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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 17.03.2004 – 5 K 59/01

    1. Prüft der Notar bei der Beurkundung der Anteilsübertragung grundstücksbesitzender Gesellschaften nicht die Grunderwerbsteuerpflicht des Vorgangs und unterlässt er daraufhin, dem FA den Vorgang anzuzeigen, verlängert sich die Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer wegen der als leichtfertige Steuerverkürzung anzusehenden Pflichtverletzung des Notars.

    2. Die nicht als Anzeige i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 anzusehende Anzeige eines Notars nach § 18 GrEStG löst nicht den Beginn der Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer aus.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gem. § 17 GrEStG

    hat der 5. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg – aufgrund der mündlichen Verhandlung – in der Sitzung vom 17. März 2004 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob Festsetzungsverjährung (FV) eingetreten ist.

    Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 9. Juli 1992 (Nr. … der Urkundenrolle für 1992) wurde u.a. Folgendes vereinbart:

    „Vor mir, dem … Notar …, erschienen heute im Hause …:

    Herr …

    Herr … beide handelnd als jeweils alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkten Haftung in Firma … GmbH … und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH … – nachfolgend Verkäufer genannt –

    Herr …

    Herr …

    Zu 3. und 4. handelnd als jeweils alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … mbH … – nachfolgend Käufer genannt – und erklären zu meinem Protokoll:

    § 1

    Gesellschaftsverhältnisse

    Die Erschienenen zu 1. und 2. sind jeweils Inhaber eines Geschäftsanteils in Höhe von DM 25.000 des DM 50.000 betragenden Stammkapitals der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH (nachfolgend „NHV” genannt). Dasselbe gilt für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma … GmbH (nachfolgend „NGV” genannt; NHF und NGV gemeinsam auch „Gesellschaften” genannt).

    Die Geschäftsanteile sind jeweils voll einbezahlt.

    Die Gesellschaft NHV hat Grundbesitz. Die Gesellschaft NGV hat keinen Grundbesitz.



    § 2

    Übertragung der Gesellschaftsanteile

    1. Die Erschienenen zu 1. und 2. verkaufen und übertragen hiermit die unter § 1 näher bezeichneten Geschäftsanteile mit allen damit verbundenen Gewinnbezugsrechten für das laufende Geschäftsjahr, welches am 1. Januar 1992 begonnen hat, und sonstigen Nebenrechten mit schuldrechtlicher Wirkung auf den 1. Januar 1992, 0.01 Uhr (Übergangsstichtag)…

    § 3

    Kaufpreis

    1. Der Kaufpreis beträgt für die Geschäftsanteile an den Firmen NHV und NGV

    insgesamt DM …

    § 4

    Garantien

    A.

    1 …

    14. Als

    Anlagenkonvolut 6

    sind diesem Vertrag beglaubigte Kopien der Grundbuchauszüge für alle Grundstücke, die zu den Gesellschaften gehören, beigefügt.

    Die Gesellschaften verfügen nicht über weiteren Grundbesitz.

    Den Verkäufern sind weder Altlasten noch Kontaminierungen noch öffentlich-rechtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf den in Anlagenkonvolut 6 aufgeführten Grundbesitz bekannt …”

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des genannten Vertrags wird auf ihn Bezug genommen (Bl. 1–31 der in den Grunderwerbsteuer(GrESt)-Akten des Beklagten (Bekl) abgehefteten Vertragskopien mit Anlagen 4, 5 und 7).

    Zu den Anlagen 1, 2, 3 und 6 ist auf Bl. 32 der GrESt- Akten des Bekl vermerkt:

    „sind lediglich erläuternde Unterlagen über bekannte Handelsregister- und Grundbuchtatbestände, die der Urschrift beigefügt sind.”

    Bei den im Anlagenkonvolut 6 angesprochenen Grundstücken handelt es sich um in … und … gelegene, teilweise überbaute Grundstücksflächen.

    Nachdem das Finanzamt (FA) … von einem Betriebsprüfer des Bekl (Herr …) über den Vertrag informiert worden war (Bl. 35 der GrESt-Akten des Bekl), wurde ein Aktenvermerk (Bl. 36 der GrESt-Akten des Bekl) gefertigt, der u.a. folgenden Inhalt hat:

    „Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten:

    § 170 (2) Nr. 1 AO gilt auch für die Anzeigepflicht nach § 18 bzw. 19 GrEStG

    Vertrag v. 9.7.92 =

    Beginn der Verjährung31.12.92
    + 4 Jahre nicht angezeigt31.12.96
    4 Jahre Verjährung31.12.2000
    Tipke § 170 Tz. 2a”


    Hinter der Jahreszahl „2000” findet sich mit Bleistift geschrieben der Vermerk: „31.12.99”.

    Am 26. April 1999 richtete das FA … ein Schreiben (Bl. 38 der GrESt- Akten des Bekl) an den beurkundenden Notar … mit folgendem Inhalt:

    „Sehr geehrter Herr … mit dem o.a. Vertrag veräußern die Herren … ihre sämtlichen Anteile an der Firma … (NHB) und Firma … (NVG) an die Firma … mbH.

    Da die Firma NHG Grundbesitz hält, unterliegt der Erwerbsvorgang der Grunderwerbssteuer. Sie wären nach § 18 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz verpflichtet gewesen, diesen Vertrag dem – zuständigen – Finanzamt anzuzeigen. Ich habe nicht feststellen können, dass dies beim Finanzamt … i.H. geschehen ist.

    Ich bitte daher um Mitteilung, ob Sie diesen Vertrag bei einem anderen Finanzamt angezeigt haben und ggfs. um Angabe der Grunderwerbsteuernummer …”

    Mit Schreiben vom 3. Mai 1999 (Bl. 39 der GrESt- Akten des Bekl) antwortete Notar … hierauf wie folgt:

    „Sehr geehrte Frau …,

    Ihr Schreiben in der oben bezeichneten Angelegenheit habe ich erhalten. Sicher haben Sie Recht, dass § 18 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz generell Notare zur Anzeige an Finanzämter verpflichtet. Dies gilt indessen nur dann, wenn der Notar Kenntnis davon hat, dass die Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, Grundbesitz hat.

    Das ist hier nicht der Fall. Ich habe im Gegenteil stets gehört, dass die Gesellschaft bewegliche (…-)

    Hallen vermietet; vom eigenen Grundstücksbesitz war und ist mir nichts bekannt.

