08.01.2010
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 16.02.2001 – V 231/98
-Es spricht nicht gegen die Annahme von Vollverschleiß, wenn das Gebäude vor Beginn der Baumaßnahmen noch für gelegentliche Übernachtungen genutzt worden ist.
-Eine wesentliche Verbesserung ist anzunehmen bei Erneuerung der für die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Substanz, insbesondere der Geschossdecken, der Treppen und des gesamten Dachstuhls.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob erhebliche Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) zu erfassen sind.
Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Sie sind seit 1970 Miteigentümer des mit einem neuen Wohn- und einem älteren Nebenhaus bebauten Grundstücks A. Das Objekt ist als Zweifamilienhaus bewertet. Das 1971/72 errichtete Wohnhaus (Wohnfläche 161 qm) nutzen die Kl. zu eigenen Wohnzwecken. Das 1946/47 errichtete Nebenhaus („kleines Haus”) war seit 1970 fast durchgängig vermietet, zuletzt als Büroraum an ... GmbH (GmbH). Vermietet war nur das Erdgeschoss (vgl. Mietvertrag vom 30. Juni 1991), die vereinbarte Miete betrug 200 DM pro Monat (350 DM ab Januar 1996). Die Mieterin zahlte die Miete für 1994 und 1995 im Mai 1995 in einer Summe. Geschäftsführer der Mieterin waren der Kl., sein Sohn sowie Herr ... Alleinige Gesellschafterin der Mieterin war die ... GmbH. An dieser Gesellschaft (Stammkapital ... DM) waren der Kl. und seine beiden volljährigen Söhne mit Stammeinlagen von insgesamt ... DM, mithin zu 2/3 beteiligt; der Kl. selbst hielt eine Stammeinlage von ... DM (= 22,35 %).
Von 1993 bis 1995 führten die Kl. an dem Nebenhaus umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten für insgesamt über 320.000 DM (lt. ESt-Erklärung 1993: 60.425,73 DM; 1994: 212.468,18 DM; 1995: 48.699,77 DM) durch. Das 1946 errichtete Gebäude ist vollunterkellert, es besteht ein separater Kellereingang. An das Wohnzimmer im Erdgeschoss schließt sich eine verglaste Veranda mit ca. 10 qm Fläche an. Die Wohnfläche beträgt im Erdgeschoss ca. 32 qm (Wohnzimmer, Küche, Flur, Bad und WC) und im Obergeschoss ca. 13 qm. Am Walm des ausgebauten Daches befindet sich eine Gaube. Die Anschaffungskosten betrugen 18.237 DM (lt. AfA-Blatt).
Nach der schriftlichen Beurteilung des Architekten vom 25. Februar 1993 befand sich das Gebäude vor der Instandsetzung „in einem recht schlechten Zustand”. Das sei primär auf die während der Bauzeit in den Jahren 1946/47 verwendeten „behelfsmäßigen und minderwertigen Baustoffe” zurückzuführen. Als weitere Ursache sei der Wasserrohrbruch 1983 anzusehen. Die seinerzeitigen Maßnahmen zur Trockenlegung des Keller- und Erdgeschossmauerwerks seien unzureichend gewesen. Im Einzelnen empfahl der Architekt, den gesamten Dachstuhl zu ersetzen, da tragende Teile durch Holzbock und Wurmbefall „irreparabel geschädigt” seien. Aus demselben Grund müssten auch die Balken der Erdgeschossdecke ersetzt werden. Die Veranda sollte wegen Korrosion oberhalb der Fensterbänke komplett ersetzt werden, einschließlich eines neuen Daches. Fußböden und Fenster, die sanitäre Installation (Stand: 1946 mit u. a. kohlebeheiztem Badeofen und hochhängendem, mit Zink ausgeschlagenem Holzspülkasten), die Geschosstreppe und die gesamte Elektroinstallation seien zu erneuern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 25. Februar 1993 Bezug genommen.
