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  • 28.11.2016 · IWW-Abrufnummer 190164

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 18.08.2016 – 5 K 288/15

    Von einer Uneinbringlichkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist auch dann auszugehen, wenn der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Leistungserbringung aufgrund der mit dem Leistungsempfänger getroffenen vertraglichen Vereinbarungen über die Fälligkeit des Entgeltes für mehr als zwei Jahre nicht mit einer Vereinnahmung der Leistungsentgelte rechnen kann.


    Finanzgericht Niedersachsen

    Urt. v. 18.08.2016

    Az.: 5 K 288/15

    Tatbestand

    1

    Streitig ist, ob Teilbeträge aus auflösend bedingten Forderungen mit einer Fälligkeit von mehr als zwei Jahre nach Vertragsabschluss bereits zum Zeitpunkt der Leistungserbringung gem. § 17 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als uneinbringlich zu berichtigen sind.

    2

    Im Streitfall begehrt die Klägerin die Berichtigung von Provisionsforderungen für die Vermittlung der Fußballspieler A in Höhe von netto 31.500 €, B in Höhe von 12.500 € und C in Höhe von 13.500 € mit vereinbarter Fälligkeit in 2015.

    3

    Die Klägerin ist als Spielervermittlerin im bezahlten Fußball tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit erhält sie Provisionszahlungen von aufnehmenden Fußballvereinen bei erfolgreicher Vermittlung eines Profi-Fußballers. Erfolgreich ist dabei eine Vermittlung, wenn bei (ablösepflichtigen oder ablösefreien) Transfergeschäften der Spieler beim neuen Verein einen Arbeitsvertrag unterschreibt und die DFL GmbH als Lizenzgeber daraufhin dem Profi-Fußballer eine Spielerlaubnis erteilt. Die Provisionszahlungen werden dabei in Raten während der Laufzeit des Arbeitsvertrages geleistet, wobei die Fälligkeit und das Bestehen der einzelnen Ratenansprüche unter der auflösenden Bedingung des Bestehens eines Arbeitsvertrages zwischen Verein und Spieler stehen.

    4

    Umsatzsteuerlich wird die Klägerin nach vereinbarten Entgelten besteuert.

    5

    Im Streitjahr 2012 vermittelte die Klägerin die Spieler A (Arbeitsvertrag vom __.08.2012 - 30.06.2015), B (Arbeitsvertrag vom __.08.2012 - 30.06.2015) sowie C (Arbeitsvertrag vom __.07.2012 - 30.06.2015) und traf mit den aufnehmenden Vereinen Provisionsvereinbarungen.

    6

    Für die Vermittlung des Spielers A schloss der FC A mit der Klägerin am 03.09.2012 eine Vergütungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich der Verein als Gegenleistung für "die erfolgreiche Vermittlung und den Fortbestand des Lizenzspielervertrages" zur Zahlung von Vergütungen für jede Saison, in der der Spieler beim FC A unter Vertrag steht:

    7

    I. Festes Honorar

    8

    a) Saison 2012/13 (...)

    9

    ... € zzgl. Umsatzsteuer, zahlbar in zwei Raten zum 01.09.2012 und zum 01.03.2013.

    10

    b) Saison 2013/14 und/oder 2014/15 (...)

    11

    je Saison einen Betrag in Höhe von 63.000 € zzgl. Umsatzsteuer, zahlbar jeweils zum 01.09. und zum 01.03. innerhalb der Saison.
    c) ...

    12

    II. Erfolgsabhängige Sonderzahlungen für 2013/14 und/oder 2014/15 ...

    13

    III. Weitertransfer ...

    14

    Voraussetzungen für die Entstehung eines jeweiligen saisonalen Vergütungsanspruchs sind, dass zum jeweiligen Fälligkeitsdatum der Lizenzspieler-Vertrag zwischen dem FC A und dem Spieler unverändert fortbesteht und der Spieler Inhaber einer Spielerlaubnis ist.

    15

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vergütungsvereinbarung vom 03.09.2012 (Bl. 35 - 37 GA) Bezug genommen.

