19.09.2008
Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 11.09.2008 – C-11/07
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
11. September 2008(*)
„Freier Kapitalverkehr – Art. 56 EG und 58 EG – Erbschaftsteuer - Nationale Regelung der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer auf Immobilien, nach der der Abzug der auf einer Immobilie ruhenden hypothekarischen Belastungen vom Wert dieser Immobilie nicht erlaubt ist, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens in einem anderen Mitgliedstaat gewohnt hat - Beschränkung - Keine Rechtfertigung“
In der Rechtssache C-11/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hof van beroep te Gent (Belgien) mit Entscheidung vom 11. Januar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Januar 2007, in dem Verfahren
Hans Eckelkamp,
Natalie Eckelkamp,
Monica Eckelkamp,
Saskia Eckelkamp,
Thomas Eckelkamp,
Jessica Eckelkamp,
Joris Eckelkamp
gegen
Belgische Staat
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klucka, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Herrn H. Eckelkamp, Frau N. Eckelkamp, Frau M. Eckelkamp, Frau S. Eckelkamp, Herrn T. Eckelkamp, Frau J. Eckelkamp und Herrn J. Eckelkamp, vertreten durch B. Coopman und M. Van Daele, advocaten,
– der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von A. Haelterman, advocaat,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal, A. Weimar und R. Troosters als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. März 2008
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 EG, 17 EG, 18 EG, 56 EG und 58 EG.
2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen den Erben der in Deutschland verstorbenen deutschen Staatsangehörigen H. Eckelkamp und dem FOD Financiën, Administratie van de BTW, registratie en domeinen (Bundesbehörde für Finanzen, Verwaltung der Mehrwertsteuer, Registrierung und Staatsbesitz), über deren Weigerung, bei der Veranlagung zur Steuer auf den Vermögensübergang von Todes wegen (im Folgenden: Vermögensübergangsteuer) für eine Immobilie, die Frau Eckelkamp in Belgien besaß, die auf dieser Immobilie lastenden Verbindlichkeiten anzurechnen, mit der Begründung, dass sie zum Zeitpunkt ihres Ablebens nicht in Belgien gewohnt habe.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Art. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages (später Art. 67 EG-Vertrag, [aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam]) (ABl. L 178, S. 5) lautet:
„(1) Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert.
(2) Die mit dem Kapitalverkehr zusammenhängenden Zahlungstransaktionen erfolgen zu den gleichen Devisenbedingungen, die bei Zahlungen für laufende Transaktionen gelten.“
4 Zum in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Kapitalverkehr gehört die Rubrik XI „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“. Darunter fallen Erbschaften und Vermächtnisse.
Nationales Recht
5 In Belgien fällt bei den Erbschaftsteuern die Festlegung des Steuersatzes, der Besteuerungsgrundlage, der Befreiungen und Ermäßigungen in die Zuständigkeit der Regionen.
6 Art. 1 des Flämischen Wetboek Successierechten (Erbschaftsteuergesetzbuch, im Folgenden: WS) bestimmt:
„Es werden erhoben:
1. eine Erbschaftsteuer auf den Wert – nach Abzug der Verbindlichkeiten – all dessen, was aus dem Nachlass eines Einwohners des Königreichs bezogen wird;
2. eine Vermögensübergangsteuer auf den Wert der in Belgien belegenen Immobilien, die aus dem Nachlass einer Person erlangt werden, die nicht Einwohner des Königreichs ist.
Als Einwohner des Königreichs gilt, wer zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz oder den Sitz seines Vermögens im Königreich Belgien hatte.“
7 Gemäß Art. 15 WS wird Erbschaftsteuer, nach Abzug der Verbindlichkeiten, auf alle dem Erblasser gehörenden Vermögensgegenstände erhoben, unabhängig davon, wo diese sich befinden.
8 Art. 18 WS, der für Gebietsfremde gilt, lautet:
„Die Vermögensübergangsteuer wird ohne Abzug von Belastungen für alle in Belgien belegenen Immobilien erhoben, die dem Erblasser gehörten.“
9 Gemäß Art. 29 WS wird eine Schuld nur dann als Nachlassverbindlichkeit anerkannt, wenn sie am Todestag noch bestand. Dies kann mit jedem für Handlungen des Gläubigers oder des Schuldners rechtlich zulässigen Beweismittel nachgewiesen werden.
10 Nach Art. 40 WS beträgt die Frist für die Erbschaftsteuererklärung fünf Monate ab dem Todeszeitpunkt, wenn der Tod im Königreich Belgien eingetreten ist, und sechs Monate ab dem Todeszeitpunkt, wenn der Tod in einem anderen europäischen Land eingetreten ist.
