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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 22.03.2005 – 11 K 172/03

    Wird vor der Ausfuhr eines Kraftfahrzeugs in das Drittland keine passive Veredelung bewilligt, so dass es sich bei der Wiedereinfuhr nach Durchführung einer Reparatur und einer Routineinspektion im Drittland um eine Nichtgemeinschaftsware handelt, ist für das Fahrzeug insgesamt Zoll zu erheben, wenn die Einfuhrabgabenbefreiung nach Art. 185 Abs. 1, Art. 186 S. 2 ZK i.V.m. Art. 846 ZK-DVO nicht greift, weil bereits allein die Durchführung einer turnusmäßigen Inspektion, die nicht auf einen konkreten Anlass hin erfolgt, die Rückwareneigenschaft des Fahrzeugs entfallen lässt. Auch daneben durchgeführte Reparaturarbeiten können den Verlust der Rückwareneigenschaft nicht heilen.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen Zolleuro

    hat der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2005 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzbericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    I. Der Abgabenbescheid des Beklagten vom 29. Mai 2001, die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 und der Änderungsbescheid vom 26. März 2003 werden aufgehoben, soweit sie die Festsetzung von Zoll betreffen.

    II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss errechneten Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Erhebung von Zoll für einen aus der Schweiz eingeführten Porsche 993.

    Am 26. Mai 2001 erschien der Kläger mit dem auf die Firma A GmbH in R zugelassenen Porsche aus der Schweiz kommend beim Zollamt (ZA) Rielasingen des beklagten Hauptzollamts (HZA). Dabei gab er weder spontan noch auf Nachfrage der Abfertigungsbeamten eine Zollanmeldung ab. Im Verlauf der anschließenden zollrechtlichen Kontrolle stellten diese auf dem Beifahrersitz eine Rechnung der Firma Sportwagen GmbH in der Schweiz (S) vom 25. Mai 2001 über 1.323,30 Schweizer Franken (SFr) fest, aus der her vorging, dass an dem Fahrzeug ein Kundendienst sowie Reparaturarbeiten durchgeführt worden waren.

    Aufgrund dieser Feststellungen setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheid vom 29. Mai 2001 Abgaben für den Pkw in Höhe von insgesamt 15.141,06 DM fest (5.485,89 DM Zoll-Euro und 9.655,17 DM Einfuhrumsatzsteuer –EUSt–). Der Festsetzung lag ein Zollwert in Höhe von 54.858,94 DM zugrunde. Das HZA hatte diesen Wert aus dem Einkaufspreis des Porsche 993 laut Schwacke-Liste in Höhe von 70.000 DM abzüglich eines darin enthaltenen Zollsatzes von 10 % und der EUSt von 16 % errechnet.

    Nachdem der Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 als unbegründet zurückgewiesen worden war, erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. August 2001, eingegangen bei Gericht am 20. August 2001, Klage.

    Im Laufe des vorliegenden Gerichtsverfahrens erließ das HZA einen Steueränderungsbescheid, in dem es die Erhebung der EUSt mit 587,30 EUR neu festsetzte (Bescheid vom 26. März 2003). Den Differenzbetrag zum ursprünglichen Bescheid in Höhe von 4.349,31 EUR erstattete das HZA dem Kläger. Der Neuberechnung lag ein EUSt-Wert in Höhe des Veredellungsentgelts (1.323,30 SFr) zugrunde. Die Festsetzung des zu erhebenden Zollbetrages auf der Grundlage des Fahrzeugwertes blieb unverändert.

    Daraufhin erklärtem beide Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Festsetzung der EUSt übereinstimmend für erledigt. Daraufhin trennte der Senat das Verfahren hinsichtlich der Festsetzung der EUSt ab und entschied mit Beschluss vom 2. Oktober 2003 über die Kosten.

    Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe sich am 25. Mai 2001 zu einem Verwandtenbesuch in der Schweiz aufgehalten. Bei Reiseantritt sei noch nicht geplant gewesen, das Fahrzeug einer Wartung zu unterziehen. In der Schweiz seien jedoch erhebliche Probleme mit der Kupplung aufgetreten, die nur noch ein abruptes und hartes Schalten möglich gemacht hätten. Überdies habe es im Wageninneren stark nach Gummi gerochen. Aus Angst, der Wagen könne stehen bleiben oder die Kupplung insgesamt defekt werden, habe der Kläger seinen Schwager angesprochen, der in oiner Kfz-Werkstatt gearbeitet habe, und ihn gebeten, nach dem Fehler zu sehen. Dabei sei u.a. der Kupplungsgeber ausgewechselt worden. Dies sei aus der Rechnung ersichtlich. Der Schwager habe die Gelegenheit dazu genutzt, anlässlich dieser unaufschiebbaren und notwendigen Reparatur die demnächst anstehende Wartung gleich mitauszuführen.

    Die Festsetzung des Zollbetrags in Höhe von 2.804,89 EUR sei rechtswidrig. Die unterlassene ausdrückliche Zollanmeldung der durchgeführten Reparaturarbeiten führe nicht dazu, dass der Zollwert nach denn Wert des gesamten Pkw ermittelt werde.

