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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Gerichtsbescheid vom 15.02.2000 – 13 K 210/97

    Voraussetzung für die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG ist u.a., dass ein und dasselbe Grundstück am 1.1.1987 und an den nachfolgenden Veranlagungszeitpunkten zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen gehört. Nicht von der Befreiungsvorschrift erfasst wird ein nach dem Verkauf eines Grundstücks hinzuerworbenes entsprechendes Ersatzgrundstück.


    Im Namen des Volkes hat der 13. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg am 15. Februar 2000 durch

    Vorsitzender Richter am Finanzgericht …

    Richter am Finanzgericht …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob Grundstücke von der Grundsteuer befreit und deshalb keine Einheitswerte festzustellen sind.

    Die Klägerin ist eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts. Ihre Rechtsverhältnisse sind geregelt durch die Verordnung des Erzbischofs der Erzdiözese Freiburg vom 15. Juni 1988 und die Satzung der römisch-katholischen Pfarrpfründen (Amtsblatt 1988, 365). Sie hat die Aufgabe, den Pfarrer zu besolden. Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand zu erhalten. Die Erträge des Fonds sind für die Zwecke des Fonds zu verwenden. Die besetzte katholische Pfarrpfründe wird von ihrem Inhaber, die nicht besetzte Pfründe vom Pfarradministrator verwaltet und vertreten. Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt ihr Vermögen an das Erzbistum Freiburg (vgl. §§ 1 bis 5 der Satzung).

    Mit notariellem Vertrag vom 30. Dezember 1992 erwarb die Klägerin von Frau … … die unbebauten Grundstücke Flurstück-Nrn. … … mit einer Größe von insgesamt 19,02 ar für 41.844 DM. Mit weiterem Vertrag vom selben Tag veräußerte sie das ihr gehörige unbebaute Grundstück Flurstück-Nr. … mit einer Größe von 15,89 ar in drei Teilflächen an … … für insgesamt 28.602 DM. Der Kaufpreis für die von der Klägerin erworbenen Grundstücke wurde von den Käufern ihres Grundstücks im Notartermin an Frau … bezahlt. Der Unterschiedsbetrag von 13.242 DM zu dem der Klägerin zustehenden Kaufpreis wurde nach Abzug der auf die Klägerin entfallenden Grunderwerbsteuer von 836 DM als „Aufgeld” von der Katholischen Pfarrpfründekasse beim Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg an die Käufer erstattet. Nach dem Abschluß eines Baulandumlegungsverfahrens im Jahr 1996 traten an die Stelle der von der Klägerin erworbenen Grundstücke zwei Bauplätze Flurstück-Nrn. … Für diese stellte der Beklagte auf den 1.01.1997 Einheitswerte von 4.900 und 3.600 DM und Grundsteuermeßbeträge von 17,15 und 12,60 DM fest (Bescheide vom 17. Februar 1997). Die Einsprüche der Klägerin, mit denen sie geltend machte, die Grundstücke seien gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Grundsteuergesetz (GrStG) von der Grundsteuer befreit, wurden mit Einspruchsentscheidung vom 5. September 1997 als unbegründet zurückgewiesen.

    Die Klägerin trägt vor: Im Jahr 1992 sei … ein Anlieger an das Grundstück Nr. …. sie mit dem Anliegen herangetreten, das Grundstück an ihn und zwei weitere Interessenten zu verkaufen. Wegen ihrer Verpflichtung, das Stiftungsvermögen in seinem Bestand zu erhalten, sei für den Verkauf zwingende Voraussetzung gewesen, daß ein entsprechendes Ersatzgrundstück habe erworben werden können. … habe darauf den Kontakt zu Frau … vermittelt. Die von ihr erworbenen Ersatzgrundstücke hätten im wesentlichen nach Wert und Größe dem veräußerten Grundstück entsprochen. Die für die Klägerin angefallene Grunderwerbsteuer von 836 DM sei von den Erwerbern des Altgrundstücks übernommen worden. Der Beklagte habe für die Jahre 1993 bis 1997 keine Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheide für die erworbenen Grundstücke erlassen. Auch die aus dem Umlegungsverfahren hervorgegangenen Ersatzgrundstücke seien gem. § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG grundsteuerfrei zu belassen.