11 Art. 41 WS bestimmt:
„Die Frist für die Einreichung der Erbschaftsteuererklärung kann durch den Generaldirektor der Registratie en Domeinen (Register- und Domänenverwaltung) verlängert werden.
Eine innerhalb der gesetzlich festgelegten oder vom Generaldirektor verlängerten Frist eingereichte Erklärung kann bis zum Ablauf dieser Frist geändert werden, sofern die Betroffenen nicht auf diese Möglichkeit durch eine in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingereichte Erklärung verzichtet haben.“
12 Art. 48 Abs. 1 WS enthält Tabellen mit den Sätzen der Erbschaftsteuer und der Vermögensübergangsteuer. Abs. 2 Unterabs. 4 dieser Vorschrift lautet:
„Verbindlichkeiten und Bestattungskosten werden vorrangig auf bewegliche Vermögen und die in Art. 60bis aufgeführten Vermögensgegenstände angerechnet, sofern die Erklärenden nachweisen, dass es sich um Verbindlichkeiten handelt, die speziell zum Erwerb oder zur Erhaltung von Immobilien eingegangen wurden.“
13 Zwischen Belgien und Deutschland besteht in Bezug auf die Nachlassbesteuerung kein Doppelbesteuerungsabkommen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
14 Die Kläger sind die Erben der in Düsseldorf (Deutschland) am 30. Dezember 2003 verstorbenen Frau Eckelkamp.
15 Am 13. November 2002 hatte diese einem der Kläger, Herrn H. Eckelkamp, ein schriftliches Schuldanerkenntnis ausgestellt. Mit notarieller Urkunde vom 5. Juni 2003 bevollmächtigte sie ihn, eine in Knokke-Heist (Belgien) belegene Immobilie zur Sicherung der Rückzahlung dieser Schuld mit einer Hypothek zu belasten.
16 Am 29. Juni 2004 gaben die Kläger innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Todes von Frau Eckelkamp eine Erbschaftsteuererklärung ab, in der unter den Aktiva diese Immobilie mit einem Wert von 200 000 Euro angegeben wurde. Bei auf dieser Immobilie lastenden Passiva war in der Erklärung „keine“ angegeben.
17 Gemäß den Erklärungen der Kläger und der belgischen Regierung fand vor Abgabe dieser Steuererklärung ein Austausch von E-Mails zwischen einem dieser Kläger und der zuständigen nationalen Steuerbehörde statt, in dessen Rahmen diese darauf hinwies, dass die Vermögensübergangsteuer nach den einschlägigen flämischen Rechtsvorschriften ohne Abzug von Verbindlichkeiten auf das gesamte dem Erblasser gehörende Vermögen erhoben werde. Da Frau Eckelkamp zum Zeitpunkt ihres Todes nicht in Belgien gewohnt habe, könnten ihre Schulden bei der Berechnung der Vermögensübergangsteuer nicht berücksichtigt werden.
18 Die im Ausgangsverfahren streitige Vermögensübergangsteuer wurde anhand der am 29. Juni 2004 eingereichten Erklärung berechnet.
19 Nachdem die Kläger diese Steuer ihren Angaben gemäß „unter Vorbehalt“ gezahlt hatten, erhoben sie am 31. Dezember 2004 bei der Rechtbank van eerste aanleg te Brugge (erstinstanzliches Gericht Brügge) Klage auf Neuberechnung dieser Steuer und insbesondere darauf, dass die Schulden von Frau Eckelkamp bei dieser Berechnung berücksichtigt würden.
20 Das Gericht wies die Klage mit Urteil vom 30. Mai 2005 mit der Begründung ab, dass die Frist, die im Erbschaftsteuergesetzbuch für eine Berücksichtigung neuer Kriterien bei der Veranlagung zur Erbschaft- oder Vermögensübergangsteuer vorgesehen sei, abgelaufen sei.
21 Die Kläger legten daraufhin gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht Rechtsmittel ein und machten geltend, dass die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzbuchs über die Berechnung der Vermögensübergangsteuer gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen. Sie halten diese Vorschriften für eine indirekte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und für ein Hindernis für den freien Kapitalverkehr.