    Vorliegend sei die Zollbefreiungsvorschrift des Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a erste Alternative der Zollkodex-Durchführungsverordnung – ZK-DVO – (Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex) einschlägig. Die Reparatur des Pkw in der Schweiz stelle lediglich eine „notwendige Behandlung zur Erhaltung der Ware” dar und habe nicht zum Verlust der Eigenschaft als Rückware i.S.d. Art. 185 des Zollkodex – ZK – (der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften) geführt.

    Die durchgeführten Arbeiten seien zur Erhaltung des Pkws notwendig gewesen, weil ein Schaden an der Kupplung gedroht habe. Zur Vermeidung von Folgeschäden hätten die Reparaturen an der Kupplung durchgeführt werden müssen. Hauptgrund für das Aufsuchen der Werkstatt sei daher der drohende Kupplungsschaden gewesen. Die Inspektionsarbeiten seien nur aufgrund der Anregung des Schwagers des Klägers, Herrn R, vorgenommen worden, um einen sonst notwendigen weiteren Werkstattbesuch für die Inspektion zu vermeiden. Die Gestaltung der Rechnung vom 24. September 1999 stehe dem nicht entgegen. Die Auflistung der Arbeiten an der Kupplung unter der Rechnungsposition „Sonstiges” spreche nicht gegen einen schwerwiegenden Schaden an der Kupplung.

    Für den Fall, dass das Gericht dieser Ansicht nicht folge, trage der Kläger hilfsweise vor, dass die Bemessungsgrundlage für den Zollbetrag bei passiver Veredelung wie bei der EUSt der Wert der Werkleistung sei. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sei kein einleuchtender Grund ersichtlich, die Höhe der Bemessungsgrundlage bei der EUSt und beim Zoll völlig unterschiedlich zu behandeln. Auch der verfassungsrechtlich sowohl auf EU-Ebene als auch im Grundgesetz (GG) garantierte Gleichheitssatz sei dadurch verletzt. Nur wesentlich Ungleiches dürfe auch ungleich behandelt werden. Ein Grund für die genannte Ungleichbehandlung sei hinsichtlich der EUSt und des Zolls nicht ersichtlich. Die fehlende ausdrückliche Anmeldung der passiven Veredelung führe bei den beiden Arten der Einfuhrabgaben zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen.

    Der Anlass der streitgegenständlichen Fahrt in die Schweiz sei ausschließlich privater Natur gewesen. Die Tatsache, dass es sich um einen Pkw im Eigentum der A GmbH gehandelt habe, ändere nichts am ursprünglichen Zweck der Fahrt. Die Einspruchsentscheidung gehe dennoch von einem kommerziellen Charakter der Ausbesserung aus, da es sich um ein Firmenfahrzeug gehandelt habe. Gleichzeitig werde aber der Bescheid nicht gegen den Halter und Eigentümer des Fahrzeugs, die A GmbH, sondern gegen Herrn J gerichtet. Zumindest dies sei ermessensfehlerhaft, auch wenn sich die Zollverwaltung den Abgabenschuldner möglicherweise aussuchen könne. Hier sei ausschließlich in Schädigungsabsicht gehandelt worden, um zu verhindern, dass der Kläger die EUSt als Vorsteuer abziehen könne. Lediglich dem Zufall, dass hier eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliege, sei es zu verdanken, dass der Vorsteuerabzug möglich sei.

    Dem Kläger sei auch keine offensichtliche Fahrlässigkeit i.S.d. Art. 212 a ZK vorzuwerfen. Der Vergleich mit einer Reparatur in einer deutschen Werkstatt könne bezüglich einer Fahrlässigkeit des Klägers keinen Anhaltspunkt liefern. Es sei gerade nicht bekannt, dass bei fehlender Anmeldung von Ausbesserungsarbeiten der Zollbetrag nach dem Verkehrswert des eingeführten Gegenstandes und nicht nach der vorgenommenen Werkleistung gemessen werde. Diese Tatsache sei weder den vom Bevollmächtigten befragten Steuerberatern, Rechtsanwälten, Richtern noch Polizeibeamten bekannt gewesen. Dem Kläger sei allenfalls einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Eine nachträgliche Abgabenbegünstigung gem. Art. 212 a ZK sei daher nicht wegen offensichtlicher Fahrlässigkeit des Klägers ausgeschlossen.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid des beklagten HZA vom 29. Mai 2001 über die Festsetzung von Zoll, die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 und deren Änderungsbescheid vom 26. März 2003 aufzuheben.

    Das HZA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, der Kläger habe für das Fahrzeug eine konkludente Zollanmeldung zur Überführung in den freien Verkehr abgegeben, obwohl die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen seien. Damit gelte das Fahrzeug als vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht mit der Folge der Zollschuldentstehung nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK.

