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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.02.2010 – 4 K 2677/09 Z

    - Voraussetzung für die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK (hier: bei der Lohnveredelung von Textilien in Mazedonien ohne Zollpräferenz) ist, dass die Vorerzeugnisse in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden sind.


    - Die bloße Bewilligung des passiven Veredelungsverkehrs reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn seit der Abgabe der entsprechenden Zollanmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr weit mehr als ein Jahr verstrichen ist.


    - Die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK kann nicht nur nach der Differenzmethode des Art. 151 ZK, sondern auch nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK i.V.m. Art. 591 ZKDVO berechnet werden.


    Tatbestand

    Die Klägerin befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Bekleidung. Ihr wurde mit Verfügung vom 9. August 2000 ein passiver Veredelungsverkehr bewilligt.

    Die Klägerin ließ im Jahr 2005 Bekleidung von verschiedenen Unternehmen in Mazedonien herstellen. Sie meldete in dem Zeitraum vom Juni bis zum November 2005 in insgesamt 37 Fällen die Überführung der Textilwaren, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Lohnveredelung in Mazedonien hergestellt worden waren, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an (Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht vom 3. Januar 2008). Im Hinblick auf die von der Klägerin für die Textilwaren vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 sah die Zollstelle von der Erhebung von Zoll ab. Für die Herstellung der Textilwaren hatten die Unternehmen in Mazedonien Oberstoffe aus der Türkei verwendet. Im Februar 2006 setzte die Klägerin das Hauptzollamt A bezüglich fünf Einfuhranmeldungen (Anlage 8 des Prüfungsberichts) davon in Kenntnis, dass wegen der Verwendung der Oberstoffe türkischen Ursprungs die Zollpräferenz für die Textilwaren zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Das Hauptzollamt A erhob deshalb von der Klägerin mit Bescheid vom 8. Februar 2006 Zoll nach. Dabei ermittelte es den Zoll in Anwendung des Art. 150 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex – ZK –) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK.

    Die Klägerin meldete in dem Zeitraum vom September bis zum Oktober 2005 in insgesamt 13 Fällen (Anlagen 9 und 10 zum Prüfungsbericht vom 3. Januar 2008) die Überführung von in Mazedonien hergestellten Textilwaren in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Zollstelle sah im Hinblick auf die von der Klägerin in insgesamt 10 Fällen vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 von der Erhebung von Zoll ab. Die Klägerin hatte die für die Herstellung der Textilwaren in Mazedonien verwendeten Vormaterialien, die aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft stammten, in sämtlichen 13 Fällen in die passive Veredelung übergeführt und Veredelungsscheine ausgefüllt. Das Verfahren der passiven Veredelung wurde nicht beendet, weil die Klägerin einen unzutreffenden Verfahrenscode angegeben und die Veredelungsscheine nicht vorgelegt hatte. Im Februar 2006 setzte die Klägerin das Hauptzollamt A bezüglich sieben Einfuhranmeldungen (Anlage 10 zum Prüfungsbericht) davon in Kenntnis, dass wegen der Verwendung der Oberstoffe türkischen Ursprungs die Zollpräferenz für die Textilwaren zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Das Hauptzollamt A erhob deshalb von der Klägerin mit Bescheid vom 8. Februar 2006 Zoll nach. Dabei ermittelte es den Zoll in Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK.

    Ein Prüfer des beklagten Hauptzollamts begann am 23. Oktober 2006 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 hinsichtlich der vorgenannten Einfuhren die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK. Der Prüfer vertrat in seinem Bericht vom 3. Januar 2008 die Auffassung, dass für die Fälle der Anlagen 7 und 8 zu seinem Bericht Zoll von insgesamt 62.292,75 EUR nachzuerheben sei. Eine Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK komme insoweit nicht in Betracht, weil die Klägerin grob fahrlässig gehandelt habe (Randnr. 3.7.3.1). In den Fällen der Anlagen 9 und 10 sei Art. 150 Abs. 2 ZK zwar anwendbar, die Berechnung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben könne jedoch nur nach der Differenzmethode des Art. 151 ZK vorgenommen werden. Daher sei insoweit unter Berücksichtigung des Bescheids des Hauptzollamts A vom 8. Februar 2006 Zoll von 3.844,80 EUR nachzuerheben (Randnr. 3.7.3.2 und 3.7.3.3).

    Das beklagte Hauptzollamt folgte dem Prüfungsbericht und erhob von der Klägerin u.a. hinsichtlich der Anlagen 7 bis 10 zum Bericht mit Bescheid vom 4. Juli 2008 Zoll nach.

    Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend: Bezüglich der in den Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht aufgeführten Einfuhranmeldungen sei eine Heilung nach Art. 150 Abs. 2 ZK möglich, obwohl die Waren, aus denen die Textilwaren hergestellt worden seien, nicht in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden seien. Eine Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK setze nicht voraus, dass keine grobe Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliege. Sie könne anhand ihrer Aufzeichnungen und der korrespondierenden Aufzeichnungen der Hersteller der Textilwaren zudem die Nämlichkeit der ausgeführten und wieder eingeführten Waren nachweisen. Soweit der Prüfer bezüglich der in den Anlagen 9 und 10 zum Prüfungsbericht aufgeführten Einfuhranmeldungen eine Heilung nach Art. 150 Abs. 2 ZK für zulässig gehalten habe, sei für die Berechnung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht nur die Differenzmethode des Art. 151 ZK anzuwenden. Vielmehr sei hier die Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK anzuwenden, so dass der Zoll auch insoweit zu Unrecht nacherhoben worden sei.

    Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 30. Juni 2009 zurück und führte aus: Bezüglich der in den Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht aufgeführten Einfuhrfälle komme eine Heilung nach Art. 150 Abs. 2 ZK nicht in Betracht. Die Klägerin habe weder geplant noch gewollt, die Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Verfahren der passiven Veredelung zu überführen. Stattdessen habe sie die Waren der vorübergehenden Ausfuhr im Rahmen einer wirtschaftlichen Lohnveredelung in das Ausfuhrverfahren übergeführt. Dabei sei eine Präferenzbegünstigung wegen der Verwendung von Oberstoffen türkischen Ursprungs nicht möglich gewesen. Da bei der Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in die wirtschaftliche Lohnveredelung die Nämlichkeit nicht gesichert worden sei, habe sich das Versäumnis der Klägerin auf das reibungslose Funktionieren des Verfahrens auch ausgewirkt.

    Die Klägerin wiederholt mit ihrer Klage im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.

    Die Klägerin beantragt,

    den Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Juli 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2009 aufzuheben, soweit hinsichtlich der Anlagen 7 bis 10 zum Prüfungsbericht insgesamt 66.137,55 EUR Zoll nacherhoben worden ist;

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.

    Gründe

    Die Klage ist nur zu einem Teil begründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Juli 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit hinsichtlich der Anlagen 9 und 10 zum Prüfungsbericht vom 3. Januar 2008 Zoll nacherhoben worden ist. Soweit bezüglich der Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht Zoll nacherhoben worden ist, ist der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Juli 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

    Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Zolls in den Einfuhrfällen der Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht sind die Art. 220 Abs. 1 Satz 1, 221 Abs. 1 ZK. Die einer Zollschuld entsprechenden Abgabenbeträge waren insoweit nicht buchmäßig erfasst worden. Die Klägerin konnte für die von ihr aus Mazedonien eingeführten Textilwaren keine Zollpräferenz nach Art. 17 Abs. 1 des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits (ABl EU vom 20. März 2004 Nr. L 84/13) in Anspruch nehmen. Sie hat für die Textilwaren zwar Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 vorgelegt, wie dies Art. 16 Abs. 1 Buchst. a des Protokolls Nr. 4 (Protokoll Nr. 4) über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in” oder „Ursprungserzeugnisse” und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen (ABl EU vom 20. März 2004 Nr. L 84/108) erforderte. An diese Warenverkehrsbescheinigungen war das beklagte Hauptzollamt jedoch nicht gebunden, weil sie inhaltlich unrichtig waren (vgl. Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 7. November 2002 VII R 37/01, BFHE 200, 444, BStBl II 2003, 145). Die in Mazedonien hergestellten Textilwaren können nicht gemäß Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 als Ursprungserzeugnisse dieses Staats angesehen werden. Sie wurden nicht aus Erzeugnissen hergestellt, die in Mazedonien vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a des Protokolls Nr. 4). Die für die Herstellung der Textilwaren verwendeten Oberstoffe türkischen Ursprungs sind in Mazedonien auch nicht i.S. des Art. 6 des Protokolls Nr. 4 in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a des Protokolls Nr. 4). Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 i.V.m. Anhang II ex Kap. 62, ex Pos. 6202, 6204, 6206, 6209 und 6211 liegen nicht vor. Die Textilwaren wurden nicht nur aus Garnen mit Ursprung in der Türkei hergestellt. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die Textilwaren aus nicht bestickten Geweben hergestellt wurden, dessen Wert 40 v.H. des Ab-Werk-Preises der Waren nicht überschritten. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Toleranzregelungen der Einleitenden Bemerkungen 5.1, 5.2 und 6.1 des Anhangs I zum Protokoll Nr. 4. Die Klägerin hat im Gegenteil auf die Zollpräferenz verzichtet (Seite 30 des Prüfungsberichts).

    Die Klägerin kann für die von ihr zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Textilwaren in den Fällen der Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht nicht mehr eine teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK beanspruchen. Nach Art 150 Abs. 2 ZK wird die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht gewährt, wenn eine der Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung nicht erfüllt worden ist, sofern nicht festgestellt wird, dass die Versäumnisse ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren dieses Verfahrens geblieben sind. Wie der Wortlaut („in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung”) und die systematische Stellung (Titel IV., Kapitel 2 Zollverfahren, Abschnitt 3, G Passive Veredelung) des Art. 150 Abs. 2 ZK verdeutlichen, setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass von dem Verfahren der passiven Veredelung auch Gebrauch gemacht worden ist (vgl. Witte, ZK, 5. Aufl., Art. 150 Randnr. 18). Unverzichtbare Voraussetzung für die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK ist es daher, dass die Vorerzeugnisse in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden sind (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Februar 2002 11 K 120/00, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2002, 353; Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Erkenntnis vom 18. Dezember 2006 2004/16/0279). Hieran fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat die von ihr ausgeführten Vormaterialien und die aus der Türkei gelieferten Oberstoffe nicht in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt.

    Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, Art. 150 Abs. 2 ZK könne auch in Fällen Anwendung finden, in denen zwar ein passiver Veredelungsverkehr bewilligt, aber nicht in Anspruch genommen worden sei (Witte, ZK, Art. 150 Randnr. 18; Müller-Eiselt, Der Veredelungsverkehr, I 41/16), vermag dem der Senat aus den dargestellten Gründen nicht zu folgen. Überdies trifft jedenfalls für den Streitfall die von Witte (ZK Art. 150 Randnr. 18) für eine Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK herangezogene Begründung nicht zu. Witte (a.a.O.) verweist darauf, dass der Anmelder, der überhaupt keine Bewilligung gehabt habe, die rückwirkende Erteilung einer Bewilligung nach Art. 508 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 253/1) hätte beantragen können. Dabei wäre die Ausfuhranmeldung gemäß Art. 508 Abs. 3 Buchst. d i.V.m. Art. 251 Nr. 1c ZKDVO für ungültig erklärt und durch eine Anmeldung zur passiven Veredelung ersetzt worden. Nach Art. 508 Abs. 3 ZKDVO kann sich die Rückwirkung einer Bewilligung jedoch längstens auf einen Zeitraum von einem Jahr vor der Antragstellung erstrecken. Die Klägerin hat die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK erst mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 beantragt. Die in Rede stehenden Zollanmeldungen hatte sie indes bereits in den Monaten Juni bis November 2005 abgegeben. Die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK ist zwar nicht antragsgebunden. Andererseits muss der Beteiligte die Anwendung dieser Bestimmung zumindest anregen, weil die Zollbehörde insoweit nicht von Amts wegen tätig werden muss (Müller-Eiselt, Der Veredelungsverkehr I 41/6). Es ist der Klägerin zwar einzuräumen, dass es im Streitfall nicht um die rückwirkende Erteilung einer Bewilligung des passiven Veredelungsverkehrs geht. Gleichwohl zeigt die Frist des Art. 508 Abs. 3 ZKDVO, dass auch nach der Einschätzung des Verordnungsgebers ein Nämlichkeitsnachweis (Art. 508 Abs. 3 Buchst. c ZKDVO) nach längerer Zeit regelmäßig nur schwer zu erbringen sein wird. Auch dies spricht dafür, eine Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK jedenfalls dann nicht mehr für zulässig zu erachten, wenn seit der Abgabe der entsprechenden Zollanmeldungen weit mehr als ein Jahr verstrichen ist.

    Hinsichtlich der in den Anlagen 9 und 10 zum Prüfungsbericht aufgeführten Einfuhren hat das beklagte Hauptzollamt zu Unrecht Zoll von der Klägerin nacherhoben. Insoweit ist der Prüfer in seinem Bericht vom 3. Januar 2008 von einer Anwendbarkeit des Art. 150 Abs. 2 ZK ausgegangen. Anders als das beklagte Hauptzollamt meint, ist die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht ausschließlich nach der Differenzmethode des Art. 151 ZK zu berechnen. Vielmehr kann die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK auch – wie von der Klägerin begehrt – nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK i.V.m. Art. 591 ZKDVO berechnet werden (vgl. Kielmann in Dorsch, Zollrecht, ZK Art. 150 Randnr. 8; Witte, ZK Art. 150 Randnr. 8). Die Bezugnahme auf Art. 151 ZK in Art. 150 Abs. 2 ZK hat lediglich deklaratorische Bedeutung (Witte, ZK Art. 150 Randnr. 8). Bei der Mehrwertmethode handelt es sich nur um eine von dem in Art. 151 ZK geregelten Grundsatz abweichende Berechnungsmethode (Art. 153 Unterabs. 2 ZK „abweichend von Artikel 151”).

    Der Anwendung der Mehrwertmethode steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin dies – wie der Vertreter des beklagten Hauptzollamts in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat – nicht in ihre Zollanmeldungen beantragt hat. Der Antrag nach Art. 591 Unterabs. 1 ZKDVO ist nicht fristgebunden und kann daher auch noch nachträglich gestellt werden. Dies entspricht der Rechtslage bei der Zollbefreiung von Rückwaren (Art. 185 ZK). Der hierfür erforderliche Antrag kann auch noch nach Abgabe der Zollanmeldung gestellt werden. Dabei genügt es, wenn sich der Wille des Beteiligten, die Zollfreiheit in Anspruch zu nehmen, aus den Umständen ergibt (BFH-Urteil vom 27. Juli 2005 VII R 19/04, BFH/NV 2005, 2069).

    Der Senat sieht sich nicht veranlasst, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen, weil er keine Zweifel an der zutreffenden Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts hat.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.