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  • 18.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145838

    Kammergericht Berlin: Urteil vom 27.11.2012 – 27 U 25/09


    Kammergericht

    Im Namen des Volkes

    Teilurteil

    Geschäftsnummer: 27 U 25/09
    verkündet am : 27.11.2012

    31 O 255/05 Landgericht Berlin

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat der 27. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27.11.2012 durch den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke als Einzelrichter

    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Drittwiderbeklagten zu 2-5) wird das Teilurteil des Landgerichts Berlin
    vom 22.01.2009 - 31 O 255/05 - geändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Widerbeklagten zu 2-5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 106.111,70 EUR nebst 5 % über dem Basiszinssatz aus 89.500,00 EUR seit dem 05.01.2007 und aus weiteren 16.611,70 EUR seit dem 14.02.2008 zu zahlen.

    2. Es wird festgestellt, dass die Widerbeklagten zu 2. bis 5. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Beklagten auch die Kosten und Schäden, insbesondere die Mehrwertsteuer, zu ersetzen, die sich aus der fachgerechten und endgültigen Mängelbeseitigung über den Zahlungsbetrag zu 1. ergeben.

    3. Im Übrigen wird die gegen die Drittwiderbeklagten zu 2-5) erhobene Widerklage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

    4. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu 68 % und die Drittwiderbeklagten zu 2-5) zu 32 % zu tragen.

    5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

    6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweils gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beigetriebenen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweilige Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe
    leistet.

    7. Die Revision wird nicht zugelassen.

    G r ü n d e

    Die Klägerin und Widerbeklagte zu 1) nimmt die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 5.616,04 EUR aufgrund eines am 24.08.2004 erteilten Auftrages der Beklagten zur Aufbringung eines Außenputzes nebst Farbanstrich in Anspruch. Die Beklagte wendet gegen die Klage ein, dass der Werklohn in dieser Höhe nicht verdient sei, da behauptete vertragliche Vereinbarungen bzw. deren Erfüllung bzw. Leistungserbringung überhaupt bestritten werden. Darüber hinaus macht sie eine Vertragsstrafe geltend, behauptet Parkettschäden, Nichtberücksichtigung von Skontoeinbehalt und wendet Gewährleistungsrechte ein.

    Die Beklagte und die Drittwiderbeklagte zu 2), deren Gesellschafter die Drittwiderbeklagten zu 3) bis 5) sind, schlossen im März 2004 einen Vertrag über die Erbringung von Architektenleistungen. Danach war Gegenstand des Vertrages das „Erstellen von noch fehlenden Planungsleistungen zur Fertigstellung des Neubaus eines Mehrfamilienhauses mit 12 Wohneinheiten inklusive der Mitwirkung bei der Vergabe und der fortführenden Bauüberwachung“.

    Mit Schriftsatz vom 22.12.2006 (Bl. I/139 ff. d.A.) hat die Beklagte Widerklage gegen die Klägerin und Drittwiderklage gegen die Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) erhoben und den Antrag angekündigt, Klägerin und Drittwiderbeklagte zu verurteilen, an sie 89.500,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen sowie festzustellen, dass sie auch im Übrigen zum Schadensersatz verpflichtet seien.
    Zur Begründung nahm sie Bezug auf das zwischenzeitlich von ihr eingeholte Gutachten des Sachverständigen Rust vom 23.06.2006, der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 89.500,00 EUR netto ermittelte (Anlage C5, S. 88 f.). Gegenüber den Drittwiderbeklagten hat die Beklagte ihren Widerklageantrag damit begründet, dass sie sowohl bei der Planung als auch bei der Bauüberwachung Fehler gemacht hätten, die zum entsprechenden Schadensersatzanspruch führen.

    Über das Vermögen der Klägerin ist durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden mit der Folge, dass gemäß § 240 ZPO der Rechtsstreit im Verhältnis der Klägerin und der Beklagten ruht.
    Folgerichtig hat die Beklagte im Termin vor dem Landgericht Berlin am 19.07.2007 den angekündigten Antrag nur gegen die Drittwiderbeklagten gestellt (Bl. II/12 d.A.).
    Im Verlaufe des Rechtsstreits in erster Instanz hat die Beklagte die Klage gegen die Drittwiderbeklagten nochmals erweitert. Sie hat einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 75 % der Kosten der Mängelbeseitigung gemäß der Kalkulation des Sachverständigen   für die Mängelbeseitigung im Bestand ohne Neuerstellung des WDVS in seinem Ergänzungsgutachten vom 03.12.2007 in Höhe von 146.684,53 EUR (Anlage C25.1, S. 14) zuzüglich geschätzter Gerüstkosten aus seinem Gutachten vom 23.06.2006 in Höhe von 6.050,00 EUR (Anlage C5, S. 87), zuzüglich Kosten für Nebenleistungen gemäß der Kostenschätzung des Sachverständigen   in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 03.01.2008 abzüglich der von diesem angesetzten Gerüstkosten, Baunebenkosten und Reinigungskosten in Höhe von 122.109,50 EUR netto (Anlage C25.2, Anlage 1 S. 7), geltend gemacht. Über dem Bruttobetrag von insgesamt 274.484,03 EUR netto hinaus hat die Beklagte auch die anteilige Umsatzsteuer geltend gemacht und sich Schadensersatzansprüche gegen die Drittwiderbeklagten in Gesamthöhe von netto 326.635,99 EUR brutto berühmt, von denen sie im Wege der Zahlungsklage einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 75 %, also gerundet 245.000,00 EUR brutto geltend gemacht hat. Den Differenzbetrag hat sie im Wege des Feststellungsantrages in den Rechtsstreit eingeführt und zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf S.2 bis 6 des Schriftsatzes vom 29.01.2008 (Bl. II/146 bis 150 d.A.) Bezug genommen.

    Das Landgericht hat im Wege des Teilurteils nur über die Ansprüche der Beklagten gegen die Drittwiderbeklagten entschieden und der Drittwiderklage ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens in vollem Umfange stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Drittwiderbeklagten dem substantiierten Vortrag der Beklagten sowohl hinsichtlich der behaupteten Fehler als auch hinsichtlich des Umfanges und der Höhe des entstandenen Schadens nicht substantiiert entgegen getreten sind.

    Im Übrigen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

    Mit der Berufung verfolgen die Drittwiderbeklagten ihren Antrag auf Abweisung der Drittwiderklage in vollem Umfange weiter.

    Die Drittwiderbeklagten rügen, dass das Teilurteil wegen möglicher Divergenz unzulässig sei. Die von der Beklagten gegenüber der Klägerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte Widerklagerücknahme sei unwirksam.
    Als Architekten könne ihnen gegenüber per se kein Kostenvorschussanspruch bestehen.
    Auch ein Schadensersatzanspruch liege nicht vor, da es nicht zu Planungs-, Koordinations- oder Überwachungsfehlern gekommen sei. Architekten haften nicht für jede Art von Ausführungsfehlern der Bauunternehmen. An die Ergebnisse des Gutachtens   seien sie nicht gebunden, da die Interventionswirkung als ursprünglicher Streithelfer nicht zu ihren Lasten gemäß § 68 ZPO greife. Daher sei das Gutachten   lediglich als Privatgutachten und damit als Sachvortrag zu werten. Sie bestreiten sämtliche aufgeführten Mängel. Dies betrifft auch die Höhe der behaupteten Mängelbeseitigungskosten. Weiterhin sind sie der Auffassung, dass die Beklagte sich einen etwaigen Restwerklohnanspruch der Klägerin auf eine eventuelle Schadensersatzforderung anrechnen lassen müsse.

    Die Beklagte hat zunächst nur das angefochtene Urteil verteidigt. Der Senat hat im Termin am 12.11.2009 die Sach- und Rechtslage erörtert und persönliche Anhörungen gemäß § 141 Abs. 3 ZPO vorgenommen. Er hat am Schluss der Sitzung Beweis erhoben über die Behauptung der Drittwiderbeklagten, mit dem Beklagten, Herrn    , sei die Verwendung von Wärmedämmplatten mit stumpfem Stoß abgesprochen worden und über die Behauptung, die Drittwiderbeklagten   hätten die Klägerin mehrfach aufgefordert, fehlende Fugendichtbänder einzusetzen, was von der Klägerseite auch zugesagt worden sei, durch Vernehmung des Zeugen   (Bl. III/87 d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.01.2010 verwiesen (Bl. III/101 bis 105 d.A.).
    Hinsichtlich der streitigen Mängel und der gegebenenfalls erforderlichen Kosten hat das Kammergericht am selben Tage einen Beweisbeschluss durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erlassen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.01.2010 verwiesen (Bl. III/105 bis 109 d.A.). Der Senat hat mit der Durchführung des Sachverständigengutachtens Herrn Dipl.-Ing.    beauftragt (Bl. III/145 d.A.).
    Nach Einholung des Gutachtens vom 10.01.2011 hat der Senat in neuer Besetzung mit den Parteien die Sach- und Rechtslage erneut erörtert. Dies führte zur Einholung eines ergänzenden Gutachtens gemäß Beschlusses vom 05.07.2011 (Bl. III/234 bis 236 d.A.). Aufgrund der Einwendungen der Beklagten wurden neben der ersten ergänzenden Stellungnahme vom 06.02.2012 weitere ergänzende Gutachten des Sachverständigen vom 10.05.2012 und 21.08.2012 eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen   verwiesen.

    Die Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) beantragen,

    1. das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22.01.2009 aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen,

    2. die (Dritt-)Widerklage gegen die Widerbeklagten zu 2) bis 5) abzuweisen.

    Die Beklagte beantragt nunmehr im Wege der Drittwiderklagenerweiterung,

    1. unter Zurückweisung der Berufung die Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) zu verurteilen, an sie insgesamt 426.748,12 EUR nebst jährlicher Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 89.500,00 EUR seit dem 05.01.2007, auf 155.500,00 EUR seit dem 14.02.2008 und auf weitere 181.748,12 EUR seit Zustellung dieses Schriftsatzes (11.10.2011) zu zahlen
    und

    2. festzustellen, dass die Widerbeklagten zu 2) bis 5) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr auch die Kosten und Schäden, insbesondere die Mehrwertsteuer zu ersetzen, die sich aus der fachgerechten und endgültigen Mängelbeseitigung über den Zahlungsbetrag zu 1. ergeben.

    Die Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) beantragen,

    die erweiterte Widerklage abzuweisen.

    Zur Erweiterung der Drittwiderklage trägt die Beklagte neu vor:
    Sie hätte auf der Grundlage einerseits der parteigutachterlichen Feststellungen, andererseits und insbesondere auf der Grundlage des Gerichtsgutachtens vom 10.01.2011 Architekten beauftragt, die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Leistungen zu erfassen sowie weiterhin auf dieser Grundlage und entsprechender Ausschreibungen Kostenangebote von Fachfirmen einzuholen. Das Submissionsergebnis der Architekten   ergäbe hier – jeweils in Gegenüberstellung auch zu den Leistungen und Kostenansätzen des Gerichtssachverständigen ein Gesamtvolumen von netto 505.955,01 EUR bis zu 595.433,00 EUR gegenüber dem Kostenvolumen seitens des vom Gericht beauftragten Sachverständigen mit 74.569,50 EUR (Schriftsatz vom 23.08.2011, Bl. IV/26 d.A.). Die Divergenz und damit die exorbitant erscheinende Kostenüberschreitung liege nicht darin begründet, dass hier die Architekten unter dem Titel 8 – auch – die Erneuerung der Fenster ausgeschrieben und kalkulatorisch erfasst hätten, deren Rahmenprofile im Zusammenhang mit der vertragsgerechten Ausführung der jeweiligen Dämmstärken bei den Laibungen verändert werden müssten, sondern insbesondere darin, dass hier die Architekten die einzelnen und zum Teil diffizilen Leistungsschritte der Mängelbeseitigung erfasst hätten.
    Dies stelle keinen Widerspruch zu der Kostenschätzung des Sachverständigen dar, da die Kostenschätzung des Sachverständigen noch der „detaillierten Planung der Mängelbeseitigung, (auf der) aufbauend die Kosten anhand der Mengenermittlungen nach Aufmaßen bzw. vermaßten Planunterlagen zu ermitteln sind“, da zugestandenermaßen im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens insoweit „keine Planungsleistungen eines Architekten oder beratenden Ingenieurs erbracht werden“, diese vielmehr gesondert zu vergeben seien.
    Dem sei sie nunmehr nachgekommen und lege nunmehr eine, wie von dem Gerichtssachverständigen vorgegeben, „von den Parteien einzuholende Planungsleistung, Ausschreibung/Angebotseinholung (vor), um die Kosten genauer zu fassen“, vor.
    Sie mache die vorbezeichnete Submission (Anlage D7) der Architekten   zum Gegenstand ihres Vortrages, und zwar in der Weise, dass sie

