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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Gerichtsbescheid vom 27.05.2003 – 5 K 72/02

    Der aus einem schwebenden Geschäft drohende Verlust ist nur insoweit durch Teilwertabschreibung (der aktiven Herstellungskosten) zu erfassen, als gerade der Wert der teilfertigen Leistung - ohne Berücksichtigung des überlagernden Bauvertrages - am Stichtag (dauerhaft) gemindert ist. Der Umstand, dass die vereinbarten Erlöse die voraussichtlich insgesamt anfallenden Herstellungskosten nicht decken werden, berührt den Wert der teilfertigen Leistung grundsätzlich nicht, sondern betrifft die Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Bauvertrages als schwebendes Geschäft und kann nur im Wege der Drohverlustrückstellung erfasst werden.


    Tatbestand

    Streitig ist die Bewertung teilfertiger Bauarbeiten. Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Nach einer abgekürzten Außenprüfung ist zwischen den Beteiligten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitig, dass zum Bilanzstichtag 31. März 1997 bei 12 Bauaufträgen die jeweils vereinbarten Entgelte niedriger waren als die insgesamt jeweils zu erwartenden Herstellungskosten. Wegen der Beträge im Einzelnen wird auf den Prüfungsbericht vom 18.April 2000, insbesondere auf die Prüfungsanmerkung 7 Bezug genommen. Die Klägerin meint, die Differenzbeträge seien ohne Rücksicht auf den Stand der Bauarbeiten im Streitjahr in voller Höhe verlustwirksam zu berücksichtigen. In der Vergangenheit hatte die Klägerin in vergleichbaren Fällen die teilfertigen Arbeiten mit den Herstellungskosten aktiviert und für den insgesamt erwarteten Verlust eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet (sog. Bruttoausweis). Diese Möglichkeit ist für die steuerliche Gewinnermittlung entfallen mit der Einführung von § 5 Abs. 4a und § 52 Abs. 6a in das Einkommensteuergesetz (-EStG- i. d. F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997, Bundesgesetzblatt -BGBl- I 2590). Die Regelung ist erstmals anwendbar für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.Dezember 1996 enden.

    Im Feststellungszeitraum wertete die Klägerin die Bilanzansätze der teilfertigen Arbeiten nach den Grundsätzen der verlustfreien Bewertung im Umfang der Differenzbeträge ab. Der Prüfer berücksichtigte demgegenüber die Differenzbeträge nur anteilig nach dem jeweiligen Stand der Arbeiten. Über den jeweiligen Stand der Arbeiten und über die sich ergebenden Beträge besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Gegen den geänderten Feststellungsbescheid vom 24. Mai 2000 erhob die Klägerin Einspruch, den das beklagte Finanzamt (FA) durch Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2002 als unbegründet zurückwies. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen. Dagegen hat die Klägerin am 18. Februar 2002 Klage erhoben.

    Sie meint, der von ihr ermittelte Wert der teilfertigen Arbeiten entspreche dem steuerlichen Teilwert. Ein gedachter Erwerber des gesamten Unternehmens, der die Verpflichtung zur Fertigstellung übernehme, würde die bisher erbrachten Leistungen um die aus dem Geschäft insgesamt zu erwartenden Verluste geringer bewerten. Wirtschaftsgüter seien im Steuerrecht höchstens mit dem Teilwert zu bewerten. Der Auffassung des FA liege im Übrigen die falsche Vorstellung zugrunde, dass sich der aus einem Bauvorhaben insgesamt zu erwartende Verlust gleichmäßig auf den Baufortschritt verteile. Sei etwa bei der Kalkulation die Baustelleneinrichtung vergessen worden, habe sich der Verlust vollständig realisiert, sobald die Baustelle eingerichtet sei; Gleiches gelte bei witterungsbedingten Bauverzögerungen.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    die teilfertigen Arbeiten um .... DM niedriger anzusetzen und den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von .... DM festgestellt werden.

    Das beklagte Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte meint, der aus einem schwebenden Geschäft insgesamt zu erwartende Verlust sei aufzuteilen. Soweit er auf noch zu erbringende Bauleistungen entfalle, sei der Regelungsbereich der Drohverlustrückstellung betroffen, die mit steuerlicher Wirkung nicht mehr gebildet werden dürfe. Der auf bereits erbrachte Leistungen entfallende Verlustanteil könne aber berücksichtigt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer sei (vgl. BMF-Schreiben vom 14. November 2000, Bundessteuerblatt -BStBl I 2000, 1514 und OFD Kiel, Verfügung vom 30. März 2000, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2000, 1143).

