08.01.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 07.05.2003 – 2 K 6585/02
1) Bei Versäumung der Antragsfrist für die Vorsteuervergütung regeln sich die Rechtsfolgen nicht nach § 109 AO 1977, sondern nach den spezielleren Vorschriften des UStG, hier nach § 18 Abs. 9 UStG und §§ 59 ff. UStDV.
2) Die unterschiedliche Behandlung von EU-Ausländern und Inländern verstößt wegen Unterschiedlichkeit der Lebenssachverhalte nicht gegen Art. 12 und Art. 43 EG Vertrag.
3) Eine US-amerikanische Gesellschaft kann sich nur über Art. 24 DBA USA auf Gleichbehandlung mit einem Deutschen in gleicher Situation berufen. Eine Vorlage an den EuGH ist jedoch versperrt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist für die Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes – Umsatzsteuergesetz – zu gewähren ist.
Die Klägerin ist ein amerikanisches Unternehmen, welches seit Jahren am Vorsteuervergütungsverfahren teilnimmt.
Am 3. August 2001 ging beim Beklagten der Antrag auf Vorsteuervergütung für den Vergütungszeitraum Oktober bis Dezember 2000 ein, mit dem die Klägerin einen Vergütungsbetrag von 2.136.062,89 DM geltend machte. Der Antrag war unter dem Datum 25. Juli 2001 unterschrieben. Ihm waren ordnungsgemäße Anlagen beigefügt. Die deutsche Tochtergesellschaft der Klägerin bestätigte bereits unter dem 30.01.2001, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen der so genannten Null-Regelung unterworfen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag mit allen Anlagen Bezug genommen.
Der Beklagte lehnte die Vergütung der Vorsteuer mit Bescheid vom 28. Dezember 2001 ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Antrag nicht innerhalb der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG gestellt worden sei. Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestünden nicht.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch, mit dem sie außerdem eine Verlängerung der Ausschlussfrist gemäß § 109 der Abgabenordnung – AO – und hilfsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO beantragte.
Mit dem Einspruch führte die Klägerin aus, dass der Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer am 2. August 2001 an den Beklagten verschickt worden sei. Ursache der verspäteten Versendung sei, dass wegen einer langfristigen Erkrankung des zuständigen Sachbearbeiters, eine neue Sachbearbeiterin diesen Bereich habe übernehmen müssen. Der fertiggestellte Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für das vierte Quartal 2000 habe bei der Klägerin bereits Anfang Juni 2001 vorgelegen. Es habe aber die alle zwölf Monate von der amerikanischen Bundessteuerbehörde – Internal Revenue Service / IRS – auszustellende Unternehmerbescheinigung gefehlt. Die neue Unternehmerbescheinigung sei trotz Anforderung durch die Klägerin am 23. April 2001 vom IRS erst am 10. Juli 2001 ausgestellt und dann nach Deutschland verschickt worden. Die neue Sachbearbeiterin habe einen vollständigen Antrag beim Beklagten einreichen wollen, um für alle Beteiligten Mehrarbeit zu vermeiden. Dabei sei übersehen worden, dass es besser gewesen wäre, fristwahrend vor dem 30. Juni 2001 einen unvollständigen Antrag einzureichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben mit allen Anlagen verwiesen.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 12. November 2002 als unbegründet zurück. Dabei wies er – wie bereits in vorangegangenen Erörterungsschreiben – darauf hin, dass die Frist nach § 18 Abs. 9 UStG eine nicht verlängerungsfähige Ausschlussfrist sei.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnte der Beklagte ab. Er vertrat die Auffassung, dass die Frist schuldhaft versäumt worden sei. Die Klägerin nehme seit Jahren am Vorsteuervergütungsverfahren teil. Die Ausschlussfrist sei ihr durch unübersehbare Hinweise auf den vorangegangenen Bescheiden bekannt gewesen. Bei Einsatz einer neuen Mitarbeiterin für diesen Bereich hätte es die allgemein erwartbare Sorgfaltspflicht erforderlich gemacht, die neue Mitarbeiterin entsprechend zu unterweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Sie vertritt zunächst die Auffassung, dass die Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 UStG eine verlängerbare Frist im Sinne des § 109 AO sei. Das ergebe sich bereits daraus, dass der Antrag auf Vorsteuervergütung eine Steuererklärung im Sinne des § 150 Abs. 1 AO sei. Für diese gelte § 109 AO.
