08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 02.03.2005 – VI 231/03
Bereitet eine ausländische Bank Anlagevorschläge für einen inländischen Investmentfonds vor, so ist Ort der Leistung das Ausland.
Derartige Leistungen sind gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin als Organträgerin einer Kapitalanlagegesellschaft, die von einer Schweizer Bank aufgrund eines Beratungsvertrages Leistungen für das Sondervermögen empfangen hat, dafür entstandene Umsatzsteuer gem. § 13b UStG schuldet oder ob dem entgegensteht, dass die Leistungen nicht steuerbar oder gemäß § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG steuerfrei waren.
Die Klägerin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und umsatzsteuerliche Organträgerin der ... Investment GmbH, einer Kapitalanlagegesellschaft (KAG) im Sinne des bis Ende 2003 geltenden § 1 Abs. 1 KAGG.
Im Mai 2002 verwaltete die Kapitalanlagegesellschaft 43 Wertpapier-Investmentfonds (Sondervermögen im Sinne des § 6 KAGG), und zwar 20 Publikumsfonds und 23 Spezialfonds; Spezialfonds sind dadurch gekennzeichnet, dass die Anteile am Sondervermögen von höchstens zehn Anlegern gehalten werden (§ 1 Abs. 2 KAGG; seit 1.1.2004 gem. § 91 InvG Spezial-Sondervermögen mit höchstens 30 Anlegern). Das Volumen der Fonds betrug Ende Mai 2002 insgesamt ca. 4,5 Mrd. Euro. Zur Verwaltung setzte die KAG 19 Mitarbeiter ein, und zwar drei Personen im Investment-Controlling, neun Personen in der Fonds-Buchhaltung und sieben Personen im Portfoliomanagement. Die relativ geringe Zahl von Mitarbeitern im Portfoliomanagement erklärt sich dadurch, dass bei einer Reihe von Sondervermögen wesentliche Arbeiten durch im Ausland ansässige Dienstleister erbracht wurden. Die Tätigkeit der vorgenannten sieben Mitarbeiter beschränkte sich deshalb weitgehend auf diejenigen Investmentfonds, für die kein externer Unternehmer Leistungen erbrachte.
Zu den von der KAG verwalteten Sondervermögen gehört der Spezialfonds ”... (S)”. Alleinige Inhaberin der Anteilscheine ist die Klägerin. Hinsichtlich der Daten dieses Fonds wird auf den zur Akte gereichten (Blatt 34 FGA) und am ... im Bundesanzeiger veröffentlichten Rechenschaftsbericht für das Geschäftsjahr2001/2002 verwiesen.
Das Rechtsverhältnis zwischen der KAG und der Klägerin als Anteilscheininhaberin bestimmt sich im Hinblick auf das Wertpapier-Sondervermögen S nach den Vorschriften des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) sowie den von der Klägerin mit dem Einspruchsschreiben vorgelegten Allgemeinen Vertragsbedingungen für Wertpapier-Spezialfonds und den für das Sondervermögen S aufgestellten Besonderen Vertragsbedingungen. Die Besonderen Vertragsbedingungen enthalten insbesondere Bestimmungen über die Anlagegrundsätze, zum Beispiel Streuungsvorschriften und Anlagegrenzen, eine Aufzählung der für die Anlage zulässigen Börsen und organisierten Märkte sowie Beschränkungen hinsichtlich besonderer Finanzinstrumente sowie Options- und Termingeschäfte. Außerdem hat der Aufsichtsrat der KAG für die Anlage und Verwaltung des Sondervermögens S Richtlinien erlassen.
Die Klägerin, die KAG und die B-Bank als Depotbank trafen am 22. Juni 2000 eine Vereinbarung, wonach sich die Kapitalanlagegesellschaft von der in Basel ansässigen Bank ... (im folgenden: Schweizer Bank) beraten lassen würde. Der Kapitalanlagegesellschaft sollte eine vom Fondsvermögen abhängige Verwaltungsvergütung zustehen, und zwar
a) bis EUR 35 Mio.0,45 % p.a. b) über EUR 35 Mio. bis EUR 70 Mio.0,27 % p.a. c) über EUR 70 Mio. bis EUR 150 Mio.0,20 % p.a.
Die Depotbank durfte keine eigenen Depotgebühren in Rechnung stellen, sondern war auf Effektenumsatzprovisionen beschränkt.