    Unter diesen Umständen muss ich Sie daher bitten, etwaige Fragen direkt an die Firma zu richten; für eine Anzeige nach § 18 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz sehe ich keinen formellen oder materiellen Anlass.”

    Daraufhin wurde Notar … mit Antwortschreiben des FA … vom 22. Juli 1999 (Bl. 41 der GrESt- Akten des Bekl) mitgeteilt:

    „In § 1 Tz. 3 des o.a. Vertrages heißt es „Die Gesellschaft NHV hat Grundbesitz”; diese Tatsache war Ihnen also bei Vertragsabschluss bekannt. Ihr Schreiben vom 3.5.1999 ist insoweit unrichtig. Ich bitte daher um vollständige Beantwortung meines Schreibens vom 26.4.1999 … Ich bitte um Erledigung bis zum 30. Juli 1999.”

    Mit Erinnerungsschreiben vom 7. Oktober 1999 an den Notar … wies das FA … auf Folgendes hin:

    „Sehr geehrter Herr …, auf mein Schreiben vom 22.7.99 liegt mir eine Antwort bisher nicht vor. Ich erlaube mir, Sie an die Angelegenheit zu erinnern und bitte um Erledigung bis zum 22.10.99.”

    Auf Bl. 43 der GrESt-Akten des Bekl finden sich die zwei nachstehenden Gesprächsnotizen über Telefonate des FA … mit dem Notariat …:

    „Telefonisch 15. November 1999

    mit Frau …

    Betr.: …

    Ich habe Frau … an die Erledigung des Schreibens vom 22.7.99 erinnert. Sie sagte dies bis 30.11.99 zu. Unterlagen über die Grundstücke hat sie bei den Vertragsunterlagen, die Grundstücke sind nur zusammenzustellen.

    Tel. 7.12.99, 16.00 Uhr mit Frau … (DW 24 o. 39). Frau … ist krank. St konnte trotz Bemühungen nichts finden, sucht aber noch mal in Ruhe und ruft an.”

    Mit Schreiben vom 4. Januar 2000 (Bl. 44 der GrESt- Akten des Bekl) teilte Notar … dem FA … mit:

    „Sehr geehrte Frau …,

    unter Bezugnahme auf die geführten Telefongespräche mit meiner Mitarbeiterin, Frau …, übersende ich Ihnen als Anlage die für den im Betreff genannten Vertrag erforderliche Veräußerungsanzeige. Ich bedaure außerordentlich, dass aus Gründen eines nicht mehr aufklärbaren Büroversehens die Veräußerungsanzeige nicht an das zuständige Finanzamt weitergeleitet worden ist. Es handelt sich um einen echten Ausnahmefall meiner Praxis …”

    Nachdem der Bekl nach weitergehenderen Ermittlungen in Erfahrung gebracht hatte, dass die Firma … sich im Jahre 1992 in … GmbH und durch Gesellschafter-Beschluss vom 25. Mai 2000 in … GmbH umbenannt hatte, erließ er am 20. Oktober 2000 gegen die Klägerin (Klin) einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gemäß § 17 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – (Bl. 125 und 126 der GrESt-Akten des Bekl), mit dem die Bemessungsgrundlage für die GrESt wegen des Kaufvertrags vom 9. Juli 1992 auf … DM festgestellt wurde.

    Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klin vom 6. November 2000, mit dem vorgetragen wurde, dass die Festsetzungsfrist bereits 1999 abgelaufen sei und Hemmungstatbestände nach § 171 Abgabenordnung (AO) nicht vorlägen. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem grunderwerbsteuerlich relevanten Vermögen der … GmbH (im Folgenden: NHV) um frei montierbare Leichtbauhallen gehandelt habe. Der Notar sei bei der Erstellung des Vertrags zunächst davon ausgegangen, dass die Gesellschaft über klassischen Grundbesitz (also fest mit dem Boden verbundenes Immobilienvermögen) verfüge. Hieraus erkläre sich die Formulierung in § 1 Nr. 3 des Vertrages. Als der Notar jedoch darüber informiert worden sei, dass es sich nicht um klassischen Grundbesitz handele, sei er davon ausgegangen, dass die Leichtbauhallen keine Grundstücksobjekte i.S. des GrEStG darstellten. Aus diesem Grunde habe er auch nicht die nach dem Vertragstext an sich erforderliche Anzeige an das Finanzamt erstattet. Die von dem Notar vorgenommene Subsumtion beruhe nicht auf einer grob fahrlässigen Verkennung der grunderwerbsteuerlichen Rechtslage. Insbesondere habe sich ihm nicht aufdrängen müssen, dass frei montierbare Leichtbauhallen als Grundstücksobjekte i.S. des GrEStG anzusehen seien.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2001 wurde der Einspruch der Klin als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit ihrer Klage vom 2. März 2001 trägt die Klin vor, der angegriffene GrESt-Bescheid sei materiell rechtswidrig, weil er nach Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erlassen worden sei. Zwar vertrete der Bekl die Auffassung, dass sich die Festsetzungsverjährung im Streitfall auf fünf Jahre verlängert habe, weil der beurkundende Notar eine leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO begangen habe. Diese strafrechtliche Würdigung sei jedoch in rechtlicher Hinsicht nicht haltbar. So sei der Notar davon ausgegangen, dass sein Notariatsangestellter aufgrund der beigefügten Grundbuchauszüge im Anlagenkonvolut den Geschäftsanteilsübertragungsvertrag gegenüber dem zuständigen Finanzamt anzeigen werde. Er habe insoweit darauf vertraut, dass der erfahrene Notariatsangestellte die auf ihn übertragene Aufgabe pflichtgemäß erfüllen werde. Das Finanzgericht (FG) Bremen habe hierzu entschieden, dass ein Notar dann nicht leichtfertig handele, wenn er die Erfüllung der Anzeigeverpflichtung nach § 18 GrEStG auf eine eingearbeitete Fachkraft übertrage, die dem Notar für längere Zeit ohne Fehler zugearbeitet habe.

