesetzt. Eine Konkurrenzsituation der GbR zu Handwerk und Gewerbe bestehe nicht. In Bayern würden Gurkensticks nur noch von …Landwirten in entsprechenden Anlagen und mit landwirtschaftlichen Hilfskräften hergestellt. Nur ein Betrieb würde die in die Gläser gesteckten Sticks zum Pasteurisieren an die Industrie abgeben, da die entsprechende Anlage ganz in seiner Nähe sei.
Die Klägerin beantragt
unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 15.06.2001 und des Gewerbesteuermessbescheides vom 27.06.2001 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2003, den Gewinn der OHG aus Gewerbebetrieb für 1998 um … DM niedriger festzustellen und den Gewerbesteuermessbetrag für 1998 entsprechend niedriger festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Es vertritt die Auffassung, dass es sich um einen einheitlichen Herstellungsvorgang handle, der sich nicht von dem in gewerblichen Betrieben unterscheide. Dieser könne nicht willkürlich in zwei Bearbeitungsstufen aufgeteilt werden. Durch Herstellen von Gurkenstücken in Gläsern entstehe ein küchenfertiges, verbrauchergerechtes Produkt, das nicht mehr als Erzeugnis des abgebenden landwirtschaftlichen Betriebes erkennbar sei. Zu berücksichtigen sei, dass die Produktion mit Anlagen erfolge, die der GbR von der Industrie gestellt worden seien. Deren Modifizierung und Weiterentwicklung können nicht mit der Eigenentwicklung von Erntemaschinen verglichen werden. Aufgrund der Verträge mit ihren Abnehmern stelle sich das Verhalten der GbR wie die Ausführung von Lohnaufträgen dar. Im Ergebnis habe die Industrie die Fertigung von Gurkensticks lediglich an die GbR ausgelagert. Es handle sich um eine industrielle Herstellung eines Wirtschaftsgutes anderer Marktgängigkeit und nicht um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb der GbR. Etwa im Jahr 2001 habe einer der anderen landwirtschaftlichen Betriebe von einem Industriebetrieb außerhalb Bayerns dessen Anlagen zur Gurken-Stick-Produktion erworben. Hieraus ergebe sich, dass jedenfalls im Streitjahr eine Konkurrenzsituation zur gewerblichen Herstellung bestanden habe. Man halte sich aber an die verbindliche Zusage vom 18.12.1996 bezüglich der ersten Verarbeitungsstufe und behandle daher derzeit die Arbeitsschritte bis einschließlich dem Schneiden der Gurken als erste Produktionsstufe innerhalb eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes der GbR.
Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 1.8.2005 am 25.8.2005 die Herstellung der Gurken-Sticks bei der GbR und der Klägerin besichtigt und zum Teil vor Ort mündlich verhandelt.
Zur Ergänzung des Sachvortrags der Beteiligten, insbesondere hinsichtlich Rechtsprechung und Literatur, wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15.12.2004, 31.5.2005 und 16.6.2005 sowie des Finanzamts vom 22.2.2005 und 9.5.2005 jeweils mit Anlagen, die vorgelegten Akten, die Sitzungsniederschrift und das Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.8.2005 (Anlage zur Sitzungsniederschrift) Bezug genommen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).
Gründe
Die Klage ist begründet.
Zur Überzeugung des Senats ist die streitige Produktion von Gurkensticks den Einkünften der GbR zuzurechnen. Eine Erhöhung des Gewinns der Klägerin für ersparte Aufwendungen ist nicht gerechtfertigt.
1. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch die Einkünfte aus dem Betreiben von Gartenbau und Gemüsebau.
Unter Land- und Forstwirtschaftwirtschaft ist die Erzeugung pflanzlicher oder tierischer Produkte mit Hilfe von Naturkräften zu verstehen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG zeichnen sich Betriebe der Land- und Forstwirtschaft dadurch aus, dass Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewonnen werden. Unter Landwirtschaft wird dabei die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren verstanden (BFH, Urteil vom 16. November 1978 IV R 191/74, BStBl II 1979, 246, 247 m.w.N.).