    Der Beklagte gehe unzutreffend davon aus, daß die Grundstücke am 1. Januar 1987 zum Stellenfonds gehört haben müßten. Aus dem im Gesetzestext verwendeten Begriff „Grundbesitz” werde jedoch deutlich, daß nicht auf einzelne Grundstücke, sondern auf das Grundvermögen in seinem Bestand abzustellen sei. Somit lasse eine bloße Surrogation nicht schon per se die Grundsteuerbefreiung entfallen. In diesem Sinne sei der am 1. Januar 1987 vorhandene Grundbesitz trotz des Grundstückstauschs im Jahr 1992 mit dem am 1. Januar 1997 vorhandenen Besitz wirtschaftlich identisch. Dem ständen die minimalen Abweichungen hinsichtlich Größe und Preis nicht entgegen, da Grundstücke in ihren Eigenschaften nie völlig übereinstimmen könnten und beliebig austauschbar seien. Aus wirtschaftlicher Sicht sei bei der Klägerin ein Tausch gegeben. Die Möglichkeit der Herstellung eines Tauschgeschäfts im Rechtssinne sei aus dem Gesichtspunkt der legalen Vermeidung der Grunderwerbsteuer bei den Käufern des Altgrundstücks unterblieben. Für eine Surrogatbeschaffung spreche außerdem, daß die der Klägerin entstandene Grunderwerbsteuer von den Käufern übernommen worden sei. Auch die aus der Baulandumlegung zugeteilten Ersatzgrundstücke seien Surrogate für die hingegebenen Flächen, so daß die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung erfüllt seien. Die Erträge des Grundbesitzes der Pfründe flössen an die Bistumskasse, aus der die Besoldung der Geistlichen erfolge.

    Das Ergebnis werde durch die rechtspolitische Zielsetzung der Steuerbefreiung bestätigt. Zu der Neuregelung im Jahr 1992 heiße es in den Materialien, daß das „neu umschriebene Grundsteuer-Privileg der Kirchen bei Aufrechterhaltung des historischen Bezugs und Gewährleistung der Gleichbehandlung der Kirchen im Grundsatz nicht über eine Besitzstandswahrung hinausgeht”. Dies bedeute, daß der Altbestand des Grundbesitzes eines Stellenfonds weiterhin grundsteuerfrei gestellt werden solle. Nur Neuerwerbe, die über den Besitzstand des Jahres 1987 hinausgingen, sollten an dem Privileg nicht mehr teilnehmen. Eine solche Besitzstandswahrung liege bei einem wirtschaftlichen Tauschvorgang wie im Streitfall vor, da der Begriff nicht an einzelnen Grundstücken, sondern nur am Grundbesitz im ganzen festgemacht werden könne. Zwar gehe der Referentenentwurf zur Änderung des Grundsteuergesetzes aus dem Jahr 1990 davon aus, daß nur bei der Zuteilung von Grundstücken im Umlegungs- oder Flurbereinigungsverfahren ein Surrogat an die Stelle des Altgrundstücks trete. Dieser Stellungnahme widerspreche aber dem übergeordneten Grundsatz der Besitzstandswahrung, da diese auch bei einem Tausch oder Ersatzkauf eingreife, wenn wie hier bestimmte Grenzen nicht überschritten würden. Widersprüchlich sei zudem die weitere Ausführung im Referentenentwurf, daß Veränderungen eines Grundstücks für den Bestand des Grundbesitzes und die Steuerbefreiung unbeachtlich seien. Z.B. werde durch die Bebauung der Bestand des Grundvermögens unter Umständen wesentlich nachhaltiger verändert als durch einen wertmäßig vergleichbaren unmittelbaren Grundstückstausch, der z. B. aus sittlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Gründen geboten gewesen sei.

