08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 30.03.2005 – V 131/01
Eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung und Geschäftsstellen. Es ist nicht erforderlich, dass die Nutzung der Einrichtung einen größeren Umfang oder für das Unternehmen eine besondere Bedeutung hat. Vielmehr können auch nebensächliche und untergeordnete betriebliche Vorgänge oder bloße Hilfstätigkeiten zum Vorliegen einer Betriebstätte führen.
Zahlt ein Unternehmer keine Arbeitslöhne, ist für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages nach einem Maßstab zu suchen, der die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt. Welcher Ersatzmaßstab im Einzelfall zu wählen ist, entscheidet sich nach den jeweiligen Umständen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags.
Die Klägerin wurde mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 24.10.1991 und Sitz in G gegründet. Das Stammkapital in Höhe von 50.000 DM wurde von Herrn H, der auch zum Geschäftsführer bestellt wurde, treuhänderisch für Herrn D als Treugeber gehalten. Auf den Treuhandvertrag vom 24.10.1991 (Blatt 6 bis 10 Akte Allgemeines) wird Bezug genommen. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und die Verwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und für eigene Rechnung sowie die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten.
Die Klägerin erwarb Wohnungen, die vermietet waren und die sie weitervermietete und auch veräußerte. Sie hatte nach ihrer Gründung im Jahr 1991 mehrere Eigentumswohnungen (Objekt X-Weg) zu Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt 1.173.400 DM erworben, die sie über einen Kredit bei der Vereins- und Westbank fremdfinanzierte. 1992 erwarb sie zwei weitere Objekte (X-Straße und Y-Straße) zu Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt ca. 4,8 Mio. DM. Auch diese Objekte refinanzierte sie über die Hamburger Sparkasse. 1994 wurde das Objekt X-Straße zu ca. 3,1 Mio. DM und 1995 das Objekt Y-Straße 65 zu ca. 4,95 Mio. DM sowie ein Teil der Eigentumswohnungen des Objekts Hellkamp zu ca. 560.000 DM veräußert. Die übrigen Eigentumswohnungen dieses Objekts blieben in den Streitjahren mit einen Buchwert von 652.688 DM aktiviert; die Klägerin erzielte aus der Vermietung dieser Eigentumswohnungen im X-Weg weiterhin Einnahmen.
Die Klägerin bediente sich für die Verwaltung dieser Objekte zunächst einer Fremdfirma, der in Hamburg ansässigen Firma B, und ab 1995 der A GmbH, deren Gesellschafter D war und die in den Streitjahren in dem Büro Y-Weg ansässig war. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Sanierung von Objekten baubetreuende Aufgaben wahrzunehmen hatte, übertrug sie diese auf die D GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls D war und die ebenfalls in dem Büro Y-Weg ansässig war. D gab für die Klägerin vor, welche Objekte zu verkaufen waren und bestimmte ihre Strategie. Er war auch mit den für die Klägerin abgeschlossenen Darlehensverträgen befasst. So richtete die Hamburger Sparkasse an die Klägerin unter der Adresse Y-Weg, Hamburg, folgendes Schreiben vom 19.8.1993: „Festzinsvereinbarung ab 1.8.93 Darlehen Nr. ... Sehr geehrter Herr ... (D), wie vereinbart, haben wir den Zinssatz für das oben genannte Darlehen mit Wirkung vom 1.8.93 auf zur Zeit 6,95% p.a. geändert...”
Am 21.2.1994 schloss die Klägerin mit der Vereins- und Westbank AG einen Darlehensvertrag über einen Betrag von den 1.088.000 DM ab. Das Angebot dieses Vertrages ist an die Klägerin, „z. Hd. Herrn ... (D), Y-Weg, Hamburg” adressiert. D übernahm in Höhe der Darlehenssumme eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Der Kontoauszug der Vereins- und Westbank vom 12.4.1994 zur Konto Nr. ..., der eine Umbuchung des Darlehensbetrages vor den 1.088.000 DM beinhaltet, ist ebenfalls an die Klägerin „c/o ... (D), Y-Weg, Hamburg”, gerichtet. Auf Blatt 69 bis 72 der Akte Arbeitsbogen I wird Bezug genommen. Mit an D gerichtetem Schreiben vom 17.3.1995 bittet die Erwerberin des Objekts Y-Straße, die Kaufpreiszahlung bis zum 1.5.1995 verschieben zu dürfen (Blatt 149 Arbeitsbogen II).