1.1 Hierbei ist unerheblich, welche Produktionsmethoden oder Hilfsmittel eingesetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) sind hierunter solche Arbeiten zu verstehen, die der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dienen (BFH, Urteil vom 12. Juni 1986 VI R 167/83, BStBl II 1986, 681). Das Sortieren von Kartoffeln stellt unstreitig eine typisch land- und forstwirtschaftliche Arbeit dar (vgl. BFH, Urteil vom 24. August 1990 VI R 29/87, BStBl II 1991, 30). In der Kommentarliteratur wird dieses Tatbestandsmerkmal dahingehend ausgelegt, dass hierunter alle Tätigkeiten zu verstehen sind, die üblicherweise in einem Betrieb nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG anfallen, soweit sie produktionsbezogen sind (Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn, EStG, Loseblattsammlung, Stand: April 2003, § 40 a D 3), bzw. sind alle Tätigkeiten umfasst, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion stehen (Wagner, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-KStG, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2004, § 40 a EStG Anm. 49 a. E.), die mit der Herstellung des land- und forstwirtschaftlichen Produkts zusammenhängen (Barein, in: Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Loseblattsammlung, Stand: Mai 2003, § 40 a Rdnr. 60). Der kurzfristige Einsatz einer großen Zahl von landwirtschaftlichen Hilfskräften ist aufgrund kurzer Erntesaison typisch für die landwirtschaftliche Produktion, soweit Arbeitsschritte (noch) nicht mechanisierbar sind. Andererseits ist zwischenzeitlich auch selbstverständlich, dass industriemäßige Geräte und Prozesse zum Einsatz kommen. So werden zum Säen und Ernten hochtechnisierte Spezialmaschinen für jede einzelne Feldfruchtart eingesetzt, der Anbau erfolgt teilweise unter Folien, Wasser und Nährstoffe können computergesteuert der einzelnen Pflanze zugeführt werden.
1.2 Die Gewinnung von Pflanzen oder Pflanzenteilen ist in dem Moment abgeschlossen, in dem die Produkte geerntet werden. Verwertet können derartige Produkte aber erst werden, wenn sie sich in einem Zustand befinden, der ihre Vermarktung ermöglicht (so auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.09.2004 – 11 K 117/02, EFG 2005, 283). Der Senat hält es für geboten, bei der Frage der Marktfähigkeit, die konkreten Rahmenbedingungen des jeweiligen Produktes und Erzeugers zu beachten. Werden Feldfrüchte bewusst erzeugt, obwohl sie in unverarbeiteter Form nicht vermarktbar sind, ist besonders zu prüfen, ob landwirtschaftliche Produkte erzeugt werden sollen, oder ob es sich um die Vorstufe einer gewerblichen Tätigkeit handelt (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 19. Juni 1975, Az: I 175/74, EFG 1976, 21). Der Senat hält es aber auch für möglich, dass eine zunächst vorhandene Marktgängigkeit wieder verloren geht. Dies kann z.B. durch Veränderung der Märkte eintreten, insbesondere aufgrund der Nachfragemacht der wenigen Lebensmittelkonzerne, (vgl. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Informationen Feldgemüseanbau in Bayern, Ökonomik wichtiger Kulturen, 1. Auflage Mai / 2005 Tz. 2.3 – http://www.lfl.bayern.de/ publikationen/datenerfassung/ informationen_url_1_53.pdf). Dadurch kann ein bestimmtes Urprodukt die Marktgängigkeit verlieren. Im Regelfall wird dessen Produktion daraufhin eingestellt. Lässt sich die Entstehung des Urproduktes ausnahmsweise nicht vermeiden, so rechnen alle Verarbeitungsschritte, bis erstmals ein marktfähiges Produkt entstanden ist zur Land- und Forstwirtschaft, jedenfalls solange das Endprodukt nahezu ausschließlich aus dem nicht marktfähigen Urprodukt besteht. Dies korrespondiert mit der selbstverständlichen Annahme, dass unter Wein in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht die Traube sondern das Getränk zu verstehen ist und leicht verderbliche Urerzeugnisse wie z.B. Milch, Pilze oder Fische konserviert werden müssen. So kann auch eine abgelegene Alm die dort erzeugte Milch in der Regel nur nach Weiterverarbeitung zu haltbarem Käse vermarkten. Des Rückgriffs auf eine landwirtschaftlichen Nebenbetrieb bedarf es in solchen Fällen nicht (vgl. Gmach in Hermann/Heuer/Raupach EStG § 13 Rz. 319). Ein Konflikt zu weiterverarbeitendem Handwerk oder Gewerbe kann erst eintreten, wenn ein Markt besteht, in dem der Erzeuger sein Produkt auch unverarbeitet verkaufen kann, es aber trotzdem vorzieht eine weitere Wertschöpfung in eigener Regie vorzunehmen. Ein solcher Markt ist nur vorhanden, wenn es üblicherweise Betriebe gibt, die derartige Urprodukte erwerben und handwerklich oder industriell weiterverarbeiten.