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Klägerin hat ausdrücklich angeregt, durch Gerichtsbescheid zu erkennen; der Beklagte hat einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

    Gründe

    Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klägerin kann die aus teilweise erfüllten Bauverträgen erwarteten Verluste nicht in voller Höhe von den aktivierten Herstellungskosten der teilfertigen Bauten abziehen.

    Das ergibt sich aus § 5 Abs. 4a EStG. Nach dieser Vorschrift dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in der Steuerbilanz nicht gebildet werden. Die hier streitigen Verluste fallen in den Anwendungsbereich der Norm. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) sind für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Rückstellungen zu bilden. Bis zur Einführung des § 5 Abs. 4a EStG galt dies kraft der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Handelsbilanz auch für die Steuerbilanz. Davon ist der Gesetzgeber abgerückt, ohne das zugrunde liegende Begriffsverständnis ändern zu wollen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bildung einer Drohverlustrückstellung sind hier erfüllt.

    Schwebende Geschäfte sind gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge, die hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht noch nicht voll erfüllt sind (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Großer Senat -GrS- Beschluss vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, Entscheidungen des BFH -BFHE- 183, 199, BStBl II 1997, 735 m. w. N.). Das ist hier unstreitig der Fall. Aus den betreffenden Bauverträgen drohten der Klägerin auch Verluste. Ein Verlust droht, wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass der Wert der eigenen Verpflichtung aus dem Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (vgl. BFH GrS a. a. O.). Die Beteiligten sind sich nach einer Außenprüfung einig, dass in zwölf näher bezeichneten Einzelfällen nach Maßgabe dieser Begriffsbestimmung ein Verpflichtungsüberschuss der Klägerin bestand und wie er zu beziffern war. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Richtigkeit der betreffenden Feststellungen in Zweifel zu ziehen und den Sachverhalt hinsichtlich der Einzelheiten der Bewertung weiter aufzuklären. Die Bildung einer Drohverlustrückstellung entsprach der früheren Handhabung der Klägerin.

    Ob und ggf. in welchem Umfang bei dieser Sachlage alternativ der für teilfertige Bauarbeiten in der Bilanz gebildete Aktivposten abgewertet werden darf oder muss, ist streitig (zum Streitstand: Schmidt / Weber-Grellet, EStG 22. Aufl. § 5 Rn. 270 „Unfertige Erzeugnisse” m. w. N. und Finanzgericht -FG- Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. November 2002 5 K 1468 /01, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2003, 289; Rev. eingelegt, Az des BFH: VIII R 1/03). Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Einigkeit besteht, dass teilfertige Bauten nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB), die auch für die Steuerbilanz maßgeblich sind, mit den Herstellungskosten zu aktivieren sind.

    Weber-Grellet verneint die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung mit der Begründung, teilfertige Bauten seien bis zu ihrer Fertigstellung keine Wirtschaftsgüter. Die Aktivierung der auf sie entfallenden Herstellungskosten diene nur der periodengerechten Abgrenzung des entsprechenden Herstellungsaufwands (Weber-Grellet, Betriebsberater -BB- 2003, 37, 38 m. w. N.). Dieser Auffassung wird mit Recht entgegen gehalten, dass entstehende Bauten bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und nach der Verkehrsanschauung der Bewertung zugänglich sind. Sie unterfallen damit dem weiten steuerrechtlichen Begriff des Wirtschaftsguts (so auch: FG Rheinland-Pfalz, EFG 2003, 289, 293 m. w. N.). Nach Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich bei teilfertigen Bauten um (entstehende) Forderungen (BMF-Schreiben vom 14. November 2000, BStBl I 2000, 1514), während die Literatur wohl allgemein Vorratsvermögen annimmt und der Gliederungsposition B I 2 „unfertige Erzeugnisse / unfertige Leistungen” gemäß § 266 Abs. 2 HGB zuordnet (überzeugend: Hofer, DStR 2001, 635, 636). Die Frage des richtigen Ausweises in der Bilanz kann indes auf sich beruhen, weil sie in beiden Varianten die grundsätzliche Zulässigkeit von Abschreibungen nicht berührt.