    16

    Für die Vermittlung des Arbeitsvertrages B für die Zeit vom __.08.2012 bis 30.06.2015 schlossen die FC B und die Klägerin am 12.09.2012 eine Vergütungsvereinbarung. Danach erhielt die Klägerin für die Vermittlung pro Vertragsjahr ein Pauschalhonorar zzgl. Umsatzsteuer, das sich wie folgt berechnete:

    17

    Das mit dem Spieler für das jeweilige Vertragsjahr vereinbarte monatliche Grundgehalt zzgl. ... multipliziert mit ... Das so zu berechnende jährliche Honorar war gegen ordnungsgemäße Rechnungsstellung in zwei gleichen Raten zum 15.09. sowie 15.02. einer Spielzeit fällig.

    18

    Für den Fall des Transfers des Spielers ... vereinbarten die Vertragsparteien eine Vergütung in Höhe ... .

    19

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vergütungsvereinbarung vom 12.09.2012 (Bl. 41 f GA) sowie die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag (Bl. 43 f GA) Bezug genommen.

    20

    Der Arbeitsvertrag mit B wurde durch Aufhebungsvertrag vom 01.08.2014 zum 16.08.2014 aufgehoben. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf die Aufhebungsvereinbarung (Bl. 39 f GA) Bezug genommen.

    21

    Für den Abschluss des Arbeitsvertrages mit C erhielt die Klägerin ausweislich der Honorarvereinbarung vom 15.07.2012 mit dem FC C folgende Vergütung:

    22

    Für die Saison 2012/13 ... € zzgl. Umsatzsteuer, zahlbar je zur Hälfte zum 31.08. und zum 31.01. der Spielzeit.

    23

    Für die Saison 2013/14 ... € zzgl. Umsatzsteuer ..., zahlbar zum 31.08. bzw. 31.01. der Spielzeit.

    24

    Für die Saison 2014/15 27.000 € zzgl. Umsatzsteuer ... , zahlbar zum 31.08. bzw. 31.01. der Spielzeit.

    25

    Die Vergütungen waren nur zahlbar, sofern der Spieler am Fälligkeitszeitpunkt der Provision für den Verein spielberechtigt war. Für den Fall, dass der Spieler zu einem anderen Verein gegen Zahlung einer Transferentschädigung wechselt, vereinbarten die Parteien ... .

    26

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Vergütungsvereinbarung vom 15.07.2012 wird auf Bl. 45 f GA Bezug genommen.

    27

    A wurde mit Wirkung ab __.__.2014 vom FC A zum ... transferiert.

    28

    Bei der Klägerin fand in der Zeit vom 03.03.2014 bis 19.01.2015 eine Außenprüfung des Finanzamtes (FA) für Großbetriebsprüfung ... unter Beteiligung des Bundeszentralamtes für Steuern statt. In deren Rahmen gelangte die Außenprüfung zu der Auffassung, dass Provisionsforderungen aus Spielervermittlungen bis zum 31.12.2012 in dem Jahresabschluss auf den 31.12.2012 zu aktivieren seien, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig und unter der aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung des Fortbestehens der vermittelten Arbeitsverträge vereinbart seien. Weiterhin unterlägen diese sonstigen Leistungen im Veranlagungszeitraum 2012 der Umsatzsteuer. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Teilbericht des Bundeszentralamtes für Steuern vom 06.05.2015 Tz. 5 und 6 sowie den Bericht über die Außenprüfung der GBp. ... vom 15.06.2015 Bezug genommen.

    29

    Das beklagte FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ vom 14.07.2015 einen entsprechend nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2012, in dem es u. a. die streitbefangenen anteiligen Provisionsforderungen aus den Spielervermittlungsverträgen A (31.500 €), B (12.500 €) und C (13.500 €), deren jeweilige Fälligkeit für 2015 vereinbart war, der Umsatzsteuer unterwarf.

    30

    Hiergegen legte die Klägerin Einspruch mit dem Begehren ein, die Umsatzsteuer um 10.925 € zu mindern. Teilbeträge aus auflösend bedingten Provisionsforderungen, die mehr als zwei Jahre nach Vertragsschluss hätten fällig werden können, seien bereits zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG als uneinbringlich zu korrigieren. Dementsprechend seien die anteiligen Provisionsforderungen aus den Spielervermittlungsverträgen der Spieler A (31.500 €), B (12.500 €) und C (13.500 €), mithin 57.500 € im Streitjahr 2012 als uneinbringlich zu korrigieren. Insofern berufe sich die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 24.10.2013 in dem Verfahren V R 31/12.

    31

    Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsbescheid vom 25.11.2015 als unbegründet zurück.