    Bei der Verwirklichung des objektiven steuerrechtlich maßgebenden Tatbestandes komme es auf die rechtlichen Kenntnisse und Vorstellungen des Klägers nicht an. Ob die Verletzung der Bestimmung im Zusammenhang mit der Zollanmeldung tatsächlich wegen der vom Kläger geltend gemachten fehlenden Kenntnis der zollrechtlichen Pflichten erfolgte, sei deshalb für die objektive Entstehung der Zoll- und EUSt-Schuld grundsätzlich ohne Belang.

    Entgegen der Auffassung des Klägers hätten bei der Wiedereinfuhr des Fahrzeugs nach erfolgter Ausbesserung in der Schweiz die Voraussetzungen des Art. 230 Buchstabe c ZK-DVO nicht vorgelegen. Eine Abgabenbefreiung als Rückware i.S.d. Art. 185 ZK habe nämlich nicht gewährt werden können, weil sich das Fahrzeug bei der Wiedereinfuhr nicht mehr im gleichen Zustand wie bei der Ausfuhr befunden habe. Die Ausnahmetatbestände des Art. 846 ZK-DVO seien vorliegend nicht einschlägig. Insbesondere handele es sich bei den durchgeführten und in der Rechnung der Reparaturwerkstatt aufgeführten Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten nicht um notwendige Erhaltungsmaßnahmen i.S.d. Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO. Hiervon seien lediglich einfache? Maßnahmen umfasst, die notwendig seien, um bei ausgeführten Waren die Funktionsfähigkeit zu erhalten oder einen drohenden Verlust abzuwenden wie z. B. Lüften, Trocknen, Konservieren. Routinemäßige Inspektionen fielen gewöhnlich nicht darunter, da diese zum Erhalt der Ware i. d. R. nicht notwendig und zudem aufschiebbar oder voraussehbar seien. Die in der Rechnung aufgelisteten Arbeiten gingen über einfache Erhaltungsmaßnahmen hinaus.

    Die Inspektionsarbeiten und die Behebung der Fahrzeugmängel seien auch nicht aufgrund eines nach der Ausfuhr in die Schweiz eingetretenen unvorhergesehenen Ereignisses erforderlich geworden. Dies habe der Kläger erst nachträglich im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht. In seiner Einspruchsbegründung vom 6. Juni 2001 habe der Kläger vielmehr darauf abgestellt, dass es sich um eine Routineinspektion gehandelt habe, die nur aufgrund verwandtschaftlicher Rücksichtnahme in der Schweiz erfolgt sei. Auch aus der Aufmachung der Reparaturrechnung gehe eindeutig hervor, dass der Werkstatt der Auftrag zur Durchführung einer 60.000 km-Inspektion, zum Wechsel der Bremsflüssigkeit und zum Ersetzen eines Nebellampenglases erteilt worden sei. Der Hauptzweck der Auftragserteilung könne somit offensichtlich nicht der nachträglich geltend gemachte angeblich schwerwiegende Mangel am Kupplungssystem gewesen sein. Dieser sei nämlich als Auftragsgrund gar nicht erwähnt worden. Lediglich versteckt unter „Sonstiges” könne der Rechnung entnommen werden, dass überhaupt Arbeiten am Kupplungssystem durchgeführt worden seien. Selbst wenn man einen derartigen Defekt als zutreffend unterstellte, ließen die Ausnahmebestimmungen des Art. 846 Abs. 1 Buchstabe b Abs. 2 und 3 ZK-DVO lediglich die Behebung solcher Funktionsmängel oder Schäden zu, die den weiteren bestimmungsgemäßen Gebrauch des Fahrzeugs ermöglichen, insbesondere die Sicherstellung der Verkehrssicherheit. Über die notwendige Beseitigung des eingetretenen Mangels hinausgehende Arbeiten seien aber nicht abgedeckt und führten zum Verlust der Rückwareneigenschaft. Es handele sich deshalb bei den durchgeführten Arbeiten um Ausbesserungsarbeiten, die nur im Rahmen einer bewilligten passiven Veredelung abgabenbegünstigt gewesen wären.

    Aufgrund der kommerziellen Verwendung des streitgegenständlichen Fahrzeugs als Firmenwagen komme auch die vereinfachte Bewilligung der Ausbesserung nach Art. 761 ZK-DVO in der bis 30. Juni 2001 gültigen Fassung nicht in Betracht. Abgesehen davon hätte diese Vereinfachung ohnehin die ordnungsgemäße Anmeldung des Pkw zur Überführung in den freien Verkehr vorausgesetzt, die jedoch gerade nicht erfolgt sei. Das Fehlen der Bewilligung sei aber nicht heilbar. Die rückwirkende Bewilligung einer kommerziellen Ausbesserung sei in den Bestimmungen des ZK in der bis 30. Juni 2001 gültigen Fassung nicht vorgesehen. Aufgrund der fehlenden Bewilligung komme eine Abgabenbegünstigung in Form der Berechnung des Zollbetrages ausgehend von den Ausbesserungskosten nicht in Betracht.