    Liegen die Voraussetzungen sowohl für eine Teilwertabschreibung also auch für die Bildung einer Rückstellung vor, kommt es darauf an, ob im Handelsrecht ein Vorrang der Abschreibung vor der Rückstellungsbildung gilt, der auch für das Steuerbilanzrecht maßgeblich ist. Diese Auffassung wird zunehmend in der Kommentarliteratur vertreten. Danach sollen drohende Verluste aus schwebenden Geschäften vorrangig durch Abschreibung auf der Aktivseite berücksichtigt werden (Bordewin, Finanzrundschau -FR- 1998, 226, 228; Clemm / Erle, Beckscher Bilanz-Kommentar, 4. Aufl. § 249 Rn. 68; Hofer, DStR 2001, 635; Hoffmann, BB1997, 1195, 1196; ders., DStR 2000, 1338; Rogler/Jacob, BB 2000, 2407; Scheffler, Becksches Handbuch der Rechnungslegung B 233 Rn. 175; Wulf / Roessle, Der Betrieb -DB- 2001, 393). Andernfalls läge eine Überbewertung des jeweiligen Vermögensgegenstandes vor. Rückstellungen seien echte Passiva und dürften nur gebildet werden für Sachverhalte, die aktivisch nicht erfasst werden könnten. Rückstellungen dürften insbesondere keine Wertberichtigungen zu Aktivposten darstellen (Art. 20 Abs. 3 der Jahresabschlussrichtlinie, JaR: Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978). Dies entspreche auch dem Teilwertgedanken im Steuerrecht. Ein gedachter Erwerber des gesamten Betriebes würde von den aktivierten Herstellungskosten den aus dem Geschäft insgesamt zu erwartenden Verlust absetzen, weil er nicht bereit wäre, einen Verlust zu übernehmen. Nach dieser Auffassung kommen Drohverlustrückstellungen vor allem in der Anfangsphase von Bauleistungen in Betracht; § 5 Abs. 4a EStG liefe jedoch weitgehend leer (so schon: Hoffmann, BB 1997, 1195, 1196).

    Nach der Gegenmeinung soll eine Teilwertabschreibung nur dann in Betracht kommen, wenn feststeht, dass der auf die teilfertigen Bauten entfallende Anteil der vereinbarten Vergütung am Bilanzstichtag unter den bisher angefallenen Herstellungskosten liegt und diese Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (Klingelhöfer, Steuerliche Betriebsprüfung -StBP- 2000, 364; BMF-Schreiben vom 14. November 2000BStBl I 2000, 1514; OFD Kiel, Verfügung vom 30. März 2000, DStR 2000, 1143; vgl. auch: BMF-Schreiben vom 27. April 2001, DB 2001, 2018). Durch den Ansatz mit dem anteiligen niedrigeren Erlös wirke sich der bisher aufgelaufene Verlust bei der Bewertung steuerlich aus, nicht jedoch ein anteiliger künftiger Verlust, der auf noch zu erbringende Leistungen entfalle (vgl. auch: Hermann Heuer-Report -HHR-, § 5 Rn. 976). Für den auf zukünftige Herstellungskosten entfallenden Verlustanteil sei in der Handelsbilanz, nicht jedoch in der Steuerbilanz eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden. Nach dieser Auffassung besteht kein Konkurrenzverhältnis, sondern eine tatbestandliche Abgrenzung zwischen dem aktivischen und dem passivischem Verlustausweis. Die Frage nach einem (handelsrechtlichen) Vorrang der Teilwertabschreibung vor der Drohverlustrückstellung stellte sich nicht.

    Der erkennende Senat schließt sich der Verwaltungsauffassung insoweit an, als er eine tatbestandliche Trennung zwischen dem Anwendungsbereich der Teilwertabschreibung und der Bildung einer Drohverlustrückstellung für richtig hält, die Konkurrenzüberlegungen grundsätzlich entbehrlich macht (im Ansatz ebenso: FG Rheinland-Pfalz, EFG 2003, 289, 294). Nach Auffassung des BFH war die verlustbringende Vermietung von zwei Heizwerken nicht im Wege der Teilwertabschreibung, sondern durch Bildung einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen, weil der Grund der mangelnden Rentabilität der Heizkraftwerke allein in ihrer verlustbringenden Vermietung lag (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 1983 VIII R 160/79, BFHE 139, 244, BStBl II 1984, 56). Entsprechende Aussagen des BFH zur Verlustberücksichtigung bei schwebenden Absatzgeschäften existieren zwar nicht. Im Grundsatz kann hier jedoch nichts anderes gelten. Sowohl die Rückstellung wegen drohender Verluste als auch die Teilwertabschreibung erfassen entstandene und konkret zu erwartende, aber noch nicht realisierte Verluste (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Der aus einem schwebenden Geschäft insgesamt drohende Verlust ist nur insoweit durch Teilwertabschreibung (der aktivierten Herstellungskosten) zu erfassen, als gerade der Wert der teilfertigen Leistung - ohne Berücksichtigung des überlagernden Bauvertrags - am Stichtag (dauerhaft) gemindert ist. Der Umstand, dass die vereinbarten Erlöse die voraussichtlich insgesamt anfallenden Herstellungskosten nicht decken werden, berührt den Wert der teilfertigen Leistung grundsätzlich nicht, sondern betrifft die Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Bauvertrags als schwebendes Geschäft und kann nur im Wege der Drohverlustrückstellung erfasst werden.