    - nur auf das preiswerteste/niedrigste Angebot der   abstelle sowie

    - dieses unter Hintanstellung des Titels 8 (Fensterposition)

    der Kostenschätzung des vom Gericht beauftragten Sachverständigen gegenüberstelle. Daraus ergäben sich Gesamtkosten von (505.955,01 EUR minus 118.955,00 EUR) netto 387.000,01 EUR.
    Dieses Submissionsergebnis gemäß Anlage D7 sowie das hier preiswerteste Angebot gemäß Anlage D8 werden zum Gegenstand des beklagtenseitigen Vortrages gemacht.
    Gegenstand der Zahlungsklage sei nicht das gesamte Volumen von 387.000,01 EUR, sondern hinsichtlich folgender Positionen nur ein erststelliger Teilbetrag, wobei in dem vorstehenden Angebot (D8) die Leistungen aus den Kostenschätzungen der Parteigutachter   und   - wenn auch detaillierter - eingegangen sind :

    D8 Betrag C.25.2 Betrag
    LV-Pos. 4.2 a 3.287,90 EUR Pos.7.0 Anlg.1, S.2 1.534,50 EUR
    4.2 e 1.617,00 EUR Pos. 7.0
    4.2 c 1.024,00 EUR Pos. 7.0 (2.) 2.880,00 EUR
    4.2 g 640,00 EUR Pos. 7.0 (2.)
    4.2 h 3.040,24 EUR Pos. 7.0 3.) 6.460,00 EUR
    10.874,50 EUR
    4.2 b 486,40 EUR Pos. 26 Anlg.1 S.5 8.190,00 EUR
    4.2 i 5.525,00 EUR Pos. 26 (3,4)Anlg.1 2.100,00 EUR
    4.2 j 2.415,00 EUR Pos. 26 (3,4) S.5 3.600,00 EUR
    4.2 k 3.575,00 EUR Pos. 26 (3)
    4.2 l 4.500,00 EUR Pos. 26 (2) 5.000,00 EUR
    18.890,00 EUR
    4.3 a 7.616,40 EUR Pos. 4.0 Anlg.1 S2 12.800,00 EUR
    4.3 b 1.500,00 EUR Pos. 4.0
    4.4 a 21.464,40 EUR Pos. 4.0
    4.4 b 2.700,00 EUR Pos. 4.0
    4.4 c 675,00 EUR Pos. 4.0
    4.8 a 505,00 EUR Pos. 5.0 Anlg.1 S2 1.700,00 EUR
    4.8 b 3.458,24 EUR Pos. 5.0
    4.8 c 1.695,20 EUR Pos. 5.0
    4.10 a 600,00 EUR Pos. 32
    4.10 b 3.412,00 EUR Pos. 3.2 Anlg.1 S 6 1.100,00 EUR
    4.11 a 5.971,00 EUR Pos. 14 Anlg. 1 S 3 4.725,00 EUR
    Reinigung nicht erfaßt Pos. 16 Anlg. 1 S 3 450,00 EUR
    Zwischensumme 50.539,50 EUR
    5.1 a-x 36.788,00 EUR Pos. 3.0 (2) Anlg.1 S1: 37.000,00 EUR
    Zwisumme 112.495,78 EUR 87.539,50 EUR

    Von diesen 112.495,78 EUR werden die vorstehenden bzw. gleichartigen Leistungen und Kostenansätze nur zu je 75% (des Bruttovolumens) als jeweiliger erststelliger Teilbetrag in Ansatz gebracht. Die übrigen 25% aus dem Kostenangebot gemäß Anl. D8 und damit in Höhe von 28.123,75 EUR (25% von 112.495,78 EUR) werde als zweitstelliger Teilbetrag nicht zum Gegenstand dieses Rechtsstreites gemacht, so dass Gegenstand des Zahlungsantrages nicht die gesamten 387.000,01 EUR sind, sondern (abzüglich 28.123,95 EUR) nur 358.876,06 EUR.
    Aufgrund der Aussage des gerichtlichen Sachverständigen, dass für erforderliche Planung, Ausschreibung, Koordination und Objektüberwachung ein Zuschlag von bis zu 17 % als Nebenkosten vorzunehmen sei, ergäbe dies abgerundet Nebenkosten in Höhe von 61.000,00 EUR (17 % von 358.876,06 EUR).
    Demnach belaufe sich der unmittelbar auf die offene Mängelbeseitigung bezogene Schadensersatz auf netto 419.876,06 EUR, der nunmehr Gegenstand der Zahlungsklage ist (S. 3 f. des Schriftsatzes vom 22.09.2011, Bl. IV/31 f. d.A.).
    Darüber hinaus macht sie im Wege der Klageerweiterung nunmehr auch die Kosten geltend, die ihr in Form von Mietausfällen, Unterbringung der betroffenen Mieter in Ersatzwohnungen/Hotels u.ä. anfallen werden, soweit diese für die Durchführung der Mängelbeseitigung selbst erforderlich sein werden. Diese Kosten für Mietausfälle beziffert sie auf 6.872,06 EUR, die sie ebenfalls im Wege der Klageerweiterung geltend mache. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Schadensberechnung wird auf den Vortrag S. 4 bis 7 des Schriftsatzes vom 22.09.2011 nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. IV/32 bis 34 d.A.).
    Hinsichtlich des Feststellungsinteresses verweist die Beklagte darauf, dass sie nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten Anspruch auf Ersatz der darüber hinaus gehenden Kosten und Schäden, insbesondere der Mehrwertsteuer, habe.

    Die Drittwiderbeklagten treten diesem neuen Klagevorbringen entgegen und behaupten, dass es sich bei den Angeboten der an der Submission beteiligten Firmen um Gefälligkeitsangebote handele. Den tatsächlichen erforderlichen Aufwand habe der gerichtlich bestellte Sachverständige bereits ermittelt. Mietausfälle, Hotelkosten etc. werde es nicht geben, da durch die Arbeiten die Mieter nicht in einer Weise beeinträchtigt werden, die eine Minderung der Miete rechtfertigen würden. Die insoweit erfolgten Ansätze werden dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Ob überhaupt irgendwelche Mieter Ansprüche geltend machen werden, stehe noch nicht fest.

    Der Senat hat im Termin vom 27.11.2011 die Sach- und Rechtslage erörtert und im Einzelnen dargelegt, warum er zu der Überzeugung gelangt ist, dass das Submissionsergebnis auf Preisabsprachen beruht und deshalb nicht verwertbar ist und damit die Drittwiderklageerweiterung rechtfertigen könnte. Nachdem die Beklagte ausdrücklich über ihren Anwalt erklärt hat, dass der Parteivortrag der Anlagen D7 und 8 in vollem Umfange aufrechterhalten werde, hat der Sachverständige   sein Gutachten mündlich erläutert. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Anhörung wird auf S. 3 und 4 des Terminsprotokolls vom 27.11.2012 verwiesen (Bl. IV/165 f. d.A.).

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in diesem Rechtszug eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Terminsprotokolle ergänzend Bezug genommen.

    II.

    Die Berufung der Drittwiderbeklagten ist zulässig und teilweise begründet, im Übrigen nicht begründet. Die Klageerweiterung ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich eines Teils des Feststellungsantrages begründet.
    Die erst in zweiter Instanz erhobene Drittwiderklageerweiterung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Drittwiderbeklagten sich in der mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben, ohne ihr zu widersprechen (§ 267 ZPO), und damit in die Klageänderung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO eingewilligt hat. Die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO liegen auch vor, da der Senat seine Entscheidung auf Tatsachen stützen kann, die er ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat.

    Entgegen der Ansicht der Drittwiderbeklagten ist ihre Berufung nicht bereits deshalb begründet, weil nach ihrer Auffassung das Teilurteil wegen möglicher Divergenz unzulässig sei.
    Grundsätzlich darf nicht durch Teilurteil entschieden werden, wenn bei Gesamtschuldnern noch Beweis erhoben werden müsste. Anders ist dies aber bei der Insolvenz eines Streitgenossen zu werten. Denn die Unterbrechung nach § 240 ZPO betrifft nur das Prozessverhältnis zum Gemeinschuldner. Sie betrifft nicht auch das Verfahren gegen einfache Streitgenossen des Gemeinschuldners (BGH NJW-RR 2003, 1002). Die Drittwiderbeklagten als Architekten und die Klägerin als bauausführendes Unternehmen sind einfache Streitgenossen, da sie mit der Beklagten unterschiedliche Verträge geschlossen haben und daher die Widerklage bzw. Drittwiderklage ein unterschiedliches Schicksal haben kann. Die Unterbrechung des Rechtsstreites betreffend der Klägerin führt zur faktischen Trennung des Verfahrens, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Etwas anderes mag bei notwendiger Streitgenossenschaft, die hier nicht vorliegt, oder bei Anhaltspunkten für eine alsbaldige Fortsetzung des Verfahrens gegen den Gemeinschuldner gelten.
    Soweit die Drittwiderbeklagten eingewendet haben, dass die Rücknahme der Widerklage gegenüber der Klägerin wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam sei, kommt es auf die Wirksamkeit der Widerklagerücknahme für die Frage nach der Beantwortung der Zulässigkeit bzw. Begründetheit der Berufung und der Klageerweiterung nicht an.

    A) Zahlungsklage

    Die Beklagte hat gegen die Widerbeklagten zu 2) bis 5) als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 89.169,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2007. Insoweit ist die Berufung begründet. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages sind die Berufung und die Drittwiderklageerweiterung - betreffend die Zahlungsklage - nicht begründet.

    1.) Schadensersatzanspruch dem Grunde nach

    Der Beklagten steht gegen die Drittwiderbeklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung gemäß §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB zu.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten schuldeten die Drittwiderbeklagten kein mangelfreies Bauwerk. Die Drittwiderbeklagten waren aufgrund des geschlossenen Architektenvertrages für die Beklagte als Architekten und nicht als Generalunternehmer tätig. Nach dem geschlossenen Vertrag vom März 2004 hatten sie die noch fehlenden Planungsleistungen zu erbringen inklusive der Mitwirkung bei der Vergabe und der fortführenden Bauüberwachung. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Bauüberwachung hatten sie im erforderlichen Umfange darauf hinzuwirken, dass der betreffende Bauunternehmer die von ihnen jeweils erkannten Mängel beseitigt. Für den Fall, dass der Bauunternehmer sich weigert, gerügte Mängel zu beseitigen, hatten die Drittwiderbeklagten der Beklagten entsprechende Mitteilung zu machen und mit ihr die Möglichkeiten zu besprechen, auf welche Art und Weise der Bauunternehmer zur Beseitigung der gerügten Mängel angehalten werden könne. Im Falle eines Fehlschlagens waren sie nicht verpflichtet, die von dem Bauunternehmer nicht beseitigten Mängel auf eigene Kosten zu beseitigen.
    Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die gerügten Mängel in überwiegendem Umfange vorhanden sind und sie im Falle einer ordnungsgemäßen Bauüberwachung erst gar nicht entstanden wären bzw. beseitigt worden wären.

    Im Einzelnen:

    Nach Durchführung der Beweisaufnahmen steht fest, dass folgende Mängel vorliegen, für die die Drittwiderbeklagten aufgrund von Bauüberwachungsfehlern verantwortlich sind:

    1.1.
    Weder der Putz des WDVS noch die Wärmedämmung an den Jalousienkästen sind fachgerecht angeschlossen worden. Die Ausführungen entsprechen weder den in der Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung beschriebenen Anforderungen noch den Ausführungsempfehlungen in den Regeldetails des Systemgebers Stoffmeister (S. 57 des Hauptgutachtens).

    1.2.
    An den Jalousienkästen, an die das WDVS anschließt, erfolgten keine Kellenschnitte. Dichtbänder waren teilweise vorhanden, teilweise fehlten sie. Soweit vorhanden waren sie weitestgehend ohne Wirkung. Da sie vollständig dekomprimiert waren, kann Wasser aus Schlagregenbeaufschlagung nicht abgehalten werden. Die diesbezüglichen Ausführungen entsprechen nicht den Anforderungen des Systemgebers (S. 57 GA).

    1.3.
    Das WDVS endete unfertig an den Fenster- und Türstürzen mit vorgesetzten Jalousienkästen, d.h. die Ausführungen bestanden lediglich ab den Sturzkanten bis zu den oberen Blechanschlüssen der Jalousienkästen aus einer Hartschaumdämmung und Armierungsputz, wobei die Gewebearmierung vielfach offen sichtbar lag (S. 58 GA).

    1.5.
    Die aus dem WDVS herausstehenden Jalousienkästen, wie an den straßenseitigen Fassaden vorhanden, stellen weder eine sach- noch eine fachgerechte Ausführung dar. Die Ausführung hätte, um fachgerecht zu sein, entsprechend dem Detail F1 ausgeführt werden müssen. Aufgrund der vorstehenden Kästen kann Wasser in die Konstruktion bis zu den Blendrahmen eindringen (S. 59 GA).