Die Kl. ließen - eigenen Angaben zufolge - sämtliche vorgeschlagenen Maßnahmen durchführen und nahmen dabei u. a. folgende Veränderungen am Gebäude vor: Im Kellergeschoss wurde ein Fenster zugemauert; zwei vorher nicht vorhandene Fenster wurden neu hergestellt, im Erdgeschoss ein weiteres. Die vorhandene Einstiegsluke (0,6 m x 0,9 m) zum Keller wurde ausgebaut und zubetoniert, ein neuer Deckendurchbruch (2,1 m x 1,6 m) geschaffen und die Treppe vom Keller bis zum Dachgeschoss erneuert. Die Kellerdecke wurde mit Beton ausgesteift. Im Erdgeschoss ließen die Kl. u. a. den Durchgang vom Wohnzimmer zur Veranda von vorher 1,4 m auf 2,5 m verbreitern, den vorhandenen 2-zügigen Schornstein abreißen, eine durchfeuchtete Innenwand ersetzen, eine Innenwand herstellen und den Wintergarten vollständig erneuern. Das Obergeschoss wurde komplett neu aufgebaut (Erdgeschossdecke, Drempel, Ringbalken, Auflager, Dachstuhl, einschließlich Gaube und dreier Dach flächenfenster).
Für die Modernisierung des Bades, die Herstellung der Sanitäranschlüsse und Fliesenarbeiten im Erdgeschoss und Keller wandten die Kl. gemäß Rechnung vom 30. Januar 1995 über 40.000 DM auf (Bad, bestehend aus: Eckdusche, WC-Anlage und Waschtisch ca. 18.000 DM). Die Fa. ... besorgte u. a. Deckenvertäfelungen (Abschlagsrechnung vom 2. November 1994) für 8.000 DM. Im Kellergeschoss wurden zwei Heizkörper installiert. Fensterbänke wurden in Marmor ausgeführt, Teppichböden für fast 8.000 DM verlegt, Deckenlampen, Rollos und Vorhänge für weitere 6.000 DM gefertigt bzw. angebracht sowie eine Einbauküche für 16.000 DM angeschafft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den ESt-Akten befindlichen Rechnungen Bezug genommen. Während der Bauzeit war das Nebenhaus nicht bewohnbar.
Die Kl. erklärten für 1994 aus der Vermietung des Objekts - bei Erhaltungsaufwendungen für das Nebenhaus von 212.486 DM - Einkünfte von ./. 209.835 DM. Das beklagte Finanzamt (FA) behandelte die Aufwendungen nach Anhörung der Kl. als Herstellungskosten (Generalüberholung), ermittelte die Einkünfte aus der Vermietung des Objekts mit ./. 2.678 DM und setzte die ESt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest (ESt-Bescheid für 1994 vom 12. März 1996). Im Einspruchsverfahren berücksichtigte das FA - unter Verböserung der Ausgangsentscheidung - die Einkünfte aus der Vermietung des Objekts nicht mehr, änderte den ESt-Bescheid mehrfach wegen hier nicht streitiger Punkte zuletzt am 10. September 1997.
Den Einspruch wies es als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Anwendung der sog. „großen Übergangsregelung” (§ 52 Abs. 21 S. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) hätten im Streitjahr nicht vorgelegen, da das Nebenhaus nicht bewohnbar war und nicht vermietet werden konnte (vgl. § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Auch vorweggenommene Werbungskosten lägen nicht vor. Das Mietverhältnis mit der GmbH sei steuerlich nicht anzuerkennen, da es einem Fremdvergleich nicht standhalte. Es seien die Grundsätze über Verträge zwischen Angehörigen anwendbar. Der Kl. und seine beiden Söhne seien mittelbar an der Mieterin (beherrschend) beteiligt. Unüblich sei das Fehlen einer Nebenkosten- und einer Kautionsvereinbarung, die verspätete Zahlung der Miete sowie ferner, dass schriftliche Vereinbarungen für die Zeit des Umbaus nicht getroffen wurden. Der Vertrag verstoße auch gegen § 42 Abgabenordnung (AO). Der Kl. habe im Haupthaus ein eigenes Arbeitszimmer. Deshalb sei nicht anzunehmen, dass er das Nebenhaus zum Arbeiten genutzt habe. Die Aufwendungen stünden in keinem Verhältnis zu den Mieteinnahmen. Die Ausstattung des Hauses sei für Büroräume ungewöhnlich (Kabel-TV, Teppichboden, Einbauküche, Rollos). Auf die Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1998 wird im Übrigen Bezug genommen.
Die Klage ist am 25. Februar 1998 bei dem Finanzgericht eingegangen.