Die Klägerin beschäftigte außer dem Geschäftsführer H keine weiteren Angestellten. H erhielt für seine Geschäftsführertätigkeit kein Entgelt; er war in den Streitjahren als Angestellter bei dem die Klägerin betreuenden Steuerberater S vollzeitbeschäftigt. In dessen Büro befanden sich die aktuellen Buchführungsunterlagen der Klägerin; sofern diese nicht mehr benötigt wurden, wurden sie an die Privatadresse von H verlagert.
In der Zeit von August bis Dezember 1999 führte das Finanzamt F eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer gelangte zu der Auffassung, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse davon auszugehen sei, dass sich der Ort der Geschäftsleitung in Hamburg, Y-Weg, befinde, da die zur Durchführung der Tätigkeit der Klägerin maßgeblichen Entscheidungen durch den an diesem Ort geschäftsansässigen Treugeber D getroffen würden.
Am 2.2.2000 erließ das Finanzamt F Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1994 bis 1997, mit denen dieser für 1994 auf 43.370 DM, für 1995 auf 88.190 DM, für 1996 auf 10.482 DM und für 1997 auf 4.467 DM festgesetzt wurde. Mit Bescheiden vom 11.2.2000 zerlegte das Finanzamt F den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1994 bis 1997 auf die Gemeinde G zu jeweils 10% und auf die Freie und Hansestadt Hamburg zu jeweils 90%.
Mit Schreiben vom 6.3.2000 eingegangen am selben Tag, legte die Klägerin beim Finanzamt F Einspruch gegen die Zerlegungsbescheide vom 11.2.2000 ein. Auch das Amt L legte mit Schreiben vom 21.2.2000 Einspruch gegen die Zerlegungsbescheide für 1994 bis 1997 ein. Mit Schreiben vom 6.6.2000 teilte die Klägerin dem Finanzamt mit, dass diese ihren Sitz mit Wirkung ab 1.1.2000 nach Hamburg, Y-Weg, verlegt habe, woraufhin das Finanzamt F die Sache an den Beklagten zuständigkeitshalber übergab.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 28.2.2001 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin wie auch des Amtes L als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 26.3.2001, eingegangen am 27.3.2001, hat die Klägerin Klage erhoben. Mit Schreiben vom 2.4.2001, eingegangen selben Tage, hat das Amt L zum Az. V 134/01 Klage erhoben, die dieses mit Schreiben vom 1.6.2001 zurückgenommen hat.
Die Klägerin trägt vor: Die Betriebsstätte und Geschäftsführung habe sich in den Streitjahren im privaten Wohnhaus des Geschäftsführers befunden. Sämtliche geschäftsleitenden Tätigkeiten seien vom Geschäftsführer durchgeführt worden. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung sei regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung der Gesellschaft befugte Person die ihr obliegende geschäftsführende Tätigkeit leiste. Dies sei bei einer GmbH im Allgemeinen der Ort, an dem sich das Büro des Geschäftsführers befinde. Dieses Büro habe sich in G befunden. In diesem Büro hätten sich Geschäftsunterlagen befunden. Die gesamte für die Klägerin bestimmte Geschäftspost sei an die Adresse des Büros in G gegangen. Geschäftsleitende Entscheidungen seien im Büro des Wohnhauses in G getroffen worden. Hierfür werde Beweis angeboten durch die Vernehmung des Geschäftsführers H als Zeugen. In dem Steuerberaterbüro, in dem H seiner Angestelltentätigkeit nachgegangen sei, sei keine Geschäftsführungstätigkeit für die Klägerin vorgenommen worden. über die dortigen Räume habe er keine Verfügungsmacht gehabt, sodass es an dem Merkmal der dauernden Verfügungsmacht fehle, selbst wenn er hin und wieder eine Geschäftsführungshandlung vorgenommen haben sollte. Von der eigentlichen Geschäftsführungstätigkeit sei die steuerliche Betreuung der Klägerin streng zu trennen. Es komme nicht darauf an, dass der Treugeber, die Verwaltungsgesellschaft, die Baubetreuung sowie die Steuerberatung und die Hausbank in Hamburg gewesen seien. Hierbei handele es sich um Hilfstätigkeiten für den Geschäftsführer, die der Geschäftsführungstätigkeit des H nicht zuzurechnen seien. H habe sämtliche Kaufverträge für die Klägerin abgeschlossen und sämtlichen Schriftwechsel in Angelegenheiten der Klägerin vorgenommen. Im Streitfall sei die tatsächliche Oberleitung in den Räumen des H in G vollzogen worden. H habe seine Geschäftsführertätigkeit eigenverantwortlich ausgeübt.