    Im Streitfall ergebe sich noch die Besonderheit, dass der Bekl schon 1998 Kenntnis davon erlangt habe, dass eine möglicherweise grunderwerbsteuerliche Anteilsübertragung im Jahre 1992 erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund sei es nicht nachvollziehbar, dass der Bekl den GrESt-Bescheid nicht im Jahr 1999 erlassen habe. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen. Insoweit sei der Bekl in keiner Weise schutzwürdig. Auch dürfe bei der vorliegenden Fragestellung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Verschulden gem. § 233 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend anzuwenden sein. Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung müsse der Anwalt das Personal mit unterschiedlicher Intensität überwachen. Sei es zuverlässig, gut eingearbeitet und seiner Aufgabe gewachsen, genügten Stichproben. Jüngeres Personal müsse hingegen einer strengeren Überwachung unterliegen. Vorliegend sei ausschlaggebend, dass es sich bei dem Notariatsangestellten um eine sehr erfahrene, langjährig im Notariat tätige und zuverlässige Person gehandelt habe. Eine konkrete Überwachungspflicht bzgl. des hier in Rede stehenden Vorgangs habe daher für den Notar nicht bestanden.

    Im Schriftsatz vom 16. Mai 2001 führt die Klin aus, für die rechtliche Beurteilung komme es allein darauf an, ob sich der beurkundende Notar im Jahr 1992 leichtfertig verhalten habe. Insoweit sei hervorzuheben, dass der Notar bei der Beurkundung von einem grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang ausgegangen sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus dem Notarvertrag. In § 1 des Vertrages werde nämlich festgehalten, dass die NHV über Grundbesitz verfüge. Darüber hinaus seien dem notariellen Vertrag als Anlagenkonvolut beglaubigte Kopien der Grundbuchauszüge für alle Grundstücke, die zum Vermögen der NHV gehörten, beigefügt gewesen. Die erforderliche Anzeige des notariellen Anteilsübertragungsvertrages gegenüber dem Finanzamt sei nicht deswegen unterblieben, weil der beurkundende Notar irrtümlich davon ausgegangen sei, die Anteilsabtretung sei grunderwerbsteuerfrei. Vielmehr beruhe die Nichtanzeige des Vertrages allein auf einem Büroversehen, das einem erfahrenen Notariatsangestellten unterlaufen sei, der zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei.

    Bei dem Inhalt des Schreibens vom 13. Mai (gemeint wohl 3. Mai) 1999 habe es sich um eine irrtümliche Fehldarstellung des Sachverhalts durch den Notar gehandelt. Dies sei ihm aufgefallen, als ihn der Bekl auf den Inhalt des § 1 des Notarvertrages hingewiesen habe. Der Notar habe daraufhin mit Schreiben vom 4. Januar 2000 seine Sachverhaltsdarstellung korrigiert und auf das einmalige Büroversehen des erfahrenen Notariatsangestellten verwiesen. Soweit in der Einspruchsbegründung oder im Finanzprozess bislang etwas anderes ausdrücklich oder konkludent vorgetragen worden sein sollte, werde hieran nicht mehr festgehalten.

    Es sei jedoch auch keine leichtfertige Steuerverkürzung des Büropersonals des beurkundenden Notars gegeben. Leichtfertigkeit i.S. des § 378 AO bedeute einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspreche, im Gegensatz dazu aber auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstelle. Es müsse sich dabei um eine an Vorsatz grenzende Fahrlässigkeit handeln. Auf dieser Basis könne von einer leichtfertigen Begehungsweise des Büropersonals nicht ausgegangen werden. Die Nichtanzeige des Vertrags gegenüber dem Finanzamt stelle ein einmaliges Fehlverhalten dar, das dem Notariatsangestellten unbewusst unterlaufen sei. Ihm sei insoweit nicht bewusst gewesen, dass er ein Fehlverhalten begehe und dass sein Verhalten die Erhebung der GrESt gefährden könne. Es liege vielmehr ein klassisches Büroversehen im Rahmen einer Routinetätigkeit vor, das als unbewusstes Augenblicksversagen einen typischen Fall einfacher Fahrlässigkeit darstelle. Schließlich sei auch die Argumentation des Bekl, wonach der Umstand, dass die Veräußerungsanzeige nicht im Mai 1999, sondern erst im Januar 2000 erfolgt sei, eine leichtfertige Begehensweise indiziere, rechtlich nicht haltbar. Bezüglich des Notariats bzw. des Notariatsangestellten komme eine leichtfertige Steuerverkürzung nur in der Variante des Unterlassens gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht, weil durch die Notariatsangestellten gegenüber den Finanzbehörden keine falschen Angaben gemacht worden seien. Nach dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO setze jedoch eine leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen voraus, dass der Täter die Unkenntnis der Finanzbehörde nicht beseitige. Dies habe zur Folge, dass der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht mehr verwirklicht werden könne, wenn die Finanzbehörde über die für die Steuerfestsetzung erforderlichen Kenntnisse verfüge. Der Bekl habe am 26. April 1999 aufgrund einer Betriebsprüfung Kenntnis von der grunderwerbsteuerpflichtigen Anteilsübertragung, insbesondere von sämtlichen Umständen, welche die GrESt auslösten, erhalten. Handlungen oder Unterlassungen, die seitens des Notars oder der Notariatsangestellten nach dieser Kenntnis des Bekl begangen worden seien, könnten daher nicht zur Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO führen. Dies gelte insbesondere für Verhaltensweisen dieser Personen ab Mai 1999.

    Der Berichterstatter erörterte den Streitfall mit den Beteiligten am 10. Dezember 2003. Wegen der Einzelheiten des Inhalts wird auf die Niederschrift (Bl. 83–86 der FG-Akten) Bezug genommen.

    Die Klin trug anschließend hierzu noch vor, dass nach der Kommentierung von Ruban im AO-Kommentar Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 169 AO Rdnr. 44 ein Notar, der pflichtwidrig die ihm nach § 18 GrEStG obliegende Anzeigenverpflichtung verletze, nicht möglicher Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein könne. Begründet werde diese Auffassung mit dem überzeugenden Argument, dass ein Notar kein Steuerpflichtiger i.S. des § 33 AO sei und bei der Anzeige nach § 18 GrEStG nicht die Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen wahrnehme.

