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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 29.07.2003 – 13 K 5360/99

    Der Teil des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der den erforderlichen und üblichen Umfang übersteigt, wird mit Wegfall der Nutzungswertbesteuerung steuerpflichtig entnommen, wenn er nicht zur Verwendung als betriebliche Nutzfläche bestimmt ist.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen Einkommensteuer 1993, 1994

    hat der 13. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2003

    für Recht erkannt:

    1. Unter Änderung des geänderten Einkommensteuerbescheids 1993 vom 15.5.1995 und des geänderten Einkommensteuerbescheids 1994 vom 2.6.1998, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.1999, werden die Einkommensteuer 1993 nach einem zu versteuernden Einkommen vom 174.339 DM und die Einkommensteuer 1994 auf 0 DM festgesetzt.

    2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    I.

    Der ledige Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs in …. Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

    Das Wohnhaus des Klägers befindet sich im nördlichen Teil des an der … straße liegenden Grundstücks Flurstück-Nr. 2008 der Gemarkung …. Die überbaute Fläche des Wohngebäudes mit Umgriff beträgt 240 m², die Hoffläche 96 m² und der Gemüsegarten 96 m² (zusammen 432 m²). Die restliche Fläche des Grundstücks Flurstück-Nr. 2008 wurde landwirtschaftlich genutzt. Das daneben liegende Grundstück Flurstück-Nr. 2010 der Gemarkung … hat eine Fläche von insgesamt 3.793 m². Der alte Obstgarten auf dem Grundstück wurde 1991 gerodet, planiert und ein Rasengemisch angesät. Es wurden Ziersträucher als Einfassung gepflanzt und 1992 ein Biotop mit Pflanzen angelegt. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. 2010 befindet sich außerdem ein Fahrsilo mit einer Fläche von 544 m².

    In seiner Einkommensteuererklärung 1992 vom 30.5.1994 (Anlage L), beim Finanzamt am 1.6.1994 eingegangen, beantragte der Kläger unwiderruflich ab 1.1.1993 den Nutzungswert der eigengenutzten, zum Betriebsvermögen gehörenden Wohnung nicht mehr zu besteuern. Mit Begleitschreiben zur Einkommensteuererklärung 1992, datiert vom 16.5.1994, beantragte er das „landwirtschaftlich genutzte Wohnhaus mit dem dazugehörigen Hausgarten” laut beigefügtem Lageplan (eine Teilfläche des Grundstücks Flurstück-Nr. 2008 und das Grundstück Flurstück-Nr. 2010 mit Ausnahme der Fläche für das Fahrsilo) gemäß § 52 Abs. 15 EStG steuerfrei in das Privatvermögen zu überführen. Auf den Inhalt dieses Schreibens samt beigefügtem Lageplan wird verwiesen (Akte „Dauerunterlagen”). In dem „steuerlichen Abschluss 92/93” wies er den gemäß § 52 Abs. 15 EStG steuerfreien Abgang des Wohnhauses mit dem seiner Meinung nach dazugehörigen Grund und Boden aus.

    In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1992 vom 29.6.1994 und dem gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten und endgültigen Einkommensteuerbescheid 1992 vom 15.5.1997 setzte der Beklagte (Finanzamt) die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ohne Bodenentnahmegewinn an. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden vom 10.4.1995 und 14.2.1996 setzte das Finanzamt unter Ansatz der erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Einkommensteuer 1993 und 1994 jeweils auf 0 DM fest. Nach einer am 12.8. und 13.8.1996 durchgeführten, die Zeiträume 1992– 1994 erfassenden Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden (432 m²) zum 1.1.1993 steuerfrei entnommen worden seien. Eine Grundstücksfläche des Grundstücks Flurstück-Nr. 2010 von 3.249 m² (3.793 m² ./. 544 m² mit Fahrsilo überbaute Fläche) sei im Wirtschaftsjahr 1993/1994 entnommen worden und habe zu einem Entnahmegewinn in Höhe von 823.350 DM geführt (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 19.3.1997, insbesondere Tz. 1.4b und 1.8b). Das Finanzamt übernahm die Feststellungen des Prüfers und erließ am 15.5.1997 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994. Den geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 änderte das Finanzamt am 2.6.1998 gemäß § 10d EStG.

    Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 legte der Kläger Einspruch ein. Nach Einigung mit dem Finanzamt, dass neben dem Wohnhaus ein Hausgarten entlang der … straße mit einer Größe von 1.000 m² auf dem Grundstück Flurstück-Nr. 2010 steuerfrei ins Privatvermögen übergeht, widerrief der Kläger mit Schreiben vom 27.10.1998 seinen Antrag auf Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zum 1.1.1993; er erklärte die steuerfreie Entnahme zum 1.1.1994. Mit Einspruchsentscheidung vom 26.11.1999 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1993 auf 70.201 DM und die Einkommensteuer 1994 auf 63.364 DM fest. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, dass auf dem Grundstück Flurstück-Nr. 2008 eine Fläche von 432 m² (mit Wohnhaus überbaute Fläche, Hoffläche und Gemüsegarten) und auf dem Grundstück Flurstück-Nr. 2010 eine Gartenfläche von 1.000 m² steuerfrei gemäß § 52 Nr. 15 EStG zum 1.1.1994 entnommen worden sei. Eine Teilfläche von 2.249 m² des Grundstücks Flurstück-Nr. 2010 (3.793 m² ./. mit einem Fahrsilo bebaute Fläche von 544 m² ./. 1.000 m² Garten) sei zum 1.1.994 steuerpflichtig entnommen worden:

    Entnahme von 2.249 m² × 150 DM =337.350 DM
    abzüglich Buchwert EMZ 1.170 × 8 =9.360 DM
    Gewinn327.990 DM


    Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen folgendes vor:

    Die streitbefangene Grundstücksfläche mit 2.249 m² sei im Zeitpunkt der Beendigung der Nutzungswertbesteuerung als Gartenland genutzt worden. Sie sei deshalb zur eigengenutzten Wohnung „dazugehörender Grund und Boden” und dadurch gemäß § 52 Abs. 15 Satz 6 und 7 EStG steuerfrei entnommen worden. Die Nutzung als Gartenland habe nicht nur kurzfristig, sondern viele Jahre bestanden und dauere bis heute an. Die Umwandlung von einem Obstgarten zur Rasenfläche mit Teich und Ziersträuchern sei keine Nutzungsänderung von landwirtschaftlicher Nutzfläche zu Gartenland, das der Wohnung zuzurechnen sei, sondern nur eine Veränderung innerhalb des vorher und nachher zur Wohnung gehörenden Gartenlandes. Die streitbefangene Fläche sei bis heute nicht bebaut und auch nicht als Bauland veräußert worden, sondern werde immer noch als Gartenland genutzt. Aber selbst, wenn ein Teil des Gartenlandes nicht dem „dazugehörendem Grund und Boden” zuzurechnen wäre, hätte die Beendigung der Nutzungswertbesteuerung jedenfalls nicht zur Folge, dass die überschießende Fläche kraft Gesetzes steuerpflichtig entnommen sei. Die Begrenzung der steuerfreien Entnahme könne nur in der Weise geschehen, dass der eine bestimmte Grenze übersteigende Teil der Gartenfläche Betriebsvermögen bleibe. Mit Sinn und Zweck der Steuerbefreiung sei nicht vereinbar, die Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung zum Anlass zu nehmen, Entnahmegewinne zu besteuern. In der Ausbuchung der Gartenfläche sei kein Entnahmewille und keine Entnahmehandlung zu erblicken. Befinde sich der Steuerpflichtige hinsichtlich des Umfanges der Entnahme in einem Rechtsirrtum, habe er insbesondere mehr ausgebucht als entnommen, sei dieser Fehler durch eine Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 EStG zu korrigieren. Sei die Nutzungswertbesteuerung bereits zum 1.1.1993 beendet worden, könne im Übrigen die angenommene steuerpflichtige Entnahme nicht in das Wirtschaftsjahr 1993/94 gelegt werden.