In diesem Sinne sei auch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu verstehen. Der BFH habe die Revisionen gegen die Urteile des erkennenden Senats zu § 61 Abs. 1 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDV – zugelassen und damit deutlich gemacht, dass er den Revisionen stattgeben wolle. Dabei sei zu beachten, dass § 61 Abs. 1 UStDV mit der hier einschlägigen Vorschrift in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG wörtlich übereinstimme.
Selbst wenn man die Auffassung verträte, dass bei einer Versäumung der Antragsfrist nur eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand infrage komme, sei der Klage stattzugeben.
Die Versäumung der Antragsfrist beruhe im Streitfall darauf, dass die Unternehmerbescheinigung des IRS erst am 10. Juli 2001 ausgestellt und an die Klägerin versandt worden sei. Bei der Unternehmerbescheinigung handele es sich – nach Überzeugung der Klägerin – um eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Vergütung der Vorsteuerbeträge im Vergütungsverfahren. Deshalb sei die Klägerin verpflichtet gewesen, eine gültige Unternehmerbescheinigung innerhalb der Antragsfrist von sechs Monaten vorzulegen. Mit dieser Auffassung befinde sich die Klägerin in Übereinstimmung mit der von der Finanzverwaltung herausgegebenen Anleitung zum Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer, in dem – unstreitig – ausdrücklich ausgeführt sei: „Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Staates, in dem der Unternehmer ansässig ist, im Original beizufügen. „Diese Anleitung entspreche der Regelung in Art. 3b, 4 und 7 sowie in Anhang C Buchstabe G. der 8. EG-Richtlinie (EWG) Nr. 79/1072 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 8. EG-Richtlinie –, wo ebenfalls ausgeführt sei, dass dem Antrag eine „Unternehmer”-Bescheinigung beizufügen sei, soweit der Behörde nicht eine Bescheinigung vorliege, die noch nicht älter als ein Jahr sei. Die Regelungen der 8. EG-Richtlinie seien über die Verweisung in Art. 3 der 13. EG-Richtlinie 86/560/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 13. EG-Richtlinie – auch für die Klägerin als Angehörige eines Nicht-EG-Staates anwendbar.
Die Unternehmerbescheinigung sei mit dem Antrag am 3.8.2001 beim Beklagten vorgelegt worden. Dieser habe deshalb die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne Antrag von Amts wegen gewähren müssen, weil die Klägerin schuldlos an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei, innerhalb der Monatsfrist des § 110 AO die fristgebundene Handlung nachgeholt habe und dies für den Beklagten offenkundig gewesen sei.
Die Klägerin sei schuldlos an der fristgerechten Antragstellung gehindert gewesen, weil sie hinreichend früh den Antrag auf Ausstellung einer neuen Unternehmerbescheinigung gestellt habe und die Verzögerung beim IRS außerhalb ihres Verantwortungsbereiches liege.
Sie habe auch binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses – Fehlen der Unternehmerbescheinigung – den Antrag auf Vorsteuervergütung gestellt.
Eine Begründung für die Wiedereinsetzung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Ursache für die Versäumung der Antragsfrist, die verspätete Ausstellung der Unternehmerbescheinigung durch den IRS infolge der Beifügung der Bescheinigung offenkundig und glaubhaft gemacht gewesen sei. So sei insbesondere aus den Akten des Beklagten ersichtlich gewesen, dass die alte Unternehmerbescheinigung im April 2001 abgelaufen sei. In Anbetracht des Datums der Unternehmerbescheinigung hätte eine verzögerte Ausstellung durch den IRS nahe gelegen. Zumindest habe der Beklagte bei dieser Ausgangslage im Rahmen der Amtsermittlungspflicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist bei der Klägerin die weiteren Ursachen für die verspätete Abgabe ermitteln müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Klagebegründungsschriftsatz vom 10. März 2003 verwiesen.