    Das Schreiben des Notars … vom 3. Mai 2003 stelle zwar eine Falschauskunft dar. Diese beruhe auf einem Versehen, denn der Notar hätte bei genauer Durchsicht des Übertragungsvertrages ohne weiteres erkennen können, dass die veräußernde Gesellschaft Grundbesitz gehabt habe. Für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO müsse aber auch der objektive Tatbestand einer Steuerverkürzung nach § 378 AO erfüllt sein. Zu dessen Tatbestandsmerkmalen gehöre der sogenannte Rechtswidrigkeitszusammenhang. Dieser sei nur dann gegeben, wenn feststehe, dass der Erfolg – d.h. die Steuerverkürzung – bei sorgfaltsgemäßem Verhalten nicht eingetreten wäre. Für die Feststellung, ob die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt den Erfolg vermieden hätte, wirkten sich nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Zweifel zugunsten des Betroffenen aus. Insoweit gelte der Grundsatz in dubio pro reo. Vorliegend stelle sich daher die Frage, ob der Erfolg der Steuerverkürzung auch dann in seiner konkreten Form eingetreten wäre, wenn der Notar sich pflichtgemäß verhalten hätte. Dabei sei zu beachten, dass weder dem Notariat noch dem FA bewusst gewesen sei, dass der GrESt-Bescheid noch in 1999 wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährungsfrist habe erlassen werden müssen. Insbesondere sei ein solcher Hinweis an das Notariat zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Dem FA seien seit dem 4. Januar 2000 von dem Notariat alle erforderlichen Informationen erteilt worden. Der GrESt-Bescheid datiere jedoch vom 20. Oktober 2000. Das FA habe also nach Kenntnis der erforderlichen Informationen mehr als zehn Monate für den Erlass des Verwaltungsakts gebraucht. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass der GrESt-Bescheid auch dann erst nach Ablauf der Festsetzungsverjährung, also in 2000, erlassen worden wäre, wenn der Notar die Veräußerungsanzeige schon in seinem Schreiben vom 3. Mai 1999 nachgeholt hätte. Zumindest könne diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden. Dann fehle es aber an dem erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung und der Steuerverkürzung.

    Die Anzeigeverpflichtung nach § 18 GrEStG sei eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Verletze der Notar seine Verpflichtung hieraus und erleidet der Fiskus hierdurch einen Schaden, haftet der Notar dem Fiskus unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung. Das FA hätte deswegen den Steuerschaden ohne weiteres vermeiden können. Hierzu hätte ein Hinweis an den Notar, dass die Anzeige unverzüglich nachzuholen sei, weil anderenfalls wegen der drohenden Festsetzungsverjährung ein definitiver Steuerschaden entstehe, genügt. Bei einem solchen Hinweis hätte das Notariat zeitnah reagiert, wodurch der Steuerschaden vermieden worden wäre.

    Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 wurde von der Klin ein Schreiben des Notars … vom 21. Januar 2004 an ihre Prozessbevollmächtigten vorgelegt.

    Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut:

    „Sehr geehrter Herr Kollege …,

    nach Ihrem Anruf in der oben bezeichneten Sache habe ich versucht, den Sachverhalt in meinem Büro aufzuklären und dazu einen internen Vermerk verfasst, den ich in der Anlage gern zur Verfügung stelle. Es ist schade, dass das Finanzamt mich nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist persönlich angesprochen hat, woraus ich selbstverständlich keine Kritik ableite; denn meine Sachbearbeiter und Bürovorsteher sind, dem Organisationssystem meines Büros entsprechend, selbstständig handelnde Einheiten, die insbesondere die Abwicklung von Verträgen und Antragen in der Regel auch selbstständig erledigen und, soweit es sich nicht um Rechtsfragen, sondern um technische Abwicklungsfragen handelt, auch selbstständig abschließen. In unserem Fall, das räume ich gern ein, wäre ich gerne direkt eingeschaltet worden, um die unglückliche Verkettung der Umstände zu verhindern. Vom Arbeitssystem unseres Büros her hätte dies eigentlich nicht passieren können. Um so mehr bedauere ich, dass jetzt erhebliche Unannehmlichkeiten entstanden sind.

    Ich kann im Übrigen nicht ausschließen – in meinem Aktenvermerk habe ich dies nicht aufgenommen, weil es lediglich eine Vermutung ist –, dass die Sachbearbeiter meines Büros die Antrage des Finanzamts nicht recht haben einordnen können, weil das Finanzamt selbst schrieb, es habe Kenntnis von dem Vertrag (mit Zitat aus dem Vertrag!), andererseits aber eine Aufstellung der Grundstücke per 1.1.1992 wünschte, eine ungewöhnliche und eigentlich nicht vorgesehene Antrage an das Notariat. Sie können von meinen Mitteilungen dem Finanzgericht gegenüber Gebrauch machen; es handelt sich insoweit um Auskünfte, die ich ohne Verstoß gegen meine Verschwiegenheitspflicht machen kann …”

    Der im vorgenannten Schreiben angesprochene Vermerk (Bl. 106–108 der FG-Akten) lautet wie folgt:

    „ Vermerk

    Betr.: … GmbH und … GmbH/… GmbH, hier: Grunderwerbsteuer

    1. Beurkundung: 9.7.1992, Sachbearbeiter Herr … keine Anzeige nach § 18 GrEStG, Grund nicht mehr aufklärbar.

    Mögliche Erklärung für die Nicht-Abgabe: Der Unternehmenskaufvertrag hatte im Gegensatz zu sonstigen Verträgen dieser Art keinerlei Abwicklungstätigkeit für das Notarbüro. Sämtliche Zustimmungen zur Übertragung der Gesellschaftsanteile waren bereits in der Urkunde gültig erteilt und der Kaufpreis war gemäß § 3 Ziff. 2 durch direkte Scheckübergabe zu vollziehen, ohne dass den Notar insoweit eine Kontrollpflicht traf. Die Grunderwerbsteueranzeige nach § 18 GrEStG erfolgt nach der Übung des Büros als erste Handlung im Rahmen der Abwicklung eines Vertrages. Da hier eine eigentliche Abwicklungstätigkeit ausnahmsweise nicht vorlag, ist dies möglicherweise ein Grund für die unzulässige Nicht-Abgabe der Anzeige nach § 18 GrEStG. In der Vorbereitung des Vertrages ist vom Notariat im Übrigen nur das Rubrum gefertigt, der komplette Vertrag als solcher ist dem Notar fertig vorgelegt worden, also auch nicht von dem Sachbearbeiter … entworfen worden (eine Aufgabe, die normalerweise von ihm übernommen worden wäre).

    Der zuständige damalige Sachbearbeiter Herr …, ein seit 25 Jahren tätiger und sehr kompetenter und bewährter Mitarbeiter, ist seit 1996 aus Krankheitsgründen nicht mehr Mitarbeiter des Notariats …

    2. Rückfrage des Finanzamts am 26.4.1999 wegen der Veräußerungsanzeige, nachdem – wie ich erst jetzt erfahren habe – der Sachverhalt durch eine Betriebsprüfung bei dem Veräußerer … offenbar geworden und an die Grunderwerbsteuerstelle gemeldet worden war.