    32

    Die Leistungen der Kläger seien unter Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG in vollem Umfang im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Arbeitsverträge der vermittelten Lizenzspieler erbracht und somit zu diesem Zeitpunkt der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

    33

    Die Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG lägen im Streitjahr nicht vor. Eine Berichtigung nach dieser Vorschrift erfordere, dass das vereinbarte Entgelt uneinbringlich werde. Uneinbringlichkeit in diesem Sinne liege insbesondere vor, wenn der Schuldner zahlungsunfähig sei, wenn den Forderungen die Einrede des Forderungsverzichts entgegengehalten werde könne oder wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt werde und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen sei, dass der Leistende die Entgeltsforderung ganz oder teilweise, jedenfalls auf absehbare Zeit, rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen könne.

    34

    Die Provisionsforderungen der Klägerin hätten im Streitfall jeweils unter der auflösenden Bedingung des Fortbestehens des jeweiligen Spielerarbeitsvertrages gestanden.

    35

    Der Arbeitsvertrag mit dem Spieler C habe auch zum Fälligkeitszeitpunkt der Provisionsrate in 2015 fortbestanden; eine Uneinbringlichkeit sei in diesem Fall nicht eingetreten.

    36

    Da die Arbeitsverträge mit den Spielern A und B infolge von Vereinswechseln in 2014 aufgelöst worden seien, seien die 2015 fälligen Provisionsforderungen uneinbringlich geworden.

    37

    Gem. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG sei die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei. Folglich seien die 2015 fälligen Provisionsraten für die Spieler A und B in 2014 im Zeitpunkt der Vereinswechsel uneinbringlich geworden, da erst zu diesem Zeitpunkt der Ausfall des Entgelts klargeworden sei.

    38

    Nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 24.10.2013 könne zwar eine Uneinbringlichkeit des Entgelts bei Leistungserbringung angenommen werden könne. Könne nämlich der Unternehmer das Entgelt für seine bereits erbrachten Leistungen aus Gründen, die bereits bei Leistungserbringung vorlägen, für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren nicht vereinnahmen, sei --so der BFH-- erst recht von Uneinbringlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auszugehen.

    39

    Klägerin sei im BFH-Streitfall ein Unternehmen des Baunebengewerbes gewesen. Deren Auftraggeber hätten bei Leistungserbringung Sicherungseinbehalte (über 2 bis 5 Jahre) für Gewährleistungsansprüche im Hinblick auf eventuelle Baumängel von 5 bis 10 % vorgenommen. Für diesen Fall habe der BFH entschieden, dass bereits im Zeitpunkt der Leistungsausführung die Uneinbringlichkeit des Entgelts habe angenommen werden können. So habe die Klägerin im Entscheidungsfall nach objektiver Betrachtung nicht damit rechnen können, dass sie das Entgelt innerhalb von 2 bis 5 Jahren werde einnehmen können. Erst nach Ablauf der Gewährleistungszeit sei mit einer Zahlung durch die Auftraggeber zu rechnen gewesen.

    40

    Dieser Entscheidungsfall sei aber nicht mit dem vorliegenden Streitfall zu vergleichen. So handele es sich zum einen vorliegend nicht um Bauleistungen, die einem Gewährleistungszeitraum von 2 bis 5 Jahren unterlägen. Zum anderen seien mit der Klägerin durch die Vergütungsvereinbarungen jährlich gestaffelte Provisionszahlungen über die Laufzeit der Arbeitsverträge vereinbart worden. Es handele sich somit um Ratenzahlungen. Solche Ratenzahlungen seien nicht mit Sicherungseinbehalten vergleichbar, für die es an einem Zahlungswillen fehle. So habe auf Seiten der Vereine grundsätzlich ein Zahlungswille bestanden. Nach objektiver Betrachtung habe die Klägerin im Zeitpunkt der Leistungsausführung nicht davon ausgehen können, dass die Raten nicht bis zum Schluss gezahlt würden. Sowohl die Klägerin als auch die Vereine hätten ein großes Interesse am Bestehen der Arbeitsverträge bis zum Ende der Vertragslaufzeiten gehabt. Auch wenn in der Praxis Spieler häufig während der ursprünglichen Laufzeit des Arbeitsvertrages den Verein wechselten, so habe der Spielervermittler keine Anhaltspunkte dafür, welcher Spieler tatsächlich wechsle und welche Provisionsrate somit ausfalle.

    41

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Einspruchsbegründung wird auf den Einspruchsbescheid (Bl. 58 - 65 des Rechtsbehelfsretenten) Bezug genommen.