1.3 Marktgängig ist ein Produkt, sobald ein Markt existiert, d.h. Dritte zum entgeltlichen Erwerb bereit sind und der erzielbare Preis zumindest einen Deckungsbeitrag leistet. Sofern dieser Zustand erreicht ist, führt jede weitergehende Veränderung des Produkts zu einer Beoder Verarbeitung, die nicht mehr die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG beschriebenen Herstellungsprozesse betrifft. Gleiches gilt für Maßnahmen, die lediglich der Vermarktung dienen, wie z.B. das Schälen von Spargel (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.09.2004 – 11 K 117/02, EFG 2005, 283). Liegt die in § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG bezeichneten Verhältnisse vor, so sind die erzielten Einnahmen aus einer derartige Be- oder Verarbeitung und dem anschließende Verkauf des Produkts aber trotzdem solche aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. BFH, Urteil vom 12. Dezember 1996 IV R 78/95, BStBl II 1997, 427). Mit dieser Norm wird der Anwendungsbereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um die Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb erweitert.
2. Bei Anwendung obiger Grundsätze ist der Senat der Auffassung, dass im Streitfall eine Ausnahmesituation vorliegt, in der für ein unvermeidliches Urprodukt ohne Weiterverarbeitung kein Markt vorhanden ist, weshalb die marktgerechte Aufbereitung Teil der landwirtschaftlichen Urproduktion ist. Die Klägerin hat durch die Verarbeitung übergroßer Gurken zu Gurkenstücken in Gläsern erstmals ein marktgängiges, landwirtschaftliches Produkt hergestellt.
2.1 Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht für den Senat fest, dass die beim Anbau von Essiggurken anfallenden übergroßen Gurken im Urzustand nicht vermarktet werden können. Es ist auch nicht zu vermeiden, dass diese Gurken heranwachsen. Bei entsprechenden Witterungsverhältnissen kann nicht rechtzeitig geerntet werden. Es lässt sich auch nicht vermeiden, dass diese Gurken geerntet werden, da die Größenabweichung vom Pflücker nicht ausreichend genau erfasst werden kann.
Die Klägerin hat historisch und sachlich nachvollziehbar dargestellt, dass diese Gurken der GbR weder vom Handel noch von der Sauerkonservenindustrie abgenommen werden und deshalb als Abfall vernichtet werden müssten. Dem hat auch das Finanzamt nicht widersprochen.
Die Industrie – als Hauptabnehmer der GbR – hat die Abnahme der übergroßen Gurken erstmals etwa 1985 versucht, dies aber wieder eingestellt, nachdem sie diese Gurken nicht selbst rentabel weiterverarbeiten konnte. Hierbei ist unerheblich, aus welchen Gründen sie dies tat, da die GbR und die Klägerin hierauf jedenfalls keinen Einfluss hatten. Nach der unwidersprochenen Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass die Industrie einseitig die Abnahme der Gurken eingestellt hat und nicht nach vorheriger Absprache mit der GbR oder der Klägerin. Frühestens nach einer Saison, in der die übergroßen Gurken als Abfall wieder auf die Felder geworfen worden waren, ist im Gespräch mit A die Idee entstanden, dass die GbR ein marktgängiges Produkt erzeugen könnte. Von einer unmittelbaren oder gezielten Verlagerung einer industriellen Produktion auf die GbR kann daher nicht ausgegangen werden.