    Antwort des zuständigen Notars am 3.5.1999, dass kein Grundbesitz bekannt gewesen sei. Dieser Brief war inhaltlich falsch.

    Mögliche Erklärung für die falsche Nachricht: Die für die Vorbereitung des Briefes verantwortliche Frau … aus dem Mitarbeiterstab des zuständigen Notars hatte die Rückfrage des Finanzamts vom 30.4.1999 überprüft, jedoch offensichtlich nur in der internen Notariats-Kartei nachgesehen und dort gefunden, dass es sich um einen „Unternehmenskaufvertrag” handelte. Sie hatte nach eigenen Worten Ur- oder Abschriften des Vertrages von 1992 nicht auf Grundstücke überprüft und dem Notar daher den unrichtigen Sachverhalt unterbreitet, dass es sich um „Anteilsübertragungen” gehandelt habe, für die kein ersichtlicher Grund für eine Anzeige nach § 18 GrEStG gegeben war. Das inhaltlich falsche Antwortschreiben vom 3.5.1999 beruhte auf dieser Bearbeitung und Auskunft.

    3. Das Finanzamt hatte den Inhalt des Notar-Briefes vom 3.5.1999 als falsch erkannt und am 22. Juli 1999 mit Zitaten aus dem Vertrag mitgeteilt, dass nach Einsicht in den Vertrag Sicherheit bestehe, dass grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestände vorlägen, die der Notar nicht gemeldet hätte. Das Finanzamt bat in diesem Zusammenhang (Brief vom 26.4.1999) um eine Auflistung der Grundstücke des Veräußerers per 1.1.1992, also einer Liste, die im Notariat nicht vorlag, sondern erst beschafft werden musste, nachdem darüber hinaus bei dem Veräußerer für die erbetene Auskunft des Finanzamts um Genehmigung nachgesucht werden musste; denn das Ersuchen des Finanzamtes ging über die Grunderwerbsteueranzeige des Vertrags hinaus.

    4. Frau … konnte diesen Auftrag des Finanzamts in der Zeit bis 2. August 1999 nicht mehr erledigen und war in der Zeit vom 2. bis 20. August 1999 im Urlaub. Bei Urlaubsantritt und auch nach dem Urlaub hatte sie dem Notar oder ihrer Urlaubsvertretung die Sache nicht vorgelegt, wohl weil es sich um eine Routinemaßnahme handelte, die sie in ihrem Arbeitsbereich selbstständig zu erledigen hatte.

    In der Zeit bis November ist es aus Gründen, die für den Notar nicht mehr aufklärbar sind, nicht zu der Bearbeitung gekommen.

    Mögliche Erklärung: Frau … war im Laufe des Jahres 1999 schwer an Krebs erkrankt, ohne dass dies im Büro oder dem Notar vor dem 22.11.1999 bekannt wurde – und verließ das Notariat am 22.11.1999 zu überraschenden und sofort notwendigen Krebsoperationen. Der dringliche Krankheitsfall geschah so plötzlich, dass nicht einmal mehr eine Übergabe der Arbeiten an einen Nachfolge-Sachbearbeiter möglich war, so dass diese Übergabe in der Folgezeit ohne Hilfe der zuständigen Sachbearbeiterin nachvollzogen werden musste. Erst in diesem Zusammenhang wurde offenbar, dass die Antrage des Finanzamts vom 22.7.1999 nicht abschließend bearbeitet worden war.

    5. Das Finanzamt hat den zuständigen Notar weder telefonisch noch schriftlich nach dem 22.7.1999 angesprochen. Ob zwischen dem Finanzamt und Frau … telefonisch verhandelt worden ist, lässt sich nicht aufklären. Erst am 7.12.1999 hat das Finanzamt mit der Nachfolge-Sachbearbeiterin Frau … – offenbar in betont freundlicher Form – telefonisch den unerledigten Sachverhalt angesprochen, ihrer Bitte, ihr genügend Zeit zur Erledigung zu geben, zugestimmt und nicht auf Eiligkeit oder einen Fristablauf hingewiesen. Die neu zuständige Sachbearbeiterin Frau … hat alsdann bis zum Jahresende 1999 die erforderlichen Grundbuchunterlagen zusammengestellt. Die letzte Grundbuchunterlage dieser Zusammenstellung ging am 3.1.2000 im Notariat ein. Am 4.1.2000 wurde das Finanzamt … vollständig unterrichtet und die vorher versäumte Grunderwerbsteuermitteilung vollendet.

    6. Frau … die seit 4. August 2001 nicht mehr im Notariat arbeitet, hat sich bis zu ihrer (unerkannt gebliebenen) Krebserkrankung als tadellose, zuverlässige Mitarbeiterin bewährt und mit ihrer 30jährigen Erfahrung gute selbstständige Arbeit geleistet. Nach ihrer Krebserkrankung Ende 1999/2000 mit ca. neunmonatiger Abwesenheit hat sie nochmals Versuche unternommen, ins Arbeitsleben dauerhaft zurückzukehren, konnte dies aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mit Erfolg tun und musste vorzeitig und einvernehmlich in den Ruhestand eintreten …”

    Die Klin beantragt,

    den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gemäß § 17 GrEStG vom 20. Oktober 2000 (Steuernummer: …) und die Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2001 (Rechtsbehelfsliste II Nr.: … aufzuheben.

    Der Bekl beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er zunächst auf seine Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2001 und trägt weiter vor, dass – wie auch das FG Bremen im Urteil vom 19. Januar 1993 II 163/90 K (Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 540) festgestellt habe – hinsichtlich der dem Notar obliegenden Sorgfaltspflicht die Delegation von Aufgaben an Angestellte an sich nicht zu beanstanden sei. Zur Überprüfung der Grunderwerbsteuerpflicht sei aufgrund seiner Ausbildung und Funktion jedoch auch stets der Notar selbst verpflichtet.

    Die Aussagen in den Schreiben des Notars … vor Erlass des Steuerbescheids im Jahr 2000 machten deutlich, dass er sich nicht rechtzeitig Klarheit über die Rechtslage im Streitfall verschafft habe. Deshalb habe er leichtfertig gehandelt, wenn er in einem solchen Fall, in dem er sich erforderliche fachliche Informationen offensichtlich erst habe beschaffen müssen, nicht persönlich darauf geachtet habe, dass der Vorgang dem Finanzamt rechtzeitig mitgeteilt werde.