    Bei dieser Sichtweise bildet der Aktivposten „teilfertige Leistung” weniger den anteiligen Anspruch auf die im Bauvertrag vereinbarte Vergütung ab als vielmehr den Wert des entstehenden Gebäudes, der bis zur beiderseitigen Erfüllung des Vertrags dem Unternehmer zuzurechnen ist (dazu: Hofer, DStR 2001, 635, 636). Für die Bewertung des noch nicht fertiggestellten Wirtschaftsguts muss die übliche Teilwertvermutung in der Weise ergänzt werden, dass die bis zum Stichtag angefallenen Herstellungskosten dem Teilwert und den Wiederbeschaffungskosten am Stichtag entsprechen. Der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren hängt nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von ihrem voraussichtlichen Veräußerungserlös ab (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 14/98 BFHE 189, 51, BStBl II 1999, 681). Dabei kann jedoch für die Bewertung der teilfertigen Leistung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts nicht auf den konkret vereinbarten Erlös abgestellt werden, weil diese Größe maßgeblich den drohenden Verlust des ganzen Geschäfts bestimmt. Nach Maßgabe der Heizwerke-Entscheidung des BFH ist die teilfertige Leistung auch dann voll werthaltig, wenn sie in Erfüllung eines verlustbringenden Vertrags hergestellt wird. Vielmehr ist der Wert der teilfertigen Leistung ohne Berücksichtigung des konkret vereinbarten Kaufpreises nach allgemeinen Maßstäben zu bestimmen.

    Die gegenteilige Ansicht in der Literatur überzeugt nicht. Sie differenziert nicht zwischen der notwendigen Einzelbewertung des Wirtschaftsguts „teilfertige Leistung” und der Verlustprognose für das schwebende Geschäft als Ganzes. Dies zeigt vor allem die Diskussion um den Teilwertbegriff. Mit der Literatur ist allerdings davon auszugehen, dass ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs den aus einem schwebenden Geschäft insgesamt zu erwartenden Verlust bei der Bemessung des Gesamtkaufpreises berücksichtigen würde (a. A.: Tjarks, FR 2002, 329). Das besagt jedoch nichts darüber, ob der Verlust im Einzelnen als Minderwert der teilfertigen Leistung oder als drohender Verlust aus dem schwebenden Geschäft zu erfassen wäre. Denn ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs übernimmt nicht nur das teilfertige Bauwerk mit seinen u. U. geminderten Wiederbeschaffungskosten und Erlöserwartungen, sondern auch die Verpflichtung zu dessen Fertigstellung zu einem feststehenden Preis. Er hat beides einzeln zu bewerten (vgl. Klingelhöfer, StBP 2000, 364, 366 unter Hinweis auf Lück / Kless, DStR 1997, 591). Dabei wird zumindest der Teil des gesamten Verlusts als Drohverlustrückstellung der noch nicht vollständig erfüllten Leistungsverpflichtung zuzuordnen sein, dem ein verbleibender Verpflichtungsüberschuss entspricht. Umgekehrt ist aber nicht ausgeschlossen, dass der gesamte Verlust im Einzelfall als Teilwertberichtigung zu erfassen ist. Bei strikter Trennung der Anwendungsbereiche von Teilwertabschreibung und Drohverlustrückstellung ergibt sich weder eine zu hohe Bewertung der unfertigen Leistung noch ein Verstoß gegen die EU-Jahresabschlussrichtlinie. Eine unzulässige Aufteilung eines einheitlichen Geschäfts wird vor der Realisierung der wechselseitigen Ansprüche nicht erkannt (vgl. zum sog. Nettorealisationsprinzip: Weber-Grellet, DB 2002, 2180 ff.).