    42

    Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren auf Herabsetzung der Umsatzsteuer um 10.925 € weiterverfolgt. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Vorverfahren.

    43

    Die Klägerin beantragt,

    44

    die Umsatzsteuer 2012 unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides in der Fassung vom 15.07.2015 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25.11.2015 um 10.925 € herabzusetzen.

    45

    Der Beklagte beantragt,

    46

    die Klage abzuweisen.

    47

    Der Beklagte nimmt zur Begründung seines Antrages auf den Einspruchsbescheid Bezug.

    Entscheidungsgründe

    48

    I. Die Klage ist begründet.

    49

    Der Umsatzsteuerbescheid 2012 in der Fassung vom 15.07.2015 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25.11.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Unrecht hat der Beklagte die streitbefangenen Leistungen in Höhe von 57.000 € (netto) der Umsatzsteuer unterworfen. Die Klägerin war entgegen der Auffassung des Beklagten berechtigt, die sonstigen Leistungen um 57.500 € wegen Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu mindern.

    50

    1. Die Steuer für die von der Klägerin erbrachten Leistungen ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung und damit im Streitjahr entstanden.

    51

    a) Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten und damit bei der sog. Sollbesteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

    52

    Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 63 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Eine einschränkende Auslegung dieser Bestimmung dergestalt, dass Steuertatbestand und Steueranspruch nur im Umfang der Leistungsentgelte eintreten, die bei Leistungsbewirkung fällig und rechtlich durchsetzbar sind, ist im Hinblick auf ihren eindeutigen Wortlaut nicht möglich.

    53

    Die auf dem Unionsrecht beruhende Sollbesteuerung verstößt nicht gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit und ist aus diesem Grund auch verfassungsgemäß (BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, [BFH 22.07.2010 - V R 4/09] unter II. 4. B dd; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 20. März 2013 1 BvR 3063/10, HFR 2013, 535, mit dem eine Verfassungsbeschwerde gegen dieses BFH-Urteil nicht zur Entscheidung angenommen wurde). Soweit sich die Sollbesteuerung im Einzelfall als unverhältnismäßig erweisen sollte, ist diesem Umstand durch die Auslegung des Berichtigungstatbestandes der Uneinbringlichkeit (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, vgl. auch Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL) Rechnung zu tragen (BFH-Urteile vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590 [BFH 22.07.2010 - V R 4/09]; vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674 [BFH 24.10.2013 - V R 31/12]).

    54

    b) Die Steuer für die streitbefangenen sonstigen (Vermittlungsleistungen-)Leistungen der Klägerin, die der Sollbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG unterlagen, entstand mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung, da der Klägerin keine Genehmigung zur sog. Istbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 20 UStG erteilt worden war.

    55

    Bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 9 UStG ist die Leistung mit Ablauf des Voranmeldezeitraums erbracht, in dem die Leistende alles getan hat, damit der Leistungserfolg eingetreten ist (Leonard in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 13 Rn. 13).

    56

    Danach ist die Umsatzsteuer für Vermittlungsleistungen der Klägerin in dem Voranmeldungszeitraum des Abschlusses der vermittelten Spielverträge und der unmittelbar nachfolgenden Erteilung der Spielerlizenzen durch die DFL GmbH, spätestens aber im Zeitpunkt der nachfolgenden vertraglichen Konkretisierung durch Abschluss von Provisionsvereinbarungen mit den "aufnehmenden Vereinen" --vorliegend also spätestens im Juli 2012 nach Abschluss der Honorarvereinbarung der Klägerin mit dem FC C am 15.07.2012 sowie im September 2012 nach Abschluss der Provisionsvereinbarungen der Klägerin mit dem FC A am 03.09.2012 und mit der FC B am 12.09.2012-- dem Grunde nach entstanden.

    57

    Der Höhe nach ist die "Mindestprovision" anzusetzen. Soweit zusätzlich Erfolgsprovisionen bei Eintritt bestimmter Bedingungen (wie beispielsweise Teilnahme am Spielbetrieb der 1. Bundesliga, Nichtabstieg aus der 1. Bundesliga) vereinbart waren, wären diese weiteren Provisionen erst bei Eintritt der Bedingungen wegen Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG der Besteuerung zugrunde zu legen.

    58

    2. Die Klägerin ist im Streitjahr zu einer Berichtigung des Steueranspruchs für die von ihr erbrachten Leistungen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG jedenfalls in Höhe der streitbefangenen 57.500 € berechtigt.