Im übrigen seien die Regelungen über die Antragsfrist in § 18 Abs. 9 UStG und in den einschlägigen Vorschriften der 8. und 13. EG-Richtlinie wegen Verstoßes gegen Art. 12 des EG-Vertrages unwirksam.
Die kurze Antragsfrist im Vergütungsverfahren diskriminiere Ausländer gegenüber Inländern, die eine Vorsteuervergütung im Rahmen der allgemeinen Festsetzungsverjährungsfristen geltend machen könnten. Eine derartige Diskriminierung sei nach Art. 12 des EG-Vertrages verboten.
Obwohl die Klägerin als amerikanische Gesellschaft nicht Mitglied eines EG-Staates sei, gelte das allgemeine Diskriminierungsverbot auch für sie.
Letztlich sieht die Klägerin in den Verfahrensvorschriften für das Vorsteuervergütungsverfahren einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob die Beifügung der Original-Unternehmerbescheinigung materiellrechtliche Voraussetzung des Vergütungsantrages seiund im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Vergütungsbescheides vom 28. Dezember 2001 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. November 2002 den Beklagten zu verpflichten, sachlich über den Vergütungsantrag vom 25. Juli 2001 zu entscheiden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass eine Festsetzung der beantragten Vergütung wegen Versäumung der Antragsfrist nicht in Betracht komme.
Eine Verlängerung der Frist nach § 109 AO komme wegen des Charakters der Frist als Ausschlussfrist nicht in Betracht. Dies ergebe sich insbesondere auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben durch die 8. EG-Richtlinie. Eine mögliche Rechtsprechungsänderung des BFH zu § 61 UStDV spiele für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Rolle, da die hier einschlägige Norm § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG sei.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei aus den Gründen, die in der Einspruchsentscheidung dargelegt wurden, nicht zu gewähren. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehe, dass die neue Sachbearbeiterin davon ausgegangen sei, dass der Antrag nur zusammen mit der Unternehmerbescheinigung eingereicht werden könne, sei die Wiedereinsetzung nicht auszusprechen gewesen, weil der Antrag auf Wiedereinsetzung und die Begründung des Antrages erst im Januar 2002 erfolgt seien. Die Monatsfrist für den Wiedereinsetzungsantrag sei aber – selbst bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Klägerin – im August 2001 abgelaufen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Antragsfrist für den Beklagten auch nicht erkennbar gewesen. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen sei daher nicht auszusprechen gewesen. Die Tatsache, dass die Unternehmerbescheinigung auf den 10. Juli 2001 datiert war, ließ nach Auffassung des Beklagten nicht den Schluss zu, dass die verspätete Antragstellung unverschuldet war. Auch die übrigen von der Klägerin vorgebrachten Gründe seien für den Beklagten innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht erkennbar gewesen.
Die mit dem Klagebegründungsschriftsatz vorgetragenen weiteren Sachverhalte seien als verspätetes Vorbringen unbeachtlich. Hilfsweise verweist der Beklagte darauf, dass das Vorbringen der Klägerin widersprüchlich sei und auch nicht festgestellt werden könne, dass die Frist ohne Verschulden versäumt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 9. April 2003 verwiesen.
Hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Aspekte bzgl. des Diskriminierungsverbotes in Art. 12 EG-Vertrag und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vertritt der Beklagte die Auffassung, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nicht vorliege, da es sich um ein spezielles Verfahren handele, welches nur zur Vergütung von Vorsteuern führen könne und an dem nur Ausländer teilnehmen könnten. Demgegenüber unterlägen Inländer der vollen Umsatzbesteuerung. Es fehle an der Vergleichbarkeit der Verfahren.
Einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sieht der Beklagte nicht.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Vergütungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
1. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Begehren auf Festsetzung einer Vorsteuervergütung ausgeschlossen ist, weil sie den Antrag auf Festsetzung der Vorsteuervergütung nicht innerhalb der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG gestellt hat.
Nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist.
Das maßgebliche Kalenderjahr ist im Streitfall das Jahr 2000. Betroffener Vergütungszeitraum ist das vierte Quartal 2000. Die Umsatzsteuer dieses Zeitraums entstand nach § 16 UStG spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres.
Die Antragsfrist für Umsatzsteuervergütungen, die im Kalenderjahr 2000 entstandene Umsatzsteuern betreffen, endete mit Ablauf des 30.6.2001. Die Klägerin hat innerhalb der Antragsfrist unstreitig keinen Antrag auf Vorsteuervergütung gestellt.
2. Das führt zum Ausschluss des Vergütungsanspruches.
Es handelt sich bei der Frist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG um eine Ausschlussfrist, also eine Handlungsfrist, die für die Wahrnehmung eines Rechts durch die Beteiligten gesetzlich bestimmt ist und an deren Versäumung die Rechtsfolge geknüpft ist, dass der Beteiligte mit seinem Recht ausgeschlossen wird (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 21.10.1999 V R 76/98, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 214 m.w.N.).
Eine Verlängerung der Ausschlussfrist nach § 109 AO ist ausgeschlossen.
§ 109 AO, findet auf die Vergütungsanträge nach § 18 Abs. 9 UStG keine Anwendung, da die spezielleren Verfahrensvorschriften in § 18 Abs. 9 UStG und §§ 59 ff. UStDV der allgemeinen Regelung in § 109 AO vorgehen (BFH a.a.O.; Tipke/Kruse Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung – AO/ FGO –, § 109 AO Rdnr. 3). Das entspricht auch der herrschenden Auffassung zu anderen Formen von Antragsveranlagungen (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 109 AO Rdnr. 10) und ergibt sich im übrigen auch daraus, dass in Artikel 7 Abs. 1 Satz 4 der 8. EG-Richtlinie, zu deren Umsetzung § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG geschaffen wurde, ausdrücklich geregelt ist, dass der Erstattungsantrag spätestens 6 Monate nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer fällig geworden ist, an die zuständige Behörde zu stellen ist. Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des auf der 8. EG-Richtlinie beruhenden deutschen Umsatzsteuerrechtes ist die Möglichkeit einer Fristverlängerung auszuschließen (BFH a. a. O, S. 216 a. E.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Bundesfinanzhof in einer Reihe von Verfahren, in denen die Frage der Ausschlusswirkung nach § 61 Abs. 1 UStDV a. F. Streitgegenstand war, die Revision gegen Entscheidungen des erkennenden Senates zugelassen hat.
Es stellt sich in diesen Verfahren die Frage einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage für die Regelung der Ausschlussfrist in einer Rechtsverordnung, daneben teilweise die Bedeutung einer langjährigen Praxis des Beklagten und von Abschnitt 243 Abs. 5 der UStR 1992, der eine Verlängerung der Ausschlussfrist nach § 109 AO für möglich ansah (vgl. z. B. die Entscheidung des erkennenden Senats vom 24. Mai 2000 2 K 3748/97, EFG 2002, 1003). Für den Rechtszustand im Streitjahr bestehen infolge der gesicherten Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Bundesfinanzhofs keine Zweifel an der Ausschlusswirkung des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG und der Unanwendbarkeit des § 109 AO auf diese Ausschlussfrist. Folgerichtig hat der Bundesfinanzhof keine Revision gegen auf § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG gestützte Entscheidungen des Senats zugelassen.
3. § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG verstößt auch nicht gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft.
a) § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist zunächst nicht wegen Verstoßes gegen den EG-Vertrag unwirksam oder aufzuheben (vgl. hinsichtlich der Wirkung des EG-Rechts BFH-Urteil vom 12. Oktober 2000 III R 35/95, BStBl II 2001, 499).
Weder § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG noch Artikel 7 Abs. 1 Satz 4 der 8. EG-Richtlinie verstoßen gegen den EG-Vertrag. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das so genannte Diskriminierungsverbot vor. Dies gilt hinsichtlich des allgemeinen (Art. 12 EG-Vertrag) und des speziellen Diskriminierungsverbotes (Artikel 43 des EG Vertrages).
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH –, dass eine Diskriminierung nur dann vorliegen kann, wenn unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird (vgl. EuGH-Urteil vom 11. Juni 1998 Rs C 361/96, Umsatzsteuerrundschau – UR – 1998, 309 m. w. N.). Danach liegt im Streitfall keine Diskriminierung vor.
Die Ungleichbehandlung der Klägerin hat ihre Ursache in einer Unterschiedlichkeit der Lebenssachverhalte. Während der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Unternehmer unter das allgemeine Besteuerungsverfahren nach den §§ 16, 18 UStG fällt und damit eine Totalbesteuerung des Unternehmens erfolgt bzw. erfolgen soll, ist für den ausländischen Unternehmer, der dem allgemeinen Besteuerungsverfahren nicht unterfällt, das Vorsteuervergütungsverfahren als ausschließlich auf die Vergütung von Umsatzsteuer angelegtes Sonderverfahren vorgesehen. Eine unterschiedliche Behandlung von Inlandsunternehmern und Auslandsunternehmern ist daher sachlich gerechtfertigt.
Der Ausländer ist dadurch nicht sachwidrig benachteiligt. Er ist vielmehr privilegiert, da er zwischen einfachem Vergütungsverfahren und Regelbesteuerung durch Ausübung eines Umsatzes wählen kann.
Im Übrigen muss die sechsmonatige Ausschlussfrist für die Stellung des Antrages im Zusammenhang mit Artikel 7 Abs. 4 der 8. EG-Richtlinie gesehen werden, wonach der Bescheid über die Erstattungsanträge ebenfalls binnen sechs Monaten zugestellt werden muss. Das Ziel der beiden Sechsmonatsfristen liegt damit in der Gestaltung eines einheitlichen, auf rasche Erstattung ausgelegten Verfahrens in ganz Europa. Dies ergibt sich auch eindeutig aus den Begründungserwägungen der 8. EG-Richtlinie.
Noch klarer ist die Privilegierung bei den Angehörigen von Drittstaaten wie der Klägerin. Während Art. 8 alte Fassung der 8. EG-Richtlinie vorsah, dass es den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft freistehe, Steuerpflichtige, die nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässig sind, von der Erstattung auszuschließen oder die Erstattung von besonderen Bedingungen abhängig zu machen, stellt die Rechtslage, wie sie durch die 13 EG-Richtlinie geschaffen wurde, gegenüber dem vorherigen Rechtszustand eine ausschließliche Verbesserung dar, da die Angehörigen der Drittstaaten weitgehend am günstigen System für EG-Angehörige teilnehmen.
b) Die Ausschlussfristbestimmungen in Artikel 7 Abs. 1 Satz 4 der 8. EG-Richtlinie i. V. m. Art. 3 Abs. 2 der 13. EG-Richtlinie und in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG stellen auch keinen Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 19. September 2000 Rs C 177 /99, C 181/99, Umsatzsteuerrundschau – UR – 2000, 474) und des BFH (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 30. November 2000 V R 30/ 00, UR 2001, 70) gehört der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Daher kann die Gültigkeit von Handlungen der Gemeinschaftsorgane an diesem allgemeinen Rechtsgrundsatz gemessen werden. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob die streitbefangenen Entscheidungen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten konkreten Zieles erforderlich und geeignet waren und bei umsatzsteuerlichen Fragen die Ziele und Grundsätze der 6. EG-Richtlinie nicht mehr als erforderlich beeinträchtigt werden.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist danach nicht verletzt.