    Der Kläger beantragt,

    den Gewinn des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs für das Wirtschaftsjahr 1993/94 um den Bodenentnahmegewinn in Höhe von 327.990 DM zu mindern und die Einkommensteuer 1993 und 1994 entsprechend herabzusetzen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung trägt das Finanzamt im Wesentlichen vor, die Steuerpflicht sei deswegen ausgelöst worden, weil eine Fläche von 3.249 m² nicht ortsüblich sei. Die ortsübliche Zubehörfläche betrage im Streitfall 1.000 m². Auf der Entnahmefläche Flurstück-Nr. 2010 befinde sich weder der landwirtschaftliche Betrieb noch das Wohnhaus des Klägers. Das Grundstück sei ein selbständiges verkehrsfähiges Wirtschaftsgut. Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers befinde sich auf der Flurstück-Nr. 2008. Nicht entscheidungserheblich sei, ob andere Landwirte bei sonst gleichen Bedingungen einen vergleichbar großen Garten einrichten und unterhalten würden. Maßgebend seien die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten im Ort. Die Fläche von 3.249 m² sprenge den Rahmen des Ortsüblichen bezogen auf den Ort. Bei einer Sachverhaltsaufklärung durch die betriebsnahe Veranlagungsstelle sei bei den in der Ortschaft … befindlichen Betrieben im Zusammenhang mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung folgende Größe des Gartens ermittelt worden:

    Zeitpunkt der Entnahmesteuerfreie Entnahme
    1.1.19871.238 m² (davon 300 m² Wohnhaus)
    1.1.19881.101 m² (davon 196 m² Wohnhaus und Garage)
    1.1.1991374 m² (inkl. Wohnhaus)
    1.1.1991780 m² (inkl. Wohnhaus)
    1.1.19971.064 m² (davon 132 m² Wohnhaus)
    1.1.1998408 m² (inkl. Wohnhaus)
    1.1.19991.484 m² (davon 659 m² Wohnhaus und Garage).


    Gründe

    II.

    Die Klage ist teilweise begründet.

    Nur im Streitjahr 1993, nicht aber im Streitjahr 1994 ist ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn im Zusammenhang mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zu berücksichtigen.

    1. Im Streitfall gehörte der Nutzungswert der Wohnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG a. F.) zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Die Vorschrift war letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 anzuwenden (§ 52 Abs. 15 Satz 2 EStG a.F.). Der Steuerpflichtige konnte jedoch für einen Veranlagungszeitraum nach dem Veranlagungsjahr 1986 beantragen, dass § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a. F. ab diesem Veranlagungszeitraum nicht mehr angewendet wird (§ 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F.). In diesem Fall gelten die Wohnung des Steuerpflichtigen sowie der dazugehörende Grund und Boden zu dem Zeitpunkt als entnommen, bis zu dem § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. letztmals anzuwenden war (§ 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a. F.). Der Entnahmegewinn blieb außer Ansatz (§ 52 Abs. 15 Satz 7 EStG a. F.).

    Im Streitfall galt mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung der Wohnung zum 1.1.1993 in der Einkommensteuererklärung 1992 das Wohnhaus des Klägers sowie der dazugehörende Grund und Boden als steuerfrei entnommen.

    Der Kläger konnte seinen Antrag auf Wegfall der Nutzungswertbesteuerung nicht mehr mit der Folge widerrufen, dass die Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden erst als später entnommen gilt. Der Antrag auf Wegfall der Nutzungswertbesteuerung ist unwiderruflich (§ 52 Abs. 15 EStG a. F.). Er wird als Willenserklärung entsprechend § 130 BGB mit dem Zugang beim Finanzamt wirksam. Von diesem Zeitpunkt an ist er unwiderruflich und kann auch durch Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht wieder beseitigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 17.1.1995 IX R 37/91, BStBl II 1995, 410 und 15.10.1996 IX R 10/95, BStBl II 1997, 178 zu dem entsprechenden Antrag nach § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG a.F.).

    Nach der von der Verwaltung getroffenen Übergangsregelung kann zwar der Steuerpflichtige bei noch nicht bestandskräftiger und endgültiger Veranlagung aus Billigkeitsgründen einen vor dem 17.2.1997 gestellten Antrag auf Wegfall der Nutzungswertbesteuerung widerrufen (vgl. BMF-Schreiben vom 4.6.1997, BStBl I 1997, 630 unter Nr. 9 und OFD-München vom 19.3.1998, ESt-Kartei OFD-München § 13 Karte 11.9 unter Nr. 9). Im Streitfall war jedoch die Einkommensteuer 1992 bereits bestandskräftig und endgültig, als der Kläger am 27.10.1998 seinen Antrag widerrief. Die Übergangsregelung der Verwaltung ist zudem als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift von den Gerichten nicht anzuwenden. Eine etwaige dadurch entstehende Verletzung des Gleichheitssatzes gegenüber dem Steuerpflichtigen kann die Verwaltung nur durch eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO ausgleichen (vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., 1. Kap., § 5 Tz. 25). Im Streitfall käme aber soweit ersichtlich auch eine Billigkeitsmaßnahme nicht in Betracht, da ein wirksamer Widerruf des Antrags dem Kläger keinen Vorteil gebracht hätte.