Die Klägerin beantragt, die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags für 1994 bis 1997, jeweils vom 11.2.2000 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.2.2001, ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor: Die Klägerin habe in Hamburg, Y-Weg, wo der Treugeber-Alleingesellschafter D geschäftsansässig sei, eine Betriebsstätte unterhalten. Dieser habe die zur Ausübung der Tätigkeit der Klägerin maßgebenden Entscheidungen getroffen. Die geschäftliche Oberleitung der Klägerin habe sich in seinen, des D, Händen befunden. Da in den Streitjahren sowohl in Hamburg als auch in G Betriebsstätten unterhalten worden seien, seien die einheitlichen Steuermessbeträge zu zerlegen gewesen. Da Arbeitslöhne nicht gezahlt worden seien, habe es zur Anwendung des § 33 GewStG kommen müssen. Nach den erzielten Betriebseinnahmen hätten die Messbeträge in voller Höhe der Freien und Hansestadt Hamburg zugewiesen werden müssen, da hier sämtliche vermieteten Objekte belegen seien. Im Hinblick auf die Tätigkeit des bestellten Geschäftsführers H sei jedoch der Gemeinde G ein Zerlegungsanteil von 10% zugebilligt worden, was den tatsächlichen Verhältnissen angemessen Rechnung trage.
Am 9.8.2004 hat einen Erörterungstermin und am 30.3.2005 eine mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschriften über diese Termine wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.3.2005 ist die Gemeinde G, vertreten durch das Amt L, zu dem Verfahren beigeladenen worden.
Dem Gericht haben die Akte Allgemeines Band I, die Gewerbesteuerakten Band I a, die Gewerbesteuerakten Band I b, die Körperschaftsteuerakten Band I, ein Hefter Kontrollmitteilungen, die Bilanz- und Bilanzberichtsakten Band I, die Rechtsbehelfsakten, die Akte Arbeitsbogen I und die Akte Arbeitsbogen II zur Steuernummer ... vorgelegen.
Gründe
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin ist durch die Gewerbesteuerzerlegungsbescheide für 1994 bis 1997 vom 11.2.2000 nicht in ihren Rechten verletzt. Das Finanzamt F hat zu Recht Zerlegungsanteile am einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 10% der Gemeinde G und in Höhe von 90% der Freien und Hansestadt Hamburg zugewiesen.
1. Die Klägerin hat in den Streitjahren sowohl in der Wohnung ihres Geschäftsführers in G als auch im Büro ihres Treugeber-Gesellschafters im Y-Weg, Hamburg, Betriebsstätten im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 12 der Abgabenordnung (AO) und § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG unterhalten.
Nach § 28 Abs.1 Satz 1 GewStG ist der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten wurden. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 14 Abs. 2 Satz 2 GewStG). Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes werden im Erhebungszeitraum in mehreren Gemeinden unterhalten, wenn ein und derselbe Gewerbebetrieb (s. § 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG) zu irgendeinem Zeitpunkt im Kalenderjahr oder nacheinander während des Kalenderjahrs Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält (BFH, Urteil vom 17.2.1993, I R 19/92, BFHE 171, 304, BStBl II 1993, 679).
Was unter einer Betriebsstätte zu verstehen ist, ergibt sich - auch für gewerbesteuerliche Zwecke - aus § 12 AO, weil §§ 28 ff. GewStG keine eigene Definition enthalten (vgl. BFH, Urteile vom 17.3.1982, I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624; vom 8.3.1988, VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; vom 26.2.1992, I R 58/91, BFH/NV 1992, 766; vom 16.12.1998, I R 74/98, BFHE 188, 113, BStBl II 1999, 365; vom 13.9.2000, X R 174/96, BFHE 194, 222, BStBl II 2001, 734; Beschluss vom 10.11.1998, I B 80/97, BFH/NV 1999, 665). Dabei ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. BFH, Urteil vom 7.6.2000, III R 9/96, BFHE 192, 363, BStBl II 2000, 592).
Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebsstätten sind insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) und Geschäftsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 3 AO) anzusehen.
a) Im Streitfall hat die Klägerin in den Streitjahren in dem Büro im Y-Weg eine Betriebsstätte in Form einer Geschäftsstelle im Sinne des § 12 Satz 2 Nr. 3 AO unterhalten.
aa) Geschäftsstellen sind Geschäftseinrichtungen, in denen unternehmensbezogene Tätigkeiten ausgeführt werden (vgl. BFH, Urteil vom 10.5.1989, I R 50/85, BFHE 157, 142, BStBl II 1989, 755; Beschluss vom 17.12.1998, I B 101/98, BFH/NV 1999, 753; Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 12 Rdnr. 16). Eine Geschäftsstelle muss nicht geschäftlicher Mittel- oder Ausgangspunkt für die Tätigkeit sein. Die zu unternehmerischen Zwecken genutzten Räume müssen auch nicht eine spezielle Geschäftsausstattung vorweisen. Es reicht aus, dass sie tatsächlich als Büro benutzt wurden (Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 12 AO Rdnr. 33; s. auch BFH, Urteil vom 10.5.1989, I R 50/85 a.a.O.).
Eine Geschäftsstelle kann jedoch nur Betriebstätte desjenigen Unternehmens sein, dessen Betrieb sie unmittelbar dient. Das ist dann der Fall, wenn der Unternehmer sie für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken benutzt. Die Nutzung muss nicht durch ein persönliches Tätigwerden erfolgen. Der Unternehmer kann selbst tätig werden oder zur Erzielung seiner unternehmerischen Zwecke (eigene oder von Dritten überlassene) Arbeitnehmer einsetzen. Die erforderliche eigene betriebliche Tätigkeit kann auch darin bestehen, dass der Unternehmer (bzw. sein Personal) von ihm eingesetzte selbständige Subunternehmer überwacht. Entscheidend für das Vorliegen einer Geschäftsstelle als Betriebsstätte i.S. des § 12 AO ist die Förderung des Unternehmenszwecks.
Es ist nicht erforderlich, dass die Nutzung der Einrichtung einen größeren Umfang oder für das Unternehmen eine besondere Bedeutung hat. Vielmehr können auch nebensächliche und untergeordnete betriebliche Vorgänge oder bloße Hilfstätigkeiten zum Vorliegen einer Betriebstätte führen. Jedoch muss auch insoweit eine gewisse Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit gegeben sein, weshalb nur gelegentliche Betriebshandlungen (z.B. vereinzelte betriebliche Telefongespräche) grundsätzlich nicht zur Begründung einer Betriebstätte ausreichen. § 12 AO fordert nicht, dass die Einrichtung insgesamt für die Tätigkeit des Unternehmens genutzt wird. Es kann deshalb für die Annahme einer Betriebstätte ausreichen, wenn sie nur zum Teil dieser Tätigkeit dient. Deshalb kann auch eine Einrichtung, die nur mittelbar der Einnahmeerzielung dient und/oder selbst nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, Betriebstätte sein (Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 12 AO Rdnr. 19).
bb) Im Streitfall handelt es sich bei dem Büro im Y-Weg um eine Geschäftsstelle i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 3 AO. Bei diesem handelte sich um eine Geschäftseinrichtung, an der Tätigkeiten ausgeführt wurden, die dem Unternehmenszweck der Klägerin dienten. Die Klägerin ging in den Streitjahren dem Handel mit Grundstücken sowie deren Verwaltung und Vermietung nach. Diese Tätigkeit wurde maßgeblich von dem Büro im Y-Weg ausgeführt.
Die Klägerin bediente sich für die Verwaltung der seit 1991 erworbenen zahlreichen Mietobjekte ab 1995 der A-GmbH, die in den Streitjahren in dem Büro Y-Weg ansässig war. Soweit die Klägerin nach dem Erwerb von Objekten baubetreuende Aufgaben wahrzunehmen hatte, bediente sie sich der D GmbH, die ebenfalls in dem Büro Y-Weg ansässig war. D war maßgeblich in die Abwicklung und Finanzierung des An- und Verkaufs der Immobilien der Klägerin involviert. Das ergibt sich u.a. aus dem Schriftverkehr zwischen D und der Vereins- und Westbank in Sachen der Klägerin betreffend den Darlehensvertrag vom 21.2.1994 über die Darlehenssumme von 1,088 Mio. DM wie auch dem Schreiben der E K.G. vom 17.3.1995 an D zum Zwecke der Verschiebung des Termins zur Kaufpreiszahlung.