    2.
    An allen Fensterbänken fehlten entweder die erforderlichen Fugendichtbänder oder – soweit vorhanden – waren diese nicht systemgerecht eingebaut und erfüllten damit nicht die ihnen zugedachte Funktion (S. 59 GA).

    3.
    Durch den fehlenden bzw. fehlerhaften Einbau von Dichtbändern ist es zu „wilden“ Abrissen zwischen dem Putz des WDVS und den Aufsteckborden der Fensterbankabdeckungen gekommen (S. 60 GA).

    4.1./5.1.
    An sämtlichen Verblechungen, Sockeln, Laibungen, Fenstern und Balkontüren einschließlich der Verblechungen der Trennwände Wohnung Nr. 02/07, 04/09, 06/11 sowie der Balkonbrüstungen 02/07, 05/012, fehlten entweder die Fugendichtbänder oder waren so eingebaut, dass sie die ihnen zugeordneten Funktionen nicht erfüllen konnten. Hinsichtlich der Fugenabdichtungen an den Fenstern und Türen fehlten zwar nicht die Fugendichtbänder, jedoch war insoweit die Ausführung nicht mangelfrei. Die Kellenschnitte fehlten in sämtlichen Bereichen (S. 60 GA).

    4.2./5.2.
    Elastische Dichtstoffe wurden nur in geringem Umfange verwendet. Dort, wo sie Verwendung fanden, erfolgten diese nicht fachgerecht (S. 61 GA).

    5.3.
    Die Blechabdeckungen der Wohnung 02/07 und der Wohnung 12 wie auch weitere Abdeckungen sind nicht fachgerecht ausgeführt worden, da sie zu aufgehenden Bauteilen weder dicht- noch standfest anschlossen. Zudem war deren Schutzwirkung erheblich eingeschränkt (S. 61 GA).

    6.
    An den Konsolen, an denen die Geländerbefestigungen der Wohnungen 2, 7, 4, 9, 11, 5, 12 angeschlossen waren, waren weder Fugendichtbänder noch Kellenschnitte im WDVS vorhanden. Die Ausführungen entsprachen damit nicht den Regeldetails des Systemgebers STO (S. 61 f. GA).

    7.
    Sämtliche Endungen der Entwässerungsrinnen der Balkone und Dachterrassen stehen in das WDVS ein. Da das WDVS nach Verlegen der Rinnen ausgeführt wurde, entstanden Fehlstellen, über die das WDVS hinterwässert wird. Es bilden sich unterschiedliche punktuelle bis umfängliche Schäden aus (S. 62 GA).

    8.
    Zwar fehlten entgegen der Behauptung die diagonal zu verlegenden Armierungsgewebezulagen an den Fenster- und Türecken nicht, jedoch waren sie nicht als Einlagen, sondern nur als einziges Gewebe im Bereich der Ecken vorhanden, so dass die Ausführungen mangelhaft und schadensbildend waren (S. 62f. GA).

    10.1.
    Die Laibungen sind nicht ordnungsgemäß bis zur Leiste verputzt und gestrichen worden (S. 63 GA).

    14.
    An den Balkonen erfolgten die Ausbildungen der Sockel weder nach den Detailvorgaben der Planer noch nach den Ausführungsdetails des Systemgebers STO (S. 65 GA).

    16.
    Putzmittel und Farbreste befanden sich vornehmlich an den Einbauteilen und Anschlussflächen, da entsprechende Abklebungen zum Schutz oder ein sorgfältiges sogenanntes Beschneiden der verschiedenen Holzrahmen, Bleche und Jalousienelemente zuvor nicht erfolgt waren (S. 65 GA).

    17.
    Das Putzsystem des Wärmedämmverbundsystems ist unsauber an die Dachkästen und Holzverschalungen angearbeitet worden. Die Anschlussflächen sind nicht ausreichend verputzt und vor Farbverschmutzungen geschützt worden, so dass Farb- und Putzreste verblieben sind (S. 66 GA).

    18.
    An den Wänden zu den Balkondecken haben sich „wilde“ Risse gebildet. Unter allen Betondecken fehlen Fugendichtbänder und Kellenschnitte, was aber für die sach- und fachgerechte Herstellung erforderlich gewesen wäre (S. 66 GA).

    An den Deckenunterseiten der Balkone sind in unterschiedlichem Umfang Betongrate und Mörtelrückstände vorhanden und die Farbbeschichtung wurde ohne Vorbereitung der Untersichtsflächen aufgetragen (S. 67 GA).

    21.
    Die Kragdecken-Stirnseiten der Balkone 01, 03, 08 und 10 sind lediglich mit Mörtel ausgebessert und mit Farbe beschichtet worden. Das erforderliche durchgängige Spachteln, auf das auch immer ein Schleifen erfolgt, ist nicht erfolgt (S. 68 GA).

    22.
    An den Laibungen des Kellerfensters Haus 2 fehlt die Beschichtung des Kratzputzes (S. 68 GA).

    23.
    Es fehlt die erforderliche Entlüftung für den Heizraum, da die bereits vorhandene Rohbauöffnung der Zuluft für den Heizkeller durch die Überbauung mit dem WDVS verschlossen worden ist (S. 68 GA).

    24.
    Der Putz an den Steckdosen, Stromauslässen und ähnlichen Durchdringungen ist nur mangelhaft nachgearbeitet worden, wenn überhaupt (S. 68 GA).

    25.1.
    An den Laibungen der Garagentore fehlt die nach Bausoll erforderliche 4cm dicke Dämmung (S. 69 GA).

    26.
    Die erforderlichen Abstände zwischen den Rinnenendungen und der Oberfläche des WDVS, die konstruktiv mindestens 1cm betragen sollten, fehlen (S.69 f. GA).

    28.
    Sämtliche Lampen und Steckdosen auf den Balkonen wurden nicht mit Fugendichtbändern abgedichtet. Derartige Dichtungen werden u.a. vom Systemgeber STO in dessen Regeldetails vorgegeben (S. 70 GA).

    32.
    Die Abschlüsse des WDVS zu den Dächern wurden nicht gemäß dem Detailblatt der Architekten D1 ausgeführt, wonach die Zinkbleche z-förmig durch die Dämmschicht geführt und am Rohbau zu befestigen waren. Die Ausführung entsprach somit nicht dem Bausoll.

    Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Drittwiderbeklagten im Schriftsatz vom 11.04.2011 (Bl. III/215 bis 219 d.A.) greifen nicht durch:

    Entgegen der Ansicht der Drittwiderbeklagten hat der Sachverständige festgestellt, ob hinsichtlich der festgestellten Mängel Planungs- oder Überwachungsfehler der Architekten vorliegen. So hat er in seinem Gutachten auf S. 32 bis 47 ausgeführt, dass sämtliche Fehler auf Überwachungsfehler zurückzuführen sind. Lediglich betreffend des Punktes 23 hat er dargelegt, dass die fehlerhafte Ausführung des WDVS hinsichtlich der Zuluftöffnung des Heizraumes auch einen planerischen Mangel darstellt (S. 44 GA). Der Sachverständige hat ausgeführt, dass diese Mängel bereits während der Durchführung der Arbeiten hätten erkannt werden können. Die Rüge dieser Mängel hätte bereits während der Arbeiten erfolgen können und müssen.
    Grundsätzlich haften Architekten zwar nicht ohne weiteres für Mängel, die am Bau auftreten. Sie sind aber gerade im Rahmen der Bauüberwachung nach Leistungsphase 8 des § 15 HOAI zumindest zur stichprobenartigen Überwachung des Bauunternehmens verpflichtet. Der Architekt muss das Baugeschehen aktiv leiten. Das werkvertragliche Erfolgsversprechen geht dahin, dass das Bauwerk frei von Mängeln entsteht. Dabei geht es in erster Linie um Fehlervermeidung, nicht um Mängelbeseitigung. Dafür muss der Architekt das Zumutbare beitragen, also klare Anweisungen geben und kontrollieren, ob die Anweisungen fachlich zutreffend umgesetzt werden. Überprüfungen vor Ort müssen jedenfalls stichprobenartig erfolgen. Im Rahmen der Bauüberwachung vor Ort ist auch die Überprüfung erforderlich, ob die tatsächliche Ausführung technisch und gestalterisch richtig ist. In diesem Rahmen ist die vorherige Prüfung der Pläne erforderlich, auch wenn diese von einem anderen Architekten stammen. Im Falle von Mängeln hat der Architekt den Bauherren zu unterstützen, indem er ihn auf die Mängel und auf bestehende Rechte hinweist. Er muss darauf hinwirken, dass der Bauherr von seinen Rechten Gebrauch macht und er hat die Mängelbeseitigung zu überwachen.
    Gerade betreffend mangelanfälliger Arbeitsbereiche obliegt dem Architekten eine besondere Überwachungspflicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch nachfolgende Arbeiten nicht mehr überprüft werden kann, ob ein „verdeckter“ Mangel vorliegt. Soweit es gerade die Verwendung von Fugendichtbändern und Gewebearmierungen betrifft, ist besondere Sorgfalt geboten.
    Die von dem Sachverständigen festgestellten Mängel sind systematischer Art und die Vielzahl dieser Mängel sprechen nach Anscheinsgrundsätzen für einen Verstoß gegen die Überwachungspflichten. Die Drittwiderbeklagten tragen nichts dazu vor, in welcher Form sie ihren Überwachungspflichten nachgekommen sind und wie es trotzdem zu dieser Vielzahl von Mängeln, auch systematischer Art, kommen konnte.
    Dem steht nicht entgegen, dass die Drittwiderbeklagten einwenden, dass sie zahlreiche Mängel bereits vor Abnahme und während der Abnahme gerügt hätten. Hinsichtlich der Mängel, über die Beweis erhoben worden ist, betrifft dies nur die Punkte 1.2, 10.1. und 10.2.. Insoweit ist der Vortrag unsubstantiiert. Hinsichtlich des behaupteten gerügten Mangels betreffend 10.2. war diese Mängelrüge offensichtlich erfolgreich, da der Sachverständige hinsichtlich des Punktes 10.2., Zuschmieren der Leisten mit dauerelastischem Dichtstoff und Farbe und Abbröckeln des Endputzes und der Farbe, keinen Mangel feststellen konnte (S. 64 GA). Hinsichtlich der Punkte 1.2. und 10.1. fehlt es an einem substantiierten Vortrag, wobei nicht unerwähnt bleiben mag, dass die Drittwiderbeklagten sich insoweit in Widerspruch zu ihrer Behauptung setzen, dass insoweit keine Mängel bestünden.

    Soweit sie einwenden, dass Mängelrügen bereits während der Bauausführung nicht zur Abhilfe und damit zum Erfolg geführt hätten, fehlt es auch insoweit an einem substantiierten Vortrag, dass die Klägerin dem nicht nachgekommen wären. Nach Anscheinsgrundsätzen ist bei rechtzeitiger Rüge zu erwarten, dass der Bauunternehmer sofort reagiert und die vorhandenen Mängel abstellt und im weiteren Arbeitsverlauf systematische Ausführungsfehler vermeidet (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 20.02.2007 – 12 U 57/06 –, Rdn. 31, juris; OLG Köln BauR 2010, 808ff. Rdn. 28, juris).

    Demnach war die Leistung der Drittwiderbeklagten dem Grunde nach mangelhaft und hat zu den von dem Sachverständigen oben festgestellten Mängeln geführt, was die Schadensersatzpflicht der Drittwiderbeklagten dem Grunde nach auslöst. Die grundsätzlich gemäß § 281 Abs. 1 BGB erforderliche Aufforderung zur Nachbesserung unter angemessener Fristsetzung war entbehrlich, da sich die fehlerhafte Bauüberwachung bereits im Bauwerk konkretisiert hatte und demnach entbehrlich war.

    Im Übrigen hat der Sachverständige die Beweisbehauptungen der Beklagten gemäß Beweisbeschluss vom 07.01.2010 (Bl. III/101 bis 105 d.A.) nicht bestätigt.
    Im Einzelnen:

    1.4.
    Der Sachverständige hat nicht feststellen können, dass der Anschluss zwischen Putz und Jalousienkästen mit Acryl-Dreiecksfasen nicht sach- und fachgerecht erfolgt ist (S. 58 GA).

    8.
    Wie oben bereits ausgeführt, hat er hinsichtlich dieser Position teilweise die Beweisbehauptung bestätigt. Nicht bestätigt hat er die Behauptung, dass Gewebeeckschutzprofile fehlen. Dort, wo er exemplarische Prüfungen vorgenommen hat, waren die erforderlichen Profile vorhanden (S. 63 GA).