    Die vom FG Rheinland-Pfalz vorgeschlagene Abgrenzung vermag den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. Das FG meint, Teilwertabschreibung und Drohverlustrückstellung ergänzten sich in zeitlicher Hinsicht. Verluste, die aus einem schwebenden Rechtsgeschäft erst nach dem Bilanzstichtag drohen, könnten allein Gegenstand einer Drohverlustrückstellung sein. Durch die Aktivierung der Herstellungskosten werde der entsprechende Herstellungsaufwand beim Bauunternehmer neutralisiert. Daraus ergebe sich zwingend, dass die bis zum Stichtag angefallenen und anteilig realisierten Verluste bei der Bewertung der teilfertigen Leistung zu berücksichtigen seien. Dagegen spricht, dass der Verlust als Saldo des gesamten Geschäfts begrifflich erst mit dessen Abwicklung realisiert wird. Entsprechend dürfte die Drohverlustrückstellung erst mit Realisierung aufgelöst werden, muss jedoch - um die doppelte Erfassung des Aufwands zu vermeiden - bei der vom FG Rheinland-Pfalz vertretenen Auffassung kontinuierlich dem Baufortschritt angepasst werden. Der Bauvertrag wird damit wie ein Dauerschuldverhältnis behandelt, das er nicht ist (zur Aufteilung von Dauerschuldverhältnissen nach Maßgabe der erbrachten Sachleistungen in einen bereits abgewickelten und einen noch abzuwickelnden Teil: Groh, BB 1988, 27). Wenn außerdem in begründeten Einzelfällen eine Erfassung des gesamten Verlusts als Teilwertabschreibung für möglich gehalten wird, müssen auch Kriterien benannt werden, nach denen ein Verlust einer anderen Periode zugeordnet werden kann.

    Der Senat braucht derzeit nicht zu klären, unter welchen Umständen im Einzelnen eine Teilwertabschreibung bei schwebenden Absatzgeschäften auf die aktivierten Herstellungskosten in Betracht kommt, weil die Klägerin die Ursachen und Gründe für die erwarteten Verluste nicht vorgetragen hat. Nach den Angaben der Klägerin ergaben sich die von ihr berücksichtigten Verluste aus einer Gegenüberstellung der insgesamt aufzuwendenden Leistungen mit den vereinbarten Erlösen. Aus welchen Gründen die vereinbarten Erlöse die zur Erfüllung der eigenen Verpflichtungen aufzuwendenden Kosten nicht abdeckten, ist nicht dargetan. Die abstrakt angeführten Fälle des Kalkulationsfehlers und der nicht vorhergesehenen Bauverzögerung betreffen das schwebenden Geschäft und beeinträchtigen den Wert des unfertigen Baus nicht. Für sie ist deshalb handelsrechtlich eine Drohverlustrückstellung zu bilden. Nichts anderes ergibt sich, falls die Klägerin bewusst Verluste einkalkuliert haben sollte. Auch diese Verluste betreffen nicht die teilfertige Leistung, sondern das Geschäft als Ganzes. Es bedarf keiner Entscheidung, ob daneben die vom IV. Senat des BFH aufgestellten Grundsätze greifen, wonach eine Teilwertabschreibung zumindest dann nicht in Betracht kommt, wenn sich die einzelne Verlustkalkulation im Rahmen eines rentabel arbeitenden Betriebs nicht als Fehlmaßnahme darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 14/98, BFHE 189, 51, BStBl II 1999, 681; anders noch: BFH-Urteil vom 19. Juli 1983 VIII R 160/97, BFHE 139, 244, BStBl II 1984, 56; kritisch zur Übertragbarkeit auf die Baubranche: Hofer, DStR 2001, 635, 639). Dem liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, dass bewusst in Kauf genommene Verluste für ein rentables Unternehmen im Rahmen einer Deckungsbeitragsrechnung von Vorteil sein können. Diese Vorteile sind bei der Teilwertbestimmung zu berücksichtigen.

    Nach allem hält der Senat die von der Finanzverwaltung vorgenommene Aufteilung der Verluste nach dem Baufortschritt zwar nicht für richtig. Gleichwohl kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die Klägerin keine Tatsachen dargelegt hat, die hinsichtlich der einzelnen teilfertigen Leistungen eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der Verluste im Wege der Teilwertabschreibung zulassen.

    Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen. Der Senat entscheidet, einer Anregung der Klägerin folgend, durch Gerichtsbescheid, § 90a Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, EStG § 5 Abs. 4a