    Die Klägerin beantragt,

    die Einheitswertbescheide – Nachfeststellung – und die Grundsteuermeßbescheide auf den 1. Januar 1997 vom 17. Februar 1997 für die Grundstücke Flurstück-Nrn. … sowie die Einspruchsentscheidung vom 5. September 1997 ersatzlos aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt vor: Entgegen dem Vortrag der Klägerin könne nicht von einem Tausch und einer Besitzstandswahrung ausgegangen werden. Tatsache sei, daß die Käufer des Altgrundstücks nicht zugleich Veräußerer der Neugrundstücke seien. Für Grundbesitz, der nach dem 1.01.1987 erworben werde, scheide eine Grundsteuerbefreiung aus, auch wenn es sich bei dem Erwerbsvorgang um einen Tausch oder Ersatzkauf handle. Eine Ausnahme gelte nur für die Zuteilung von Grundstücken aus der Verteilungsmasse im Umlegungsverfahren, da die neue Grundstücksfläche unter Fortsetzung des Eigentums als Surrogat an die Stelle der hingegebenen Flächen trete. Der Erwerb der Grundstücke Nr. … könne nicht mehr als Erhaltung des Grundbesitzes angesehen werden, da eine Vermehrung des Grundbesitzes um 313 qm vorliege und ein Aufgeld von 13.242 DM (= 46, 2 v. H.) zu zahlen gewesen sei. Außerdem gehöre der im Jahr 1992 erworbene Grundbesitz zum 1.01.1987 nicht zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen.

    Gründe

    I. Die Klage ist zulässig. Über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Grundsteuerbefreiung kann sowohl im Verfahren gegen die Einheitswerte als auch im Verfahren gegen die Grundsteuermeßbeträge entschieden werden, da der Beklagte die Entscheidung über die Grundsteuerbefreiung nicht ausdrücklich dem Steuermeßbetragsverfahren vorbehalten hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BStBl II 1986, 128; vom 22 Oktober 1986 II R 214/84, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH/NV– 1988, 19). Deshalb ist es unschädlich, daß die Klägerin sowohl die Einheitswert- als auch die Grundsteuermeßbetragsbescheide angefochten hat. In der Sache kann die Klage keinen Erfolg haben.

    1. Einheitswerte sind nur dann festzustellen, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 19 Abs. 4 Bewertungsgesetz –BewG–). Ist ein Einheitswert nicht festzustellen, kann auch kein Grundsteuermeßbetrag festgesetzt werden (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 GrStG). Eine Bedeutung haben die Einheitswerte für Stichtage ab dem 1.01.1997 nur noch für die Grundsteuer (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, 7. Aufl. 1997, Erl. 7 zu § 15). Von der Grundsteuer ist u. a. befreit der Grundbesitz der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden, der am 1. Januar 1987 und im Veranlagungszeitpunkt zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen, insbesondere einem Stellenfonds gehört, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung und Versorgung der Geistlichen und Kirchendiener sowie ihrer Hinterbliebenen bestimmt sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 GrStG). Die Befreiungsvorschrift ist durch Art. 12 des Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz –StandOG–) vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) an die bestehenden Befreiungen neu angefügt worden und soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs zur Beseitigung einer Rechtsunsicherheit dienen, die hinsichtlich des Fortbestands der Grundsteuerfreiheit für bestimmte kirchliche Grundstücke durch das BFH-Urteil vom 13. Mai 1987 II R 225/82 (BStBl II 1987, 722) entstanden ist (vgl. im einzelnen Troll a.a.O., Erl. 1 zu § 3).