    10.
    Die Anputzleisten (APL) an den Blendrahmen von Fenstern und Türen wurden ordentlich montiert (S. 63 GA).

    10.2.
    Der Sachverständige hat im Zuge der Prüfungen der Ausführungen keine elastischen Dichtstoffverschmierungen zu den APL vorgefunden (S. 64 GA).

    11.
    Er hat nicht feststellen können, dass an manchen Stellen zwischen Putz und APL-Leiste blaue Folie zu sehen ist (S. 64 GA).

    12.
    Im Zuge der Prüfungen der Ausführungen hat er keine Bereiche vorgefunden, bei denen die APL nicht dicht auf dem Blendrahmen auflag, so dass die Herstellung sach- und fachgerecht war (S. 64 GA).

    20.
    Die Prüfungen haben ergeben, dass die Stirnseiten der Balkondecken unterschiedlich ausgebildet worden sind. Die unterschiedlichen Ausführungen wurden auch in den Positionen 1.5. und 1.6. der Leistungsbeschreibung entsprechend dargelegt. Welche Stirnseite nun wie auszuführen war, ist offensichtlich örtlich vor Ausführung vorgegeben worden, da sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Konkretisierungen ergeben. Daher kann eine Abweichung vom Bausoll nicht festgestellt werden. Zutreffend ist, dass die Deckenstirnseite der Wohnung 4/09 auf der Straßen- und Rückseite nicht mit dem WDVS versehen, sondern lediglich mit Farbe beschichtet worden ist. Dies lässt jedoch keinen Mangel erkennen (S. 67 GA).

    Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Wärmedämmung des Sturzes des gartenseitigen Garagentores für die Funktionsstörungen der Schlupftür ursächlich war. Die Funktion ist lediglich dann beeinträchtigt, wenn die Nutzer nicht darauf achten, dass das Sektionaltor vor Öffnen der Schlupftür gänzlich abgesenkt ist. Dies ist folglich ein Benutzerfehler und kein Mangel der Bausache, hinsichtlich derer ein Bauüberwachungsfehler vorliegt (S. 69 GA).

    30.
    Zwar ist es zutreffend, dass an den Fenstern und Jalousien im Sturzbereich Tropfkantenprofile fehlen. Diese sind jedoch nach dem geltenden Regelwerk im Bereich von Fenster- und Türstürzen bei WDVS, sofern nicht ausdrücklich gefordert, nicht vorzusehen (S. 70 GA).

    Die Einwendungen der Beklagten richten sich nur gegen die Feststellungen des Sachverständigen, soweit die Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten betroffen ist. Soweit der Sachverständige hingegen die Beweisbehauptungen dem Grunde nach verneint, werden keine Einwendungen erhoben.

    Soweit der Senat über die Mängelbehauptungen der Beklagten, die diese im Schriftsatz vom 01.03.2006 unter Bezugnahme auf das Gutachten des Privatsachverständigen Rust vom 22.01.2006 (Anlage C1) und insbesondere als textliche Zusammenstellung der sichtbaren Mängel gemäß Anlage C2 vorgetragen hat (Bl. I/103 bis 111 d.A.), keinen Beweis erhoben hat, sind diese Mängelbehauptungen unsubstantiiert.

    Im Einzelnen:
    Unsubstantiiert ist die Behauptung, dass die vertraglich ausgeschriebene Putzkörnung von 3mm durch völlige Übermalung zugekleistert worden ist und dadurch seine Struktur verloren hat und dass bereits Putzflecken aufgetreten seien. Zur weiteren Substantiierung ihrer Behauptungen hat die Beklagte das nachfolgend eingeholte Gutachten des Privatsachverständigen   vom 23.06.2006 (Anlage C5) zu ihrem Parteivortrag gemacht. In diesem Gutachten hat der Privatsachverständige unter Punkt 9 ausgeführt, dass die Strukturunterschiede noch zu erkennen sind und aus einem normalen, für die Fassadenbegutachtung üblichen Betrachtungswinkel von mehr als 3m diese feinen Strukturunterschiede augenscheinlich nicht zu unterscheiden sind. Auch eine augenscheinliche Fleckigkeit konnte er nicht erkennen. Nach seinen Erfahrungswerten können derartige 3mm-Rauputzstrukturen bis zu zehn Beschichtungen vertragen, bevor die Rauputzstruktur gänzlich zugeschlemmt wird. Daher handelt es sich nach seiner eigenen Einschätzung, sofern der Sachverhalt überhaupt als Mangel eingestuft werde, um eine hinnehmbare Bagatelle (Anlage C5, S. 49).

    13.
    Die Behauptung, dass die Kanten nicht vertikal und horizontal lot- und fluchtgerecht, in Waage und mit Gewebe-Eckschutzschienen hergestellt worden sind, hat der eigene Privatsachverständige nicht bestätigt. Bei den von ihm vorgenommenen nachgemessenen Fensterlaibungen wurden die Toleranzen nicht überschritten (Anlage C5, S. 55f.)

    15.
    Der eigene Privatsachverständige   hat die Behauptung, dass aufgrund der fehlenden bzw. nicht korrekt ausgeführten Abdichtungsschicht das Wasser bereits auf der Hofseite hinter der Dämmung auf den Innenputz der Garage tropft, nicht bestätigt. Trotz Messung mit Feuchtemessgerät konnte er auch in 10mm Betontiefe keine überhöhte Baustofffeuchte messen (Anlage C5, S. 57f.).

    27.
    Ebenfalls nicht substantiiert ist die Behauptung, dass in den Ecken, an denen sich das Styropor stößt bzw. verschiedene Gebäudeteile aufeinander treffen, diese nicht entsprechend den Vorgaben der Firma STO ausgebildet worden sind gemäß dem Detail W 805 und W 815. Ihr eigener Privatsachverständiger   hat zwar festgestellt, dass an den Ecken der verschiedenen Gebäudeteile keine Dehnfugen ausgebildet sind; dies stelle jedoch keinen Mangel dar, da nach den Angaben der Firma STO hier auch keine Dehnfugenausbildungen erforderlich sind, da sich in den Gebäudewänden ebenfalls keine Dehnfugen befinden (Anlage C5, S. 80).

    29.
    Der Privatsachverständige   hat die Behauptung, dass in bestimmten Bereichen die Farbe nicht deckend bzw. unsauber und fleckig aufgetragen worden ist, nicht bestätigt, sondern als hinnehmbare Bagatellen bewertet (Anlage C5, S. 83).

    Einen Sonderfall betrifft die Behauptung der Beklagten, dass die Verwendung stumpf gestoßener Dämmplatten einen Mangel darstellt. Der Senat teilt zwar die Auffassung der Beklagten, dass die Verwendung stumpf gestoßener Dämmplatten statt der Vereinbarung von Wärmedämmplatten mit Stufenpfalz einen Mangel darstellt, der im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bauüberwachung hätte auffallen müssen, jedoch ist die Berufung der Beklagten auf diesen Mangel rechtsmissbräuchlich.

    Im Einzelnen:
    Unstreitig hatten die Klägerin und die Beklagten den Werkvertrag mit der Maßgabe geschlossen, dass Dämmplatten mit Stufenpfalz zu verwenden sind. Diese sind unstreitig nicht ausgeführt worden, so dass bereits aus diesem Grunde ein Sachmangel im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB vorliegt. Soweit die Drittwiderbeklagten behaupten, dass mit dem Beklagten Reinhard Bründl die Verwendung von Wärmedämmplatten mit stumpfem Stoß abgesprochen worden sei, hat die Beweisaufnahme durch Vernehmung des benannten Zeugen Torsten Zöllner (Bl. III/87 d.A.) nicht zu einer Bestätigung dieser Beweisbehauptung geführt. Der Zeuge Zöllner hat zwar bekundet, dass ihm damals gesagt worden sei, dass auch stumpf gestoßene Platten verwendet werden dürften, wenn diese bauaufsichtsrechtlich zugelassen und ansonsten in Ordnung seien; er konnte sich jedoch nicht erinnern, ob dieses Gespräch vor oder nach Auftragserteilung erfolgt war (S. 2 des Terminsprotokolls vom 07.01.2010, Bl. III/102 d.A.). Wenn dieses Gespräch nach der Auftragserteilung stattgefunden hat, läge eine Änderung des Bauentwurfes gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B mit der Folge vor, dass die Verwendung stumpf gestoßener Platten vertragsgemäß wäre. Wenn jedoch dieses Gespräch vor der Auftragserteilung stattgefunden haben sollte, hätte konsequenterweise das Leistungsverzeichnis geändert werden müssen, wenn die Parteien statt Dämmplatten mit Stufenpfalz Dämmplatten ohne Stufenpfalz gewollt hätten. Dies ist tatsächlich nicht erfolgt, so dass bei dieser Sachverhaltsalternative es dann bei der vertraglichen Vereinbarung geblieben wäre. Da die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des schriftlich geschlossenen Vertrages zu Gunsten der Beklagten streitet, sind die Drittwiderbeklagten für die behauptete Änderung des Leistungsinhalts durch Anordnung des Bauherren beweisfällig geblieben.
    Dieser Mangel führt jedoch nicht zu Schadensersatzansprüchen, da dieses Verlangen rechtsmissbräuchlich ist.
    Ein Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn zwar nicht das vertraglich vereinbarte Produkt eingebaut worden ist, das verwendete Produkt jedoch technisch gleichwertig ist und es aus der Sicht des Bestellers keinen Unterschied macht, ob das Alternativprodukt oder das vertraglich vereinbarte Produkt eingebaut wird (OLG Stuttgart vom 4.4.2006 - 12 U 205/05 -, LS zu 2., juris, BauR 2007, 713-716).
    Der gerichtlich bestellte Sachverständige Wacinski hat hierzu ausgeführt, dass bei fachgerechter Ausführung des jeweiligen Systems in allen Schichten keine nachteiligen Auswirkungen bestehen. Die Systeme sind hinsichtlich der Dämmwirkung, der Haltbarkeit und der Werthaltigkeit gleichzusetzen. Weiterhin ist bei ordnungsgemäßer Ausführung auch das Aussehen identisch (S. 71 GA). Soweit daher die Klägerin die stumpf gestoßenen Wärmedämmplatten ordnungsgemäß aufgebracht hat, rechtfertigt die Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung nicht den Abriss der Dämmplatten mit stumpfen Rändern, nur um Dämmplatten mit gefalzten Rändern aufzubringen. Schadensersatzansprüche lassen sich daher hieraus nicht ableiten.

    Demnach besteht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Widerbeklagte zu 2) aus mangelhafter Erfüllung des Architektenvertrages. Die Drittwiderbeklagten zu 3) bis 5) haften als Gesellschafter der Widerbeklagten zu 2) gemäß § 128 HGB analog für deren Verbindlichkeiten.

    Soweit die Drittwiderbeklagten rügen, dass die Beklagte gegen sie überhaupt keine Ansprüche auf Kostenvorschuss geltend machen kann, ist diese Rechtsansicht zwar zutreffend. Spätestens mit Schriftsatz vom 20.06.2009 hat die Beklagte jedoch ausdrücklich klargestellt, dass sie gegenüber den Drittwiderbeklagten Schadensersatz geltend macht (S. 3 des Schriftsatzes vom 20.6.2009, Bl. III/46 d.A.).

    2.) Schadensersatzanspruch der Höhe nach

    Der Beklagten steht gegen die Widerbeklagten der Höhe nach ein Zahlungsanspruch in Höhe von netto 89.169,50 EUR zu.

    Der Senat folgt insoweit uneingeschränkt den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Wacinski.

    Der Sachverständige hat in seinem Hauptgutachten auf S. 47 bis 56 Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 87.239,50 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer ermittelt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird in vollem Umfange auf die Ausführungen im Hauptgutachten verwiesen. Fehlerhaft ist das Hauptgutachten insoweit, als der Sachverständige auf S. 51 des Hauptgutachtens unter Position 4.3. vergessen hat, die Kosten für das Aufnehmen von wandseitigen Rinnen, Plattenbelägen auf den Balkondecken vor dem WDVS, einschließlich dem Aufnehmen der Kiesfänge, Folien, Häufeln der Splittbettung und Platten zwischenlagern. beziffert hat. Dies hat er in der 3. Ergänzung vom 21.08.2012 nachgeholt und ausgeführt, dass unter Zugrundelegung eines Mengenansatzes von 60m und einem Kostenansatz von 27,50 EUR/m eine Summe von netto 1.650,00 EUR der Zwischensumme 4 zuzuschlagen ist (S. 33 des 3. Ergänzungsgutachtens). Demnach erhöhen sich die Kosten der Mängelbeseitigung auf 76.219,50 EUR zuzüglich 17% Baunebenkosten in Höhe von 12.950,00 EUR und damit der ausgeurteilte Betrag auf netto 89.169,50 EUR.

    Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Drittwiderbeklagten und der Beklagten greifen nicht durch.