Damit wurde ein wesentlicher Teil der Tätigkeit der Klägerin in dem Hamburger Büro ausgeführt. Dass die Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin insoweit nicht durch ihren Geschäftsführer H erfolgte, sondern von Subunternehmern bzw. dem Treugeber-Gesellschafter wahrgenommen wurde, ist für die Bestimmung des Hamburger Büros als Betriebsstätte (Geschäftsstelle) nicht von Bedeutung. Denn der Unternehmer kann sich zur Erzielung seiner unternehmerischen Zwecke der Mithilfe Dritter, wie z.B. von Angestellten oder von Subunternehmen bedienen. Ebenso ist nicht von Bedeutung, dass es sich bei dem Büro um Räumlichkeiten handelt, die auch zu anderen Zwecken eingesetzt wurden. Maßgeblich ist allein, dass ein im Streitfall beachtlicher Teil der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin von hier aus erfolgte.
cc) Ob für das Vorliegen einer Geschäftsstelle im Sinne des § 12 Satz 2 Nr. 3 AO eine dauerhafte Einrichtung mit Verfügungsmacht des Unternehmers im Sinne des § 12 Satz 1 AO erforderlich ist oder die in § 12 Satz 2 AO aufgezählten Unternehmenseinrichtungen, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen, als Betriebsstätten anzusehen sind (vgl. BFH, Urteil vom 28.7.1993, I R 15/93, BFHE 172, 301, BStBl II 1994, 148; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 12 AO Rdnr. 6) kann unentschieden bleiben (vgl. BFH, Beschluss vom 30.4.2004, III B 90/03, nicht veröffentlicht). Denn im Streitfall handelt es sich bei dem Büro im Y-Weg um eine „feste” Einrichtung, über die die Klägerin eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hatte. Eine „feste” Einrichtung im Sinne des § 12 AO bedeutet nicht, dass die Einrichtung im Eigentum des Unternehmers stehen muss (BFH, Urteil vom 30.1.1974, I R 87/72, BFHE 111, 397, BStBl II 1974, 327). Dafür ist vielmehr grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres beseitigt oder verändert werden kann (BFH, Urteile vom 17.3.1982, I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624; vom 23.5.2002, III R 8/00, BFHE 198, 325, BStBl II 2002, 512). Diese Rechtsposition muss weder ausdrücklich vereinbart noch auf einen bestimmten Raum oder Arbeitsplatz bezogen sein; es genügt, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.7.2004, I R 106/03, nicht veröffentlicht; Buciek in Beermann, a.a.O., § 12 AO Rdnr. 12).
D hatte aufgrund seiner beherrschenden Stellung in den für die Klägerin tätigen und im Büro Y-Weg ansässigen Kapitalgesellschaften wie auch als alleiniger Treugeber-Gesellschafter die Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen, dass die Räumlichkeiten im Y-Weg auch für unternehmerische Zwecke der Klägerin zur Verfügung standen. Die im Streitfall bestehende Personenidentität zwischen dem jeweiligen beherrschenden Gesellschafter sowohl der für die Verwaltung wie auch für die Baubetreuung tätigen GmbH und dem Treugeber-Gesellschafter der Klägerin war Garant dafür, dass die Klägerin die Räumlichkeiten in Y-Weg zur ständigen Nutzung zur Verfügung hatte.
b) Die Klägerin hat darüber hinaus, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in G eine Betriebsstätte unterhalten.
Gemäß § 12 Satz 2 Nr. 1 AO ist als Betriebsstätte insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen. § 10 AO definiert die Geschäftsleitung als den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Dies ist der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird und die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden (BFH, Urteil vom 3.7.1997, IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86).
Der Geschäftsführer hat in seiner Wohnung in G kaufmännische Arbeiten (z.B. Fertigung von Schriftverkehr) verrichtet. Nach dem maßgeblichen Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse befand sich mithin in G ein fester Bezugspunkt für die Leitungstätigkeit des H.