    2. Nach dem dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Referentenentwurf von Gesetzesvorschriften zur Änderung des Grundsteuergesetzes „soll nur noch solcher Grundbesitz steuerfrei sein, der am 1. Januar 1987 – somit vor Ergehen des die weitere Befreiung in Frage stellenden BFH-Urteils vom 13. Mai 1987 – bereits zu einem Stellenfonds gehörte. Von einer Pfründestiftung, etwa durch Vermächtnis, nach dem 1. Januar 1987 erworbener Grundbesitz nimmt somit an der Grundsteuerbefreiung nicht mehr teil, auch wenn es sich um einen Tausch oder Ersatzkauf handelt. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Zuteilung von Grundstücken aus der Verteilungsmasse im Umlegungsverfahren und für die Landabfindung im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens, weil die neue Grundstücksfläche unter Fortsetzung des Eigentums als Surrogat an die Stelle der hingegebenen Fläche tritt (so BFH-Urteil vom 9. Juli 1971 – III R 30/70 –, BStBl 1971 II S. 785 für die früher entstandenen fiktiven Dienstgrundstücke). Die vorgeschlagene Befreiungsvorschrift verlangt weiterhin, daß der am 1. Januar 1987 zu einem Stellenfonds gehörende Grundbesitz diese Eigenschaft auch noch im jeweiligen Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkt hat. Ausgliederungen führen entsprechend zum Verlust des Grundsteuer-Privilegs, ohne daß dies durch Neuprivilegierung anderen Grundbesitzes ausgeglichen werden kann. Für das Erfordernis übereinstimmender Zugehörigkeit zum Stellenfonds am 1. Januar 1987 und im jeweiligen Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkt soll die Identität des bürgerlich-rechtlichen Grundstücks genügen. Veränderungen im Bestand des Grundstücks (z. B. Bebauung eines unbebauten Grundstücks, Belastung mit einem Erbbaurecht, Erweiterungsbau) sollen daher für den Fortbestand der Grundsteuerbefreiung unschädlich sein.”

    Die Ausführungen in dem Referentenentwurf werden von der Finanzverwaltung (Schreiben des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 27. Oktober 1993 G 1105a - 1 - VA 4) und in der steuerrechtlichen Literatur (vgl. Troll a.a.O., Erl. 59 zu § 3; Eisele, Steuerwarte 1996, 73) ohne Ergänzung oder Einschränkung als Inhalt der Neuregelung wiedergegeben. Rechtsprechung der Finanzgerichte und des BFH zu dem neu gefaßten Befreiungstatbestand besteht, soweit ersichtlich, bisher nicht.

    3. Das Gericht ist der Auffassung, daß der Inhalt der gesetzlichen Regelung durch die Darstellung in dem Referentenentwurf zutreffend umschrieben wird. Danach ist für die Gewährung der Grundsteuerbefreiung neben den übrigen, hier unstreitigen Voraussetzungen grundsätzlich zu verlangen, daß ein und dasselbe Grundstück am 1. Januar 1987 und an den nachfolgenden Veranlagungszeitpunkten zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen gehört. Dies ist hinsichtlich der von der Klägerin mit Vertrag vom 30 Dezember 1992 erworbenen Grundstücke nicht der Fall, da diese am 1.01.1987 nicht im Eigentum der Klägerin gestanden sind. Für diese Grundstücke kann somit ebenso wie für die aus der Baulandumlegung im Jahr 1996 hervorgegangenen Ersatzgrundstücke die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG nicht gewährt werden.