22 Der belgische Staat hat sich vor dem vorlegenden Gericht darauf berufen, dass die nach dem Erbschaftsteuergesetzbuch vorgesehene Frist für die Berücksichtigung neuer Gesichtspunkte bei der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer abgelaufen sei und macht geltend, dass auf jeden Fall nicht nachgewiesen worden sei, dass die streitigen Schulden zum Zeitpunkt des Ablebens von Frau Eckelkamp noch immer bestanden hätten. Da diese im Zeitpunkt ihres Ablebens nicht in Belgien gewohnt habe, dürften bei der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer keine Passiva abgezogen werden. Art. 58 EG lasse das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, ihre einschlägigen Steuervorschriften anzuwenden.
23 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ergibt sich aus einem privatschriftlichen Schuldanerkenntnis vom 13. November 2002 und aus einer öffentlichen Urkunde vom 5. Juni 2003 eindeutig, dass Frau Eckelkamp vertraglich eine Schuld in Höhe von 220 000 Euro eingegangen war.
24 Da der Hof van beroep te Gent der Ansicht ist, dass das Ausgangsverfahren Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aufwerfe, hat er das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof um Vorabentscheidung über folgende Frage ersucht:
Stehen die Art. 12 EG, 17 EG und 18 EG auf der einen und Art. 56 EG in Verbindung mit Art. 58 EG auf der anderen Seite einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach im Fall des erbrechtlichen Erwerbs einer Immobilie, die in einem Mitgliedstaat (Belegenheitsstaat) belegen ist, dieser eine Steuer auf den Wert dieser Immobilie erhebt, wobei er einen Abzug in Höhe des Werts der auf dieser Immobilie ruhenden Lasten (wie z. B. Verbindlichkeiten, die durch eine hypothekarische Vollmacht bezüglich der Immobilie gesichert sind) zwar zulässt, sofern der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens im Belegenheitsstaat wohnte, nicht aber, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt in einem anderen Mitgliedstaat (dem Wohnstaat) wohnte?
Zur Zulässigkeit der Vorlagefrage
25 Die belgische Regierung hält die Vorlagefrage für unzulässig. Sie macht zum einen geltend, dass das vorlegende Gericht der von den Klägern erhobenen Klage auf keinen Fall stattgeben dürfe, weil deren Antrag auf Neuberechnung der fraglichen Vermögensübergangsteuer verspätet gestellt worden sei. Nach den belgischen Verfahrensvorschriften sei die Frist, die die Kläger besäßen, um die Daten, anhand deren die Vermögensübergangsteuer berechnet werde, zu ändern, bereits seit mehreren Monaten abgelaufen. Deshalb sei eine Antwort auf die Vorlagefrage nicht nur nicht erforderlich, sondern auch für die vom vorlegenden Gericht zu treffende Entscheidung offensichtlich unerheblich.
26 Zum anderen sei die Vorlagefrage in dem Stadium, in dem sich das Ausgangsverfahren befinde, rein hypothetisch. Das vorlegende Gericht habe bislang noch keine Antwort auf die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Fragen gegeben. Diese bezögen sich insbesondere darauf, ob es zwischen der Verbindlichkeit und der fraglichen Immobilie einen Zusammenhang gebe, aus dem sich ergebe, dass diese belastet sei. Die belgische Regierung hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass diese in Belgien befindliche Immobilie mit keiner Hypothek, sondern nur mit einer hypothekarischen Vollmacht belastet sei, die Frau Eckelkamp ihrem Bruder vor ihrem Ableben erteilt habe. Da es sich bei einer hypothekarischen Vollmacht nur um einen Anspruch handele, der einem Dritten gewährt worden sei, um möglicherweise für irgendeine Immobilie eine Hypothek aufzunehmen, eine solche Eintragung jedoch nicht erfolgt sei, sei die genannte Immobilie lastenfrei im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Die aufgeworfene Frage sei daher hypothetisch.
27 Insoweit ist daran zu erinnern, dass in einem Verfahren nach Art. 234 EG, der auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, jede Beurteilung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt. Ebenso hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen (Urteile vom 12. April 2005, Keller, C-145/03, Slg. 2005, I-2529, Randnr. 33, und vom 18. Juli 2007, Lucchini, C-119/05, Slg. 2007, I-6199, Randnr. 43).
28 Die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts kann nur dann abgelehnt werden, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 39, vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital, C-390/99, Slg. 2002, I-607, Randnr. 19, und Lucchini, Randnr. 44).