2. Der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag war in den Streitjahren jeweils im Verhältnis von 90% auf die Freie und Hansestadt Hamburg sowie von 10% auf die Gemeinde G zu zerlegen.
a) Der Zerlegungsmaßstab richtet sich nach §§ 29 bis 31 und 33 GewStG. Zwar ist gemäß § 29 Abs.1 Nr.1 GewStG die Zerlegung nach der Summe der Arbeitslöhne durchzuführen, die an die bei den verschiedenen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmern gezahlt worden sind. Im Streitfall zahlte die Klägerin jedoch keinerlei Arbeitslöhne an Arbeitnehmer, weshalb der an sich vorgeschriebene Zerlegungsmaßstab undurchführbar ist. In diesem Fall führt die Rechtsfolge nicht etwa zu einem Absehen von der Zerlegung. Letzteres wäre nur möglich, wenn Arbeitslöhne nur in einer Betriebsstätte gezahlt worden wären. Tatsächlich wurden sie aber in keiner Betriebsstätte gezahlt. Die Undurchführbarkeit des an sich vorgeschriebenen Maßstabes zwingt zur Anwendung des § 33 GewStG. Die Anwendung des § 29 Abs.1 Nr.1 GewStG ist unbillig i.S. des § 33 GewStG, weil die an sich zwingend vorgeschriebene Zerlegung nur wegen des Fehlens jeglicher Arbeitslöhne nicht vorgenommen werden kann. Die Unbilligkeit betrifft damit die Anwendung des an sich vorgesehenen Zerlegungsmaßstabes und nicht irgendein Zerlegungsergebnis (vgl. BFH, Urteil vom 7.12.1994, I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175).
b) Als Zerlegungsmaßstab nach § 33 Abs.1 Satz 1 GewStG, „der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt”, hält der Senat die von dem Finanzamt F vorgenommene und durch die Einspruchsentscheidung des Beklagten bestätigte Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags auf die Freie und Hansestadt Hamburg mit 90% und die Gemeinde G mit 10% für billig und angemessen.
Mit der Verteilung des Gewerbesteueraufkommens nach den gezahlten Arbeitslöhnen (§ 28 GewStG) soll dem äquivalenzprinzip Rechnung getragen werden. Danach stellt die Gewerbesteuer einen Ausgleich für die Lasten dar, die den Gemeinden durch das Unternehmen entstehen. Dieser Zweck der Zerlegung kommt unter anderem in der Sondervorschrift des § 30 GewStG über die Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten zum Ausdruck.
Zahlt ein Unternehmer keine Arbeitslöhne, ist, da die Zerlegung nach §§ 29 Abs. 1, 31 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG nach einem Maßstab zu suchen, der die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt. Welcher Ersatzmaßstab im Einzelfall zu wählen ist, entscheidet sich nach den jeweiligen Umständen. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Kapitalgesellschaft den Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung von Grundbesitz betreibt und der Ort der Belegenheit und der Verwaltung des Grundbesitzes von dem der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft abweicht, ist der Ersatzmaßstab unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Zerlegungsvorschriften zu schätzen.
Danach ergibt sich, dass die Schätzung des Anteils der Lasten, die die Freie und Hansestadt Hamburg getragen hat, mit 90% billig und angemessen ist. Allein in Hamburg waren sämtliche Vermietungsobjekte der Klägerin belegen. Ausschließlich in Hamburg fand die Verwaltung und Baubetreuung für diese Objekte statt. Die aktuellen Buchführungsunterlagen befanden sich ebenfalls in Hamburg bei dem dortigen Steuerberater der Klägerin. In Hamburg wurden die in den Streitjahren abgeschlossenen Grundstückskaufverträge notariell beurkundet. Mit dem in Hamburg ansässigen Treugeber-Gesellschafter der Klägerin wurden Kreditvereinbarungen für Zwecke der Klägerin getroffen. Von Hamburg aus wurden die Steuererklärungen für die Klägerin gefertigt und durch den Geschäftsführer der Klägerin als Angestellter des Steuerberaters der Klägerin versandt. Demgegenüber befand sich in G, in der dortigen Wohnung des Geschäftsführers der Klägerin, zwar der Ort der Geschäftsleitung. über diesen indes wurde nur ein Teil des Schriftverkehrs und offensichtlich nur ein Teil der Leitung abgewickelt. Denn die „wichtigen” Entscheidungen sind nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht von H sondern von D gefällt worden. Der von dem Beklagten angewandte Zerlegungsmaßstab, demgemäß 10% des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags auf die Gemeinde G zu zerlegen sind, ist unter Berücksichtigung dieser Umstände billig und angemessen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 und Abs. 3, § 139 Abs. 4 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.