Dass die Fristregelung der 13. EG-Richtlinie erforderlich war, ergibt sich aus dem gemeinschaftsrechtlich keinesfalls zu missbilligenden Grundsatz, dass Angehörige von Drittstaaten nicht besser gestellt werden dürfen als EG-Angehörige.
Eine Beeinträchtigung der Ziele der 6. EG-Richtlinie liegt im Streitfall offensichtlich nicht vor, da das Erstattungsverfahren nach der 8. und 13. EG-Richtlinie den Vorgaben in Artikel 17 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie entspricht. Wie bereits dargelegt, setzt § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG nur die Vorgabe der 8. EG-Richtlinie um.
c) Eine Verpflichtung zur Vorlage der Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof entsprechend Art. 234 des EG-Vertrages besteht für den erkennenden Senat nicht.
Zunächst kann sich die Klägerin als in den USA gegründetes und domizilierendes Rechtssubjekt nicht unmittelbar auf den EG-Vertrag berufen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Juli 2001 I B 157/00, BFH NV 2002, 34 zu einem Schweizer Unternehmen). Sie kann sich nur über Art. 24 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika – DBA USA – gegenüber den deutschen Steuerbehörden und Gerichten darauf berufen, dass sie einen Anspruch darauf hat, wie ein Deutscher in gleicher Situation besteuert zu werden (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. h aa. i.V.m. Art. 24 Absätze 1 und 6 DBA USA). Damit kann sie sich zwar ggf. mittelbar auf den EG-Vertrag berufen. Dies eröffnet aber keine Möglichkeit der Vorlage an den EuGH. Wie sich aus Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag ergibt, sind im übrigen nur letztinstanzliche Gerichte zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet, wenn entscheidungserhebliche Fragen zur Auslegung des EG-Recht anstehen.
4. Der Beklagte hat der Klägerin auch zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist dem Steuerpflichtigen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei ist eine Fristversäumnis als entschuldigt anzusehen, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 AO Rdnr. 8 und 9 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
a) Wiedereinsetzung auf Antrag
Eine Wiedereinsetzung auf Antrag war im vorliegenden Verfahren nicht zu gewähren.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist nach § 110 Abs. 2 Satz 1 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.
Ein derartiger Antrag innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ist hier nicht gestellt worden.
Es kann dahinstehen welches Ereignis den Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO darstellt. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass das Hindernis zur Abgabe des Vergütungsantrages erst mit Zusendung der Unternehmerbescheinigung durch den IRS entfallen ist, musste ein fristgerechter Wiedereinsetzungsantrag im August 2001 gestellt werden. Unstreitig ist im August 2001 nur der Antrag auf Vorsteuervergütung beim Beklagten eingegangen.
b) Wiedereinsetzung ohne Antrag
Der Klägerin ist auch nicht Wiedereinsetzung ohne Antrag nach § 110 Abs. 2 Satz 4 AO zu gewähren.
Nach § 110 Abs. 2 Satz 4 AO kann dann, wenn die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt worden ist, Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
Auch soweit danach ein Wiedereinsetzungsantrag nicht erforderlich ist, sind die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs innerhalb der Antragsfrist vorzutragen (ständige Rechtsprechung des BFH, Nachweise bei BFH, BStBl II 2000, 214, 216).
Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Beschluss vom 28.1.2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823; BFH-Urteil vom 20.6.1996 X R 90/93, BFH/NV 1997, 40; BFH-Urteil vom 12.5.1992 VII R 38/91, BFH/NV 1993, 6) und der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. die Nachweise in BFH/NV 2000, 823), dass derjenige, der einen Antrag auf Wiedereinsetzung stellt, innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO diejenigen Umstände darlegen muss, aus denen sich ergibt, dass ihn hinsichtlich der Versäumung der Rechtsbehelfsfrist kein Verschulden trifft. Verlangt wird, ohne dass die Finanzbehörde dazu auffordern müsste, der fristgerechte eigene Vortrag von Wiedereinsetzungsgründen, d. h. eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller für die Frage der Wiedereinsetzung entscheidungserheblichen Tatsachen. Nur wenn der „Kern” des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes fristgerecht und schlüssig vorgetragen worden ist, können lediglich unklare oder unvollständige Angaben nachträglich erläutert oder ergänzt werden. Ist das nicht der Fall, handelt es sich bei dem späteren Vorbringen um unzulässige nachgeschobene Gründe.
Danach ist im vorliegenden Fall keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Beklagte konnte innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht erkennen, ob die Versäumung der Antragsfrist schuldlos oder schuldhaft erfolgt war. Auch wenn ersichtlich war, dass die Unternehmerbescheinigung am 10. Juli 2001 ausgestellt worden war, ergab sich daraus nicht, dass die Klägerin nicht schuldhaft die Frist versäumt hatte.
Aus der Sicht des Beklagten, hatte das Datum der Unternehmerbescheinigung schon deshalb keine Bedeutung, weil dieser – wie auch die Klägerin bis zum Einspruchsverfahren – davon ausgegangen ist, dass ein ordnungsgemäßer Antrag zunächst auch ohne Beifügung der Unternehmerbescheinigung fristwahrend gestellt werden kann.
Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die Unternehmerbescheinigung notwendiger Bestandteil eines Vergütungsantrages ist, ergibt sich keine abweichendes Ergebnis.
Der Beklagte konnte nicht erkennen, ob die Klägerin angemessene Zeit vor Ablauf der Ausschlussfrist den Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Unternehmerbescheinigung gestellt hatte oder ob die späte Ausstellung der Bescheinigung auf einer verspäteten Antragstellung beruhte. Die Tatsache, dass ausweislich des Antragsformulars der Antrag erst am 25. Juli 2001 unterzeichnet worden war, sprach vielmehr dafür, dass auch nach Eingang der Unternehmerbescheinigung der Antrag nicht mit besonderer Vordringlichkeit bearbeitet worden war. Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass die Bescheinigung zum Abzugsverfahren bereits unter dem 30. Januar 2001 erstellt worden war.
Ohne eine weitere Sachdarstellung bestand daher kein Anlass davon auszugehen, dass die Klägerin schuldlos die Antragsfrist versäumt habe. Eine dahingehende Sachdarstellung hat die Klägerin innerhalb der Antragsfrist unterlassen.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, wegen des aus der Unternehmerbescheinigung ersichtlichen Ausstellungsdatums im Rahmen der Amtsermittlung innerhalb der Antragsfrist für den Wiedereinsetzungsantrag weitere Nachforschungen anzustellen, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen.
Es entspricht ganz herrschender Meinung und der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Nachweise in BFH/NV 2000, 823), dass selbst bei Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages hinsichtlich des Kerns eines Wiedereinsetzungsgrundes eine Pflicht zur Amtsermittlung für die Finanzbehörde nicht besteht. Es ist vielmehr allein Sache des Antragstellers, sein mangelndes Verschulden an der Fristversäumnis darzulegen. Dies gilt umso mehr, in Fällen, in denen der Steuerpflichtige keinen Wiedereinsetzungsantrag stellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war im Streitfall nicht zuzulassen.
Es liegt kein Revisionsgrund im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vor. Der Senat hat bei der Entscheidung allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall angewendet. Die von der Klägerin thematisierte Frage, ob die Vorlage der Original-Unternehmerbescheinigung materielle Voraussetzung des wirksamen Vergütungsantrages ist, kann im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden, da die Klage unabhängig von der Beantwortung dieser Frage als unbegründet abzuweisen ist. Eine Diskriminierung der Klägerin liegt offensichtlich nicht vor.