    59

    a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gilt dies sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist.

    60

    Diese Regelung beruht unionsrechtlich auf Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL. Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

    61

    b) Bei der Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der für die Mitgliedstaaten bestehende Regelungsspielraum zu beachten, der sich daraus ergibt, dass Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL eine Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage für den Fall "der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung ... nach der Bewirkung des Umsatzes ... unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen" anordnet. Bei der Ausübung dieser Regelungsbefugnis, die den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum einräumt, sind nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG-Beschluss vom 20. März 2013 1 BvR 3063/10, HFR 2013, 535, unter III.1.) wie auch nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, [BFH 22.07.2010 - V R 4/09] unter II.4.e) die Grundrechte des nationalen Verfassungsrechts zu berücksichtigen.

    62

    c) Uneinbringlich ist ein Entgelt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (BFH-Urteile vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, [BFH 22.07.2010 - V R 4/09] unter II. 4. B dd (1); vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674 [BFH 24.10.2013 - V R 31/12])

    63

    aa) Für den Fall, dass der Unternehmer das Entgelt für seine bereits erbrachten Leistungen aus Gründen, die bereits bei Leistungserbringung vorliegen, für einen Zeitraum über zwei bis fünf Jahre nicht vereinnahmen kann, ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl. II 2015, 674), der sich der erkennende Senat anschließt, erst recht von Uneinbringlichkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auszugehen (zustimmend die Finanzverwaltung in UStAE 17.1 Abs. 5 Satz 3 ff).

    64

    Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer über mehrjährige Zeiträume im Verhältnis zur Besteuerung der Unternehmer, die der Istbesteuerung unterliegen, mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar sei. Mit der Istbesteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 20 UStG) habe der Gesetzgeber die ihm nach Unionsrecht eingeräumte Ermächtigung ausgeübt, für die Entstehung des Steueranspruchs nach Art. 66 Buchst. b MwStSystRL auf die Vereinnahmung des Preises abzustellen. Die Auslegung des Begriffs "Uneinbringlichkeit" müsse auch dazu dienen, die Besteuerungsgleichheit zwischen den Besteuerungsformen der Soll- und Istbesteuerung zu gewährleisten (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl. II 2015, 674).

    65

    Darüber hinaus wäre die Verpflichtung zu einer mehrjährigen Vorfinanzierung der Umsatzsteuer mit Blick auf die dem Unternehmer zukommende Aufgabe, "öffentliche Gelder" als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen (EuGH-Urteile vom 20. Oktober 1993 C-10/92, Balocchi, Slg. 1993, I-5105, Rdnr. 25, und vom 21. Februar 2008 C-271/06, Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771, Rdnr. 21) unverhältnismäßig (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl. II 2015, 674).

    66

    Offengelassen hat der BFH dabei ausdrücklich, ob dies auch für andere Fallgestaltungen wie z.B. die Lieferung im Rahmen von Leasingverhältnissen zu gelten hat (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl. II 2015, 674).

    67

    bb) Nach Auffassung des erkennenden Senates ist von einer Uneinbringlichkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auch dann auszugehen, wenn der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Leistungserbringung aufgrund der mit dem Leistungsempfänger getroffenen vertraglichen Vereinbarungen über die Fälligkeit des Entgeltes für mehr als zwei Jahre nicht mit einer Vereinnahmung der Leistungsentgelte rechnen kann. Hierfür sprechen dieselben Gründe wie für die neuere Rechtsprechung des BFH. Auch insofern käme es anderenfalls zu einer gleichheitswidrigen Vorfinanzierung der Umsatzsteuer durch den der Sollbesteuerung unterliegenden leistenden Unternehmer (im Ergebnis ebenso FG Düsseldorf Urteil vom 6. November 2015 1 K 1983/13 U, EFG 2016, 234, Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 160. Lieferung 2014, § 17 Rn. 371.1 bis 373; Stadie, UStG, 3. Aufl. 2015, § 17 Rn. 56; befürwortend für Ratenzahlungen: Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, 129. Lieferung 2014, § 17 UStG Rn. 136.7.1; offen gelassen Korn in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 17 Rn. 61).