Die Kl. meinen, bei den Aufwendungen für die Instandsetzung des Nebenhauses handele es sich um typische Erhaltungsaufwendungen, da im Zuge der Arbeiten das Wesen des Gebäudes nicht verändert worden sei. Dazu behaupten sie, innerhalb des Hauses seien keine Wände versetzt worden. Es seien zwar Aufwendungen in erheblicher Höhe angefallen. Als Alternative sei jedoch nur der Abbruch des Gebäudes in Betracht gekommen. Die Ausstattung mit Küche, Dusche, Rollos etc. sei für Büroräume - auch im Hinblick auf künftige Vermietungen - nicht ungewöhnlich, zumal das Gebäude auch für gelegentliche Übernachtungen genutzt werde.
Die Mieterin benötige die Räume als Büro; hauptsächlich nutze der Kl. in seiner Eigenschaft als Mitgeschäftsführer die Räume als Arbeitszimmer. Als Mitglied der Geschäftsleitung habe er Zugriff auf die Schlüssel. Im Haupthaus habe er kein eigenes Arbeitszimmer. Die Bezeichnung im Architektenplan stimme mit der tatsächlichen Nutzung nicht überein. Ein Arbeitszimmer sei auch niemals steuerlich geltend gemacht worden. Aber auch andere Mitglieder der Geschäftsleitung nutzten die Räume u. a. als Übernachtungsmöglichkeit, wenn ihre Anwesenheit in ... erforderlich sei. Für die Mieterin sei dies günstiger als die Hotelkosten. Während der Bauzeit sei der Mieterin ein anderes Zimmer im Haupthaus zur Verfügung gestellt worden; eine schriftliche Vereinbarung habe man für entbehrlich gehalten. Das Haupthaus habe sich in einem weit besseren Zustand befunden als das Nebenhaus vor der Instandsetzung; für eine Minderung der Miete habe deshalb keine Veranlassung bestanden.
Das Mietverhältnis sei steuerlich anzuerkennen. Die Mieterin werde nicht von Angehörigen beherrscht. Der Kl. habe keinen beherrschenden Einfluss; die Anteile seiner volljährigen Söhne könnten ihm mangels gleichgerichteter Interessen nicht zugerechnet werden. Die Mieterin habe ein nachvollziehbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Mietvertrag. Die Mietzahlungen seien (deshalb) bei ihr auch nicht als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt worden. Die Vereinbarung halte außerdem dem sog. Fremdvergleich stand. Die Vereinbarung einer Bruttomiete ohne Kaution sei nicht unüblich. Der Abweichung von der vereinbarten regelmäßigen Zahlung der Miete habe man angesichts der geringen Höhe keine Bedeutung beigemessen. Im Übrigen habe die Mieterin die zu zahlenden Mieten stets passiviert.
Eine Umgehung (§ 42 AO) liege ebenfalls nicht vor. Das Nebenhaus sei zu keinem Zeitpunkt privat genutzt worden. Der ganze Umfang der erforderlichen Arbeiten habe sich erst im Verlauf der Instandsetzung gezeigt und nachträglich eine erhebliche Kostensteigerung ausgelöst.
Die Kl. beantragen,
die Verluste aus der Vermietung des Objektes A (Nebenhaus) in Höhe von ./. 209.835 DM zu berücksichtigen und den ESt-Bescheid 1994 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung entsprechend zu ändern.
Das beklagte FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist zur Begründung in allen Punkten auf die Einspruchsentscheidung.
Gründe
Die Klage ist überwiegend unbegründet. Zu Unrecht hat das FA allerdings die Einkünfte aus der Vermietung des Objekts unberücksichtigt gelassen. Die Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen für das Nebenhaus sind indes als Herstellungskosten nur in Höhe der Abschreibung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für die Anwendung der sog. großen Übergangsregelung zur Nutzungswertbesteuerung sind im Streitfall erfüllt (§§ 52 Abs. 21 Satz 2, 21 Abs. 2 EStG). Das Nebenhaus war - ungeachtet seiner vorübergehenden Unbenutzbarkeit - auch im Streitjahr zur dauernden Nutzung an die GmbH vermietet (§ 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Unter Vermietung im Sinne dieser Vorschrift ist entsprechend § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Gewährung des Gebrauchs einer Wohnung auf Zeit gegen Entgelt zu verstehen (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Mai 1992 IX R 168/87, BFHE 168, 166, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1992, 824 m. w. N.). Auf die tatsächliche Überlassung gerade des vermieteten Gegenstands kommt es - anders als für den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 1996 IX R 46/94, BFHE 181, 79, BStBl II 1996, 652 m. w. N.) - nicht an. Die Vertragsparteien haben das Mietverhältnis anlässlich der Instandsetzung und Modernisierung des teilweise vermieteten Nebenhauses nicht beendet, sondern unter Gestellung eines Ersatzraumes fortgesetzt. Der Senat unterstellt insoweit die Richtigkeit des unter Zeugenbeweis gestellten und vom FA nicht bestrittenen Vortrags, dass eine mündliche Vereinbarung darüber getroffen worden ist. Eine solche Vereinbarung ist, da nicht Wohnraum betroffen war, formfrei wirksam (arg. § 566 BGB).