    Im Übrigen reiche es aus, dass die Steuer überhaupt leichtfertig verkürzt oder hinterzogen werde, gleichgültig durch wen. Insbesondere brauche der Steuerschuldner eine leichtfertige Steuerverkürzung nicht selbst begangen zu haben.

    Ohne Rücksicht darauf, ob der Vorgang wegen Erfüllung eines in § 1 Abs. 2a oder 3 GrEStG normierten Tatbestandes der GrESt unterliege, gelte die Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG für alle Vorgänge, die die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, einer bergrechtlichen Gewerkschaft, einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts beträfen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehöre. Insoweit erzeuge die Anzeigepflicht auch eine Erkundigungspflicht. Ob der konkrete Vorgang geeignet sei, Steuern nach § 1 Abs. 2a oder 3 GrEStG auszulösen, sei für die Anzeigepflicht unbeachtlich. Wenn bei der vorliegenden Vertragsabwicklung dies vom Notar nicht rechtzeitig beachtet worden sei und nun in der Klagebegründung eine persönliche Pflichtverletzung des Notars deshalb verneint werde, weil von ihm Aufgaben an eine Hilfsperson delegiert worden seien, die diese nicht pflichtgemäß erfüllt habe, so müsse darauf hingewiesen werden, dass das leichtfertige Verhalten einer solchen Person ebenfalls zur Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre führe.

    Nach seiner – des Bekl – Auffassung brauchten von ihm auch keine weiteren konkreten Tatumstände vorgetragen werden, die eine leichtfertige Begehungsweise des Notars/Notariatsangestellten indizierten. Denn ein einfaches Büroversehen hätte nach Zugang seiner Aufforderung vom 26. April 1999 zur Abgabe der Veräußerungsanzeige zügig geklärt werden können, wenn etwa im Mai 1999 dem FA geantwortet worden wäre. Dies sei jedoch nicht geschehen. Vielmehr sei die Veräußerungsanzeige erst im Januar 2000 erfolgt, also nach Ablauf des 31. Dezember 1999, als die vierjährige Festsetzungsfrist für den Feststellungsbescheid schon abgelaufen gewesen sei.

    Er gehe mit der herrschenden Meinung davon aus, dass auch ein Notar Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein könne. Auch der von der Klin in Frage gestellte Rechtswidrigkeitszusammenhang des Verhaltens des beurkundenden Notars mit der Steuerverkürzung sei im Streitfall seiner Auffassung nach gegeben.

    Gründe

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gemäß § 17 GrEStG vom 20. Oktober 2000 ist innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist ergangen und damit rechtmäßig.

    Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) gelten für die gesonderte Feststellung die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung, also auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung (§ 169 ff. AO), sinngemäß. Gemäß § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Dies wäre im Streitfall mit Ablauf des Kalenderjahres 1992 gewesen mit der Folge, dass die regelmäßige vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) mit Ablauf des 31. Dezember 1996 geendet hätte. Abweichend hiervon bestimmt § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO u.a. in den Fällen, in denen eine Anzeige zu erstatten ist, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, indem die Steuer entstanden ist.

    Im Streitfall bestand sowohl eine Anzeigepflicht des beurkundenden Notars als auch der Klin.

    Die Anzeigepflicht des beurkundenden Notars folgt aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG und § 18 Abs. 2 S. 2 GrEStG, weil Gegenstand des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 9. Juli 1992 u.a. die vollständige Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Firma NHV, zu deren Vermögen inländische Grundstücke gehörten, auf die damals noch als … mbH firmierende Klin war. Dieser Vorgang war vom beurkundenden Notar dem zuständigen FA nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen.

    Allerdings sind nach der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Auffassung unter Anzeigen i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nur solche Anzeigen zu verstehen, zu deren Abgabe der Steuerpflichtige verpflichtet ist. Dagegen fallen unter § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht sogenannte Fremdanzeigen Dritter. Danach ist die Anzeige eines Notars nach § 18 GrEStG keine Anzeige i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, die den Lauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige erfolgt ist, in Gang setzen könnte (BFH-Urteil vom 16. Februar 1994 II R 125/90, BStBl II 1994, 866; Rüsken in Klein, Kommentar zur AO, 8. Aufl. 2003, § 170 Anm. 14).

    Es kann jedoch dahinstehen, ob der herrschenden Auffassung zu folgen ist. Denn die Klin ist der sie selbst treffenden Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 5 GrEStG i.V. mit § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht nachgekommen. Damit begann vorliegend – selbst wenn der Notar seine Anzeigepflicht erfüllt hätte (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 8. Mai 1991 III 418–420/88, EFG 1992, 112) – die Festsetzungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des 31. Dezember 1995 (Anlaufhemmung) zu laufen.

    Obwohl im Zeitpunkt des Ergehens des angegriffenen Verwaltungsakts (20. Oktober 2000) die regelmäßige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO, die am 31. Dezember 1999 endete, schon verstrichen war, war im Streitfall noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

    Vorliegend ist die verlängerte Frist von fünf Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, also bis 31. Dezember 2000, maßgeblich, weil die GrESt leichtfertig verkürzt worden ist.

    Zwar ist der Klin selbst möglicherweise keine leichtfertige Steuerverkürzung anzulasten. Nach § 169 Abs. 2 Satz 3 AO gilt die verlängerte Festsetzungsfrist aber auch in den Fällen, in denen eine leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient. Maßgebend ist daher nur, dass der Steueranspruch verkürzt worden ist. Der Charakter als hinterzogene Steuer haftet der Steuerschuld an, ist also objekt- nicht personenbezogen (Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, § 169 Anm. 26). Entscheidend ist daher ausschließlich, dass die Steuer überhaupt leichtfertig verkürzt wurde, gleichgültig durch wen (Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 169 AO Tz. 8 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

    Auch ein Notar, der ein von ihm beurkundetes Grundstücksgeschäft nicht nach § 18 GrEStG dem Finanzamt anzeigt, kann daher – entgegen der Rechtsmeinung der Klin – anders als bei der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO eine leichtfertige Steuerverkürzung oder (vorsätzliche) Steuerhinterziehung begehen mit der Folge, dass die Verjährungsfrist sich nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO von regelmäßig vier auf fünf bzw. zehn Jahre verlängert (Urteil des FG Bremen vom 19. Januar 1993 II 163/90 K, a.a.O.; Beschluss des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Juli 1998, 2 V 99/97, EFG 1998, 1354; Viskorf in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 15. Auflage 2002, § 18 Anm. 29; Pahlke, Kommentar zum GrEStG, 2. Auflage 1999, Vorbemerkung § 15 Anm. 11; Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 169 Anm. 26; Tipke/Kruse, a.a.O., § 169 Rz. 18; a.A. wohl Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, Stand Juni 1994, § 169 Anm. 44).