29 Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
30 Der Gerichtshof wird nämlich darum ersucht, klarzustellen, ob die nationalen Gerichte nach dem Gemeinschaftsrecht verpflichtet sind, die Anwendung bestimmter Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzbuchs über die Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer auszuschließen, von denen die Kläger behaupten, dass sie den freien Kapitalverkehr behinderten. Die Vorlagefrage steht also in Zusammenhang mit dem vom vorlegenden Gericht bestimmten Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, und die Antwort auf diese Frage kann für dieses Gericht bei der Entscheidung darüber nützlich sein, ob die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzbuchs mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.
31 Zwar bestreitet die belgische Regierung, dass es zwischen den Schulden von Frau Eckelkamp gegenüber ihrem Bruder und der Immobilie, um die es bei der Erbschaft geht, einen Zusammenhang gebe, aus dem das Bestehen einer Belastung dieser Immobilie resultiere, und macht geltend, dass die nach den einschlägigen belgischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Fristen, innerhalb deren bei der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer neue Kriterien hinzugezogen werden könnten, im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen seien.
32 Dazu ist jedoch zum einen zu bemerken, dass allein das vorlegende Gericht für die Feststellung und die Würdigung des Sachverhalts des ihm vorliegenden Rechtsstreits und für die Auslegung und Anwendung des einzelstaatlichen Rechts zuständig ist (vgl. Urteil vom 4. Mai 1999, Sürül, C-262/96, Slg. 1999, I-2685, Randnr. 95). Es ist Sache dieses Gerichts und nicht des Gerichtshofs, die Tragweite und die Wirkung einer hypothekarischen Vollmacht im belgischen Recht sowie die Folgen einer solchen Vollmacht im Hinblick auf eine als Erbe hinterlassene und in Belgien belegene Immobilie zu beurteilen.
33 Außerdem ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass erstens der fehlende Hinweis auf die streitigen Schulden in der von den Klägern eingereichten Erklärung auf die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzbuchs zurückzuführen war, die die Angabe derartiger Schulden nicht vorsahen, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens nicht in Belgien gewohnt hatte. Diese Vorschriften haben das vorlegende Gericht veranlasst, eine Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu stellen. Zweitens hatten die zuständigen Behörden den Klägern vor der streitigen Erbschaftsteuererklärung mitgeteilt, dass die Schulden von Frau Eckelkamp bei der Berechnung der Vermögensübergangsteuer nicht berücksichtigt werden könnten, weil die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Ablebens nicht in Belgien gewohnt habe. Außerdem wurde diese Erklärung von den Klägern, wie sich aus Randnr. 19 dieses Urteils ergibt, anscheinend unter Vorbehalt abgegeben.
34 Zum anderen ist daran zu erinnern, dass die Vorlage zur Vorabentscheidung auf einem Dialog des einen mit dem anderen Gericht beruht, dessen Aufnahme ausschließlich von der Beurteilung der Erheblichkeit und der Notwendigkeit der Vorlage durch das nationale Gericht abhängt (vgl. Urteil vom 12. Februar 2008, Kempter, C-2/06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 42). Zwar hat das vorlegende Gericht festgestellt, dass die von den Erben eingereichte Erklärung mit dem Ablauf der für die Abgabe derartiger Erklärungen vorgesehenen gesetzlichen Frist definitiv geworden sei, aber gleichwohl ermöglicht es die Vorlagefrage, Kriterien für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts aufzuzeigen, anhand deren das vorlegende Gericht über den vor ihm anhängigen Rechtsstreit in Anwendung dieses Rechts entscheiden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 1982, Vlaeminck, 132/81, Slg. 1982, 2953, Randnrn. 13 und 14).
35 Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.
Zur Vorlagefrage
36 Die Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die Art. 12 EG, 17 EG und 18 EG auf der einen und Art. 56 EG in Verbindung mit Art. 58 EG auf der anderen Seite dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren betroffenen über die Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer und zur Erbschaftsteuer, die auf eine Immobilie erhoben werden, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, entgegenstehen, die, sofern der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens nicht in dem Staat, in dem diese Immobilie belegen ist, sondern in einem anderen Mitgliedstaat wohnte, keine Abzugsfähigkeit von auf dieser Immobilie lastenden Schulden vorsieht, diese Abzugsfähigkeit jedoch dann vorsieht, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens in dem Staat wohnte, in dem diese Immobilie belegen ist.