Die Anwendung der sog. großen Überlegungslösung scheitert auch nicht daran, dass der zur Fortsetzung des Mietverhältnisses ersatzweise zur Verfügung gestellte Raum zu der Wohnung im eigenen Haus gehört. Allerdings kann insoweit ein Nutzungswert nicht angesetzt werden, weil dieser Teil der Wohnung - wenn auch vorübergehend - nicht tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 1988 IX R 224/84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1989, 159). Die auf diesen Raum anteilig entfallenden Aufwendungen sind auch nicht als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar, weil sie nicht in einem hinreichend eindeutigen Zusammenhang mit den anschließend wiederum der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Einnahmen stehen. Die Gewährung der Nutzung ist nicht durch die später (wieder) beabsichtigte Selbstnutzung veranlasst (vgl. BFH a. a. O.).
Das Mietverhältnis ist auch steuerlich anzuerkennen. Die Grundsätze über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen sind auf den Streitfall nicht anwendbar. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Mietvertrag und seine Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Zwar sind der Kl. und seine beiden volljährigen Söhne gemeinsam an der Mieterin (mittelbar) zu mehr als der Hälfte beteiligt. Zwischen dem Kl. und seinen Söhnen sind jedoch keine gleichgerichteten Interessen bezüglich der Mietzahlungen erkennbar. Das Interesse der Gesellschafter der Mieterin war nicht auf die Zahlung von Mietzinsen an den Kl., sondern vielmehr auf einen möglichst ungeschmälerten Gewinn gerichtet. Aus demselben Grund ist auch eine Umgehung des Steuergesetzes (§ 42 AO) nicht anzunehmen. Die Mieterin hat ein nachvollziehbares eigenes Interesse an dem gemieteten Raum dargetan. Dabei unterstellt der Senat als richtig, dass der gemietete Raum nicht nur vom Kl. als Arbeitszimmer, sondern auch von anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung u. a. als Übernachtungsmöglichkeit genutzt worden ist. Weder die Höhe der Miete für sich genommen, noch das Verhältnis der Erhaltungsaufwendungen zu den Mieteinnahmen lässt eindeutig auf einen Gestaltungsmissbrauch schließen.
Entgegen der klägerischen Auffassung liegen im Streitfall jedoch keine Erhaltungsaufwendungen, sondern nachträgliche Herstellungskosten vor.
Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt ebenso für das Steuerrecht, und zwar auch für die Einkünfte aus VuV (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, 476, BStBl II 1990, 830). Ob nach dieser Vorschrift Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen an Gebäuden als nachträgliche Herstellungskosten zu beurteilen sind, hängt davon ab, ob sie für eine Neuherstellung, Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehende wesentliche Verbesserung aufgewandt werden.