Der für das Sondervermögen S mit der Schweizer Bank geschlossene „Beratungsvertrag” vom 22./25. Mai 2000 lautet auszugsweise wie folgt: „2. Der Berater wird beauftragt, die Anlagen des Sondervermögens fortlaufend zu überwachen und Empfehlungen für die jeweils anstehenden Anlageentscheidungen zu geben. Dabei wird der Berater die Vertragsbedingungen, die für die Verwaltung des Sondervermögens gemäß Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften sowie die Vereinbarung zwischen Anleger, KAG und Depotbank gelten, berücksichtigen. 3. Für das Sondervermögen wird ein Anlageausschuss bestellt, der sich aus zwei Vertretern des Anlegers und zwei Vertretern der Depotbank zusammensetzt. Es finden mindestens zweimal jährlich gemeinsame Sitzungen statt, an denen auch mindestens ein Vertreter des Beraters teilnimmt. Der Berater wird dabei insbesondere über folgende Punkte Bericht erstatten: - Situation an den Börsen - künftige Kapitalmarkt- und Devisenmarkttendenzen 4. Für seine Tätigkeit erhält der Berater folgende Vergütung, die sich wie folgt bemisst: bei einem Fondsvermögen: a) bis EUR 35 Mio.0,35 %; p.a. b) über EUR 35 Mio. bis EUR 70 Mio.0,17 %; p.a. c) über EUR 70 Mio. bis EUR 150 Mio.0,10 %; p.a. ... 6. Alle Steuern, Zölle, Gebühren und sonstige Abgaben des Auftragnehmers im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Abwicklung dieses Vertrages einschließlich der deutschen Umsatzsteuer sind in der vereinbarten Vergütung enthalten. Wenn und soweit die KAG zur Einbehaltung und Abführung von Steuern verpflichtet ist, wird sie diese einbehalten und im Namen und für Rechnung des Auftragnehmers an die deutsche Finanzverwaltung entsprechend den Regelungen des deutschen Steuerrechts abführen, ...”
Die von der Schweizer Bank auf Grundlage des Beratungsvertrages erarbeiteten und an die Kapitalanlagegesellschaft übermittelten Kauf- und Verkaufsempfehlungen wurden von dieser seit 1991 ausnahmslos ohne eigene Prüfung ausgeführt.
Die Schweizer Bank erhielt für ihre im Mai 2002 erbrachten Leistungen 44.310 Euro. Nachdem die Klägerin am 9. Juli 2002 eine Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2002 abgegeben hatte, in der die Umsatzsteuer auf die von der Schweizer Bank bezogenen Leistungen - als Umsatz, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet - enthalten war, übersandte sie am 15. Oktober 2002 eine berichtigte Voranmeldung, in welcher dieser Umsatz nicht mehr der Umsatzsteuer unterworfen wurde; die § 13b Abs. 2 UStG betreffende Zeile 48 der berichtigten Voranmeldung enthält keine Eintragungen. Im Anschreiben erläuterte sie, dass der Umsatz - wie auch ein hier nicht streitiger Vorgang im Zusammenhang mit Beratungsleistungen eines amerikanischen Bankhauses - nicht von § 13b UStG erfasst werde, sondern nach § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG von der Umsatzsteuer befreit sei.
Der Beklagte folgte dieser Rechtsauffassung nicht, sondern setzte am 30.10.2002 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Mai 2002 unter Berücksichtigung der Leistung der Schweizer Bank mit 7.089,60 Euro (16 % von 44.310 Euro) auf 716.813,78 Euro fest und erläuterte dies in der Anlage zum Bescheid mit § 13b Abs. 2 UStG.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem am 12.11.2002 eingelegten Einspruch.
Die Klägerin vertritt darin die Auffassung, bei den streitigen Leistungen der Bank handele es sich um Verwaltungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Leistungen dieser Art seien im Katalog des § 3a Abs. 4 UStG nicht aufgeführt. Infolgedessen würden die Leistungen dort ausgeführt, wo der Leistende sein Unternehmen betreibt, also in der Schweiz. Deshalb seien sie in Deutschland nicht steuerbar, so dass eine Steuerschuld des Leistungsempfängers nicht gegeben sei.
Die streitigen Leistungen der Schweizer Bank fielen unter § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, da die Vorschrift nicht voraussetze, dass Leistender eine KAG sei; Leistender könne vielmehr eine beliebige Person sein, z.B. ein außenstehender Dritter. Die Vorschrift verlange auch nicht, dass unmittelbar an die Inhaber der Anteile am Sondervermögen geleistet werde; Leistungsempfänger könne vielmehr eine andere Person sein, z.B. die KAG. Entscheidend sei lediglich, dass die erbrachten Leistungen für die Verwaltung des betreffenden Sondervermögens typisch seien. Typisch für die Verwaltung eines nach dem KAGG errichteten Wertpapier-Sondervermögens seien Research-Maßnahmen und Umschichtungsentscheidungen. Entscheidungen dieser Art könne nicht nur derjenige treffen, dem die Entscheidungsbefugnis de jure zustehe, sondern auch jemand, auf den sie de facto übertragen wurde. Im Streitfall habe zwischen der KAG und der Schweizer Bank Einigkeit bestanden, dass die Bank über den Wortlaut des Beratungsvertrages hinaus nicht nur Anlageempfehlungen geben, sondern de facto die Entscheidungsbefugnis übernehmen sollte. Davon habe die Bank auch Gebrauch gemacht. Umsatzsteuerlich komme es nicht auf Verträge, sondern auf die tatsächlich ausgeführten Leistungen an. Deshalb sei es unschädlich, dass von der Bank zu treffende Anlage- und Umschichtungsentscheidungen nicht ausdrücklich in den Beratungsvertrag aufgenommen wurden.