Für diese Gurken bestand auch kein Markt dadurch, dass es im Streitjahr möglicherweise außerhalb Bayerns Industriebetriebe gab, die solche Gurken verarbeitet haben. Auf Grund der leichten Verderblichkeit und des niedrigen Warenwertes folgt der Senat der Einlassung der Klägerin, dass ein Transport von Gurken über größere Entfernungen wirtschaftlich nicht vertretbar ist.
2.2 Die Marktfähigkeit war frühestens mit dem Einstecken der gevierteilten übergroßen Gurken in die Gläser erreicht.
Die GbR hat von 1991 bis 1994 die streitigen Gurken absetzen können, nachdem sie sie nur in die Gläser gesteckt hatte. Damit war die Marktgängigkeit zunächst hergestellt. Die Klägerin hat auf ausdrückliche Frage des Gerichts dargelegt, dass eine Vermarktung nur möglich war, wenn die Gurkenviertel bereits in die Gläser gesteckt waren. Ein loser Verkauf der Gurkenviertel war ebenso unmöglich wie der der ganzen Gurken. Die Klägerin hat ferner vorgetragen, dass ein anderer landwirtschaftlicher Betrieb nur aufgrund seiner unmittelbaren räumlichen Nähe zur Industrie seine Gurken weiterhin so abliefert und nicht selbst haltbar macht.
Der Senat geht davon aus, dass dieser Sachvortrag den Tatsachen entspricht. Das Finanzamt hat diesem Sachvortrag der Klägerin nicht widersprochen. Dem kommt besonderes Gewicht zu, da in der mündlichen Verhandlung, zur Unterstützung des Finanzamts im Sachvortrag, ein Betriebsprüfer anwesend war, dem nach eigenen Angaben die Verhältnisse der Landwirte in dieser Region seit langem und im Detail bekannt sind.
Der Behauptung des Finanzamts, dass bei entsprechender Nachfrage von der GbR gezielt übergroße Gurken produziert worden wären, haben die GbR und die Klägerin überzeugend widersprochen. Das Finanzamt war nicht in der Lage, seine Behauptung durch Fakten zu untermauern. Dem Senat erscheint es aufgrund der Gesamtumstände glaubhaft, dass jedenfalls der weitaus überwiegende Teil der übergroßen Gurken auf den Feldern der GbR unbeabsichtigt herangewachsen ist. Hierfür spricht auch das Mengenverhältnis der von der GbR insgesamt produzierten Gurken und die Tatsache, dass durch den Vertragsanbau sowohl die Abnahmemenge als auch der Preis für die zu Essiggurken verarbeitbaren Gurken feststand, zumal für Gurken dieser geringeren Größe ein hoher Erlös erzielt wurde.
2.3 Der Senat teilt die Auffassung des Finanzamts, dass es sich um einen einheitlichen Fertigungsprozess handelt.
2.3.1 Für einen einheitlichen Produktionsvorgang spricht das Ergebnis des Augenscheins. Danach ist im Produktionsablauf eine organisatorische Zäsur weder nach dem Schneiden der Gurken, noch nach dem Befüllen der Gläser erkennbar. Alle Bearbeitungsstationen sind fortlaufend mit Transportbändern verbunden. Es sind keine Zwischenlager vorgesehen. Eine Aufteilung ist auch nicht aufgrund von Aufzeichnungen oder Messgeräten möglich, da keine getrennte Kostenerfassung der an den einzelnen Abschnitten entstandenen Kosten für Betriebs- und Hilfsstoffe erfolgt. Erst nach der Pasteurisierungsanlage könnte eventuell unterschieden werden, ob auch noch Etiketten aufgebracht werden oder nicht.