    Da die Grundvoraussetzungen für die Durchführung des Zollverfahrens der passiven Veredelung von vornherein nicht erfüllt gewesen seien, scheide auch die nachträgliche Gewährung der Abgabenbegünstigung nach Art. 212 a ZK aus. Abgesehen davon komme die Anwendung dieser Vorschrift nur in Betracht, sofern im Verhalten des Klägers weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit gelegen habe. Wenn die in der Rechnung enthaltenen Arbeiten in einer deutschen Werkstatt durchgeführt worden wären, hätten die Leistungen unstrittig der inländischen Umsatzsteuer (USt) unterleger. Dieser Sachverhalt dürfe als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Deshalb könne der Kläger nicht ernsthaft behaupten, ihm sei nicht klar gewesen, dass derartige Leistungen, wenn sie in einem Drittland ausgeführt werden, bei der Wiedereinfuhr ohne abgabenrechtliche Folgen bleiben könnten. Somit müsse sich der Kläger zumindest offensichtlich fahrlässiges Verhalten vorwerfen lassen.

    Waren seien grundsätzlich mit dem Eintritt in das Zollgebiet der Gemeinschaft in dieses verbracht und unterlägen ab diesem Zeitpunkt der zollamtlichen Überwachung. Die verbrachten Waren seien im Anschluss an das Verbringen zu gestellen und einer zollrechtlichen Bestimmung wie z.B. der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zuzuführen. Anders als bei der vom Kläger ins Feld geführten Inlandsbesteuerung sei also für die Erhebung von Zoll und EUSt nicht der entgeltliche Leistungsaustausch i.S.d. § 3 UStG, sondern lediglich der tatsächliche Einfuhrvorgang maßgebend. Allerdings sei nach § 11 Abs. 2 die EUSt auch im Falle der Zollschuldentstehung durch vorschriftswidriges Verbringen ausgehend vom Veredelungsentgelt zu berechnen. Dem trage der Steueränderungsbescheid vom 26. März 2003 Rechnung.

    Soweit sich der Kläger gegen seine Inanspruchnahme als Abgabenschuldner wende, weise es darauf hin, dass allein dieser das streitbefangene Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht habe. Weitere Personen seien an dem vorschriftswidrigen Verbringen nicht beteiligt gewesen. Auf die tatsächlichen bürgerlichrechtlichen Eigentumsverhältnisse komme es dabei nicht an. Allein die Tatsache, dass die Firma A GmbH Auftraggeberin für die fragliche Einfuhr gewesen sei, begründe noch keine Inanspruchnahme als Zollschuldner nach Art. 202 Abs. 3 2. oder 3. Anstrich ZK. Es müsse vielmehr seitens der Zollbehörde nachgewiesen werden, dass die weiteren Personen entweder am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt waren oder die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben. In beiden Fällen müssten jedoch zusätzliche subjektive Voraussetzungen erfüllt sein, die die Finanzbehörde bei der in Anspruchnahme ebenfalls schlüssig darzulegen habe. Im ersten Fall müssten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die A GmbH schuldhaft am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt gewesen sei, indem sie den Kläger als Verbringer zu seinem Handeln veranlasst bzw. in irgendeiner Form unterstützt oder gefördert habe und dabei vom vorschriftswidrigen Handeln des Klägers wusste bzw. vernünftigerweise hätte wissen müssen. Dieses Wissen bzw. „Wissen-Müssen” vom vorschriftswidrigen Verbringen werde auch im zweiten Fall (Erwerb oder Besitz der betreffenden Waren) vorausgesetzt.

    Zwar sei der Kläger Geschäftsführer der A GmbH, dessen ggf. schuldhaftes Verhalten sich dieses Unternehmen u. U. zurechnen lassen müsse. Das Verbringen der Waren ins Zollgebiet stelle jedoch einen Real-Akt dar, der Stellvertretung ausschließe. Unabhängig davon müsse seitens der Finanzbehörde zweifelsfrei dargelegt werden, inwieweit die A GmbH als weiterer Zollschuldner die subjektiven Tatbestandsmerkmale des Art. 202 Abs. 3 2. bzw. 3. Anstrich ZK erfüllt hat. Der Kläger habe jedoch wiederholt das Vorliegen dieses subjektiven Elements massiv bestritten, sodass keine Veranlassung bestehe, die A GmbH unter diesen Gesichtspunkten in Anspruch zu nehmen. Demgegenüber hätten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Klägers eindeutig vorgelegen, da diese nur an die objektive Verwirklichung des steuerlichen Tatbestandes anknüpften. Somit sei vorliegend keine Ermessensentscheidung bezüglich der Auswahl unter mehreren in Frage kommenden Zollschuldner zu treffen gewesen, da die Anhaltspunkte für die in Anspruchnahme von weiteren Zollschuldnern nach Aktenlage nicht ausreichten. Im Übrigen könne nach der neuesten Rechtsprechung des sächsischen Finanzgerichts die Ermessensausübung innerhalb der Verjährungsfrist des Art. 221 Abs. 3 ZK jederzeit nachgeholt werden. § 102 Satz 2 FGO stehe dem nicht entgegen.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    Am 22. März 2005 wurde die Sache mündlich verhandelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte der Prozessvertreter des Klägers, dieser sei seit 1992 Alleingesellschafter der Firma. Zum fraglichen Zeitpunkt habe jedoch noch der Vater des Klägers, Herr A J, die Geschäftsführung innegehabt. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

    Gründe

    I.

    Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abgabenbescheid des Beklagten vom 29. Mai 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. März 2003 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie sind daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

    Die Abgabenfestsetzung ist zwar hinsichtlich der Abgabenentstehung und der Höhe der festgesetzten Abgaben grundsätzlich nicht zu beanstanden, sie ist jedoch ermessensfehlerhaft.

    1.) Mit der Ausfuhr des Pkw in die Schweiz hat dieser seinen zollrechtlichen Status als Gemeinschaftsware verloren (Art. 4 Nr. 8 ZK). Daher musste das Fahrzeug nach Art. 48 ZK bei der Wiedereinfuhr eine zulässige zollrechtliche Bestimmung erhalten. Im vorliegenden Fall war dies die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr (Art. 4 Nr. 15 Buchstabe a i. V m. Nr. 16 Buchstabe a ZK). Voraussetzung hierfür ist die Anmeldung zu dem betreffenden Zollverfahren (Art. 59 Abs. 1 ZK).

    Der Kläger hat das Fahrzeug jedoch weder gem. Art. 61 ZK ausdrücklich angemeldet noch lagen die Voraussetzungen für eine konkludente Abgabe einer Zollanmeldung vor.

    Nach Art. 233 Abs. 1 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich ZK-DVO kann die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung in den Fällen der Art. 230 bis 232 ZK-DVO ausnahmsweise auch durch Passieren einer Zollstelle abgegeben werden, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor.

    Von den geregelten Ausnahmen käme lediglich Art. 230 Buchstabe c ZK-DVO in Betracht. Danach kann für Beförderungsmittel eine konkludente Zollanmeldung abgegeben werden, wenn diese als Rückwaren abgabenfrei sind. Nach Art. 185 Abs. 1 ZK werden Gemeinschaftswaren auf Antrag des Beteiligten von den Einfuhrabgaben befreit, soweit sie aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt worden sind und innerhalb von drei Jahren wieder in dieses Zollgebiet eingeführt und in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden. Diese Befreiung wird jedoch nur gewährt, wenn die Waren sich bei der Wiedereinfuhr im gleichen Zustand wie bei der Ausfuhr befinden (Art. 186 Satz 1 ZK). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sowohl eine Inspektion als auch Reparaturmaßnahmen an dem Fahrzeug durchgeführt worden waren. Zwar werden nach Art. 186 Satz 2 ZK i.V.m. Art. 846 ZK-DVO für die dort geregelten Fälle Ausnahmen zugelassen. Eine solche Ausnahme kommt vorliegend jedoch nicht in Betracht.

    Nach Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO sind Waren, die nach ihrer Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft lediglich den zu ihrer Erhaltung notwendigen Behandlungen unterzogen worden sind oder solchen, die allein der Änderung ihres Aussehens dienen, von den Abgaben befreit. Was im Einzelnen unter Erhaltungsaufwendung im Sinne der Vorschrift zu verstehen ist, geht aus dem Wortlaut nicht hervor. Beide Alternativen sind jedoch restriktiv auszulegen, da sie abweichend vom Grundsatz der Abgabenentstehung ausnahmsweise zur Befreiung von den Abgaben führen. Andernfalls würde das Prinzip des Wirtschaftszolls unterlaufen, nach dem bei internationalen Handelsbeziehungen als Preisbildungsfaktoren regulierend Wirtschaftszölle erhoben werden, um Wettbewerbsunterschiede auszugleichen. Daher ist bei Veredelungsmaßnahmen, die außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaften an Waren – auch aus der Europäischen Gemeinschaft – durchgeführt werden, grundsätzlich von einer Abgabenentstehung auszugeben. Die Abgaben entstehen dabei entweder durch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nach Bewilligung des Verfahrens der passiven Veredelung oder – bei Maßnahmen außerhalb dieses Verfahrens – durch vorschriftswidriges Verbringen.

    Bei den Erhaltungsbehandlungen handelt es sich um einfache Maßnahmen, mit denen die Funktionsfähigkeit erhalten oder ein drohender Verlust abgewendet werden soll (Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Auflage, Art. 186 Tz. 2). Zu diesem Zweck muss die Maßnahme notwendig sein.

    Von der Notwendigkeit der Maßnahme ist im Fall einer Inspektion zumindest dann nicht auszugehen, wenn es sich um eine turnusmäßige Inspektion handelt, die nicht auf einen konkreten Anlass hin erfolgt ist. Hierfür spricht, dass sie in der Regel aufschiebbar oder voraussehbar und eben nicht notwendig sind. Sie erfolgt üblicherweise nicht, um einen drohenden Verlust abzuwenden, sondern allenfalls, um prophylaktisch durch Ölwechsel, Wechsel von Verschleißteilen oder Ähnlichem einem hypothetisch möglichen Verlust vorzubeugen (a. A. Kampf in Witte, Zollkodex, 3. Aufl., Art. 186 Tz. 3, der die Inspektion für einen Musterfall des Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO hält; a. A. auch Zimmermann in Dorsch, Zollrecht, 3. Aufl., Rz. 12, der auch prophylaktische Maßnahmen als dem Erhalt dienend ansieht).