    2. a) Mit dem Wohnhaus wurde der dazugehörende Grund und Boden zum 31.12.1992 steuerfrei entnommen (§ 52 Abs. 15 Satz 8 EStG a.F.). Dieser Grund und Boden ist zwar nicht auf die bebaute Fläche beschränkt. Es besteht aber auch kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, den Umfang selbst zu bestimmen. Nach der Rechtsprechung des BFH bemisst sich der Umfang des dazugehörigen Grund und Bodens nicht allein nach dem vor der Entnahme bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Wohnhaus, sondern auch nach der für die künftige Wohnungsnutzung vorgesehenen Zweckbestimmung dieser Fläche. Der zu einer Wohnung gehörende Grund und Boden umfasst nur die für die künftige private Nutzung erforderlichen und nach den örtlichen Verhältnisse üblichen Zubehörflächen (vgl. BFH-Urteile vom 24.10.1995 IV R 43/95, BStBl II 1997, 50; 26.9.2001 IV R 22/00, BStBl II 2001, 762 und 26.9.2001 IV R 31/00, BStBl II 2002, 815; vgl. auch BMF-Schreiben vom 4.6.1997, BStBl I 1997, 630 unter Nr. 4). Maßgebend sind die tatsächlichen und örtlichen Verhältnisse im Entnahmezeitpunkt und die zukünftige mögliche Nutzung (BFH-Urteil, BStBl II 2001, 762). Die Verwaltungsanweisungen (BMF-Schreiben vom 4.6.1997, BStBl I 1997, 630) sehen in Anlehnung an die bewertungsrechtlichen Regelungen vor, dass ein Hausgarten bis zur Größe von 1.000 m² zu den Hof- und Gebäudeflächen zählt. Es handelt sich hierbei um eine Nichtbeanstandungsgrenze, nicht aber um eine Regelung, die einen Anspruch auf steuerfreie Entnahme weiterer 1.000 m² Grund und Bodens neben der mit der Wohnung bebauten Fläche begründet (vgl. BFH, BStBl II 1997, 50 s. auch Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Abschn. A, Rdz. 171 fff.).

    Abgesehen davon, dass eine Zubehörfläche von insgesamt 3.249 m² die in den Verwaltungsanweisungen enthaltene Aufgriffsgrenze von 1.000 m² weit überschreitet, ist die Fläche nach den Ermittlungen des Finanzamts (vgl. Schriftsatz vom 12.2.2003) nicht mehr als üblich in der Gemeinde … anzusehen. Sie übersteigt den erforderlichen und ortsüblichen Umfang des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens. Gegen die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Fläche von 2.249 m² für die künftige private Nutzung der Wohnung spricht auch, dass die streitbefangene Fläche nicht zum Hofgrundstück (Flurstück-Nr. 2008), sondern zu einem gesonderten Grundstück (Flurstück-Nr. 2010) gehört, das von einer Straße erschlossen ist. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist die Wohnungsnutzung nicht eingeschränkt, wenn die Teilfläche nicht zur Wohnung gehört. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass ein möglicher Erwerber, der nur das Wohngebäude erwerben möchte, dieses Gebäude nicht ohne die streitbefangene Gartenfläche erwerben würde.