37 Art. 56 Abs. 1 EG verbietet ganz allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten (Urteil vom 6. Dezember 2007, Federconsumatori u. a., C-463/04 und C-464/04, Slg. 2007, I-10419, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38 Mangels einer Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG im EG-Vertrag hat der Gerichtshof der Nomenklatur im Anhang der Richtlinie 88/361 bereits Hinweischarakter zuerkannt, auch wenn diese Richtlinie auf die Art. 69 und 70 Abs. 1 EWG-Vertrag (später Art. 69 und 70 Abs. 1 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) gestützt ist, wobei die in ihr enthaltene Aufz ählung gemäß ihrer Einleitung nicht erschöpfend ist (vgl. u. a. Urteile vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden, C-513/03, Slg. 2006, I-1957, Randnr. 39, vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz, C-452/04, Slg. 2006, I-9521, Randnr. 41, Federconsumatori u. a., Randnr. 20, und vom 17. Januar 2008, Jäger, C-256/06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 24).
39 Der Gerichtshof hat hierzu u. a. festgestellt, dass Erbschaften, mit denen das Vermögen, das ein Verstorbener hinterlässt, auf eine oder mehrere Personen übergeht – oder anders gesagt, mit denen das Eigentum an verschiedenen Gegenständen, Rechten usw., aus denen dieses Vermögen besteht, auf die Erben übergeht – in die Rubrik XI des Anhangs I der Richtlinie 88/361 mit der Überschrift „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“ fallen, und dass es sich beim Erwerb von Todes wegen um Kapitalverkehr im Sinne von Art. 56 EG handelt; ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. Urteile vom 11. Dezember 2003, Barbier, C-364/01, Slg. 2003, I-15013, Randnr. 58, van Hilten-van der Heijden, Randnr. 42, und Jäger, Randnr. 25).
40 Vererbt eine Person, die zum Zeitpunkt ihres Ablebens ihren Wohnsitz in Deutschland hatte, anderen Personen mit Wohnsitz in Deutschland und in den Niederlanden eine in Belgien belegene Immobilie, die in Belgien zur Erbschaftsteuer veranlagt wird, so handelt es sich keineswegs um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt.
41 Demnach geht es bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erbschaft um Kapitalverkehr im Sinne des Art. 56 Abs. 1 EG.
42 Zunächst ist zu prüfen, ob, wie die Kläger des Ausgangsverfahrens und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften geltend machen, eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt.
43 Dazu ist zu bemerken, dass einzelstaatliche Bestimmungen zur Bestimmung des Werts einer Immobilie für die Zwecke der Berechnung des bei Erwerb von Todes wegen anfallenden Steuerbetrags nicht nur einen in einem anderen Mitgliedstaat Ansässigen vom Kauf im erstgenannten Mitgliedstaat belegener Immobilien abhalten, sondern auch eine Wertminderung des Nachlasses desjenigen bewirken können, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem sich die genannten Sachen befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile Barbier, Randnr. 62, und Jäger, Randnr. 30).
44 In Bezug auf Erbschaften hat die Rechtsprechung bestätigt, dass zu den Maßnahmen, die als Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Art. 56 Abs. 1 EG verboten sind, solche gehören, die eine Wertminderung des Nachlasses dessen bewirken, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem sich die betreffenden Vermögensgegenstände befinden und der deren Erwerb von Todes wegen besteuert (Urteile van Hilten-van der Heijden, Randnr. 44, und Jäger, Randnr. 31).
45 Da im vorliegenden Fall die im Ausgangsverfahren streitigen innerstaatlichen Bestimmungen darauf hinauslaufen, dass ein Nachlass, der eine im Königreich Belgien belegene Immobilie umfasst, einer höheren Vermögensübergangsteuer unterliegt als die Erbschaftsteuer, die erhoben würde, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens in diesem Mitgliedstaat gewohnt hätte, bewirken sie eine Beschränkung des Kapitalverkehrs, weil sie den Wert eines Nachlasses mindern, der einen solchen Vermögensgegenstand umfasst.
46 Da diese Regelung nämlich die Abzugsfähigkeit bestimmter auf der Immobilie lastender Schulden vom Wohnsitz des Erblassers zum Zeitpunkt seines Ablebens abhängig macht, stellt die höhere Besteuerung, der der Nachlass Gebietsfremder demzufolge unterliegt, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.
47 Diese Schlussfolgerung lässt sich auch nicht durch das Vorbringen der belgischen Regierung in Frage stellen, wonach das Erbschaftsteuergesetzbuch keine Beschränkung darstelle, da es bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer und zur Vermögensübergangsteuer einen objektiven Unterschied zwischen der Stellung der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden gebe, denn logischerweise kann allein der Mitgliedstaat, in dem der Erblasser wohnte, bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer alle Bestandteile des aus Aktiva und Passiva, beweglichen und unbeweglichen Sachen bestehenden Nachlasses berücksichtigen. Diese Umstände sind nämlich im Hinblick auf die Kriterien, die sich aus der in den Randnrn. 43 und 44 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben, unerheblich (vgl. in diesem Sinne auch Urteil Jäger, Randnr. 34).