    Im Einzelnen:

    a) Einwendungen der Drittwiderbeklagten

    In seinem 1. Ergänzungsgutachten vom 06.02.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die von ihm vorgenommenen Prüfungen ausreichend waren, um zu einem repräsentativen Ergebnis für die Beurteilung der Qualität der Bauausführungen kommen zu können. Er hat in einem so ausreichendem Umfange Kontrollen durch exemplarisches zerstörendes Öffnen durchgeführt, dass diese Kontrollen repräsentativ waren und den Schluss auf den Gesamtzustand zulassen (S. 7 des 1. Ergänzungsgutachtens).
    Der Senat folgt der Einschätzung des Sachverständigen, dass in diesem Fall statt der üblichen 10 bis 15 % Regiekosten 17 % Regiekosten angemessen sind, da die erforderlichen diffizilen Bauausführungen einen wesentlich höheren Regieaufwand erfordern als dies bei einer Neuerstellung einer Leistung der Fall wäre (vgl. S. 56 des Hauptgutachtens und S. 12 des 1. Ergänzungsgutachtens).

    Überzeugend hat der Sachverständige ausgeführt, dass die von ihm unter Position 1.3. angesetzten Kosten für Schutzmaßnahmen (S. 49 des Hauptgutachtens) aus Gründen der Transparenz gesondert auszuweisen sind, da nicht die komplette Fassade neu zu erstellen ist und folglich die erhaltenswerten Teile der Fassade im Rahmen der Mängelbeseitigungsarbeiten zu schützen sind (S. 13 des 1. Ergänzungsgutachtens).
    Hinsichtlich der Position 1.6. „Zustandserfassung“ hat der Sachverständige ebenfalls aus Transparenzgründen diese Position gesondert ausgewiesen. Hätte er diese Regiekosten den allgemeinen Regiekosten zugeschlagen, hätte er folglich mit einem höheren Ansatz als 17 % gerechnet, so dass ein Verschieben der Leistungen und Preise insgesamt nicht zu einer Änderung der gesamten erforderlichen Mängelbeseitigungskosten führt.
    Zum Verhältnis der Positionen 6.2. bis 6.8. Schuttverbringung zur Zwischenlagerung im Verhältnis zur Kostenposition 1.5. hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass unter ordnungsgemäßer Entsorgung von Bauschutt mit sortierter Zwischenlagerung die grundsätzlich erforderliche Abfallvermeidung durch Trennung des mineralischen Putzes vom Schutt des Dämmstoffes aus Polysterol gemeint ist, damit beide Materialien getrennt einer ordnungsgemäßen Entsorgung und einem Recycling zugeführt werden können (S. 13f. des 1. Ergänzungsgutachtens).

    Entgegen der Ansicht der Drittwiderbeklagten reduziert sich dieser Betrag auch nicht aufgrund einer Schwankungsbreite von 30% nach unten, da die erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten nur auf einer Kostenschätzung und nicht auf einer genaueren Kostenermittlung beruhen. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 27.11.2012 ausgeführt, dass die von ihm ermittelten Baupreise in dieser Konstellation nur eine Schwankungsbreite von maximal 10% aufweisen (Bl. IV/165 d.A.). Der Senat folgt diesem Ansatz des Sachverständigen uneingeschränkt. Eine höhere Schwankungsbreite wäre nur dann anzunehmen, wenn im Rahmen der Kostenschätzung offen geblieben wäre, in welchem Umfange bei der Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten noch verdeckte Mängel zu Tage treten. Diese Gefahr besteht hier nur in einem sehr untergeordneten Rahmen, da der Sachverständige die verdeckten Mängel bereits im Wesentlichen durch partielle Öffnungen lokalisiert hat und keine Mängelsymptome vorliegen, die den Rückschluss auf bislang unentdeckte und weitreichendere Mängel schließen lassen.

    b) Einwendungen der Beklagten

    Die Einwendungen der Beklagten gegen die Feststellungen des Sachverständigen greifen ebenfalls nicht durch.

    aa) Einwendungen gegen das Gutachten

    Die Einwendungen der Beklagten gegen die Feststellungen des Sachverständigen sind nicht erheblich.

    Soweit die Beklagte generell einwendet, dass der Sachverständige sich nicht mit den detaillierten Kostenansätzen ihrer Parteigutachter auseinandergesetzt habe, geht dieser Einwand fehl. Der Sachverständige hatte die Behauptungen der Beklagten zu den Mängeln zu überprüfen und zu schätzen, welche Kosten für die Beseitigung der von ihm festgestellten Mängel erforderlich sind. Diese Kostenschätzung beruht auf den eigenen und für den Senat nachvollziehbaren Berechnungsmethoden des Sachverständigen. Seine Aufgabe war es nicht, sich mit den anderen Berechnungsmethoden und –ansätzen der Privatgutachter der Beklagten auseinanderzusetzen. Es ist vielmehr allein Aufgabe der Parteien, auf der Grundlage der Berechnungsansätze des Sachverständigen Einwendungen zu erheben.
    Soweit der Sachverständige keine Kosten für den Abriss des kompletten WDVS im Hinblick auf die Verwendung stumpfer statt gefalzter Platten vorgenommen hat, war dies aus Rechtsgründen entbehrlich, da der Senat bereits oben ausgeführt hat, dass die Geltendmachung dieser, im Übrigen technisch mängelfreien, aber vertraglich nicht vereinbarten Fassadenarbeiten als mangelhaft rechtsmissbräuchlich ist.

    Ein Teil der Einwendungen gegen das Gutachten behandelt unzulässige Fragen, wie der Senat bereits im Beschluss vom 05.07.2011 dargelegt hat (Bl. III/236 d.A.). So ist die Frage nicht zulässig, ob die Dämmung fachgewerkswidrig mit weniger als 40% Klebekontaktfläche angesetzt worden ist. Dieser Mangel ist bislang nicht behauptet worden. Der Senat kann nicht einmal erkennen, dass insoweit überhaupt eine Behauptung aufgestellt werden soll. Sollte die Beklagte behaupten wollen, dass die Dämmung mit weniger als 40% Klebekontaktfläche angesetzt worden sind, so fehlt es an jeglicher Angabe, aufgrund welcher Prüfungen sie zu dieser Annahme gekommen ist. Sie trägt auch keine Symptome wie Ablösungen der Fassade vor, die auf einen entsprechenden Mangel schließen lassen. Diese Frage ist daher auf eine reine Ausforschung gerichtet.

    Die Frage, auf welche Art und Weise ein Nachfolgeunternehmen seine Leistungen vertraglich kalkulieren und leisten muss, ist nicht Aufgabe eines Sachverständigengutachtens, die üblicherweise nur aufgrund einer Kostenschätzung vorzunehmen ist.
    Unzulässig ist die Frage, welche Leistungen nach Art, Personal und Zeit erforderlich sind, um die Vorgabe zu überprüfen, dass die gesamte Dämmung des WDVS fachgerecht mit mindestens 40% Klebekontaktfläche anzusetzen ist. Es ist nicht Aufgabe des Sachverständigen, Hilfestellung bei der Frage zu geben, auf welche Art und Weise weitere Untersuchungen vorgenommen werden können, um weitere Mängel aufzuspüren.
    Unzulässig ist die Frage, welche Kosten entstehen würden, wenn sich herausstellen sollte, dass der Ansatz von 40% Klebekontaktfläche nicht eingehalten worden ist.
    Ebenfalls nicht zum Beweisthema gehört die Frage, wie bei der partiellen Mängelbeseitigung sichergestellt werden kann, dass die Anschlüsse und Übergänge keinen Flickenteppich bilden. Der Sachverständige schuldet im Rahmen der Beweisaufnahme eine Kostenschätzung und keine detaillierte Ausführungsplanung im Sinne der Leistungsphase 5 der HOAI.
    Dem Senat erschließt sich nicht, was die Frage soll, ob der Sachverständige die Gewährleistung für das gesamte WDVS übernehmen würde, wenn er beauftragt werden würde.

    Soweit die Beklagte behaupten will, dass aufgrund des Umfanges der erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten eine partielle Sanierung nicht mehr zulässig wäre, da die heute geltenden Anforderungen der EnVV nicht mehr eingehalten werden würden, ist diese Behauptung nicht zutreffend. Aufgrund des Bestandsschutzes richten sich die Anforderungen an den Wärmeschutz an der bei der Erteilung der Baugenehmigung geltenden Energie-Einsparverordnung. Spätere Mängelbeseitigungsarbeiten führen nicht zu einer Erhöhung der Anforderungen aufgrund späterer Änderung der Energie-Einsparverordnung, da es sich lediglich um Arbeiten zur Herstellung des genehmigten Bauwerkes handelt.

    Soweit die Beklagte im Übrigen Fragen an den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens gestellt hat, wird in vollem Umfange auf den Inhalt der drei Ergänzungsgutachten Bezug genommen. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin am 27.11.2012 hat der Sachverständige nochmals bestätigt, dass zur Beseitigung der festgestellten Mängel entgegen der Ansicht der Beklagten eine komplette Neuherstellung der Fassade inklusive Fenster, Garagentore und Sonnenschutzrollos nicht erforderlich ist.

    bb) Kostenermittlung gemäß Anlage D7 und 8

    Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 23.08.2011 eingereichte Kostenermittlung nach Durchführung einer Submission (Bl. IV/26 bis 28 d.A.) führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

    Die Beklagte behauptet, dass sie auf der Grundlage einerseits der parteigutachterlichen Feststellungen, andererseits und insbesondere auf der Grundlage des Gerichtsgutachtens vom 10.01.2011 Architekten beauftragt habe, die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Leistungen zu erfassen sowie weiterhin auf dieser Grundlage und entsprechender Ausschreibungen Kostenangebote von Firmen einzuholen (Schriftsatz vom 23.08.2011, Bl. IV/26 d.A.).
    Der Architekt habe auf dieser Grundlage ein Leistungsverzeichnis erstellt, das die von dem gerichtlichen Sachverständigen   nicht geschuldeten Architektenleistungen hinsichtlich der Ausführungsplanung, der Vorbereitung der Vergabe und der Mitwirkung bei der Vergabe (Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15 HOAI) enthält. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Planung wird auf das Leistungsverzeichnis Anlage D8 verwiesen.
    Die Submission habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Angebotssumme des günstigsten Bieters 505.955,01 EUR netto, die des zweitgünstigsten Anbieters 526.886,19 EUR netto und die des dritten Bieters 595.433,00 EUR netto betrage. Hinsichtlich der Einzelheiten werde auf den Preisspiegel der Anlage D7 verwiesen. Sie mache diese Submission zum Gegenstand ihres Vortrages, und zwar in der Weise, dass sie nur auf das preiswerteste und niedrigste Angebot der Firma   abstelle sowie unter Hintanstellung des Titels 8 (Fensterposition). Statt der vom Sachverständigen geschätzten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 74.569,50 EUR (S. 1 des Schriftsatzes vom 23.08.2011, Bl. IV 26 d.A.; richtigerweise jedoch 76.219,50 EUR, siehe 3. Ergänzungsgutachten S. 33) netto ohne Regiekosten ergäben sich daher Gesamtkosten auf der Grundlage des niedrigsten Angebotes in Höhe von 505.955,01 EUR netto ohne Regiekosten, wovon abzüglich des Titels 8 (Fensterposition) in Höhe von 118.955,00 EUR netto die verbleibenden Positionen im Gesamtvolumen von 387.000,01 EUR zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht werde (S. 2 des Schriftsatzes vom 23.08.2011, Bl. IV/27 d.A.). Dieses vorstehende Kostenvolumen stelle auch eine Verifizierung der Kostenansätze dar, die sie auf der Grundlage der überschlägigen Kostenschätzungen in den einzelnen Parteigutachten zum Gegenstand der Klageforderung gemacht habe und die den Gegenstand ihres Rechtsanspruches auf Schadensersatz bilden.