    b) Der Teil des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der den erforderlichen und üblichen Umfang übersteigt, wird nach Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 13.1.1998, BStBl I 1998, 129), der sich der Senat anschließt, mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung steuerpflichtig entnommen, auch wenn weiterhin – wie im Streitfall – ein einheitlicher Nutzungs – und Funktionszusammenhang mit der Wohnung besteht (vgl. auch Kanzler, FR 2000, 1053, Anm. zum BFH-Urteil vom 18.5.2000 IV R 84/99, FR 2000, 1051). Durch den Wegfall der Nutzungswertbesteuerung ergibt sich nämlich ein Übergang von der bis dahin fiktiven betrieblichen zur privaten Nutzung (a.M. FG-Baden Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 19.2.2001 4 K 156/00, EFG 2001, 1204). Eine Zwangsentnahme liegt nur dann nicht vor, wenn die Fläche weiterhin zum (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen gehört (vgl. BFH-Urteil vom 23.01.2003 IV R 64/01, BFH/NV 2003, 904 unter 2. a,). Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der Steuerpflichtige ausdrücklich erklärt, dass sie nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zur Verwendung als betriebliche Nutzfläche (z. B. Acker, Grünland) bestimmt ist und wenn mit dieser Nutzung innerhalb einer angemessenen Frist nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung tatsächlich begonnen wird (so BMF-Schreiben vom 13.1.1998, BStBl I 1998, 129). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass die streitbefangene Fläche bis in die Gegenwart und auch weiterhin nicht landwirtschaftlich, sondern privat als Gartenland genutzt wird. Die Grundstücksfläche stellt notwendiges Privatvermögen dar, da sie aufgrund ihrer tatsächlichen und auch in Zukunft beabsichtigten Nutzung für eine landwirtschaftliche Nutzung auf Dauer ausgeschlossen ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.7.1994 IV R 80/92, BFH/NV 1995, 288).

    Der der Höhe nach unstreitige steuerpflichtige Entnahmegewinn von 327.990 DM entfällt gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG zur Hälfte (163.995 DM) auf den Veranlagungszeitraum 1993. Anders als Veräußerungsgewinne sind Entnahmegewinne nicht allein dem Gewinn des Kalenderjahres hinzuzurechnen, in dem sie entstanden sind (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG), da Entnahmegewinne zu den laufenden Gewinnen zählen (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 22. Aufl., § 4a, Rdz. 21 mit weiteren Hinweisen). Eine Bindung an die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung 1992, bei dem ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn außer Ansatz blieb, besteht nicht (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1990 IV R 129/89, BStBl II 1991,356).

    Nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung bereits zum 1.1.1993 kann der vom Finanzamt mit der Einspruchsentscheidung berücksichtigte Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung (vom 1.1.1993– 31.12.1993 in Höhe von 4.800 DM) nicht mehr angesetzt werden. Es entfällt aber auch der Abzug der damit zusammenhängenden vom Finanzamt auf 400 DM geschätzten Schuldzinsen als Betriebsaufgaben im Wirtschaftsjahr 1993/1994. Dies gilt auch für den gewährten Abzug einer dauernden Last hinsichtlich des Nutzungswert der der Mutter des Klägers überlassenen Wohnung als Sonderausgabe in Höhe von 960 DM bei der Einkommensteuer 1993.

    3. Der Gewinn des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft berechnet sich danach wie folgt:

    Gewinn Wirtschaftsjahr 1992/1993 laut Einspruchsentscheidung7.040 DM
    ./. Mietwert der Wohnung2.400 DM
    + Entnahmegewinn327.990 DM
    332.630 DM
    Gewinn Wirtschaftsjahr 1993/1994 laut Einspruchsentscheidung347.096 DM
    ./. Mietwert der Wohnung2.400 DM
    + Schuldzinsen400 DM
    ./. Entnahmegewinn327.990 DM
    17.106 DM


    Verteilung der Gewinn der Wirtschaftsjahre auf die Kalenderjahre

    Gewinn WirtschaftsjahrKalenderjahr
    19931994
    1992/1993332.630 DM166.315 DM
    1993/199417.106 DM8.553 DM8.553 DM
    1994/19951.219 DM609 DM
    174.868 DM9.162 DM


    Bei der Berechnung der Einkommensteuer 1993 ist von Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 174.868 DM und von um 960 DM gekürzten Sonderausgaben auszugehen; bei der Berechnung der Einkommensteuer 1994 sind Einkünfte aus Landwirtschaft in Höhe von 9.192 DM anzusetzen. Die Berechnung der Einkommensteuer 1993 wird dem Finanzamt aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    VorschriftenEStG a.F. § 13 Abs. 2 Nr. 2, EStG a.F. § 52 Abs. 15