Ist das Gebäude so sehr abgenutzt, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), so wird durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Wirtschaftsgut hergestellt (BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 116/92 BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632). Allerdings ist ein Gebäude nicht schon dann in diesem Sinne unbrauchbar, wenn es nicht vermietbar ist, weil es wegen Abnutzung und Verwahrlosung zeitgemäßen Wohnvorstellungen nicht mehr entspricht, sondern nur bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1997 X R 54/96, BFH/NV 1998, 841; BFH-Urteil vom 13. Oktober 1998 IX R 61/95, BFHE 187, 431, BStBl II 1999, 282; vgl. aber auch: Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 13. April 1999 I 18/98, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1999, 1070; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 4. Juli 2000 11 K 6696/98, EFG 2001, 18).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Aus der Beschreibung des Architekten ergibt sich, dass der gesamte Dachstuhl und die tragenden Balken der Decke über dem Erdgeschoss durch Schädlingsbefall irreparabel geschädigt waren. Dabei handelt es sich um schwere Substanzschäden. Zu der die Nutzungsdauer eines Gebäudes bestimmenden Substanz gehören zumindest die Geschossdecken. Zudem musste die Kellergeschossdecke zur Verstärkung überbetoniert und eine durchfeuchtete Innenwand ersetzt werden. Der Senat geht deshalb davon aus, dass das Gebäude vor Beginn der Arbeiten im Sinne eines Vollverschleißes abgenutzt war. Das steht in Einklang mit der wiederholten Behauptung der Kl., als Alternative zu der umfassenden Instandsetzung sei nur der Abriss in Betracht gekommen. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des Architekten bei der Errichtung behelfsmäßige und minderwertige Baustoffe zum Einsatz gelangt sind, so dass angesichts einer tatsächlichen Nutzungsdauer von fast 50 Jahren ein Substanzverschleiß objektiv möglich erscheint. Auf die Ursachen einer eventuell vorzeitigen Abnutzung kommt es im Übrigen nicht an. Dagegen spricht nicht, dass das Erdgeschoss bis zum Beginn der Arbeiten vermietet war. Der Senat unterstellt zwar, dass die Räume zu gelegentlichen Übernachtungen genutzt worden sind. Angesichts des dokumentierten Zustands der sanitären Einrichtungen (Stand: 1946) kann dies jedoch nur unter weitesten persönlichen Einschränkungen und unter Verzicht auf gewohnte Standards geschehen sein. Ob eine Dauernutzung zu Wohnzwekken unter diesen Umständen möglich gewesen wäre, kann dahinstehen.
Ferner bilden Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen (nachträgliche) Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstehen. Die Erweiterung eines Gebäudes liegt u. a. vor, wenn seine nutzbare Fläche vergrößert wird oder wenn nachträglich Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren (BFH BStBl II 1996, 632). Aufwendungen für eine Erweiterung der Wohnfläche sind stets als Herstellungskosten zu beurteilen, auch wenn die Erweiterung nur geringfügig ist (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1998 IX R 72/95, BFH/NV 1999, 761). Dafür genügt - wie im Streitfall - der Abriss eines Schornsteins. Von einer Erweiterung der Wohnfläche wäre auch auszugehen, soweit durch die Neuerrichtung des Wintergartens ganzjährig nutzbarer zusätzlicher Wohnraum entstanden ist (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1998 IX R 80/95, BFH/NV 1999, 605). Nach den Feststellungen des Architekten war die vorhandene Konstruktion aufgrund fehlender Wärmedämmung von Anfang an zum dauernden Aufenthalt ungeeignet. Dasselbe würde gelten, falls das Dachgeschoss vor dem Umbau unbewohnbar war. Eine Erweiterung unter dem Gesichtspunkt des Einbaus vorher nicht vorhandener Bestandteile ist hinsichtlich der zusätzlichen Fenster, der Vergrößerung des Durchbruchs zum Wintergarten und, soweit vorher nicht vorhanden, der Dachflächenfenster anzunehmen. Der Senat lässt die - gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen weiter aufzuklärenden - tatsächlichen Fragen dahinstehen. Offen bleiben kann auch, inwieweit die auf die Erweiterung entfallenden Kosten abtrennbar sind und welche Kosten gegebenenfalls als Herstellungskosten zu behandeln wären, weil sie mit Erweiterungsmaßnahmen bautechnisch ineinander greifen.
Herstellungskosten sind jedenfalls i. S. einer gegenüber dem ursprünglichen Zustand wesentlichen Verbesserung anzunehmen.
Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen sind auch dann nachträgliche Herstellungskosten, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen. Ursprünglicher Zustand i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist grundsätzlich der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige es in sein Vermögen aufgenommen hat. Dies ist, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude erworben hat, der Zeitpunkt der Anschaffung, im Streitfall das Jahr 1970. Eine wesentliche Verbesserung liegt nicht schon dann vor, wenn einzelne Bestandteile eines Hauses durch zeitgemäße neue ersetzt werden. Das gilt auch dann, wenn damit eine werterhöhende Modernisierung verbunden ist, die dem Haus lediglich den zeitgemäßen Wohnkomfort wiedergibt, den es ursprünglich besessen, aber durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten verloren hatte. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn nicht nur einzelne Teile erneuert oder modernisiert, sondern an dem Gebäude als Ganzem Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ausgeführt werden.