    Diese vorgetragene Kostenermittlung nach Submission begründet nicht den (anteilig) geltend gemachten Schadensersatzanspruch, da diese Kostenermittlung nicht Grundlage einer Schadensberechnung sein kann.
    Grundsätzlich ist eine Kostenermittlung, die im Rahmen einer Submission ermittelt worden ist, grundsätzlich geeignet, eine gerichtliche Kostenschätzung zu verifizieren. Dies beruht auf dem Gedanken, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Rahmen der Durchführung einer Beweisaufnahme keine Planungsleistungen eines Architekten oder beratenden Ingenieurs im Sinne der Leistungsphasen 5 bis 7 zu erbringen hat. Würde ein Gericht dies verlangen, wäre der gerichtlich bestellte Sachverständige gezwungen, Architektenleistungen zu erbringen, für die er anstelle der nach der HOAI vorgesehenen Gebühren lediglich die Stundensätze nach JVEG geltend machen könnte. Damit läge er regelmäßig unter dem Mindesthonorar der HOAI, was nicht zulässig ist. Darüber hinaus würden derartige Leistungen bereits Teil der Mängelbeseitigung sein, da Architektenleistungen nach Leistungsphase 5 bis 7 Nebenleistungen der eigentlichen Mängelbeseitigungsarbeiten sind und als solche vom Sachverständigen regelmäßig in der Kostenschätzung einzupreisen sind und dann wieder herauszunehmen wären, da insoweit keine Kosten mehr anfallen würden. Aufgrund dieser rechtlichen Gegebenheiten ist eine Kostenschätzung zwar ungenauer als eine Kostenermittlung, die sich nach Durchführung der Leistungsphase 7 ergibt. Diese Ungenauigkeit ist jedoch für die richterliche Überzeugungsbildung unschädlich, da der Gesetzgeber dem Richter in § 287 ZPO einen entsprechenden Ermessensspielraum eingeräumt hat.
    Sofern sich eine Partei nicht mit einer Kostenschätzung begnügt, steht es ihr selbstverständlich frei, noch während des laufenden Rechtsstreits auf der Grundlage der bisherigen Beweisaufnahme diese Kostenschätzung durch Beauftragung und Durchführung einer Ausführungsplanung nach Leistungsphase 5 und der Ausschreibung und Angebotseinholung diese Kosten genauer zu fassen. Erfolgt dies im Rahmen einer ordnungsgemäßen Durchführung der Submission, kann die Partei grundsätzlich noch in demselben Rechtsstreit diese Kostenermittlung durch den Sachverständigen verifizieren lassen.
    Anders ist es jedoch, wenn die Submission per se nicht Grundlage einer Schadensberechnung durch das Gericht im Sinne des § 287 ZPO sein kann. Dies ist der Fall, wenn die Submission nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Genau dies liegt hier vor.
    Der Senat ist aufgrund eigener Sachkunde zu der Überzeugung gelangt, dass die Submission nicht regulär zustande gekommen ist, da für jeden Fachmann erkennbar die Submission auf einer Preisabsprache beruht.

    Die besondere Sachkunde des erkennenden Einzelrichters ergibt sich aus Folgendem:
    Der erkennende Einzelrichter hat 15 Jahre lang überwiegend in Eigenleistung ein 100 Jahre altes Haus saniert. Das Gewerk Elektro hat er zusammen mit seinem Bruder, einem Elektroingenieur, durchgeführt. Unter anderem hat er nach Sanierung der Fassade zwei Innenputzaußensteckdosen und neun Außenlampen montiert. Neben den handwerklichen Kenntnissen hat er sich im Laufe seiner nunmehr 20jährigen Tätigkeit als Richter Kenntnisse angeeignet, die ihm eine eigenständige Überprüfung von Leistungsverzeichnissen ermöglichen. So hat er im Laufe seines beruflichen Lebens geschätzt über 1.000 Leistungsverzeichnisse gesehen, studiert und bewertet. Dadurch ist er in der Lage, Leistungsverzeichnisse und Preise zumindest grob auf Plausibilität überprüfen zu können.

    Die sich für einen erfahrenen Baurechtler ergebende Erkenntnis, dass die hier als Anlage D7 eingereichte Submission auf manipulierten Preisen beruht, ergibt sich auch ohne weitere Umstände aus dem Preisspiegel selbst.

    Im Einzelnen:

    Position 3.1. Demontage und Remontage Elektro

    Der Sachverständige   hat die Kosten für die Durchführung der Position 3.1. wie folgt geschätzt:
    „3.1. De- und Remontagen, einschließlich Kennzeichnung von Leuchtmitteln, Steckdosen, Klingeltableaus, Zugangsbeleuchtungen einlagern an sicherem Ort
    Ausführung in drei Abschnitten
    1 Mann 20 h
    EUR/h 36,00 EUR 720,00 “ (S. 51 des Hauptgutachtens).

    Das Architekturbüro der Beklagten hat diese Leistungen wie folgt ausgeschrieben:

    „ 3.1.a Ergänzung
    Demontage einschließlich Kennzeichnung von Lampen ,Steckdosen,
    Markisendosen.

    Ergänzung Lagerung + Haftung.

    Sämtliche Material-Container sind nur im Öffentlichen Straßenland zu
    errichten. Das Grundstück steht dafür nicht zur Verfügung.

    Alle anfallenden Kosten für Container, Nutzung Öffentliches Straßenland,
    sind mit einzukalkulieren und werden nicht besonders vergütet.

    Der Handwerker haftet bis zur Abnahme für alle eventuellen
    Beschädigungen an den Bauteilen.

    68 St

    3.1.b Ergänzung

    Wiederanschluß neuer Lampen, Steckdosen und Markisendosen mit
    Fugendichtband und wasserdichten Abschluß gemäß STO Detail 260 +
    Sto Detail 265 sowie mit StoFix Quader, siehe Beschreibung.

    Ergänzung Lagerung + Haftung.

    Sämtliche Material-Container sind nur im Öffentlichen Straßenland zu
    errichten. Das Grundstück steht dafür nicht zur Verfügung.

    Alle anfallenden Kosten für Container, Nutzung Öffentliches Straßenland,
    sind mit einzukalkulieren und werden nicht besonders vergütet.

    Der Handwerker haftet bis zur Abnahme für alle eventuellen
    Beschädigungen an den Bauteilen.

    68 St “ (S. 12 der Anlage D8).

    Die Firma   hat hierzu folgendes Angebot abgegeben:

    Position 3.1.a.: 68 Stück zu 22,00 EUR/Stück, gesamt 1.496,00 EUR.
    Position 3.1.b.: 68 Stück x 26,50 EUR = 1.802,00 EUR.
    Damit insgesamt 3.298,00 EUR netto, was zu einer Überschreitung der Kostenschätzung des Sachverständigen um 458 % führt.

    Die Firma Bauausführung Eckhard Michael hat laut Preisspiegel (Anlage D7) folgende Angebote abgegeben:
    Position 3.1.a.: 68 Stück x 25,00 EUR/Stück = 1.700,00 EUR.
    Position 3.1.b.: 68 Stück x 27,50 EUR/Stück = 1.870,00 EUR.
    Damit insgesamt 3.570,00 EUR, was 495 % über dem Ansatz des Sachverständigen liegt.

    Die Firma   hat folgendes Angebot abgegeben:
    Position 3.1.a.: 68 Stück x 32,00 EUR/Stück = 2.176,00 EUR.
    Position 3.1.b.: 68 Stück x 38,00 EUR/Stück = 2.584,00 EUR.
    Das Angebot beläuft sich demnach auf 4.760,00 EUR, was 661 % über der Kostenschätzung des Sachverständigen liegt.

    Diese Preise sind Mondpreise und weisen keinen Bezug zur Realität auf. Im Einzelnen:

    Der Sachverständige hat für die De- und Remontage einschließlich Kennzeichnung von Leuchtmitteln, Steckdosen pp. einen Arbeitsaufwand von 20 Stunden geschätzt. Der günstigste Anbieter kalkuliert für dieselbe Leistung 48,50 EUR. Unter Berücksichtigung eines großzügigen Ansatzes von 3,50 EUR für Material- und anteilige Lagerkosten (die jedoch doppelt in Rechnung gestellt werden) ergibt sich ein Lohnkostenanteil von mindestens 45,00 EUR. Da dieser Anbieter selbst mit einem Stundenlohn von 36,50 EUR kalkuliert (siehe S. 12 zur Position 3.1. der Anlage D8), folgt hieraus ein Kalkulationsansatz von knapp 75 min/Stück.
    Dieser Zeitansatz ist bar jeder Realität. Dieser Zeitansatz bedeutet, dass der günstigste Bieter kalkuliert, dass ein Elektriker an einem Tag nicht mehr als 7 Steckdosen, Außenlampen u.ä. demontieren und wieder remontieren kann. Eine Firma, die mit solchen Zeitansätzen kalkuliert, ist auf dem Markt nicht wettbewerbsfähig. Entsprechendes gilt für die beiden anderen Anbieter. Nach dem Preisspiegel kalkulieren die beiden Anbieter zwar mit einem geringeren Zeitansatz, setzen dafür jedoch einen Stundenlohn von 75,00 EUR an. Dies ist genauso absurd, da 75,00 EUR/h der Ansatz für die Leistungen eines Bauingenieurs und auch Architekten ist, nicht jedoch der Stundenlohnansatz für einen Elektriker.

    Wie absurd diese Ansätze sind, hat der erkennende Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2012 den Parteien und Anwälten demonstriert. So hat er eine montierte Unterputzdoppelsteckdose während der Verhandlung demontiert und den anwesenden die einzelnen Schritte erläutert, die zur Erbringung der Position 3.1.a. Demontage einschließlich Kennzeichnung erforderlich sind. Hierfür benötigte er 5 Minuten und 10 Sekunden, wobei er zwischenzeitlich die Demontage unterbrochen hatte, um mit den Parteien und dem Sachverständigen zu sprechen. Ohne Erklärung gegenüber Dritten hat die Demontage in einem Selbstversuch inklusive Verstauens in einer Tasche und Kennzeichnung ca. 3 Minuten gedauert. Als weitere Arbeitsschritte zur Demontage kommen noch das Ausschalten der Sicherung, das Aufsuchen der Steckdosen und das Verbringen in den Materialcontainer hinzu. Selbst bei einer Verdoppelung des Arbeitsaufwandes auf 6 Minuten ist der tatsächlich erforderliche Zeitansatz weit entfernt von dem Ansatz des Bestbieters. So hat der Bestbieter nur für die Demontage (also ohne Remontage) gemäß Position 3.1.a. pro Stück Demontage einen Einheitspreis von 22,00 EUR kalkuliert (S. 12 der Anlage D8). Da für die Demontage und Zwischenlagerung keine nennenswerten Kosten zu kalkulieren sind (bei Aufbewahrungsmitteln wie Plastiktüten handelt es sich um Cent-Artikel) ergibt sich für den Bestbieter bei einem von diesem selbst kalkulierten Stundenlohnansatz von 36,50 EUR und einem Einheitspreis pro Stück von 22,00 EUR ein Zeitansatz von 36 Minuten. Nach dieser Berechnung kalkuliert der Bestbieter, dass ein Elektriker an einem 8-Stunden-Tag nur knapp 14 Steckdosen, Außenlampen pp. demontieren kann. Dies ist jedoch eine Leistung, die ein Elektriker problemlos in einer Stunde schaffen kann.
    Diese Zeitansätze sind derart absurd überhöht, dass für jeden Fachmann die naheliegendste Erklärung ist, dass hier ein Tippfehler vorliegt und statt ein Einheitspreis von 22,00 EUR ein Einheitspreis von 2,20 EUR gemeint war. Dieser Erklärungsversuch scheidet hier jedoch aus, da die beiden anderen Anbieter noch höhere Einheitspreise aufgerufen haben. Aufgrund der Ähnlichkeit der angesetzten Einheitspreise pro Stück, die sich über die Position 3.1.b. und über die Position 3.2. fortsetzt, ist jedem ernsthaften Zweifel Einhalt geboten, dass diese Preise von den drei Bietern unabhängig voneinander aufgrund einer jeweils eigenen Kalkulation ermittelt und eingesetzt worden sind.
    Soweit die Beklagte im Termin eingewendet hat, dass die Baufirma sich erst über die Wohnung Zutritt zu den Balkonen verschaffen müsse, hat der Sachverständige zutreffend eingewandt, dass nach dem Leistungsverzeichnis ein Gerüst aufzustellen war, so dass die Zugänglichkeit über das Gerüst jederzeit gewährleistet war und folglich auf dieser Grundlage zu kalkulieren war. Der im Rahmen der Erörterung erfolgte Einwand, dass hier eine Mischkalkulation vorliege, begründet keinen ernsthaften Zweifel, dass alle drei Bieter im Gleichschritt Mondpreise aufgerufen haben. Der Arbeitsaufwand, eine Außensteckdose zu demontieren, entspricht dem Aufwand, der erforderlich ist, um eine Außenlampe zu demontieren. Die einzelnen Arbeitsschritte sind im Detail unterschiedlich, jedoch hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwandes sehr ähnlich. Es sei darauf verwiesen, dass der Sachverständige besondere Erschwernisse bei der De- und Remontage als besondere Position unter Position 3.2. berücksichtigt hat und dies auch im Rahmen der Ausschreibung gesondert ausgewiesen worden ist (vgl. S. 13 der Anlage D8 zur Position 3.2. und 3.2.a. und 3.2.b., Letzteres irrtümlich auch als Position „3.2.a.“ bezeichnet).