Wenn ein einheitlicher Produktionsvorgang vorliegt, so entsteht das marktfähige Produkt begrifflich erst am Ende dieses Produktionsvorganges. Innerhalb eines unteilbaren Produktionsvorganges kann ein marktfähiges Produkt nicht ausgesondert werden.
2.3.2 Der Senat sieht es daher nicht als entscheidungserheblich an, ob die GbR ab 1994 die weiteren Arbeitsschritte des Pasteurisierens und ggf. Etikettierens übernommen hat, weil die Marktgängigkeit unpasteurisierter Gurkensticks verloren gegangen war oder um eine höhere Rentabilität zu erreichen, da der Klageantrag darauf beschränkt ist, das Befüllen der Gläser dem landwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Mit einer Entscheidung über die Verteilung der für die späteren Verarbeitungsschritte angefallenen Kosten würde der Senat über den Klageantrag hinausgehen.
Für einen Verlust der Marktgängigkeit des Produktes der GbR spricht die Einlassung der Klägerin, dass aufgrund der Entfernung des Hofes bis zur nächsten industriellen Verarbeitungsstelle Gurken teilweise bereits zu gären begonnen hatten, so dass die fertigen Sticks nicht haltbar waren, ferner dass sich für die Industrie Störungen im Produktionsablauf ergaben. Es ist daher nahe liegend, dass nur bei vollständiger Produktion von Gurkensticks durch die GbR die übergroßen Gurken vermarktbar waren, zumal die übrigen Landwirte dieser Region (mit Ausnahme eines Betriebes) ebenso vorgehen.
2.3.3 Der Senat sieht es als unschädlich an, dass teilweise vor und teilweise nach dem Einstecken der Gurken in die Gläser Gewürze zugegeben werden und Sud nach den Vorgaben der Abnehmer vor dem Pasteurisieren eingefüllt wird. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Zugaben, wertmäßig ins Gewicht fallen im Vergleich zu den von der GbR erzeugten Gurken. Diese Zugaben verändern auch nicht den Charakter der Gurkenstücke. Insbesondere bleiben Form und Farbe im Wesentlichen erhalten, lediglich die vom Abnehmer gewünschte Geschmacksrichtung wird zusätzlich zur Konservierung vermittelt. Ebenso verhält es sich mit den Gläsern und den weiteren Verpackungsmaterialien, die der GbR von den Abnehmern gestellt werden. Hier kann von einem abgekürzten Zahlungsweg ausgegangen werden, indem die Auftraggeber die Kosten unmittelbar tragen.
2.3.4 Der Senat folgt nicht der Ansicht des Finanzamts, dass aufgrund des Vertragsanbaus und der Vereinbarungen mit den Abnehmern keine landwirtschaftliche Produktion der GbR vorliegt. Zum einen hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass Verträge wie beim Vertragsanbau mit garantierten Abnahmemengen und Preisen bezüglich der Gurkensticks nicht bestehen. Zum anderen ist der Vorgang in keiner Weise mit einer Lohnveredelung vergleichbar. Eine solche liegt nur vor, wenn Grunderzeugnisse von einem Auftraggeber geliefert, vom Auftragnehmer verarbeitet und an den Auftraggeber zurückgeliefert werden. Auch trägt bei der Lohnveredelung der Auftragnehmer bei Mindererträgen nur das Risiko des Verdienstausfalles aus einem geringeren Umfang der Lohnveredelung nicht aber hinsichtlich des Verkaufserlöses aus der Mindermenge des Produktes.
Auch die faktische Abnahmegarantie durch die Lieferung der für die zu produzierende Menge Sticks erforderlichen Zutaten und Gläser, sowie die Würzung nach Vorgabe der Abnehmer ändern nichts an der Tatsache, dass die GbR ihre eigenen Gurken auf eigenes Risiko verarbeitet und die Gurken ohne diese spezielle Weiterbearbeitung nicht marktfähig wären. Die Aussage des Finanzamts, dass die Bearbeitung zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit führe, ist damit insoweit richtig, als zunächst überhaupt keine Marktgängigkeit vorhanden war.