    Dies entspricht auch den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 31. Januar 1989 VII R 77/86, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1989, 442 und vom 19. Dezember 2002 IV R 37/01, BStBl II 2003, 385), wonach es für die Anwendung der längeren Festsetzungsfristen grundsätzlich nur darauf ankommt, ob es sich objektiv um hinterzogene oder leichtfertig verkürzte Beträge handelt, nicht darauf, wer dies getan hat (Baum in Koch/Scholtz, Kommentar zur AO, 5. Auflage 1996, § 169 Anm. 25/1).

    Im Streitfall hat der beurkundende Notar … eine fremdnützige leichtfertige Steuerverkürzung hinsichtlich des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 9. Juli 1992 begangen.

    Es kann dabei offen bleiben, ob nicht bereits durch die Nichtabgabe der erforderlichen Anzeige nach § 18 GrEStG unmittelbar nach Abschluss des Vertrages vom 9. Juli 1992, dem in einem Anlagenkonvolut sechs beglaubigte Kopien der Grundbuchauszüge für alle Grundstücke, die zu den Gesellschaften gehören, beigefügt waren, eine leichtfertige Steuerverkürzung seitens des Notars … vorliegt.

    Jedenfalls hat er den objektiven Tatbestand des § 378 Abs. 1 i.V. mit § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 AO verwirklicht, indem er in seinem Antwortschreiben vom 3. Mai 1999 gegenüber dem FA … über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht hat und dadurch bewirkte, dass die Steuer erst verspätet festgesetzt werden konnte. Die von ihm in diesem Schreiben gemachten Tatsachenangaben, wonach die Klin keinen Grundbesitz habe, sondern lediglich bewegliche (…-)Hallen vermiete, war – wie im Übrigen der Notar selbst in seinem Vermerk einräumt – inhaltlich falsch. Diese unrichtige Angabe betraf auch eine steuerlich erhebliche Tatsache, da sie Grund und Höhe des Steueranspruchs gegen die Klin beeinflusste (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, Kommentar, 5. Auflage 2001, § 370 Anm. 123– 130).

    Dieses Fehlverhalten ist dem Notar auch als subjektives Verschulden in Form der Leichtfertigkeit i.S. des § 378 AO vorzuwerfen. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn dem Täter ein erhöhter Grad von Fahrlässigkeit zur Last fällt, der etwa der groben Fahrlässigkeit des Bürgerlichen Rechts entspricht, im Gegensatz dazu aber auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt (BFH-Urteil vom 4. Februar 1987 I R 58/86, BStBl II 1988, 215). Da der Begriff der groben Fahrlässigkeit keinen fest umrissenen Inhalt hat, kommt es für seine Abgrenzung z.B. gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit vornehmlich auf die Umstände des einzelnen Falles an und auf den Blickwinkel, aus dem die Schuld des Täters beurteilt wird. Insbesondere hat sich hierbei das Maß der Vorwerfbarkeit an den individuellen Fähigkeiten des Täters zu orientieren. Zwar dürfen hinsichtlich der zu fordernden Sorgfalt an einen Steuerpflichtigen aufgrund der Kompliziertheit und Undurchsichtigkeit der Steuergesetze keine zu strengen Anforderungen gestellt werden (BFH-Urteil vom 4. Februar 1987 I R 58/86, a.a.O.). Demgegenüber muss aber ein steuerlicher Berater strengeren Anforderungen genügen. Da die Zulassung zur berufsmäßigen Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit in Bezug auf Vorbildung, Ausbildung, Erfahrung und Fähigkeiten an strenge Voraussetzungen geknüpft ist, versteht es sich von selbst, dass der Maßstab für die anzuwendende Sorgfalt bei steuerlichen Beratern in der Regel erheblich höher ist als bei Steuerpflichtigen, die eine entsprechende Ausbildung und Berufserfahrung nicht haben und sich bei der Ausübung ihres Gewerbes oder Berufes nur am Rande und nur in eigener Sache mit steuerrechtlichen Fragen befassen und gerade deshalb auf die Hilfeleistung eines steuerberatenden Fachmannes angewiesen sind (Joecks in Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 378 Anm. 46). Diese Anforderungen gelten auch für den Notar, der Grundstücksgeschäfte beurkundet, hinsichtlich der ihm gegenüber den Finanzbehörden obliegenden Anzeigepflichten. Insoweit kommt ihm aufgrund seiner Ausbildung und Stellung eine dem steuerlichen Berater vergleichbare Position zu; auch er muss sich deshalb höheren Anforderungen stellen.

    Vorliegend war der beurkundende Notar aufgrund seiner Ausbildung und Funktion verpflichtet, die Frage der Grunderwerbsteuerpflicht zu prüfen. Er war damit auch verpflichtet, sich Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen, insbesondere ob die veräußernde Gesellschaft Grundbesitz hatte. Insbesondere hätte er es nicht damit belassen dürfen, dass er „stets gehört habe, dass die Gesellschaft bewegliche (…-) Hallen vermiete”.

    Dies gilt umso mehr dann, wenn – wie im Streitfall – der Notar bereits ausdrücklich vom FA … darauf hingewiesen worden war, dass die veräußernde Firma Grundbesitz hält, weshalb er (der Notar) auch um die Übersendung einer Liste der Grundstücke, die am 1. Januar 1992 im Eigentum der NHG waren, gebeten wurde. Wenn daraufhin dieser so angeschriebene Notar in dem von ihm selbst unterzeichneten Antwortschreiben zunächst darauf hinweist, dass er das Schreiben des FA … erhalten und – was eine Beantwortung voraussetzt – geprüft habe und dann daran anschließend schriftlich ausdrücklich verneint, dass die Gesellschaft, deren Anteile veräußert wurden, Grundbesitz habe, so ist dieses Verhalten in subjektiver Hinsicht nur als schlicht leichtfertig einzustufen.