    Soweit die Anbieter nach dem Leistungsverzeichnis bei der Kalkulation der Einheitspreise Leistungen einzupreisen hatten, die der Sachverständige   in seinem Gutachten nicht aufgerufen hatte, handelt es sich sämtlichst um Luftnummern.
    Soweit die Bieter anteilige Lagerungskosten zu kalkulieren hatten, da Zwischenlagerungen nur auf öffentlichem Straßenland erfolgen konnten und hierfür anteilige Genehmigungsgebühren zu entrichten waren, so sind die Kosten und Gebühren für Genehmigungen der Nutzung öffentlichen Straßenlandes, Gehwegen etc. bereits auf S. 6 des Leistungsverzeichnisses (D8) von den Bietern selbst unter Position 1.4. eingepreist worden. Die Kosten für Container etc. sind ebenfalls gesondert auf S. 5 des Leistungsverzeichnisses unter Position 1.2. aufgerufen worden.
    Die anteilige Kalkulation für die Haftung der Handwerker bis zur Abnahme für alle eventuellen Beschädigungen an den Bauteilen konnte von den teilnehmenden Firmen nur mit 0,00 EUR bewertet werden. Soweit sie selbst während der Baumaßnahmen Schäden verursachen, haften sie hierfür bereits von Gesetzes wegen und können dafür kein Geld verlangen. Soweit damit gemeint ist, dass die Baufirma auch für Beschädigungen haften soll, die Dritte an den Bauteilen verursachen, würde es sich faktisch um eine allgemeine Bauwesenversicherung handeln, die – wenn überhaupt – von Versicherungen angeboten werden, jedoch nicht von bauausführenden Firmen.

    Es sei noch darauf verwiesen, dass der eigene Privatsachverständige der Beklagten, der Sachverständige   für die Arbeiten, die der günstigste Anbieter   mit 48,50 EUR netto/Stück De- und Remontage ansetzt (D8, S.12: 22.- EUR + 26,50 EUR), selbst nur 16,33 EUR ermittelt hat (vgl. C 25.1, S.6 zu 13). Die Differenz ist knapp das Dreifache. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der im Gegensatz zum Privatsachverständigen   neutrale gerichtliche Sachverständige  auf S.29f. des 1. Ergänzungsgutachtens vom 6.2.2012 überzeugend dargelegt hat, dass bereits dieser Ansatz von 16,33 EUR/St völlig unrealistisch hoch ist.

    Um noch einen visuellen Eindruck von den zu de- und remontierenden Objekten zu erlangen, wird beispielhaft auf Bild 54 und 55 des Hauptgutachtens verwiesen.

    Position 4.1. De– und Remontage Regenfallrohre

    Ähnlich absurde Preise werden im Gleichschritt von allen drei Anbietern bei der Position 4.1.De- und Remontage Regenfallrohre aufgerufen. Der Sachverständige hat für die Kennzeichnung, De- und Remontage der Regenfallrohre einschließlich aller Bögen, Stutzen und Halter, Zwischenlagerung an sicherem Ort, Montage und Vorhaltung von Notentwässerungen nach einem Aufmaß von ca. 100 Metern und einem Einheitspreis von 8,00 EUR/m einen Betrag von 800,00 EUR aufgerufen und weitere 50,00 EUR Materialkosten für die Rohre der Notentwässerungen angesetzt (S. 51 des Hauptgutachtens). Diese Kostenschätzung ist realistisch, wenn man berücksichtigt, dass der Sachverständige bei einem Ansatz eines Stundenlohnes von etwa 32,00 EUR und einem Einheitspreis von 8,00 EUR/m rechnerisch mit einem Zeitansatz von ca. 15 Minuten pro Meter Rohr für Demontage, Zwischenlagerung und Remontage rechnet. Da Regenfallrohre nicht miteinander verschweißt werden, sondern nur aufeinander gesteckt werden, lassen sie sich sehr leicht demontieren, wenn ein Gerüst steht. Die Regenfallrohre werden nur durch Klemmen zusammengehalten, die ihrerseits mit Ösenschrauben fixiert sind. Das Lösen der Halterungen kann sogar ohne Werkzeuge erfolgen, und das Demontieren der nur aufeinander gesteckten Regenfallrohre ist eine Sache von wenigen Minuten. Das Lösen der Halterungen und Entfernen von der Fassade erfolgt durch leichtes Rütteln mit Hilfe eines Gummihammers. Bei der Remontage wird ein Loch vorgebohrt und dann der Dorn der Halterung in das Loch geschlagen. Für ein ca. 10 m langes Fallrohr (vgl. beispielsweise Bild 4 des Hauptgutachtens) entspricht der Ansatz eines Zeitaufwandes von ca. 2,5 h des Sachverständigen der Einschätzung und den Erfahrungen des erkennenden Einzelrichters. Wie sich aus dem Submissionsspiegel (S. 2 der Anlage D7) ergibt, kalkulieren alle drei Bieterfirmen bezogen auf ihrem jeweiligen Einheitspreis einen Arbeitsaufwand von 1 h/m. Das bedeutet, dass jeder dieser drei Bieter kalkuliert, dass ein Bauarbeiter für die De- und Remontage eines Fallrohres wie Bild 1 bis 4 des Hauptgutachtens 10 h und damit länger als einen Tag braucht. Firmen, die ernsthaft mit solchen Zeitansätzen kalkulieren, sind nicht wettbewerbsfähig und verschwinden nach kürzester Zeit vom Markt. Da offensichtlich alle drei Firmen noch auf dem Markt aktiv sind, lässt diese im Gleichschritt erfolgte Preiskalkulation auch hier nur zwingend den Schluss zu, dass diese Mondpreise abgesprochen sind.

    Der Sachverständige hat diese Einschätzung des erkennenden Einzelrichters in der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2012 nochmals bestätigt.

    Es kann dahingestellt bleiben, in welchem weiteren Umfange hier Preisabsprachen erfolgt sind. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in diesem Rechtsstreit kommt es allein darauf an, ob diese Kostenermittlung, bei der es sich nach Ansicht der Beklagten um eine Konkretisierung der Kostenschätzung des Sachverständigen handelt, um eine nach baurechtlichen Regeln erfolgte Ausschreibung handelt, oder ob das Submissionsergebnis regelwidrig manipuliert worden ist. Da – wie aufgezeigt – keine ernsthaften und begründeten Zweifel bestehen, dass hier Manipulationen erfolgt sind, kann diese „Kostenermittlung“ insgesamt nicht Grundlage einer Schadensberechnung durch den Senat sein.

    Auch wenn es nicht mehr darauf ankommt, sei zur Ergänzung ausgeführt:
    Das Bestreben, eine möglichst hohe Angebotssumme zu erreichen, zeigt sich auch in Folgendem:
    Im Leistungsverzeichnis werden die Bieter aufgefordert, eine Reihe von Leistungen doppelt zu bepreisen.
    So heißt es auf S. 3 des Leistungsverzeichnisses:
    „Folgende Leistungen sind u.a. innerhalb dieser Angebotsposition mit einzukalkulieren.

    e) Aufwendungen für das Reinigen der Räumlichkeiten und der Baustelle nebst der Straßenflächen im gesamten Baugrundstücksbereich während der Bauzeit und die Schlußsäuberung der Baustelle nach Abschluß der Arbeiten.
    f) Sämtliche Leistungen, die für den Schutz der Verkehrsflächen etc. innerhalb und außerhalb des Baustellenbereiches während der Bauzeit notwendig sind.“
    Exakt diese Leistungen werden jedoch als eigene Positionen nochmals aufgerufen, so beispielsweise auf S. 6ff. unter Position 1.3.b., 1.7.a. bis 1.7.h..
    Auf die Doppelberechnung der Kosten für die Nutzung des öffentlichen Straßenlandes (Position 1.4.) und das Stellen eines Material-Werkzeugcontainers (Position 1.2.) und den entsprechenden wiederholten Leistungsbeschreibungen Position 3.1.ff. (S. 12ff. des Leistungsverzeichnisses) wurde bereits oben hingewiesen.

    Entgegen der Behauptung der Beklagten handelt es sich bei diesem Leistungsverzeichnis nicht um die Konkretisierung der von dem Sachverständigen benannten Mängel. Der Sachverständige hat in seiner mündlichen Anhörung vom 27.11.2012 überzeugend dargelegt, dass hier in dem Leistungsverzeichnis gemäß Anlage D8 letztlich die komplette Abnahme der Fassade bis auf den Rohbau und die komplette Neuherstellung inklusive Fenster, Garagentore und Sonnenschutzrollos ausgeschrieben worden ist. Derart umfangreiche Arbeiten sind aber zur Beseitigung der festgestellten Mängel nicht erforderlich. Darüber hinaus hat er beispielhaft an der Position 6.2.c. des Leistungsverzeichnisses ausgeführt, dass die Ausschreibung dieser Position schlicht unsinnig ist. So heißt es dort: „Abschleifen des restlichen Ansatzmörtels und egalisieren des Mauerwerks, bevor eine neue Wärmedämmung aufgebracht wird“. Da im Rahmen der Bauarbeiten sowieso ein neuer Ansetzmörtel in einer Dicke von 1cm aufgebracht werden muss, ist eine Egalisierung dieser Flächen blanker Unsinn.

    Demnach verbleibt es bei der Kostenschätzung des Sachverständigen, so dass der Senat gemäß § 287 ZPO die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten und damit den Schaden, die durch fehlerhafte Bauüberwachung der Drittwiderbeklagten entstanden sind, inklusive Nebenkosten auf netto 89.169,50 EUR schätzt.

    In dieser Höhe von 89.169,50 EUR ist die Klage begründet, im Übrigen nicht begründet.

    cc) Mehrwertsteuer

    Mit der Klageerweiterung wird nur noch der Nettobetrag der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht. Gegenstand der Berufung, deren Zurückweisung von der Beklagten beantragt wird, ist jedoch auch der vom Landgericht ausgeurteilte Bruttobetrag von 245.000,00 EUR, der eine anteilige Mehrwertsteuer in Höhe von 46.550,00 EUR enthält.
    Hinsichtlich dieser Höhe von 46.550,00 EUR anteiliger Mehrwertsteuer ist die Berufung nicht begründet und damit die Klage abzuweisen, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor Beseitigung der Mängel als Schadensersatz nur der Nettobetrag geltend gemacht werden kann (Urteil vom 22.07.2010 – VII ZR 176/09 –, Rdn. 14, juris). Hierbei spielt es, entgegen der Ansicht der Beklagten, keine Rolle, ob ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird oder ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Nach Rechtsansicht des erkennenden Senats wird hier rechtsdogmatisch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht, auch wenn er von der Beklagten nicht als solcher bezeichnet wird. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist nicht zwischen Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB und Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 BGB zu differenzieren. Der Bundesgerichtshof differenziert lediglich zwischen Ansprüchen auf Zahlung von Mängelbeseitigungskostenvorschussansprüchen, hinsichtlich derer bereits vor Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten die anteilige Mehrwertsteuer beansprucht werden kann, und Ansprüchen von Schadensersatz, hinsichtlich derer die Mehrwertsteuer erst nach Durchführung der Arbeiten als Schadensersatzposition verlangt werden kann.

    dd) zweitstelliger Teilbetrag

    Im Übrigen ist Klage und Klageerweiterung nicht begründet.
    Die Beklagte macht hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten im Rahmen der Klageerweiterung einen erststelligen Teilbetrag auf Nettobasis in Höhe von 358.876,06 EUR zuzüglich Regiekosten in Höhe von 17% von 358.876,06 EUR und damit insgesamt 419.876,06 EUR geltend (vgl. S. 3f. des Schriftsatzes vom 22.09.2011, Bl. IV/31f. d.A.).
    Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist von diesem erststelligen Teilbetrag inklusive Regiekosten nur ein Nettobetrag in Höhe von 89.169,50 EUR begründet, im Übrigen nicht begründet.
    Da der erststellige Teilbetrag von 358.876,06 EUR nicht erreicht wird, erfasst der Umfang der Klageabweisung auch den zweitstelligen Teilbetrag im Volumen von 28.123,95 EUR. Dieser zweitstellige Teilbetrag ist zwar nicht Gegenstand des Zahlungsantrages, jedoch war auch über diese Positionen zu entscheiden, da ohne Prüfung des zweitstelligen Teilbetrages nicht geklärt werden konnte, in welcher Höhe der erststellige Teilbetrag begründet ist.