Eine Verbesserung ist vielmehr erst dann wesentlich, wenn nach objektiven Maßstäben über die zeitgemäße Erneuerung hinaus der Gebrauchswert des Hauses im Ganzen deutlich erhöht wird; denn nach dem Gebrauchswert entscheidet sich, ob für die Zukunft ein höheres Nutzungspotential geschaffen worden ist. Danach können Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, in ihrer Gesamtheit zu Herstellungskosten führen, wenn sie über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen (etwa durch Verwendung außergewöhnlich hochwertiger Materialien in erheblichem Umfang oder eine besondere bauliche Gestaltung) und dadurch der Gebrauchswert des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand deutlich erhöht und die Verbesserung damit insgesamt i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich wird. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen sind Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung nicht hinausgehen, grundsätzlich außer Betracht zu lassen (BFH-Urteil BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632 m. w. N.). Eine deutliche Steigerung des Gebrauchswerts, die zu einer wesentlichen Verbesserung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führt, kann auch in einer deutlichen Verlängerung der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes aufgrund der streitigen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten begründet sein. Die Gesamtnutzungsdauer verlängert sich nicht schon durch die zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung von Bestandteilen, deren gewöhnliche Nutzungsdauer von vornherein kürzer war als die tatsächliche Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes. Aufwendungen, welche die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes verlängern, sind in der Regel nur dann nachträgliche Herstellungskosten, wenn sie die Substanz, die im Wesentlichen die Lebensdauer des Gebäudes bestimmt, verändern. Ein Indiz für einen deutlich gesteigerten Gebrauchswert kann sich schließlich aus einem deutlichen Anstieg der erzielbaren Miete im Vergleich zu der Miete ergeben, die bei einer Neuvermietung unmittelbar vor den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erzielbar gewesen wäre. Mietsteigerungen, die lediglich auf zeitgemäßen bestandserhaltenden Erneuerungen beruhen, sind nicht in diese Beurteilung miteinzubeziehen (vgl. BFH, a. a. O.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze gehen die streitigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen über eine substanzerhaltende Erneuerung hinaus und sind deshalb insgesamt als Herstellungskosten zu beurteilen. Aufgrund der bekannten Umstände des Falles ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Gebrauchswert des Hauses im Ganzen deutlich erhöht worden ist. Die Kl. haben insbesondere durch den Einbau wertvoller Materialien in erheblichem Umfang eine Steigerung des Wohn- und Gebrauchswerts herbeigeführt, die über eine zeitgemäße Modernisierung hinausgeht. Das gilt vor allem für das Badezimmer. Die Höhe der Aufwendungen (ca. 18.000 DM) lässt in diesem Zusammenhang darauf schließen, dass eine über die Bestandserneuerung hinausgehende wesentliche Verbesserung bewirkt worden ist. Das alte Badezimmer entsprach eher einfachen Verhältnissen. Aber auch der Einbau von Holzvertäfelungen, Marmorfensterbänken, der Einbauküche und die Anschaffung hochwertiger Innendekorationen spricht für eine deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts.
Entscheidend ist jedoch, dass die Arbeiten die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes deutlich erhöht haben. Mit den Kl. ist davon auszugehen, dass vor Beginn der Maßnahmen keine restliche Nutzungsdauer mehr verblieb, weil das Gebäude abrissreif war. Demgegenüber gehen die Kl. - im Rahmen einer Prognosebetrachtung für die Gewinnerzielungsabsicht - nach Durchführung der Arbeiten von weiteren 100 Jahren Nutzungsdauer aus. Es kann dahinstehen, ob diesen Angaben zu folgen ist. Indes steht außer Zweifel, dass die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes durch die Arbeiten wesentlich verlängert worden ist, wobei sich die Verlängerung nicht nur aus der Ersetzung von Bestandteilen ergibt, deren gewöhnliche Nutzungsdauer von vornherein geringer war als die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes, sondern - wie vom BFH vorausgesetzt - aus einer darüber hinausgehenden Erneuerung der für die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Substanz (Geschossdecken, Treppe, Dachstuhl). Auf die Ausführungen zum Vollverschleiss kann insoweit Bezug genommen werden.
Die sich danach ergebenden erhöhten Absetzungen sind - ungeachtet der Tatsache, dass nur ein Teil des Nebenhauses vermietet ist - insgesamt als Werbungskosten anzusetzen, weil die Einkünfte aus dem Objekt insgesamt durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln sind (§§ 21 Abs. 2, 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.