    Diese einschränkende Voraussetzung der Notwendigkeit hat der Verordnungsgeber bewusst aus der Vorgängervorschrift übernommen, dem vor Inkrafttreten des Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO gültigen Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 der VO (EWG) Nr. 754/76 des Rates vom 25. März 1976 über die zollrechtliche Behandlung von Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft zurückkehren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 1976 089/1 – RückwarenVO –). Dieser lautete:

    „Die Art. 3, 4 und 5 finden keine Anwendung auf Waren, die einer nicht lediglich zu ihrer Erhaltung notwendigen Behandlung unterzogen worden sind…”

    Auch diese Vorschrift stellte somit als Voraussetzung für die Abgabenbegünstigung auf die Notwendigkeit der Erhaltungsbehandlung ab. Die Intention des Verordnungsgebers im Hinblick auf diese einschränkende Regelung ergibt sich auch aus den der RückwarenVO vorangestellten Erwägungen zum Erlass der Verordnung. Dort heißt es :

    „… Die vollständige oder teilweise Befreiung von Eingangsabgaben für in das Zollgebiet der Gemeinschar zurückkehrende Waren ist nur dann gerechtfertigt, wenn es sich tatsächlich um die ursprünglich ausgeführten Waren handelt und diese außerhalb der Gemeinschaft, abgesehen von begründeten Ausnahmen, nur den zu ihrer Erhaltung erforderlichen Behandlungen unterzogen worden sind. …”

    Das Gleiche ergibt sich aus der englischen und französische Fassung des Verordnungstextes in Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a) ZK-DVO. Im französischen Verordnungstext heißt es:

    „a) marchandises, qui …n'ont fait l'objet que de traitements nécessaires à leur mainien en bon état de conservation ou de manipulations modifiant leur seule présentation; …”

    Die englische Fassung lautet:

    „a) goods which, …,have received no treatment other than that necessary to maintain them in good condition or handling which alters their appearance only. …”

    Sowohl der französische Begriff „necessaire” als auch der englische Begriff „necessary” werden mit dem deutschen Wort „notwendig” übersetzt, das auch im deutschen Verordnungstext verwendet wird. „Notwendig” bedeutet „unbedingt nötig, unerlässlich, … zwangsläufig und unvermeidbar” („Das Deutsche Wörterbuch”, Kauerverlag). Dies ist bei einer Routine-Inspektion regelmäßig nicht der Fall. Dies gilt um so mehr, als der Kläger nicht einmal geltend macht, dass das übliche Intervall zwischen den Inspektionen erreicht oder gar überschritten war. Vielmehr sollte ein sonst notwendiger weiterer Werkstattbesuch vermieden werden.

    Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Inspektion ausnahmsweise zur Erhaltung des Fahrzeugs notwendig ist, zum Beispiel aus Anlass von Anzeichen eines möglichen Defekts, der jedoch nicht konkret bestimmbar ist. Aber auch in diesem Fall könnten nicht sämtliche Inspektionsmaßnahmen als solche anerkannt werden, die zur Erhaltung notwendig sind. Allenfalls diejenigen, die erforderlich sind, um einen möglichen Schaden zu entdecken, wären als notwendig im Sinne des Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO anzusehen. Eine Routine-Inspektion erfüllt diese Anforderungen nicht (so im Ergebnis auch Schwarz/Wockenfoth, a.a.O.).

    Der Kläger hat keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich eine Notwendigkeit der Inspektion ergeben könnte. Die von Ihm geltend gemachten Probleme mit der Kupplung machten eine derart umfangreiche Inspektion jedenfalls nicht notwendig. Hierfür spricht auch der Klägervortrag, nachdem der Schwager des Klägers „bei dieser Gelegenheit” die demnächst anstehenden Wartungsarbeiten gleich mit ausgeführt habe. Ein Zusammenhang mit dem vorgetragenen Kupplungsschaden bestand nicht.

    Bei den am Fahrzeug vorgenommenen Maßnahmen handelt es sich auch nicht um solche, die allein der Änderung seines Aussehens dienen (Art. 846 Abs. 1 Buchstabe a 2. Alternative ZK-DVO). Darunter fallen nämlich lediglich einfachste Maßnahmen wie das Säubern oder Polieren eines Fahrzeugs (Kampf in Witte, a.a.O., Tz. 3).

    Auch eine Ausnahme nach Art. 846 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO kommt nicht in Betracht. Danach sind abweichend von Art. 186 ZK auch solche Rückwaren von den Einfuhrabgaben befreit, die sich als schadhaft oder für die vorgesehene Verwendung ungeeignet erwiesen haben, soweit diese Waren entweder ausschließlich zum Zweck der Ausbesserung oder Instandsetzung behandelt worden sind oder erst nach Beginn der genannten Behandlung festgestellt worden ist, dass sie für die vorgesehene Verwendung ungeeignet sind.