Dieses Ergebnis werde durch die im BMF-Schreiben vom 18.12.1997 (BStBI I 1997, 1046) enthaltene Auslegung der „Verwaltung von Versorgungseinrichtungen” bestätigt. Danach greife die Steuerbefreiung nicht nur ein, wenn die genannten typischen Leistungen in einem Leistungsbündel ausgeführt würden, sondern auch dann, wenn sie in Form von einzelnen Leistungen erbracht würden. Eine typische Leistung stelle beispielsweise „die Verwaltung der vorhandenen Vermögenswerte einschließlich der Anlage der Vermögenswerte am Kapitalmarkt” dar. Diese Auslegung der Befreiungsnorm sei auch durch Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten (Conseil d' Etat v. 6.4.2001, UR 2002, 330 und Tribunal Centre, Edinburgh v. 4.12.2000, als Kopie mit dem Einspruch vorgelegt) bestätigt worden.
Der Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 14. Juli 2003 beim Gericht eingegangene Klage.
Die Jahressteuererklärung für 2002 ging am 1. September 2004 beim Beklagten ein und wurde dem Gericht vom Beklagten nebst der erklärungsgemäßen Abrechnung vom 13. September 2004 am 20. Oktober 2004 vorgelegt. Die Erklärung führte zu einer Abschlusszahlung von 1.191.504 Euro. Darin war vom Leistungsempfänger gem. § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer mit 419.875,38 Euro enthalten, darin enthalten ist die hier streitige Umsatzsteuer wegen im Mai 2002 erbrachter Leistungen der Schweizer Bank.
Die Beteiligten wünschen, dass nur über die von der Schweizer Bank im Mai 2002 für den Fonds S erbrachten Leistungen entschieden wird, nicht aber über die zahlreichen Parallelfälle (andere Vermögensverwalter, andere Fonds, andere Monate). Sie haben außergerichtlich abgestimmt, dass im Falle eines letztinstanzlichen Obsiegens der Klägerin auch in vergleichbaren anderen Fällen abgeholfen werden soll.
Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und verweist ergänzend auf den vom Prozessbevollmächtigten verfassten Aufsatz in UR 2004, 501. Die Schweizer Bank habe gem. § 3a Abs. 1 UStG im Inland nicht steuerbare Verwaltungsleistungen im Sinne von § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG erbracht. Diese Vorschrift erfasse Verwaltungsleistungen ohne Rücksicht darauf, von wem und an wen sie erbracht würden. Bei der Verwaltung eines Sondervermögens handele es sich um einen mehrstufigen Prozess, zu dem mehrere selbstständige Hauptleistungen gehörten: Research-Maßnahmen, Feststellung, welche Vermögensanlagen für das Sondervermögen erworben werden dürfen, Erarbeitung von Empfehlungen/Entscheidungen, Umsetzung der Kauf- und Verkaufsentscheidungen, Investment-Controlling, Fonds-Buchhaltung mit Ermittlung der Ausgabe- und Rücknahmepreise, Erstellung des Rechenschaftsberichts. Einzelne dieser Hauptleistungen, wie die Erarbeitung von Kauf- oder Verkaufsempfehlungen unter Berücksichtigung der angestrebten Vermögensvermehrung und Risikobegrenzung sowie der Anlagegrenzen, könnten von einem außenstehenden Dritten erbracht werden, ohne dass dies steuerpflichtig sei.
Die Bank habe auch nicht im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG wirtschaftlich beraten. Die Ausführung sämtlicher Empfehlungen der Bank während eines Zeitraums von mehr als einem Jahrzehnt beweise, dass in Bezug auf die Verwaltung des Sondervermögens wesentliche Aufgaben und die dazu nötige Entscheidungsmacht übertragen worden sei. Die Vorschrift des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG und die zu Grunde liegende Richtlinie müssten restriktiv ausgelegt werden. Die Bank habe keine Leistungen erbracht, die denen eines Rechtsanwaltes, Steuerberaters usw. ähnelten. Sie habe auch nicht im Sinne von § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG Informationen überlassen.
Die Klägerin beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2003 aufzuheben und die als Umsatzsteuerbescheid für 2002 geltende Erklärung vom 01.09.2004 dahin zu ändern, dass sich die vom Leistungsempfänger gem. § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Steuer und die verbleibende Umsatzsteuer um 7.089,60 Euro vermindert.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er meint, die Leistungen der Schweizer Bank würden im Inland erbracht, denn es handele sich um Beratungsleistungen nach § 3a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 UStG.
Sie seien auch nicht durch § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der Steuer befreit. Die Steuerbefreiung erfordere eine Vermögensverwaltung. Dazu gehöre, wie das Finanzgericht Düsseldorf entschieden habe (v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524), dass ohne Einholung von Weisungen selbstständig über das Vermögen disponiert werden könne. Eine Dispositionsbefugnis habe nur der Kapitalanlagegesellschaft zugestanden, die für ihre die Anlageempfehlungen umsetzende Verwaltung auch eine separate Vergütung erhalten habe. Die Beratungs- und Vorbereitungsleistungen der Schweizer Bank hätten demgegenüber keine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage bewirkt. Die an sie entrichtete Portfolio-Management-Gebühr sei mithin nicht für Vermögensverwaltung gezahlt worden.
Das EuGH-Urteil vom 21. Oktober 2004 (Rs. C-8/03 - Banque Bruxelles Lambert SA, UR 2004, 642) sei im Streitfall nicht einschlägig. Der Europäische Gerichtshof habe sich zu der Frage, ob eine Verwaltungstätigkeit die rechtliche Entscheidungs- und Verfügungsbefugnis voraussetze, nicht geäußert.