    4. Die abweichende Auslegung der Klägerin, die aus der Verwendung des Wortes „Grundbesitz” schließen will, gemeint seien nicht bestimmte Grundstücke, sondern der nach Fläche und Wert allgemein festgelegte Umfang des Grundstücksbestandes eines kirchlichen Sondervermögens, der hinsichtlich der einzelnen Grundstücke austauschbar sei, ist von der Gesetzessprache her nicht haltbar. Der Gesetzgeber des GrStG verwendet nicht nur in der neugefaßten Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, sondern durchgängig in allen Vorschriften des Gesetzes den Begriff „Grundbesitz”, den er als Steuergegenstand bezeichnet. Wie der näheren Umschreibung (Legaldefinition) in § 2 GrStG unzweifelhaft zu entnehmen ist, sind im GrStG unter Grundbesitz die einzelnen Grundstücke oder Grundstückseinheiten zu verstehen, für die nach den Bestimmungen des BewG ein Einheitswert als einer der Bemessungsfaktoren für die Ermittlung des Grundsteuermeßbetrags (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BewG) festzustellen ist. Etwas anders gilt, auch wenn sich dies dem Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar entnehmen läßt, nur für solche Grundstücke, die in ein Flurbereinigungs- oder Umlegungsverfahren eingebracht werden. Die aus solchen Verfahren zugeteilten Grundstücke treten bei den Eigentümern als gesetzliches Surrogat an die Stelle der eingebrachten Grundstücke. Rechtlich vollzieht sich dieser Austausch somit nicht dadurch, daß das Eigentum an den ursprünglichen Flächen untergeht und hierfür als Entschädigung neues Eigentum gegeben wird. Vielmehr sind die an den neuen Grundstücken bestehenden dinglichen Rechte grundsätzlich mit den an den eingelegten Grundstücken bestehenden identisch. Aufgrund dieser Identität setzt sich die an den eingebrachten Grundstücken bestehende Grundsteuerbefreiung an den neu zugeteilten Grundstücken fort (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1971, 785).

    Zwischen den von der Klägerin am 30. Dezember 1992 veräußerten und erworbenen Grundstücken besteht kein rechtlicher Zusammenhang, der eine Identität im Grundstücksbestand der Klägerin begründen könnte. Veräußerung und Erwerb stellen selbständige rechtsgeschäftliche Vorgänge des Privatrechts dar, die nicht durch gesetzliche Vorschriften wie im Flurbereinigungs- oder Umlegungsverfahren rechtlich miteinander zwingend verknüpft sind. Eine Verbindung besteht allenfalls in tatsächlicher Hinsicht, da die Klägerin ihr steuerbefreites Altgrundstück nur deshalb hat veräußern können, weil sie zugleich die beiden Neugrundstücke erworben hat (vgl. Schreiben des Erzbischöflichen Ordinariats Freiburg …). Selbst wenn man diesen von der Klägerin bewirkten Austausch nicht als wesentliche Änderung des Umfangs und Werts ihres Grundstücksbestands ansehen würde, ist doch festzustellen, daß die Klägerin ein grundsteuerbefreites Grundstück veräußert hat und dadurch die Steuerbefreiung für dieses Grundstück ersatzlos entfallen ist. Durch die rechtsgeschäftliche und zeitliche Verbindung des Verkaufs mit dem Erwerb neuer Grundstücke kann die Grundsteuerbefreiung auf diese nicht übertragen werden, da sie mit dem Altgrundstück weder tatsächlich noch rechtlich identisch sind. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesfassung eindeutig zum Ausdruck kommt, ist die gesetzliche Regelung auf eine Besitzstandswahrung zugunsten der Kirchen beschränkt und verlangt für die Grundsteuerfreiheit, daß der Grundbesitz (in dem oben beschriebenen Sinn des GrStG) bereits am 1.01.1987 zu einem Stellenfonds im Sinne der gesetzlichen Umschreibung gehört hat (vgl. Begründung der Regierungsvorlage zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6 n. F. bei Troll a.a.O., Erl. 1 zu § 3).

    5. Ausgehend von der dargestellten Rechtslage kann nur zu prüfen sein, ob Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 AO) hinsichtlich der Steuerbefreiung bei Tauschvorgängen oder Ersatzkäufen in Betracht kommen. Darüber kann das Gericht in diesem Verfahren nicht entscheiden, da Billigkeitsmaßnahmen nicht Gegenstand des Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahrens gewesen sind (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1997 X R 149/94, BStBl II 1998, 247/249 unter Nr. 6).

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), da die Frage, ob die Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG auf rechtsgeschäftlich erworbene Ersatzgrundstücke angewendet werden kann, durch die Rechtsprechung des BFH bisher nicht abschließend geklärt ist und die Entscheidung über den Einzelfall hinaus für Veränderungen des Grundstücksbestandes der Kirchen von erheblicher Bedeutung sein kann.

    VorschriftenGrStG § 3 Abs 1 Satz 1