Dass die Packungsgrößen auf den Endverbraucher zugeschnitten sind, führt lediglich dazu, dass das unverkennbar landwirtschaftliche Produkt „Gurke” ohne nochmaliges Umverpacken an den Einzelhandel abgegeben werden kann. Die Abgabe in Endverbraucher üblichen Packungsgrößen ist für landwirtschaftliche Produkte zwischenzeitlich ebenso üblich, wie fehlende Angaben zum Erzeugerbetrieb.
3. Wenn der Senat entgegen seinem obigen Ansatz davon ausgehen würde, dass die landwirtschaftliche Produktion durch die GbR mit der Ernte abgeschlossen ist, wäre der streitige Arbeitsschritt ebenfalls dem landwirtschaftlichen Bereich der GbR zuzuordnen.
In diesem Fall läge ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb der GbR vor.
3.1 Unstreitig ist die Gurkenstickproduktion auf den Zweck des Hauptbetriebes der GbR ausgerichtet und gegenüber dem Hauptbetrieb der GbR von untergeordneter Bedeutung (vgl. BFH, Urteil vom 27.11.1997 – V R 78/93, BStBl II 1998, 359, unter II 1 b; unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 16. Juli 1987 V R 22/78, BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83, unter 3. d)
Sie dient dem Hauptbetrieb, indem sie im Streitfall ausschließlich die im Hauptbetrieb anfallenden übergroßen Gurken der GbR weiterbearbeitet. Diese sonst unverkäuflichen Gurken werden zu einem marktgängigen Produkt gemacht. Der Nebenbetrieb ist auch wirtschaftlich untergeordnet, da seine Umsätze im Streitjahr nicht einmal 25 % des Hauptbetriebes der GbR betrugen.
3.2 Der Senat ist durch den Augenschein zu der Überzeugung gelangt, dass nur eine geringfügige Weiterverarbeitung durch die GbR erfolgt. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des BFH an, wonach entgegen der Verwaltungsmeinung weder auf die Verkehrsauffassung noch auf einzelne Bearbeitungsstufen abzustellen ist (BFH, Urteil vom 12.12.1996 IV R 78/95, BStBl II 1997, 427, BFHE 182, 155).
Maßstab für eine mehr als geringfügige Weiterverarbeitung ist danach, ob sich die Wertschöpfung für das Produkt außerhalb des durch das traditionelle Bild gegebenen Rahmens der Land- und Forstwirtschaft vollzieht und in einer für Gewerbe- und Handwerksbetriebe üblichen Produktionsweise erfolgt und daher mit diesen in Konkurrenz tritt. Unterscheidet sich die Weiterverarbeitung der eigenen land- und forstwirtschaftlichen Urerzeugnisse durch einen Land- und Forstwirt nicht wesentlich von der üblicher Handwerks- und Gewerbebetriebe, so muss ein selbständiger gewerblicher Betrieb angenommen werden. Hierbei ist nach Auffassung des Senats auf den konkreten Produktionsprozess und das tatsächliche Endprodukt und nicht abstrakt auf Produktionsmethoden und Produktgruppen abzustellen. Es kommt somit nicht darauf an, ob industrielle Fertigungseinrichtungen verwendet werden und Sauerkonserven entstehen, sondern ob Gurkensticks üblicherweise von der Sauerkonservenindustrie hergestellt werden und wenn ja, ob die dort üblicherweise angewandten Produktionsmethoden auch im zu beurteilenden Nebenbetrieb angewandt werden und dadurch eine konkrete Wettbewerbssituation zwischen privilegierter landwirtschaftlicher und normaler gewerblicher Produktion von Gurkensticks besteht.
a) Die konkrete Wertschöpfung der GbR vollzieht sich im Streitfall innerhalb des durch das traditionelle Bild gegebenen Rahmens der Land- und Forstwirtschaft.
aa) Zur Historie wird allgemein darauf hingewiesen, dass die Herstellung von Gurkensticks überhaupt erst durch das Pasteurisieren ermöglicht worden ist. Dies ist ein technisches Verfahren, das ursprünglich nur in Gurkenfabriken angewandt wurde. Auch die GbR betrieb zunächst keinerlei Weiterverarbeitung sondern behandelte die übergroßen Gurken als Abfall. Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des Senats aber der rasante Einzug von hochwertigen technischen Hilfsmitteln in der Landwirtschaft.