Die Auffassung der Klägerin beruhe auf einer weiten wirtschaftlichen Auslegung der Befreiungsvorschrift. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes müssten die Befreiungsvorschriften jedoch eng ausgelegt werden.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Steuerbefreiung auch dann bestehe, wenn die Verwaltung des Sondervermögens durch Dritte vorgenommen werde, und ob sich dies aus anderssprachigen Fassungen der 6. EG-Richtlinie ergebe, sei vorliegend ohne Bedeutung, da die Leistungen der Schweizer Bank mangels eigener Entscheidungs- und Verfügungsbefugnis nicht als Vermögensverwaltung angesehen werden könnten.
Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakten vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin schuldet keine Umsatzsteuer für die Leistungen der Schweizer Bank, denn diese wurden nicht im Inland erbracht und sind deshalb nicht steuerbar, sie wären anderenfalls steuerfrei.
1. Führt ein im Ausland ansässiger Unternehmer sonstige Leistungen an einen Unternehmer aus, so schuldet dieser - der Leistungsempfänger - gemäß § 13b Abs. 2 UStG die Steuer.
Im Streitfall hat die in Basel ansässige Schweizer Bank Leistungen an die Kapitalanlagegesellschaft erbracht, deren umsatzsteuerliche Organträgerin (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) die Klägerin ist. Die Schweizer Bank und die in Hamburg ansässige, als Versicherer tätige Klägerin sind Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG. Zudem wäre ohne Bestehen der Organschaft auch die in Hamburg ansässige Kapitalanlagegesellschaft Unternehmerin (vgl. EuGH v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 - Banque Bruxelles Lambert SA, UR 2004, 642 unter Rdnr. 41).
2. Die Klägerin schuldet wegen der Leistungen der Bank an die Kapitalanlagegesellschaft aber keine Umsatzsteuer, denn diese sind nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, weil der Leistungsort nicht im Inland, sondern in der Schweiz liegt. Die Schweizer Bank hat keine Verfügungsmacht an Gegenständen verschafft und deshalb nicht Lieferungen, sondern sonstige Leistungen bewirkt; insoweit kommt es nicht darauf an, ob ihre Tätigkeit als Vermögensverwaltung, Anlageberatung oder Zurverfügungstellen von Informationen angesehen wird. Sonstige Leistungen werden gemäß § 3a Abs. 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt, im Streitfall also Basel/Schweiz.
Die Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG gilt jedoch nicht für die in § 3a Abs. 2 bis 5 oder § 3b UStG bestimmten Leistungen. Vorliegend kommt allein § 3a Abs. 3a Satz 1 UStG in Verbindung mit § 3a Abs. 4 UStG in Betracht. Die in Abs. 4 bezeichneten sonstigen Leistungen werden gem. Abs. 3 an dem Ort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.
Indem die Bank auf Grundlage umfangreicher Vorgaben die Anlage der Mittel der Kapitalanlagegesellschaft überwacht, Berichtspflichten erfüllt und Empfehlungen für die jeweils anstehenden Anlageentscheidungen gegeben hat, die stets ohne weitere Prüfung umgesetzt wurden, ist sie anlageberatend und vermögensverwaltend tätig geworden, letzteres allerdings mit der Einschränkung, dass ihr nur ein Teil der Verwaltungsaufgaben übertragen und formell keine eigene Entscheidungsmacht eingeräumt war. Diese Leistungen fallen jedoch nicht unter § 3a Abs. 4 UStG.
a) Es handelt sich hierbei nicht um eine wirtschaftliche Beratung eines anderen Unternehmers gem. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG, die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder dgl. ähnlich ist.
Der Formulierung „aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt ...” ist zu entnehmen, dass die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG nur für die typische Berufstätigkeit gilt (BFH v. 29.1.1998, V R 67/96, BStBl II 1998, 413; Martin, in Sölch/Ringleb, § 3a, Rdnr. 168; Birkenfeld, USt-Hb., Rz. I 1104 ff.), d.h. für Leistungen, die „hauptsächlich und gewöhnlich” im Rahmen der in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 3. Gedankenstrich der Richtlinie77/388/EWG (im folgenden: 6. EG-RiL) angeführten Berufe erbracht werden (EuGH v. 16.9.1997, Rs. C-145/96, Hoffmann, UR 1998, 17; BFH v. 5.6.2003, V R 25/02, BFHE 202, 191, BStBl II 2003, 734, BFH/NV 2003, 1277 m.w.N.). Eine Tätigkeit oder Leistung ist deshalb nicht bereits dann berufstypisch, wenn sie sich mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts, Steuerberater, Wirtschaftsprüfers usw. vereinbaren lässt. Dies entspricht, obwohl Art. 9 Abs. 2 3. Gedankenstrich der 6. EG-RiL „Leistungen von Beratern, Ingenieuren ...” ohne die Einschränkung „aus der Tätigkeit” nennt, auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH v. 16.9.1997, Rs. C-145/96, Hoffmann, UR 1998, 17).