    Der Senat weist zudem in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass nach ständiger Finanzrechtssprechung die Veräußerung von auf fremdem Grund und Boden errichteten Lagerhallen (Leichtbauhallen) dem Grunde nach ebenfalls einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V. mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG darstellt (BFH-Urteil vom 20. September 2000 II R 60/98, BFH/NV 2001, 581; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 2 Anm. 38). Im Streitfall waren jedoch derartige Lagerhallen nicht Gegenstand des Veräußerungsvorgangs und somit auch nicht bei der Besteuerung der Klin relevant.

    Entgegen der Auffassung der Klin ist im Streitfall auch der sogenannte Rechtswidrigkeitszusammenhang gegeben. Danach muss der Taterfolg gerade auf der Sorgfaltspflichtverletzung beruhen, sich also als Realisierung der in ihr angelegten Gefahr darstellen (Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Anm. 53). Der Rechtswidrigkeitszusammenhang ist deshalb nur dann festgestellt, wenn die hypothetische Frage danach, was geschehen wäre, wenn sich der Täter eines fahrlässigen Erfolgsdelikts in der konkreten Situation pflichtgemäß verhalten hätte, zu der Antwort führt, dass der Eintritt des Taterfolgs dann vermieden worden wäre (Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. Juni 1982 1 Ss 204/82, veröffentlicht in Juris; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. März 2003 VI ZR 161/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 1929– 1931). Für die Begehungsform des Unterlassens nach § 370 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist dabei erforderlich – aber auch ausreichend –, dass der Täter die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch den Steueranspruch konkret gefährdet hat. Nur wenn die rechtzeitige und zutreffende Steuerfestsetzung dagegen aus anderen Gründen unterbleibt, obwohl sie der Finanzbehörde rechtlich und tatsächlich ohne weiteres möglich gewesen wäre, hat der Steuerpflichtige den Steueranspruch nicht konkret gefährdet (Urteil des FG Bremen vom 13. Februar 1990 II 49/86 K, EFG 1991, 510). Im vorliegenden Fall ist die leichtfertige Steuerverkürzung jedoch nicht durch Unterlassen, sondern durch ein aktives Handeln des Notars nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO tatbestandlich begangen worden. Hier setzt der Tatbestand grundsätzlich nur voraus, dass der Täter unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Von der Berücksichtigungsmöglichkeit etwaiger Fehler der Finanzbehörde ist hier nicht die Rede. Dennoch ist auch hier wenigstens die Unkenntnis der Finanzbehörde vom wahren Sachverhalt zu verlangen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 370 AO Anm. 201). Entscheidend ist danach, dass das FA infolge der Verletzung einer Offenbarungspflicht über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen worden ist. Ausreichend ist hierbei bereits, wenn ihr eine entscheidungserhebliche Tatsache nicht bekannt wurde (Wannemacher/Meyer in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Kommentar zur AO, § 370 AO Anm. 33). Nur dann, wenn die Finanzbehörde sämtliche erforderlichen Informationen – auf welchem Wege auch immer – erhalten hat, scheidet die Annahme einer Steuerhinterziehung aus, selbst wenn der Steuerpflichtige seinen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 370 AO Anm. 94). Das FA … hatte im Streitfall jedoch weder Kenntnis über die einzelnen Grundstücke noch über deren Lage, weshalb es gerade diese Informationen vom zuständigen Notar mit Schreiben vom 26. April 1999 anforderte. Nach Auffassung des Senats steht fest, dass dem FA … entgegen der behaupteten Vermutung der Klin auch bewusst war, dass im Streitfall unter Umständen der Eintritt der Festsetzungsverjährung drohte. Hierauf weist bereits der Aktenvermerk hin, der nach dem Hinweis des Betriebsprüfers … gefertigt wurde (Bl. 36 der GrESt-Akten des Bekl). Auch lässt das Erinnerungsschreiben vom 7. Oktober 1999 und insbesondere die am 15. November und am 7. Dezember erfolgte direkte telefonische Kontaktaufnahme mit dem Notariat … (Bl. 42 und 43 der GrESt-Akten des Bekl) nur den Schluss zu, dass das FA unbedingt noch vor Ablauf der regulären Festsetzungsverjährungsfrist die für den Erlass eines Bescheids erforderlichen Informationen von dem anzeigepflichtigen Notar erlangen wollte. Dass der Bekl, nachdem die benötigten Informationen und Unterlagen dem FA … vom beurkundenden Notar am 4. Januar 2000 zugegangen waren, erst am 20. Oktober 2000 den angegriffenen Feststellungsbescheid erlassen hat, durchbricht den Rechtswidrigkeitszusammenhang sonach nicht. Denn bei einem objektiv pflichtgemäßen Verhalten des Notars (zutreffende Beantwortung des Schreibens des FA … vom 26. April 1999) wäre der Eintritt des Taterfolgs durch eine Festsetzung der GrESt noch innerhalb der regulären Verjährungsfrist von vier Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden (vgl. Kohlmann, a.a.O., § 377 AO Anm. 25).

    Der Senat kann danach unentschieden lassen, ob nicht auch noch – nachdem das FA … den Notar mit Schreiben vom 22. Juli 1999 auf die Unrichtigkeit seiner Aussagen im zuvor von ihm gefertigten Schreiben hingewiesen hatte – durch die zögerliche Behandlung der Angelegenheit bis zum 4. Januar 2000 eine leichtfertige Verkürzungshandlung zu sehen ist.

    Da die Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG einem Notar ausschließlich im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse des Fiskus obliegt, haftet ein Notar dem Fiskus auch nicht – wie die Klin meint – für die Folgen der Verletzung dieser Anzeigepflicht (vgl. Urteil des Oberlandesgerichts München vom 10. April 1997 1 U 5533/96, Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (MittBayNot) 1998, 134; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 18 Anm. 29). Im Übrigen geht der Hinweis der Klin, das FA hätte einen derartigen Steuerschaden ohne weiteres durch einen Hinweis an den Notar, dass die Anzeige unverzüglich nachzuholen sei, vermeiden können, bereits deshalb fehl, weil gerade dies das FA … in mehreren Schreiben getan hat.

    Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

    VorschriftenGrEStG § 18 Abs. 2 S. 2, GrEStG § 19 Abs. 1 Nr. 6, AO 1977 § 378, AO 1977 § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, AO 1977 § 169 Abs. 2 S. 2, AO 1977 § 169 Abs. 2 S. 3