Historisch gesehen war es schon immer ein Anliegen der Landwirtschaft ihre Produkte haltbar zu machen, ursprünglich zur Bevorratung für den Eigenverbrauch, später um haltbare Nahrungsmittel zum Verkauf bringen zu können. Zum Konservieren gehörte stets das Zerkleinern des Urproduktes und die Zugabe von Konservierungsstoffen. Auch nach der äußeren Erscheinungsform des fertigen Glases Gurkensticks ist unverkennbar das landwirtschaftliche Produkt Gurke der wesentliche Inhalt.
bb) Eine Abgrenzung nach den Produktionsmitteln muss den Strukturwandel in der Landwirtschaft berücksichtigen. Dieser hat ursprünglich personalintensive Arbeiten weitgehend mechanisiert (Mähdrescher, Heulader, Hopfenzupfmaschine, Zuckerrübenernte etc.). Die landwirtschaftliche Mechanisierung wird ergänzt durch computergesteuerte Anlagen zur Bewässerung und Düngung von Kulturpflanzen (Tröpfchenbewässerung). Dementsprechend hat die GbR alle Produktionsmittel als ihr Eigentum bilanziert und primär alle Kosten, mit Ausnahme des Heizöles getragen.
Auch die Verwaltung behandelt aufwändige technische Verarbeitungsanlagen als typisch landwirtschaftliche Produktionsmittel so z.B. beim Trocknen von Kartoffeln, dem Brennen von Alkohol und grundsätzlich bei der Biogas Herstellung.
Überdies hat der Augenschein ergeben, dass die technischen Einrichtungen bei der Herstellung von Gurkensticks eher von untergeordneter Bedeutung sind. Es handelt sich vorwiegend um Transporteinrichtungen für die Zufuhr der geschnittenen Gurken zum jeweiligen Arbeitsplatz, die Bereitstellung der leeren, bzw. mit Gewürzen beschickten Gläser und den Weitertransport der gefüllten Gläser zur Sudzugabe und zur Pasteurisierungsstraße. Die wesentliche Arbeit wird in Handarbeit von ca. 50 Hilfskräften erledigt. Der Produktionsfaktor Mensch, der als Saisonarbeiter eingesetzt wird, ist aber ein typisch landwirtschaftliches Produktionsmittel. Ohne das Einstecken der Gurken in die Gläser, das den weit überwiegenden Arbeitsaufwand verursacht, wäre das Zerschneiden der Gurken sinnlos. Auch die Gewürz- und Sudzugabe setzt das vorangegangene Einstecken der Gurken in die Gläser voraus. Die eigentliche Wertschöpfung liegt daher im Einstecken der Gurken in die Gläser, die danach folgenden Schritte dienen im Wesentlichen der Konservierung. Dass im Zuge der Konservierung versucht wird eine bestimmte Geschmacksrichtung zu erzeugen, ist ebenfalls nicht untypisch für landwirtschaftliche Konservierungsmethoden wie z.B. die Sauerkrautherstellung, die Käserei oder das Räuchern von Fisch.
cc) Der Senat sieht es als unschädlich an, dass teilweise vor und teilweise nach dem Einstecken der Gurken in die Gläser Gewürze zugegeben werden und Sud nach den Vorgaben der Abnehmer vor dem Pasteurisieren eingefüllt wird. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Zugaben, wertmäßig ins Gewicht fallen. Diese Zugaben verändern auch nicht den Charakter der Gurkenstücke. Insbesondere bleiben Form und Farbe im Wesentlichen erhalten, lediglich die vom Abnehmer gewünschte Geschmacksrichtung wird zusätzlich zur Konservierung vermittelt. Ebenso verhält es sich mit den Gläsern und den weiteren Verpackungsmaterialien, die von den Abnehmern gestellt werden. Hier kann von einem abgekürzten Zahlungsweg ausgegangen werden, indem die Auftraggeber die Kosten unmittelbar tragen.