aa) Typisch für Rechtsanwälte ist die Erteilung von Rechtsrat und die Besorgung von Rechtsangelegenheiten für andere (Birkenfeld, USt-Hb., Rz. I 1106). Umsätze von Rechtsanwälten aus der Tätigkeit als Testamentsvollstrekker (BFH v. 5.6.2003, V R 25/02, BFHE 202, 191, BStBl II 2003, 734, BFH/NV 2003, 1277), Insolvenzverwalter, Berufsvormund (BFH v. 28.2.1991, V R 63/86, BFH/NV 1991, 632) oder Vermögensverwalter (BFH v. 12.12.2001, XI R 56/00, BStBl II 2002, 20 zur Bedeutung der für einen Katalogberuf typischen Tätigkeit im Einkommen- und Umsatzsteuerrecht) sind nicht berufstypisch und fallen deshalb nicht unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG (vgl. Martin, in Sölch/Ringleb, § 3a, Rdnr. 168 m.w.N.).
Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, deren Berufsbild noch enger als das der Anwälte ist (BFH v. 12.12.2001, a.a.O., mit Anmerkung Grashoff in DStR 2002, 355; BFH v. 5.6.2003, V R 25/02, BFHE 202, 191, BStBl II 2003 zur Testamentsvollstreckung durch einen StB/Wp), gehören die Beratung und Vertretung in Steuersachen beziehungsweise die Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen und die Erteilung von Bestätigungsvermerken insbesondere über die Prüfung von Jahresabschlüssen (vgl. §§ 33, 57 StBerG, § 2 WPO) zum typischen Aufgabenbereich.
Anlageberatung und Vermögensverwaltung wird danach von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern nicht „hauptsächlich und gewöhnlich” betrieben.
bb) Die von der Bank ausgeführte Anlageberatung und Vermögensverwaltung gehört auch nicht zum typischen Berufsbild eines anderen in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG genannten Berufes. Sie wird insbesondere nicht von Sachverständigen ausgeübt, denn diese stellen ihre besondere Erfahrung und Sachkunde in der Regel durch Erstellung von Gutachten zur Verfügung. Deren Aufgabe besteht somit üblicherweise darin, einzelne Fragen vertieft zu bearbeiten, z.B. technischer (Auswahl von Herstellungsverfahren, Schadensursachen ...) oder wirtschaftlicher Art (Wirtschaftlichkeitsstudien, Finanzierungspläne ...), nicht aber - wie im Streitfall der Bank - in der Erledigung einer Vielzahl einzelner Arbeiten und der laufenden Unterbreitung von Entscheidungsvorschlägen.
cc) Träfe die Ansicht der Klägerin zu, dass aus der umgehenden Ausführung sämtlicher Anlageempfehlungen zwingend zu schließen sei, dass der Schweizer Bank Entscheidungsmacht über die Anlage des Sondervermögens eingeräumt war, so könnte ihre Tätigkeit schon deshalb nicht als wirtschaftliche Beratung eines anderen Unternehmers angesehen werden. Denn ein Auftraggeber wird nicht beraten, wenn der Unternehmer im Rahmen seines Amtes oder Aufgabenfeldes selbst entscheidet (Birkenfeld, USt-Hb., Rz. I 1111 m.w.N.).
Gegen die Einräumung von Entscheidungsmacht spricht aber, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, wann und wie diese übertragen wurde. Die Befolgung des Expertenrats durch den Beratenen ist zudem weithin üblich und erlaubt deshalb nicht den Schluss, dass der Beratene den Expertenrat nicht als Vorschlag, sondern als Befehl versteht.
dd) Dies kann aber dahingestellt bleiben, denn die Tätigkeiten der Bank lassen sich auch dann nicht als „ähnliche Leistungen anderer Unternehmer” verstehen, wenn - möglicherweise in Parallele zu dem wesentlich weiteren Berufskatalog des § 18 Abs. 1 EStG (vgl. Birkenfeld, USt-Hb., Rz. I 1110) - bei der Vergleichbarkeit ein großzügiger Maßstab angelegt wird. Abgesehen davon, dass eine Erweiterung des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG auf alle freiberuflichen Tätigkeiten unzulässig wäre, weil die Vorschrift nicht auf § 18 EStG verweist, sondern auf der - insoweit engen - 6. EG-RiL beruht, gehört Anlageberatung und Vermögensverwaltung nicht zu den freiberuflichen Tätigkeiten z.B. der beratenden Volks- und Betriebswirte oder Unternehmensberater, sondern ist gewerblich (BFH-Urteil v. 2. September 1988, III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24).
b) Bei den von der Bank erarbeiteten Anlageentscheidungen oder Anlagevorschlägen handelt es sich auch nicht um die Überlassung von Informationen gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG. Denn die Tätigkeit der Schweizer Bank bestand wesentlich in der Erarbeitung der - von der Kapitalanlagegesellschaft stets übernommenen - Kauf- und Verkaufsempfehlungen, d.h. konkreter Handlungsanleitungen, und ging damit über die Überlassung betriebswesentlicher Erkenntnisse, z.B. Fabrikationsverfahren, Analysen, know-how (vgl. Martin, in Sölch/Ringleb, § 3a, Rdnr. 180), weit hinaus. Auch die Erfüllung der Rechenschafts- und Berichtspflichten seitens der Bank kann nicht als Informationsüberlassung angesehen werden, jedenfalls bildete diese nur einen untergeordneten Nebenaspekt ihrer Tätigkeit.
c) Die Leistungen der Schweizer Bank werden auch nicht gem. § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g und Nr. 10 UStG im Inland ausgeführt.