    ee) Stufenfalz

    Der Beklagten steht gegen die Drittwiderbeklagten kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.530,00 EUR netto zuzüglich Mehrwertsteuer unter dem Gesichtspunkt zu, dass nach ihrer Behauptung der vereinbarte Werklohn um diesen Betrag geringer ausgefallen wäre, wenn von vornherein stumpfe Platten statt gefälzte Platten ausgeschrieben worden wären.
    Den Einbau der stumpfen Dämmplatten statt gefälzter Dämmplatten macht die Beklagte bereits unter dem Gesichtspunkt der Mängelbeseitigung geltend. Der Senat versteht den Vortrag der Beklagten dahingehend, dass sie für den Fall, dass der Senat den Einbau von stumpfen Platten nicht als Mangel bewertet, hilfsweise den Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.530,00 EUR netto zuzüglich Mehrwertsteuer darauf stützt, dass insoweit ein geringerer Werklohn vereinbart worden wäre.
    Es fehlt bereits an der Darlegung einer Pflichtverletzung.
    Eine Pflichtverletzung käme nur dann in Betracht, wenn die Drittwiderbeklagten nicht auf eine Reduzierung des Werklohnes hingewirkt hätten, obwohl für sie erkennbar der angebotene Preis für gefälzte und nicht für stumpfe Platten galt. Die Änderung des Leistungsinhalts hätte bereits vor Abschluss des Werkvertrages vereinbart worden sein müssen. Dies behaupten die Beklagten nicht, sondern treten dem entsprechenden Vorbringen der Drittwiderbeklagten im Schriftsatz vom 11.01.2010 (Bl. III/113ff. d.A.) entgegen. Zudem konnte im Rahmen der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Torsten Zöllner nicht geklärt werden, ob der Wechsel von gefälzten auf stumpfe Platten vor oder nach der Auftragserteilung abgesprochen worden ist (S. 2 des Terminsprotokolls vom 07.01.2010 (Bl. III/102 d.A.).
    Eine Änderung des Bauentwurfes nach Auftragserteilung begründet ebenfalls keine Pflichtverletzung der Drittwiderbeklagten. Eine Pflichtverletzung könnte nur darin gesehen werden, wenn sie im Rahmen der Prüfung der Schlussrechnung der Klägerin nicht beachtet hätten, dass insoweit der Preis gemäß VOB/B anzupassen gewesen wäre. Eine Preisanpassung kam hier jedoch nicht in Betracht. Die Beklagte hatte mit der Klägerin keinen Einheitspreisvertrag geschlossen, sondern einen Pauschalfestpreisvertrag (vgl. § 3 des Bauvertrages, Anlage K1). Der Pauschalfestpreis belief sich auf 57.155,82 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer (damals 16%). Bezogen auf die hier behauptete Reduzierung des Werklohnes um 2.530,00 EUR netto zuzüglich Mehrwertsteuer ergibt dies einen prozentualen Anteil von 4,4%. Dieser Betrag liegt unter der Zumutbarkeitsgrenze des § 2 Nr. 7 VOB/B. Den Beklagten ist ein Festhalten an der vereinbarten Pauschalsumme trotz Änderung des Leistungsinhalts im Sinne des § 242 BGB zumutbar.

    ff) Mietausfälle

    Der Beklagten steht gegen die Drittwiderbeklagten kein Anspruch auf Schadensersatz wegen behaupteter zukünftiger Mietausfälle in Höhe von 6.872,06 EUR zu.
    Die Beklagte trägt vor, dass aufgrund der behaupteten Sanierung der Fassade, die faktisch einem Komlettabriss der Fassade inklusive kompletter Neuerstellung der Fenster, Jalousienkästen und Garagentore ein Zeitraum von zwei Monaten erforderlich ist. Sie geht davon aus, dass diese Mängelbeseitigungsarbeiten zwingend zu Mietminderungen führen werden (S. 4 bis 6 des Schriftsatzes vom 22.09.2011, Bl. IV/32 bis 34 d.A.).
    Diese Klage auf Geltendmachung noch nicht entstandener Schäden aufgrund von Mietausfällen ist verfrüht.
    Unstreitig sind noch keine Mietausfälle entstanden. Diese können frühestens dann entstehen, wenn die Mängelbeseitigungsarbeiten tatsächlich durchgeführt werden und die Mieter dies zum Anlass nehmen, berechtigte Mietminderungen vorzunehmen. Wie bereits umfangreich ausgeführt, ist der von der Beklagten beanspruchte Umfang der Mängelbeseitigungsarbeiten völlig überzogen. Soweit Mängelbeseitigungsarbeiten partiell vorgenommen werden, ist überhaupt noch nicht abzuschätzen, welcher Mieter in welchem Umfange betroffen sein wird und welcher Mieter dies zum Anlass nehmen wird, Minderungen in welcher Höhe geltend zu machen. Auch im Rahmen der Schätzung des Schadens nach § 287 ZPO reicht es nicht aus, dass ein Schaden zu erwarten ist, wenn er noch nicht konkret bezifferbar ist. Zweifel an der Höhe der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten, zu denen auch Kosten wie Mietausfälle gehören, gehen nicht zu Lasten des Schädigers. Es darf nur derjenige Betrag ausgeurteilt werden, der im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung für die Mängelbeseitigung sicher anfällt (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2003 – VII ZR 251/02 –, Rdn. 16, juris). Ob und in welchem Umfange hier Mieter betroffen und zur Mietminderung berechtigt sind und ob sie berechtigte Ansprüche auf Mietminderung überhaupt geltend machen, kann hier nicht sicher abgeschätzt werden. Diese Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten.

    gg) Abzüge wegen Einbehalt der Werklohnforderungen

    Der begründete Schadensersatzbetrag in Höhe von 89.169,50 EUR netto ist nicht um den Einbehalt der Werklohnforderungen der Klägerin und der Firma   zu kürzen.
    Die hiesige Klägerin berühmt sich gegenüber der Beklagten einer unbezahlten Werklohnforderung in Höhe von 5.616,04 EUR zuzüglich Zinsen. In dem vor dem Landgericht Berlin zu dem Aktenzeichen 40 O 69/10 zwischen der Firma   und der Beklagten geführten Rechtsstreit, macht die Firma    für Dachdecker- und Klempnerarbeiten einen behaupteten noch ausstehenden Werklohnanspruch in Höhe von 11.242,51 EUR zuzüglich Zinsen geltend.

    Der hiesige Schadensersatzanspruch ist nicht teilweise aufgrund dieser behaupteten Werklohnansprüche erloschen.
    Eine Erlöschen durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB kommt nicht in Betracht, da die Drittwiderbeklagten nicht Inhaber der behaupteten Werklohnforderungen sind und deshalb nicht wirksam die Aufrechnung erklären können. Eine wirksame Aufrechnung durch die Klägerin und die Firma    wird von den Drittwiderbeklagten nicht vorgetragen.
    Nur im Falle einer wirksamen Aufrechnung würde dies auch zu Gunsten der Drittwiderbeklagten als weitere Gesamtschuldner gemäß § 422 Abs. 1 Satz 2 BGB zu ihren Gunsten wirken.
    Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Beklagte gegen beide Werklohnforderungen nicht nur Ansprüche wegen der behaupteten Mängel geltend macht, sondern auch dem Grunde und der Höhe nach Einwendungen im Hinblick auf Aufmaßdifferenzen, streitige Zusatzaufträge pp. erhebt.

    B) Feststellungsklage

    Die Klage auf Feststellung, dass die Widerbeklagten zu 2) bis 5) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Beklagten auch die Kosten und Schäden, insbesondere die Mehrwertsteuer zu ersetzen, die sich aus der fachgerechten und endgültigen Mängelbeseitigung über dem Zahlungsbetrag zu 1) ergeben, ist zum geringeren Teil begründet und überwiegend nicht begründet.
    Soweit im Rahmen der von dem Sachverständigen festgestellten Mängelbeseitigung Kosten und Schäden entstehen, die über der Kostenschätzung des Sachverständigen liegen, steht der Beklagten ein entsprechender Feststellungsantrag zu.
    Dies betrifft auch die anteilige Mehrwertsteuer in Höhe von 19% auf die geschätzten Kosten in Höhe von 89.169,50 EUR und damit auch den anteiligen Betrag von 16.942,21 EUR Mehrwertsteuer.

    Nicht begründet ist der Feststellungsantrag, soweit die Beklagte sich weitergehende Ansprüche auf Ersatz der Mehrwertsteuer nach Mängelbeseitigung berühmt.

    So macht die Beklagte als Zahlungsantrag hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten und anteiliger Regiekosten einen Nettobetrag von 419.876,06 EUR geltend. Zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 19% ergibt dies einen Bruttobetrag in Höhe von 79.776,45 EUR. Wie oben bereits ausgeführt, kann der Senat nur anteilige Mehrwertsteuer in Höhe von 16.942,21 EUR sicher schätzen. In Höhe des Differenzbetrages von 62.834,24 EUR berühmt sich die Beklagte daher zu Unrecht eines Anspruchs auf Mehrwertsteuer nach durchgeführter Mängelbeseitigung.
    III.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10., 711 ZPO.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung konnte nur über die Kosten der Berufung entschieden werden. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

    Die Quote von 68% zu Lasten der Beklagten und zu 32% zu Lasten der Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) ergibt sich aus dem gegenseitigen Obsiegen bzw. Unterliegen. Hierbei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Berufungswert über dem geltend gemachten Zahlbetrag hinausgeht. Mit der Klageerweiterung werden zwar nur 426.748,12 EUR netto geltend gemacht, jedoch war auch der nicht geltend gemachte zweitstellige Teilbetrag in Höhe von 28.123,25 EUR entsprechend zu berücksichtigen, da auch insoweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist. Darüber hinaus beinhaltet der Antrag auf Zurückweisung der Berufung auch die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der vom Landgericht Berlin ausgeurteilten anteiligen Umsatzsteuer in Höhe von 46.550,00 EUR. Aus allen drei Positionen ergibt sich demnach hinsichtlich der Zahlungsklage eine Entscheidung über insgesamt 501.422,07 EUR.
    Hinsichtlich des Feststellungsantrages hat sich die Beklagte zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eines Anspruchs auf Zahlung der anteiligen Mehrwertsteuer nach Durchführung der Mänbelbeseitigungsarbeiten berühmt, die auf der Basis des behaupteten Nettobetrages von 419.876,06 EUR für geltend gemachte Mängelbeseitigungskosten einen Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von 79.776,45 EUR ausmacht, wovon anteilig nur ein Betrag von 16.942,21 EUR begründet ist. Damit ist die Drittwiderklage der Beklagten gegenüber den Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5) begründet in Höhe von 89.169,50 EUR zuzüglich anteiliger Mehrwertsteuer hinsichtlich des Feststellungsantrages in Höhe von 16.942,21 EUR und damit in Gesamthöhe von 106.111,70 EUR. Bezogen auf einen Berufungswert von insgesamt 581.198,52 EUR (Zahlungsantrag nebst anteiliger Umsatzsteuer und der Rechtskraft fähigen Entscheidung über den zweitstelligen Teilbetrag in Gesamthöhe von 501.422,07 EUR zuzüglich Wert des Feststellungsantrages in Höhe von 79.776,45 EUR) ergibt dies quotal den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 82% zu Lasten der Beklagten und in Höhe von 18% zu Lasten der Drittwiderbeklagten zu 2) bis 5).

    Die Berufung war nicht zuzulassen, da deren Voraussetzungen gemäß § 543 ZPO nicht vorliegen.

    B.-D. Kuhnke

    Kammergericht

    Beschluss

    Geschäftsnummer: 27 U 25/09
    29.11.2012
    31 O 255/05 Landgericht Berlin

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    Der Tenor des Teilurteils des Kammergerichts vom 27.11.2012 - 27 U 25/09 - wird hinsichtlich der Ziff.1. und 4. gemäß § 319 ZPO wie folgt berichtigt:

    Statt:
    „Die Widerbeklagten zu 2-5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 106.111,70 EUR nebst 5 % über dem Basiszinssatz aus 89.500,00 EUR seit dem 05.01.2007 und aus weiteren 16.611,70 EUR seit dem 14.02.2008 zu zahlen.“
    lautet der Tenor zu Ziff. 1 nunmehr:
    „1. Die Widerbeklagten zu 2-5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 89.169,50 EUR nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2007 zu zahlen.“

    Statt:
    „4. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu 68 % und die Drittwiderbeklagten zu 2-5) zu 32 % zu tragen.“
    lautet der Tenor zu Ziff. 4 nunmehr:
    „4. Die Kosten der Berufung haben die Beklagte zu 82 % und die Drittwiderbeklagten zu 2-5) zu 18 % zu tragen.“

    Gründe

    Der Tenor zu Ziff. 1 war wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO zu berichtigen. Der Senat hat den von dem Sachverständigen ermittelten Bruttobetrag von 106.111,70 EUR statt den von dem Sachverständigen ermittelten Nettobetrag von 89,169,50 EUR in der irrtümlichen Annahme austenoriert, dass es sich bei dem Betrag von 106.111,70 EUR um den Nettobetrag handelt.

    Die Kostenentscheidung zu Ziff.4 war gemäß § 319 ZPO aufgrund eines Rechenfehlers zu berichtigen.

    Berlin, den 29.11.2012
    Kammergericht, 27. Zivilsenat

    Kuhnke
    Richter am Kammergericht