    Zwar wurden dem Klägenvertrag zufolge die Arbeiten an der Kupplung zum Zweck der Ausbesserung bzw. Instandsetzung vorgenommen, jedoch fehlt es an der Ausschließlichkeit. Durch die Durchführung der Inspektion am Fahrzeug ging die Behandlung nämlich deutlich über den Zweck der Ausbesserung oder Instandsetzung hinaus. Auf die Frage, ob der vom Kläger geltend gemachte Kupplungsschaden erst in der Schweiz aufgetreten ist und nur aus diesem Anlass die Inspektionsmaßnahmen durchgeführt wurden, kommt es daher nicht mehr an, da schon allein die Durchführung der Inspektion die Rückwareneigenschaft des Fahrzeugs entfallen lässt. Selbst wenn, wie vom Kläger vorgetragen, die Arbeiten an der Kupplung Ausbesserungs- oder Instandsetzungsarbeiten gewesen wären, könnte dies den Verlust der Rückwareneigenschaft nicht heilen (s.o.).

    Da somit die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 ZK-DVO nicht erfüllt waren, durfte der Kläger keine konkludente Willensäußerung i.S.d. Art. 233 als Zollanmeldung abgeben. Gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO gilt das Fahrzeug somit als vorschriftswidrig verbracht.

    2.) Die Höhe des angeforderten Zollbetrages ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

    a) Anders als der Kläger meint, ist vorliegend für das Fahrzeug insgesamt Zoll zu erheben, da es sich bei dem Porsche bei der Einfuhr um eine Nichtgemeinschaftsware handelte (s.o.). Art. 153 ZK, nach dem bei der Festsetzung des Zollbetrags der Wert der Reparaturleistung zugrunde zu legen ist, greift nicht. Zwar handelt es sich bei den am Fahrzeug vorgenommenen Maßnahmen um typische Veredelungsvorgänge im Sinne des Art. 145 Abs. 3 Buchstabe b i.V.m. Art. 114 Abs. 2 Buchstabe c ZK. Eine Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Abgaben im passiven Veredelungsverkehr nach Art. 145 Abs. 1 ZK kann jedoch nur dann gewählt werden, wenn die passive Veredelung vor der Ausfuhr der Ware bewilligt worden ist (Art. 85 i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Buchstabe b 5. Gedankenstrich ZK). Die Bewilligung wird jedoch grundsätzlich nur auf Antrag erteilt. Daran fehlt es vorliegend. Der Kläger hat weder ausdrücklich die Erteilung einer Bewilligung beantragt, noch greift die Fiktion des Art. 761 Abs. 1 S. 1 ZK-DVO in der bis 30. Juni 2001 gültigen Fassung. Nach dieser Vorschrift gilt auf Antrag des Anmelders die Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zugleich als Bewilligungsantrag soweit es sich um eine Ausbesserung ohne kommerziellen Charakter handelt. Der Kläger hat jedoch weder eine Zollanmeldung abgegeben noch einen solchen Antrag gestellt.

    b) Der Kläger kann sich auch nicht auf Art. 212 a ZK berufen. Danach findet eine zolltarifliche Begünstigung, die Zollfreiheit oder die teilweise Abgabenbefreiung u.a. auch in den Fällen einer Zollschuldentstehung nach Art. 202 Anwendung, sofern im Verhalten des Beteiligten weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit liegt, und dieser nachweist, dass die übrigen Voraussetzungen für die Begünstigung, die Zollfreiheit oder die teilweise Abgabenbefreiung erfüllt sind. Hieran fehlt es jedoch. Der Kläger hat nämlich licht nachgewiesen, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden ist.

    3.) Der Abgabenbescheid ist jedoch ermessensfehlerhaft. Das HZA hatte bei der Festsetzung der Abgaben eine Ermessensentscheidung zu treffen, weil – entgegen seiner Ansicht – neben dem Kläger auch die Halterin des Fahrzeugs, die A GmbH, Zollschuldnerin geworden ist.

    a) Der Kläger ist nach Art. 202 Abs. 3 1. Gedankenstrich ZK Zollschuldner der Abgaben, da er das Fahrzeug persönlich vorschriftswidrig in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht hat.

    Daneben ist die A GmbH nach Art. 202 Abs. 3 dritter Gedankenstrich ZK weitere Zollschuldnerin geworden. Nach dieser Vorschrift ist auch die Person Zollschuldner, die die Ware erworben oder in Besitz gehabt hat, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden war. Dabei ist unter dem Begriff der Person nicht nur eine natürliche Person, sondern auch eine juristische Person zu verstehen (Art. 4 Nr. 1 ZK). Unzweifelhaft hatte die A GmbH Besitz an dem Fahrzeug.