48 Die belgische Regierung macht jedoch geltend, dass es im Ausgangsverfahren im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem Urteil Barbier zugrunde gelegen habe, keine unbedingte Verpflichtung zur Verschaffung des rechtlichen Eigentums an der fraglichen Immobilie und keine vorherige Abtretung des wirtschaftlichen Eigentums an derselben und der auf dieser ruhenden Verbindlichkeit gegeben habe, denn die von den Klägern geltend gemachte hypothekarische Vollmacht stelle keineswegs eine Belastung der genannten Immobilie im Sinne jenes Urteils dar.
49 Bei dem Sachverhalt, der dem Urteil Barbier zugrunde lag, ging es um die Frage der Veranlagung zur Erbschaftsteuer für eine in einem Mitgliedstaat belegene Immobilie und, bei der Ermittlung des Werts dieser Immobilie, um die Berücksichtigung der unbedingten Verpflichtung des Inhabers des dinglichen Rechts, dieses an eine andere Person abzutreten, die wirtschaftlicher Eigentümer der genannten Immobilie war. Diese Verpflichtung stand also in unmittelbarem Zusammenhang mit der Immobilie, um die es bei der Erbschaft geht.
50 Außerdem hat der Gerichtshof im Rahmen der Art. 49 EG und 50 EG bereits festgestellt, dass nationale Rechtsvorschriften, die Gebietsfremden bei der Besteuerung den Abzug von Betriebsausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, mit der die steuerpflichtigen Einkünfte in dem betroffenen Mitgliedstaat erzielt wurden, verweigern, ihn jedoch Gebietsansässigen gewähren, sich hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken könnten und den genannten Artikeln zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juni 2003, Gerritse, C-234/01, Slg. 2003, I-5933, Randnrn. 27 und 28).
51 In der mündlichen Verhandlung haben sowohl die Kläger des Ausgangsverfahrens als auch die Kommission die Auffassung vertreten, dass aufgrund der hypothekarischen Vollmacht ein hinreichender Zusammenhang zwischen der vererbten Immobilie und den betroffenen Schulden bestanden habe. Die Kommission hat allerdings eingeräumt, dass der Zusammenhang zwischen den Schulden und der genannten Immobilie fraglich sein könnte, wenn sich die hypothekarische Vollmacht nicht auf die in Belgien belegene Immobilie, sondern möglicherweise auf andere Immobilien beziehe.
52 Gemäß dem Wortlaut der Frage des vorlegenden Gerichts lasten die durch eine hypothekarische Vollmacht abgesicherten Schulden jedoch auf derselben Immobilie. In einem Verfahren nach Art. 234 EG ist der Gerichtshof nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom vorlegenden Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung oder zur Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 1998, Dumon und Froment, C-235/95, Slg. 1998, I-4531, Randnr. 25).
53 Wie sich jedoch aus Randnr. 32 dieses Urteils ergibt, ist es Sache des vorlegenden Gerichts und nicht des Gerichtshofs, Wesen und Wirkung einer hypothekarischen Vollmacht der im Ausgangsverfahren betroffenen Art im belgischen Recht zu beurteilen und festzustellen, ob zwischen dieser geltend gemachten Verbindlichkeit und der Immobilie, für die im Ausgangsverfahren Vermögensübergangsteuer berechnet wurde, ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
54 Wird jedoch die Abzugsfähigkeit von Schulden, die auf einer Immobilie lasten, an die Bedingung geknüpft, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens in dem Staat wohnte, in dem diese Immobilie belegen ist, so stellt dies auf jeden Fall eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die gemäß Art. 56 Abs. 1 EG grundsätzlich verboten ist.
55 Anschließend ist zu prüfen, ob die damit festgestellte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Hinblick auf die Vorschriften des EG-Vertrags gerechtfertigt sein kann.
56 Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG berührt „Artikel 56 … nicht das Recht der Mitgliedstaaten, … die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln“.
57 Diese Regelung in Art. 58 EG ist als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen. Sie kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Mitgliedstaat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (vgl. Urteil Jäger, Randnr. 40).