Die Tätigkeit der Schweizer Bank fällt -unstreitig- nicht unter § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g und Nr. 10 UStG. Es handelt sich vorliegend nicht um Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren oder die Vermittlung derartiger Umsätze gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG. Denn zum Wertpapiergeschäft in diesem Sinne gehören keine Dienstleistungen, die mit der Anlageberatung oder der Erteilung von Informationen über Finanzprodukte zusammenhängen; gemeint sind vielmehr Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten in Bezug auf Wertpapiere unmittelbar zu begründen oder zu ändern (EuGH v. 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, UR 2002, 84; Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 7. Aufl. 2003, § 4 Nr. 8, Rdnr. 27). Auch eine Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren ist nicht gegeben. Denn damit sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die bankmäßige Verwahrung (Sonderverwahrung gem. § 2 DepotG und Sammelverwahrung gem. § 5 DepotG) und die im Rahmen der depotgeschäftlichen Verwahrtätigkeit getätigten Verfügungs- und Verwaltungsgeschäfte gemeint (BFH-Urteil v. 10.12.1981, V R 36/76, BStBl II 1982, 178; BFH-Urteil v. 29.09.1987, X R 4/81, BFH/NV 1988, 268; FG Düsseldorf, Urteil vom 16. Januar 2004, 1 K 3363/00 U,EFG 2004, 1012), nicht aber die bankgeschäftliche Vermögensverwaltung oder Anlageberatung.
Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Leistungen der Schweizer Bank in der Verwaltung von Sondervermögen gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bestehen, ist für den Leistungsort ohne Bedeutung, da § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a UStG nicht genannt wird und es für diese Leistungen mithin bei der Grundregel für die Bestimmung des Leistungsortes, d.h. § 3a Abs. 1 UStG, bleibt.
d) Der Leistungsort liegt auch nicht nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e Gedankenstrich 5 der 6. EG-RiL im Inland.
Als Ort einer grenzüberschreitenden Dienstleistung, die Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze zum Gegenstand hat, gilt danach der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (v. 21.10.2004, Rs. C-8/03, UR 2004, 642) gehören zu den Bank- und Finanzumsätzen im Sinne dieser Regelung auch Leistungen, die für Investmentgesellschaften erbracht werden.
Die Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e Gedankenstrich 5 der 6. EG-RiL in deutsches Recht bleibt insoweit hinter der Richtlinie zurück, als § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a UStG sich nur auf sonstige Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. a-g UStG und somit nicht auf die hier in Betracht kommenden Umsätze zur Verwaltung von Sondervermögen nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bezieht.
Da davon auszugehen ist, dass der deutsche Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur Umsetzung der 6. EG-RiL nachkommen will, ist das Umsatzsteuergesetz richtlinienkonform auszulegen. Die Auslegung findet allerdings ihre Grenze in dem Spielraum, den die allgemeinen Auslegungsregeln lassen (Klenk, in Sölch/Ringleb, Rdnr. 13 vor § 1 m.w.N.). Eine Auslegung dahin, dass § 3a Abs. 4 Nr. 6 lit a UStG sich gegen den klaren Wortlaut der Norm auch auf Umsätze zur Verwaltung von Sondervermögen nach § 4 Nr. 8 lit h UStG bezieht, ist nicht möglich.
Aus dem Anwendungsvorrang der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt sich nichts anderes. Denn er setzt voraus, dass sich der Steuerpflichtige darauf beruft, was praktisch nur dann geschieht, wenn die Richtlinienbestimmung für den Steuerpflichtigen günstiger ist als die entsprechende Vorschrift des nationalen Rechts (vgl. Klenk, in Sölch/Ringleb, Rdnr. 18 f. vor § 1 m.w.N.). Der Anwendungsvorrang ermöglicht es hingegen den Steuerbehörden nicht, den Unternehmer der gegenüber dem nationalen Recht nachteiligen Richtlinie zu unterwerfen.
Da sich die Klägerin ausdrücklich auf die ihr günstigere Regelung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 lit. a UStG berufen hat, bleibt es bei der Anwendung dieser nationalen Regelung.
3. Selbst wenn die Schweizer Bank im Inland geleistet hätte, weil ihre Tätigkeit entgegen den obigen Ausführungen als Beratung im Sinne von § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG oder als Überlassung von Informationen gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG aufzufassen wäre, ergäbe sich keine Steuerschuld der Klägerin nach § 13b Abs. 2 UStG. Denn dann wären die Umsätze der Schweizer Bank nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei.
a) Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG setzt nicht voraus, dass die Verwaltung des Sondervermögens durch die Kapitalanlagegesellschaft selbst erfolgt. Befreit ist auch die Verwaltung durch Dritte.
Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung ist „die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes” von der Umsatzsteuer befreit (ab 1.1.2004 gem. Art. 5 InvestmentmodernisierungsG v. 15.12.2003, BGBl I 2003, 2676 = BStBl I 2004, 5: „Sondervermögen nach dem Investmentgesetz und ...”). Die Regelung verzichtet mithin auf eine Einschränkung hinsichtlich der Person des leistenden Unternehmers und enthält lediglich eine sachliche Einschränkung auf die Verwaltung von Sondervermögen nach dem KAGG, so dass sie sich nicht auf die Verwaltung anderer Sondervermögen erstreckt (z.B. unselbständiger Stiftungen, Philipowski, UR 2004, 501, 504), und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Für die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen entspricht dies auch der Verwaltungsauffassung, die deshalb typische Verwaltungsleistungen durch Dritte steuerfrei belässt (BMF vom 18.12.1997,BStBl I 1997, 1046).
Eine Einschränkung der Steuerbefreiung auf die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften ergibt sich mithin nicht aus dem UStG, sondern lediglich aus der deutschen Fassung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RiL. Danach befreien die Mitgliedstaaten „die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften”.
Diese Einschränkung der Steuerbefreiung durch die deutsche Richtlinienfassung dürfte aber nur gegen ihren Willen zu Lasten der Klägerin angewandt werden, wenn sie dem deutschen Gesetzeswortlaut im Wege der - richtlinienkonformen - Auslegung entnommen werden könnte. Denn der Anwendungsvorrang der 6. EG-RiL setzt - wie oben dargelegt (vgl. Klenk, in Sölch/Ringleb, Rdnr. 18 f. vor § 1 m.w.N.) - voraus, dass sich der Steuerpflichtige darauf beruft, so dass die Steuerbehörden den Unternehmer nicht der gegenüber dem nationalen Recht nachteiligen Richtlinie unterwerfen können.
Ob die Auslegung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG im Lichte des deutschen Textes der 6. EG-RiL die Beschränkung der Steuerbefreiung auf die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften gebietet, kann aber dahinstehen. Denn die Beschränkung wäre auch dann nicht anzuwenden, da nur der deutsche Text der Richtlinie die Einschränkung enthält und damit - wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat - den anderssprachlichen Fassungen der 6. EG-RiL widerspricht, was ausweislich der Gesetzesbegründung zur Erweiterung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG betreffend die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen (Bundesrats-Drucks. 484/94) auch von der Verwaltung so gesehen wurde. Da die anderssprachigen Fassungen gleichermaßen Gültigkeit beanspruchen, das Umsatzsteuerrecht in der Europäischen Union, soweit dies durch die 6. EG-RiL vorgegeben wird, einheitlich auszulegen ist und Gründe für die abweichende Fassung des deutschen Textes nicht ersichtlich sind, ist sie insoweit nicht verbindlich.
Da der Senat insoweit keine Zweifel hat und diese Rechtsfrage wegen der fehlenden Steuerbarkeit auch nicht entscheidungserheblich ist, legt er sie nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.
b) Die Schweizer Bank hat auch Umsätze aus der Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften gem. § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG erzielt, obwohl ihr nur ein Teil der Verwaltungsaufgaben anvertraut war und sie nicht bevollmächtigt war, Wertpapiere für die Kapitalanlagegesellschaft zu kaufen und zu verkaufen.
„Verwaltung” ist ein weit gefasster Begriff. Der Brockhaus (Multimedial 2004 premium) versteht darunter eine „Tätigkeit, die bestimmte Lebensbereiche nach gegebenen Weisungen oder Richtlinien ordnet und gestaltet. Während man im Privatrecht mit Verwaltung meist eine Tätigkeit in Ansehung fremder Objekte (Vermögen) meint, z.B. Verwaltung eines fremden Gebäudes, ...”.
Im üblichen Sprachgebrauch setzt „Verwaltung” nicht voraus, dass alle in Bezug auf ein Objekt oder eine Aufgabe erforderlichen Tätigkeiten durch eine Person, ein Unternehmen oder eine Behörde erledigt werden, vielmehr genügt die Wahrnehmung eines wesentlichen Teils der anfallenden Arbeiten. Die Praxis spricht z.B. von Hausverwaltung auch dann, wenn der Hausverwalter keine Vollmacht zum Abschluss von Mietverträgen oder zur Erteilung größerer Reparaturaufträge hat, sondern dies dem Eigentümer vorbehalten bleibt. Dem Begriff der öffentlichen Verwaltung steht nicht entgegen, dass die Kompetenzen und Aufgaben auf verschiedene Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden, sonstige Körperschaften) verteilt sind und dort jeweils von spezialisierten Organisationen (z.B. Fachbehörden) wahrgenommen werden.
Die Steuerverwaltung unterscheidet für die Streitjahre im Hinblick auf die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG steuerbefreite Verwaltung von Versorgungseinrichtungen zwischen typischen Verwaltungsleistungen im Sinne der Vorschrift und Leistungen allgemeiner Art, die für die Verwaltung einer Versorgungseinrichtung nicht typisch sind (BMF vom 18.12.1997,BStBl I 1997, 1046). Zu den typischen Verwaltungsleistungen zählt sie z.B. die Erfassung und Pflege des Anwärter- und Rentnerbestandes, die Verwaltung vorhandener Vermögenswerte einschließlich der Anlage am Kapitalmarkt, die Wahrnehmung der Mitteilungspflichten an den Pensionssicherungsverein, die Erarbeitung der Konzeption, Beratung und Unterstützung bei der Einführung oder Durchführung der Versorgungseinrichtung einschließlich der Erstellung des Leistungsplanes, des Finanzierungskonzeptes und der Anlagestrategie, sofern das leistende Unternehmen auch die Verwaltung der Unterstützungskasse übernimmt, die Berechnung und den Einzug der notwendigen Versorgungsbeiträge usw. Diese - typischen - Leistungen können danach von dritten „Verwaltern einzeln oder in einem Leistungsbündel angeboten werden, ohne dass sich an der Steuerbefreiung etwas ändert”.