    68

    cc) Nach diesen Grundsätze war die Klägerin im Streitjahr 2012 zur Berichtigung der Umsatzsteuer auf Provisionsforderungen in dem beantragten Umfang wegen Uneinbringlichkeit berechtigt, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung aufgrund der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen für mehr als zwei Jahre nicht mit einer Vereinnahmung der streitbefangenen Provisionsraten in Höhe von insgesamt 57.500 € rechnen konnte.

    69

    Zu Unrecht hat der Beklagte in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2012 in 2015 fällige anteilige Provisionsforderungen für die Vermittlung der Fußballspieler C in Höhe von 13.500 €, A in Höhe von 31.500 € und B in Höhe von 12.500 € der Umsatzsteuer unterworfen, obwohl die Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit der Entgelte nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berechtigt war.

    70

    Die sonstige (Vermittlungs-)Leistung gegenüber dem FC C auf Vermittlung des Spielers C hatte die Klägerin - wie oben dargestellt - spätestens bei Abschlusses der Honorarvereinbarung am 15.07.2012 erbracht, so dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung mit einer Vereinnahmung der zweiten Rate des Provisionsanspruchs für die Saison 2014/15 in Höhe von 13.500 € erst bei deren Fälligkeit am 31.01.2015 und damit mehr zwei Jahre nach Leistungserbringung rechnen konnte.

    71

    Die Leistung gegenüber dem FC A auf Vermittlung des Spielers A hatte die Klägerin spätestens bei Abschlusses der Vergütungsvereinbarung am 03.09.2012 bewirkt, so dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung mit einer Vereinnahmung der zweiten Rate des Provisionsanspruchs für die Saison 2014/15 in Höhe von 31.500 € erst bei deren Fälligkeit am 01.03.2015 und damit mehr zwei Jahre nach Leistungserbringung rechnen konnte.

    72

    Die Leistung gegenüber dem FC B auf Vermittlung des Spielers B hatte die Klägerin spätestens bei Abschlusses der Vergütungsvereinbarung am 12.09.2012 erbracht, so dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung mit einer Vereinnahmung der zweiten Rate des Provisionsanspruchs für die Saison 2014/15 erst bei deren Fälligkeit am 15.02.2015 und damit mehr zwei Jahre nach Leistungserbringung rechnen konnte. Insofern ist die Klägerin berechtigt, die von der GBp. ermittelten und von dem Beklagten angesetzten anteiligen Provisionserlöse in Höhe von 12.500 € zu berichtigen.

    73

    Die Annahme einer Uneinbringlichkeit aufgrund von Umständen, die bei Leistungserbringung vorliegen, und die zu einer Berichtigung bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung führen, verstößt auch nicht gegen den durch Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL vorgegebenen Rechtsrahmen. Soweit es danach erforderlich ist, eine Berichtigung "nach der Bewirkung des Umsatzes" vorzusehen, reicht es aus, wenn es zur Uneinbringlichkeit nach der Leistungserbringung deshalb kommt, weil die Leistungsempfänger --hier die aufnehmenden Vereine-- die streitbefangenen noch nicht fälligen Provisionsraten trotz Erfüllbarkeit nicht erfüllt haben und deren Erfüllung auch nach den Gesamtumständen nicht zu erwarten war.

    74

    Vorliegend bestanden darüber hinaus zum Zeitpunkt der Leistungserbringung branchenbedingt berechtigte Zweifel, ob die vermittelten Spielerarbeitsverträge bis zum Ende der dreijährigen Vertragslaufzeit Bestand haben oder anderenfalls die streitbefangenen Provisionsraten, die jeweils unter der auflösenden Bedingung des Fortbestehens der Spielerarbeitsverträge vereinbart waren, erlöschen würden.

    75

    Ob die Klägerin darüber hinaus berechtigt war, die Umsatzsteuer auch auf die am 31.08.2014 (für C), am 01.09.2014 (A) und am 15.09.2014 B fälligen Provisionsraten zu berichtigen, ist nicht entscheidungserheblich. Insofern darf der Senat gem. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das --dem Betrage nach beschränkte-- Begehren der Kläger auf Herabsetzung der Umsatzsteuer um 10.925 € hinausgehen.

    76

    II. Die Umsatzsteuerfestsetzung war dementsprechend wie folgt herabzusetzen:

    77

    Umsatzsteuerfestsetzung lt. Bescheid vom 15.07.2015
    ... €
    Minderung der Umsätze zu 19% um 57.500 €
    - 10.925,00 €
    Umsatzsteuer lt. Urteil
    ... €

    78

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    79

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    80

    Die Revision ist gem. § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG

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