58 Die in Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art. 58 Abs. 3 EG eingeschränkt, wonach die in Art. 58 Abs. 1 genannten nationalen Maßnahmen „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen [dürfen]“ (vgl. Urteile vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 44, vom 7. September 2004, Manninen, C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 28, und Jäger, Randnr. 41). Im Hinblick auf die für eine im Königreich Belgien belegene Immobilie erhobene Erbschaftsteuer und Vermögensübergangsteuer ist außerdem die unterschiedliche Behandlung eines Erblassers, der zum Zeitpunkt seines Ablebens in diesem Mitgliedstaat wohnte, und eines Erblassers, der zum Zeitpunkt seines Ablebens in einem anderen Mitgliedstaat wohnte, nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist.
59 Daher ist zwischen den Ungleichbehandlungen, die nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG erlaubt sind, und den durch Abs. 3 dieses Artikels verbotenen willkürlichen Diskriminierungen zu unterscheiden. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren streitige – die für die Zwecke der Veranlagung zur Erbschaftsteuer im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Schulden, die auf einer in dem betroffenen Mitgliedstaat belegenen Immobilie lasten, zwischen einem Erblasser, der zum Zeitpunkt seines Ablebens in diesem Mitgliedstaat wohnte, und einem Erblasser, der zu diesem Zeitpunkt in einem anderen Mitgliedstaat wohnte, unterscheidet – nur dann als mit den Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden kann, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteile Verkooijen, Randnr. 43, Manninen, Randnr. 29, und Jäger, Randnr. 43).
60 Hierzu ist erstens festzustellen, dass diese unterschiedliche Behandlung entgegen dem in Randnr. 47 dieses Urteils erwähnten Vorbringen der belgischen Regierung nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden kann, sie hänge mit Situationen zusammen, die nicht objektiv vergleichbar seien.
61 Vorbehaltlich der Überprüfungen, die das vorlegende Gericht im Hinblick auf Wesen und Wirkung einer hypothekarischen Vollmacht vorzunehmen hat, und der Frage, ob sich die Vollmacht, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf die vererbte Immobilie bezieht, was sich anscheinend aus den Akten ergibt, ist die Berechnung der Erbschaftsteuer und der Vermögensübergangsteuer gemäß dieser Regelung unmittelbar mit dem Wert dieser Immobilie verknüpft. In diesem Fall könnte objektiv keine unterschiedliche Situation vorliegen, die eine steuerliche Ungleichbehandlung in Bezug auf die Höhe der Erbschaftsteuer und der Vermögensübergangsteuer rechtfertigen könnte, die für eine in Belgien belegene Immobilie eines Erblassers, der zum Zeitpunkt seines Ablebens in diesem Mitgliedstaat wohnte, und eine Immobilie eines Erblassers erhoben werden, der zu diesem Zeitpunkt in einem anderen Mitgliedstaat wohnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Jäger, Randnr. 44).
62 Nach der belgischen Regelung sind, wie die Kläger des Ausgangsverfahrens festgestellt haben, grundsätzlich sowohl Erben von Erblassern, die zum Zeitpunkt ihres Ablebens gebietsansässig waren, als auch von Erblassern, die zu diesem Zeitpunkt nicht gebietsansässig waren, für in Belgien belegene Immobilien erbschaftsteuer- und/oder vermögensübergangsteuerpflichtig. Eine unterschiedliche Behandlung erfolgt nur beim Abzug von Schulden gebietsfremder und gebietsansässiger Erblasser.
63 Wenn eine nationale Regelung für die Zwecke der Besteuerung einer im Wege der Erbfolge erworbenen Immobilie, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, die Erben einer zum Zeitpunkt ihres Todes gebietsansässigen Person und diejenigen einer zu diesem Zeitpunkt gebietsfremden Person auf die gleiche Stufe stellt, kann sie diese Erben im Rahmen dieser Besteuerung in Bezug auf die Abzugsfähigkeit der auf dieser Immobilie ruhenden Belastungen nicht unterschiedlich behandeln, ohne eine Diskriminierung zu schaffen. Indem der nationale Gesetzgeber die Erbanfälle dieser beiden Personengruppen für die Zwecke der Erbschaftbesteuerung – außer beim Abzug der Schulden – gleich behandelt, hat er anerkannt, dass zwischen diesen im Hinblick auf die Modalitäten und die Voraussetzungen dieser Besteuerung kein Unterschied in der objektiven Situation besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte (vgl. entsprechend im Rahmen des Niederlassungsrechts Urteile vom 28. Januar 1986, Kommission/Frankreich, 270/83, Slg. 1986, 273, Randnr. 20, vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France, C-170/05, Slg. 2006, I-11949, Randnr. 35, und im Rahmen des freien Kapitalverkehrs und der Erbschaftsteuern Urteil vom heutigen Tag, Arens-Sikken, C-43/07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 57).