Schließlich ist auch die Steuerverwaltung dieser Ansicht in R 69 Abs. 1 UStR 2005 beigetreten, obwohl sich am Gesetzeswortlaut insoweit nichts geändert hat. Seit 2005 behandeln somit auch die Finanzämter nach § 16 InvG von einer Kapitalanlagegesellschaft auf ein anderes Unternehmen ausgelagerte Tätigkeiten gem. § 4 Nr. 8 Buchstabe h UStG als steuerfrei.
Die vom Beklagten in diesem Verfahren vertretene Auslegung des Begriffs „Verwaltung von Sondervermögen” widerspräche auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - C-2/95, Sparekassernes Datacenter SDC/Skatteministeriet, DStRE 1997, 688, IStR 1997, 397). Danach sind für den steuerbefreiten Zahlungs- und Überweisungsverkehr spezifische und wesentliche Leistungen auch dann steuerfrei (vgl. § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RiL), wenn sie von einer Bank auf ein Rechenzentrum ausgelagert sind, und (seit spätestens 1991 nicht mehr von der Steuer befreite) Dienstleistungen i.S. des Anhangs F Nrn. 13 und 15 der Sechsten Richtlinie - Umsätze, die die Verwaltung der Depots, Kaufverträge und Darlehen betreffen - können auch von einem Rechenzentrum bewirkt werden, soweit dessen Umsätze in Bezug auf die Verwaltung eigenständigen Charakter haben und für die Leistungen spezifisch und wesentlich sind. Nach dem - erst nach der Beratung des erkennenden Senats ergangenen - Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. März 2005 (C-472/03, Staatssecretaris von Financien/Arthur Andersen & Co. Accountants, IStR 2005, 313) muss ein (steuerbefreiter) Versicherungsvertreter nicht imstande sein, den Versicherer zu verpflichten. Von dem Verwalter eines Sondervermögens dürfte dies danach erst recht nicht zu verlangen sein.
Die Verwaltung eines Investmentfonds erfordert, wie die Klägerin überzeugend dargelegt hat, vielfältige Aktivitäten, vom Research über Anlageentscheidungen bis zur Buchführung und der Erfüllung von Berichtspflichten. Die Steuerfreiheit der Verwaltung eines Sondervermögens setzt deshalb nicht - entgegen dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, der steuerbefreiten Verwaltung einer Vorsorgeeinrichtung, R 69 Abs. 1 UStR 2005 und der Rechtsprechung des EuGH - voraus, dass die gesamte Verwaltung in den Händen eines Unternehmers liegt oder dieser für die Anlageentscheidungen bevollmächtigt ist. Eine derartige Einschränkung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Sie stünde mit dem Gesetzesziel, die Anleger des Sondervermögens zu entlasten, nicht im Einklang (vgl. BFH-Urteil v. vom 25. November 2004, V R 44/02, BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190 betr. die Steuerbefreiung von Heilumsätzen durch einen Sporttherapeuten, der als Subunternehmer nicht mit Krankenkassen oder Patienten, sondern einem ambulanten Reha-Zentrum abrechnete) und wäre zudem - weil Spezialisierung und Arbeitsteilung verhindernd - wirtschaftspolitisch nicht sinnvoll.
Im Streitfall sind typische Verwaltungshandlungen auf die Schweizer Bank ausgelagert worden. Denn die Umsetzung der komplexen Anlageregeln des Fonds, die zahlreiche Vorgaben und Beschränkungen enthalten, in wirtschaftlich sinnvolle, d.h. unter Ertrags-, Wertsteigerungs- und Risikogesichtspunkten Erfolg versprechende Vorschläge betrifft den Kernbereich eines Investmentfonds, dessen Hauptaufgabe in der Sicherung und Mehrung des eingesetzten Vermögens liegt.
Hierbei handelte es sich nicht nur um den qualitativ wichtigsten, sondern auch um einen quantitativ erheblichen Teil der gesamten Verwaltung des Sondervermögens. Dies ergibt sich daraus, dass die Kapitalanlagegesellschaft wegen der Auslagerung derartiger Aufgaben an die Schweizer Bank und andere externe Dienstleister Personal einsparte und zur Verwaltung aller Fonds mit einem Volumen von 4,5 Mrd. Euro neun Personen in der Fonds-Buchhaltung, aber nur sieben Personen im Portfoliomanagement einsetzen musste. Bestätigt wird dies durch die Höhe der an die Schweizer Bank gezahlten Vergütung, welche (abhängig von der Höhe des Vermögens) nur um etwa ein Drittel hinter der Vergütung der sonstigen Verwaltungstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft zurückblieb.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 FGO).