    Den Verantwortlichen einer Firma wie der A GmbH musste zudem bekannt sein, dass Dienst- oder Werkleistungen, die außerhalb des Gebiets der Europäischen Gemeinschaften durchgeführt werden, abgabenrechtliche Folgen haben. Dies gilt um so mehr als die Firma ihrem Sitz in der Nähe zur Schweizer Grenze hat. Es war ihr daher insbesondere zuzumuten, im Falle des Nichtwissens entsprechende Erkundigungen einzuholen. Selbst, wenn man der A GmbH das Wissen des Klägers nicht zurechnet, musste sie schon aufgrund der Tatsache, dass trotz der auf Rechnung der Firma erfolgten Reparatur des Fahrzeugs keine Abgaben angefordert wurden, wissen, dass eine ordnungsgemäße zollrechtliche Abfertigung der Ware nicht erfolgt war.

    Damit ist die A GmbH ebenfalls Zollschuldnerin.

    b) Da das Gemeinschaftsrecht außer der Regelung, dass mehrere Zollschuldner ein und derselben Zollschuld gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet sind (Art. 213 ZK), keine näheren Maßgaben trifft, sind insoweit die Regelungen des nationalen Abgabenrechts (§ 44 der Abgabenordnung – AO 1977 –) anzuwenden, die ihrerseits wiederum an § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) angelehnt sind. Im Unterschied zu § 421 BGB steht allerdings im Abgabenrecht als Teil des öffentlichen Rechts die Entscheidung, welcher von zwei grundsätzlich gleichrangigen Schuldnern in Anspruch genommen werden soll, nicht im freien Belieben des Gläubigers, sondern im pflichtgemäßen (Auswahl-)Ermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO 1977 gelten. Der einzelne Zollschuldner kann deshalb nur aufgrund einer Ermessensentscheidung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Tatbestandsverwirklichung in Anspruch genommen werden (BFH Beschluss vom 12. Juli 1999 VII B 2/99, BFH/NV 2000, 99–102, HFR 2000, 2, 126–127 und ZfZ 1999, 379–381; FG Bremen, Beschluss vom 6. Juni 1997 2 970 14 K 2, ZfZ 1997, 352).

    Die Ermessensentscheidung ist nach § 102 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen lässt, muss die Ermessensentscheidung spätestens in der Einspruchsentscheidung begründet werden; andernfalls ist sie im Regelfall fehlerhaft (ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt Urteil vom 20. Juli 2004 VII R 20/02, BFH/NV 2005, 318, DStR 2005, 106).

    Das beklagte HZA hat – da es vom Kläger als einzigem Zollschuldner ausging – weder im ursprünglichen Bescheid, noch in der Einspruchsentscheidung oder dem Änderungsbescheid das ihm obliegende Ermessen ausgeübt (Ermessensunterschreitung). In Anbetracht der Tatsache, dass es in keiner der genannten Entscheidungen auch nur die Möglichkeit des Bestehens eines weiteren Zollschuldners erwähnt hat, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob die Ermessensentscheidung in irgendeiner Form vorgeprägt gewesen sein könnte.

    Soweit sich das HZA darauf beruft, die Ermessensausübung könne grundsätzlich innerhalb der Verjährungsfrist des Art. 221 Abs. 3 ZK nachgeholt werden, kann das die Rechtswidrigkeit nicht entfallen lassen. Die Möglichkeit, im Rahmen eines neuen Bescheides die fehlende Ermessensausübung nachzuholen, ändert nichts an der Rechtswidrigkeit der vorliegenden Bescheide.

    4.) Da der nach den vorstehenden Ausführungen rechtswidrige Abgabenänderungsbescheid den Kläger in seinem Recht verletzt, nur aufgrund ermessensfehlerfreier Entscheidung als Abgabenschuldner in Anspruch genommen zu werden, ist er vom Finanzgericht aufzuheben (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

    Das HZA ist allerdings nicht daran gehindert, unter Vermeidung des für die Aufhebung des Bescheides ursächlichen Ermessensfehlers erneut zu entscheiden. Der Ablauf der Festsetzungsverjährung ist gegenüber dem Kläger insoweit gemäß Art. 221 Abs. 3 ZK gehemmt. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass eine Inanspruchnahme der A GmbH im Hinblick auf die Festsetzungsfrist wohl nicht mehr in Betracht kommen dürfte. Eine erneute Inanspruchnahme des Klägers erscheint daher nicht ausgeschlossen.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 1 FGO.

    III.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 151 Abs. 3 FGO.

    IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Zulassungsgründe vorliegt.

    Beschluss


    Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

    Die Klägerseite beantragte mit der Klagebegründung, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 S. 3 FGO).

    Rechtsmittelbelehrung


    Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde nicht gegeben.

    VorschriftenZK Art. 185, ZK Art. 186 S. 2, ZK Art. 85, ZK Art. 84 Abs. 1 Buchst. b, ZK Art. 153, ZK Art. 145 Abs. 3 Buchst. b, ZK Art. 145 Abs. 1, ZK Art. 114 Abs. 2 Buchst. c, ZKDV Art. 846 Abs. 1 Buchst. a, ZKDV Art. 846 Abs. 1 Buchst. b

    Karrierechancen

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