64 Schließlich ist zu prüfen, ob die Beschränkung des Kapitalverkehrs, die sich aus einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen ergibt, durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt werden kann.
65 Die belgische Regierung macht geltend, dass gemäß der deutschen Regelung über das Vermögen des Erblassers die Schulden, deren Abzug die Kläger in Belgien verlangen, praktisch zweimal abgezogen würden, was nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer, C-446/03, Slg. 2005, I-10837) verhindert werden müsse.
66 Dazu ist zunächst zu bemerken, dass der Gerichtshof im Rahmen seiner Rechtsprechung zum freien Kapitalverkehr und zum Erbrecht festgestellt hat, dass ein Bürger das Recht, sich auf die Bestimmungen des Vertrags zu berufen, nicht dadurch verliert, dass er steuerliche Vorteile nutzt, die ihm nach den in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Wohnstaat geltenden Vorschriften legal offenstehen (Urteil Barbier, Randnr. 71).
67 Außerdem besteht, wie bereits in Randnr. 13 dieses Urteils erwähnt wurde, zwischen dem Königreich Belgien und der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Nachlassbesteuerung kein Doppelbesteuerungsabkommen.
68 Der Mitgliedstaat, in dem die Immobilie, um die es bei der Erbschaft geht, belegen ist, kann sich zur Rechtfertigung einer sich aus seiner Regelung ergebenden Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nicht darauf berufen, dass es – unabhängig von seinem Willen – die Möglichkeit gebe, von einem anderen Mitgliedstaat, z. B. von dem, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens gebietsansässig war, eine Steuergutschrift zu erhalten, die ganz oder teilweise den Schaden ausgleichen könnte, der den Erben dieser Person dadurch entstanden ist, dass sie die auf der fraglichen Immobilie lastenden Schulden in dem Mitgliedstaat, in dem die vererbte Immobilie belegen ist, bei der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer nicht in Abzug bringen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Arens-Sikken, Randnr. 65).
69 Ein Mitgliedstaat kann sich nämlich nicht auf das Bestehen eines von einem anderen Mitgliedstaat – hier von dem Mitgliedstaat, in dem die betreffende Person zum Zeitpunkt ihres Ablebens wohnte – einseitig gewährten Vorteils berufen, um seinen Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag, insbesondere denen aus den Vorschriften über den freien Kapitalverkehr, zu entgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2007, Amurta, C-379/05, Slg. 2007, I-9569, Randnr. 78).
70 Schließlich ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung bei der Veranlagung zur Vermögensübergangsteuer den Abzug von auf einer vererbten Immobilie lastenden Schulden, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens nicht in dem Staat wohnte, in dem die Gegenstand des Nachlasses bildende Immobilie belegen ist, schlicht und einfach ausschließt, ohne die Behandlung der genannten Schulden und insbesondere das Fehlen einer Steuergutschrift in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem der Erblasser wohnte, zu berücksichtigen.
71 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 56 EG in Verbindung mit Art. 58 EG dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden über die Veranlagung zur Erbschaftsteuer und zur Vermögensübergangsteuer, die auf eine Immobilie erhoben werden, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, entgegensteht, sofern der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens nicht in diesem Staat, sondern in einem anderen Mitgliedstaat wohnte, keine Abzugsfähigkeit von auf dieser Immobilie lastenden Schulden vorsieht, diese Abzugsfähigkeit jedoch dann vorsieht, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt in dem Staat wohnte, in dem die vererbte Immobilie belegen ist.
72 Nach alledem braucht auf die Vorlagefrage hinsichtlich der Auslegung der Art. 12 EG, 17 EG und 18 EG nicht geantwortet zu werden.
Kosten
73 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 56 EG ist in Verbindung mit Art. 58 EG dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden über die Veranlagung zur Erbschaftsteuer und zur Vermögensübergangsteuer, die auf eine Immobilie erhoben werden, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, entgegensteht, die, sofern der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens nicht in diesem Staat, sondern in einem anderen Mitgliedstaat wohnte, keine Abzugsfähigkeit von auf dieser Immobilie lastenden Schulden vorsieht, diese Abzugsfähigkeit jedoch dann vorsieht, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt in dem Staat wohnte, in dem die vererbte Immobilie belegen ist.
Unterschriften
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* Verfahrenssprache: Niederländisch.