b) Die Wertschöpfung erfolgt nicht in einer für Gewerbe- und Handwerksbetriebe üblichen Produktionsweise und tritt mit dieser nicht in Konkurrenz.
aa) Diese Weiterbearbeitung unterscheidet sich bereits deswegen wesentlich von der üblicher Handwerks- und Gewerbebetriebe, weil personalintensive Weiterverarbeitung von Urprodukten mit einem niedrigen Automatisationsgrad typisch für ursprüngliche landwirtschaftliche Produktionsmethoden ist.
bb) Hinzu kommt, dass in Bayern, nach Auskunft des Verbandes der bayerischen Sauerkonservenindustrie, ebenso wie von der Klägerin vorgetragen (vgl. oben 2.2), Gurkenviertel nur noch von den Landwirten und nicht bei der Sauerkonservenindustrie in Gläser gefüllt werden. Überwiegend erfolgt dort auch die gesamte Gurkensticksproduktion. Es gibt daher keine gewerblichen Betriebe die üblicherweise Gurkensticks so wie die Klägerin herstellen. Nach Auffassung des Senats kann von üblichen Betrieben erst gesprochen werden, wenn Betriebe die das konkrete Produkt herstellen eine gewisse Verbreitung wie z.B. Metzger, Bäcker, oder Holzverarbeitungsbetriebe haben und die erforderlichen Rohstoffe auch überregional beziehen.
cc) Die neuere Rechtsprechung und Literatur betonen, dass es eine Wettbewerbsverzerrung zwischen privilegierter landwirtschaftlicher und normaler gewerblicher Produktion zu verhindern gilt. Eine Beschränkung der Privilegien landwirtschaftlicher Nebenbetriebe ist nach Auffassung des Senats nur gerechtfertigt, wenn durch die Beseitigung der Wettbewerbssituation die Ertragskraft gewerblicher Betriebe gestärkt werden könnte. Dies ist im Streitfall weder erkennbar noch vom Finanzamt vorgetragen.
Aufgrund der geringen Transportfähigkeit der Gurken ist nach Auffassung des Senats im Streitfall auch nur auf die regionale Situation abzustellen, da es zur streitigen Bearbeitung regional keine Alternative und keinen Wettbewerb mit Handwerk oder Industrie gibt. Angesichts der Unschärfe der gesetzlichen Regelung darf die Rechtsanwendung nicht wegen einer abstrakten Konkurrenzsituation die regional einzig mögliche Form der Vermarktung eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses unterbinden oder die Existenz von Betrieben gefährden. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass aufgrund der Nachfragemacht der Nahrungsmittelkonzerne die Vermarktung der übergroßen Gurken einen wesentlichen Beitrag zur Konkurrenzfähigkeit beim Verkauf von Essiggurken spielt. Da statt Abfall ein marktgängiges Produkt angeboten werden kann, ist es möglich, den Kostendruck bei den Essiggurken in einer Art Mischkalkulation zu senken.
4. Die Beurteilung als landwirtschaftliches Erzeugnis deckt sich mit der europäischen PRODCOM Statistik, wonach ca. 80 % der Obst und Sauerkonserven aus eigenem Anbau erzeugt werden und damit als landwirtschaftliches und nicht als gewerbliches Produkt klassifiziert werden.
5. Zu Recht beruft sich das Finanzamt nicht auf eine tatsächliche Verständigung am 13.12.1996 zwischen den Beteiligten (wonach die erste Bearbeitungsstufe vor dem Füllen der Gurken in die Gläser endet), weil die Klägerin und ihr Berater dies nicht so verstanden haben. In der mündlichen Verhandlung ist das Ausmaß des in dieser Besprechung erfolgten Dissenses deutlich geworden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung.
Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen.