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  • 09.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145334

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 28.04.2015 – 10 K 3803/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    10 K 3803/13

    Tenor:

    Unter Änderung der Umsatzsteueränderungsbescheide für 2009 bis 2011 vom 3.4.2014 wird die Umsatzsteuer mit der Maßgabe neu festgesetzt, dass weitere Vorsteuerbeträge berücksichtigt werden in Höhe von 137.643,82 EUR für 2009, 179.316,86 EUR für 2010 und 48.830,95 EUR für 2011. Die Neuberechnung der Umsatzsteuer wird dem Beklagten übertragen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Tatbestand

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    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aus Rechnungen der Firma A (Inhaber Herr B) den Vorsteuerabzug geltend machen kann.

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    Der Kläger betreibt in K unter der Firma G e.K. einen Kraftfahrzeughandel.

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    In den Streitjahren 2009-2011 kaufte er unter anderem Fahrzeuge von dem unter der Firma A Inhaber Herr B e.K. handelnden Herr B (im Folgenden Z).

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    Z betrieb seit dem 12.12.1977 sein Unternehmen. Er war zunächst beim Amtsgericht C eingetragen. Am 10.2.2006 verlegte Z sein Unternehmen in den E-Straße ... in ... N und meldete sein Gewerbe bei der Stadt N an. Die Firma wurde im Handelsregister des Amtsgerichts R eingetragen. Die Eintragung erfolgte, nachdem die örtliche Industrie- und Handelskammer die Zustellung von Schriftstücken an die Geschäftsanschrift des Z geprüft hatte.

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    Z hatte in der E-Straße ... von der dort ansässigen Firma U Räumlichkeiten angemietet. Welcher Art dieser Räumlichkeiten waren, ist streitig. Hierzu hat der Berichterstatter Beweis erhoben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 18.12.2014 Bezug genommen. Unstreitig unterhielt Z dort kein Autohaus, sondern nur ein Büro, da er ausschließlich im Onlinehandel seine Fahrzeuge vertrieb. Nach dem Vortrag des Klägers kam in dem Büro Post an, wurde dort sortiert und bearbeitet und wurden dort die Akten geführt. Außen am Gebäude befand sich ein Firmenschild mit dem Aufdruck A. Ob sich dort auch ein Briefkasten befand, ist nicht eindeutig. Z wurde unter der vorgenannten Anschrift beim Finanzamt T geführt. Ihm war eine Umsatzsteuer–Identifikationsnummer erteilt worden.

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    Im Jahr 2009 entdeckte der Kläger günstige Verkaufsanzeigen des Z im Internet. Er nahm im Mai 2009 Kontakt mit Z auf und kaufte im Juni 2009 erstmals ein Fahrzeug bei Z. Dabei lief der Kauf nach dem Vortrag des Klägers so ab, dass er zunächst telefonisch und per E-Mail ein Fahrzeug bei Z aussuchte. Z teilte ihm dann mit, wann das Fahrzeug in N zur Abholung bereit stand. Er, der Kläger, sei dann zunächst selber nach N gefahren. Nach einer einwandfreien Abholung habe er in der Folge auch Mitarbeiter geschickt, um die Fahrzeuge abzuholen. Er habe sich von Z dessen Personalausweis, Handelsregisterauszug, Steuernummer und Umsatzsteuer–Identifikationsnummer vorlegen lassen und geprüft, soweit ihm das möglich gewesen sei. Vor oder nach einem Kauf prüfe er außerdem stets die Fahrzeug–Identifikationsnummer und die Fahrzeugpapiere auf Voreinträge und auf Übereinstimmung mit dem Fahrzeug. Die Papiere und Fahrzeuge des Z seien dabei stets einwandfrei gewesen. Vor Ort in N habe er sowohl Z als auch die gekauften Fahrzeuge vorgefunden. Z habe ihm auch stets ordnungsgemäße Rechnungen ausgestellt, die die Fahrzeugdaten und alle gesetzlichen Angaben enthielten. Auf die zu den Akten gereichten Rechnungen wird Bezug genommen. Auf den Kaufpreis habe er meist eine Anzahlung in bar geleistet und den Restkaufpreis durch Überweisung. Die Umsatzsteuer–Identifikationsnummer des Z sei bis zum 31. Dezember 2010 gültig gewesen, wovon er, der Kläger, jedoch erst im Rahmen der ab 14. Oktober 2011 bei ihm durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung erfahren habe. Z habe seine Geschäftstätigkeit im Juli 2011 beendet. Die Firma sei am 6. Juli 2011 aus dem Handelsregister gelöscht worden. Z sei sodann nach Frankreich verzogen, wo er bis heute lebe.

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    Die Fahrzeuge kamen zu 15% aus Deutschland und zu 85% aus Frankreich von der Firma W. Die Zahlungen erfolgten teilweise direkt an W und teilweise an Z durch Überweisung auf dessen Konto bei einer französischen Bank.

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    Im Oktober 2011 wurde bei dem Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt. Im Rahmen der Prüfung kam der Prüfer zu der Auffassung, dass Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen des Z nicht in Abzug gebracht werden könnten, da die in den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des leistenden Unternehmers tatsächlich nicht bestehe. Z habe nach den Feststellungen des für Z zuständigen Finanzamts im Inland keine Betriebsstätte. Die Geschäftsadresse diene nur als Briefkastenadresse (Scheinadresse), an der lediglich von Z die Post abgeholt worden sei. Es sei dort nicht vorhanden gewesen, was auf ein Unternehmen hindeute. Wegen der Einzelheiten wird auf die Prüfungsberichte vom 7.7.2011 und 22.3.2013 Bezug genommen.

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    Außerdem wird beispielhaft auf die Rechnung der Fa. A Nr. ... Bezug genommen (Rechtsbehelfsakte).

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    An dem früheren Betriebssitz des Z fand im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Steuerfahndung X im Januar 2013 eine Ortsbesichtigung statt. Dabei wurden Lichtbilder von bestimmten Möbelstücken und einer Telefonanschlussdose gefertigt. Die Lichtbilder zeigen einen Schreibtisch, auf dem sich verschiedene Gegenstände befinden, eine Kommode mit Ablagefächern und verschiedene Regale oder Schränke und Gerätschaften, sowie eine normale TAE–Telefonanschlussdose. Der Zeuge M wurde anlässlich der Ortsbesichtigung von der Steuerfahndung vernommen. Dabei sagte er aus, Z habe nur eine Abstellkammer und einen Briefkasten bei ihm gehabt. Er habe keine Geschäftsräume gemietet bzw. keine Miete gezahlt. Später hat der Zeuge diese Aussage berichtigt und in der Steuererklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angegeben.

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    Der Beklagte folgte der Auffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und erließ am 13.9.2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2011. Mit Verfügung vom 1.10.2013 lehnte er den Antrag des Klägers auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO ab.

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    Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. November 2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:

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    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH müssten die Angaben im Abrechnungspapier eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglichen. Dazu sei die Angabe der zutreffenden Anschrift in der Rechnung erforderlich. Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reiche als Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht aus. Dem Kläger stehe der Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen mangels zutreffender Rechnungsanschrift nicht zu. An dem in den Rechnungen angegebenen Sitz hätten im Zeitpunkt der Erstellung der Rechnungen keine geschäftlichen Aktivitäten des Rechnungsausstellers stattgefunden.

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    Die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abziehbar. Durch den Kläger seien die in Rechnung gestellten Beträge in einem erheblichen Umfang bar bezahlt worden. Nach der Rechtsprechung des BFH seien an die Sorgfalts- und Nachweispflichten des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers bei einem Barkauf hochwertiger Pkw hohe Anforderungen zu stellen. Die vom Kläger dargelegten Aktivitäten reichen hierfür nicht aus.

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    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

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    Mit der Klage trägt der Kläger vor:

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    Der Beklagte habe ihm den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen versagt mit der Begründung, es handele sich um eine „Scheinfirma“. Dies treffe nicht zu. Der Beklagte habe nicht bestritten, dass Z Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne gewesen sei, als die Leistungen an ihn, den Kläger, erfolgten. Entgegen der Behauptung des Beklagten seien die Fahrzeuge von ihm im Wesentlichen nicht in bar, sondern ganz überwiegend durch Banküberweisung bezahlt worden.

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    Selbst wenn ordnungsgemäße Rechnungen nicht vorlägen, sei der Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen zu gewähren. Er sei gutgläubig gewesen, denn er habe sämtliche ihm nach seinem Kenntnisstand und als steuerlicher Laie möglichen Maßnahmen ergriffen, die von ihm vernünftigerweise verlangt werden konnten.

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    Der Kläger beantragt,

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    unter Änderung der Umsatzsteueränderungsbescheide für 2009 bis 2011 vom 3.4.2014 die Umsatzsteuer mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass weitere Vorsteuerbeträge berücksichtigt werden in Höhe von 137.643,82 EUR für 2009, 179.316,86 EUR für 2010 und 48.830,95 EUR für 2011;

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    hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer für 2009 bis 2011 im Billigkeitsweg um die vorgenannten Vorsteuerbeträge niedriger festzusetzen.

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    Der Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

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    Der Beklagte hat während des Klageverfahrens am 3.4.2014 geänderte Umsatzsteuerbescheide erlassen, die zum Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

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    Der Senat hat am 30.6.2014 beschlossen, Beweis darüber zu erheben, ob Z in N, E‑Straße ... einen tatsächlichen Geschäftssitz gehabt hat. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 18.12.2014 Bezug genommen. Bezüglich der Aussage von Frau M wird auf die schriftliche Aussage vom 15. Dezember 2014 Bezug genommen. Der Kläger trägt hierzu vor, dass sich aus den Zeugenaussagen übereinstimmend ergeben habe, dass Z unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift sehr wohl seine wirkliche Anschrift hatte. Der Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass er auch nach den Zeugenaussagen an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass die hier streitigen Rechnungen nicht die zutreffende Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten.

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    Das Protokoll der Beweisaufnahme wurde in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 28.4.2015 verlesen.

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    Entscheidungsgründe

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    Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

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    Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger deshalb in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

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    Der Beklagte hat zu Unrecht die streitigen Vorsteuerbeträge nicht berücksichtigt.

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    1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes -UStG- kann ein Unternehmer die von einem anderen Unternehmer gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer von der eigenen Umsatzsteuerlast abziehen, wenn er die vom leistenden Unternehmer erbrachte Leistung für sein Unternehmen bezogen hat. Nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift ist Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung muss nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG u.a. die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Die Angabe muss im Zeitpunkt der Rechnungsbegebung richtig sein (vgl. nur Bundesfinanzhof –BFH-, Urteil vom 2.9.2010 - V R 55/09, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2011, 235). Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, soll als zutreffende Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung (grundsätzlich) nicht ausreichen (BFH, Beschlüsse vom 26.9.2014 - XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158, Rz. 36 und vom 18.2.2015 – V S 19/14, BFH/NV 2015, 866, Rz. 29). Jedoch kann nach den Umständen des Einzelfalls auch die Angabe eines „Briefkastensitzes“ mit postalische Erreichbarkeit als Anschrift, die die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt, genügen (BFH, Beschluss vom 26.9.2014 – XI S 14/14, a.a.O.). Wann dies der Fall ist, hat die Rechtsprechung bisher nicht präzisiert.

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    2. Unter Berücksichtigung der vorstehend wiedergegebenen Anforderungen, denen der Senat nur teilweise folgt, kommt der Senat im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Rechnungen des Z zum Vorsteuerabzug berechtigen, obwohl an der angegebenen Anschrift keine geschäftlichen Aktivitäten stattgefunden haben.

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    a) Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass unter der angegebenen Anschrift irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten des Z stattgefunden haben. Es ist bereits unklar, was Z angemietet hatte: Ob einen abgeschlossenen Raum oder lediglich eine Teilfläche in einem Raum. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Z einen ganzen Raum angemietet hatte, war dieser nicht so eingerichtet, dass dort geschäftliche Aktivitäten hätten stattfinden können. So hat z.B. die Zeugin Q, die Tochter des Z, ausgesagt, dass in diesen Raum verschiedene Möbel aus der Auflösung des „F“ gebracht worden seien. Dabei handelte es sich jedenfalls, wie z.B. der Spülmaschine, in erheblichem Umfang auch um private Gegenstände. Die Zeugin H, die für Z eine Zeit lang Büroarbeiten erledigt hat, hat diese Arbeit von zu Hause aus erledigt. Sie wusste nicht, ob Z im E-Straße ein eigenes Büro hatte. Wenn aber die Person, die Büroarbeiten erledigen soll, nicht einmal weiß, ob im E-Straße überhaupt ein Büro existierte, spricht dies entscheidend gegen ein Büro im E-Straße. Insgesamt hat die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass Z jemals in der E-Straße über einen Raum verfügte, der für Büroarbeiten geeignet war. Noch weniger haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Z dort irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten ausgeübt hätte.

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    b) Der Senat hält in Anbetracht der technischen Fortentwicklung und der Änderung von Geschäftsgebaren die Anforderung an die Anschrift, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfinden, für überholt. Der Bundesfinanzhof gibt für dieses Kriterium auch keine Begründung. Die neueren Entscheidungen verweisen lediglich auf den BFH-Beschluss vom 14.3.2000 – V B 187/99 (BFH/NV 2000, 1252; dieser verweist wiederum ohne Begründung auf das Urteil vom 27.6.1996 – V R 51/93, BStBl II 1996, 620, welches in Rz. 17 eher für das Gegenteil spricht).

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    Die Angabe der Anschrift auf der Rechnung hat den Zweck, den leistenden Unternehmer eindeutig zu identifizieren und soll es unter anderem auch der Finanzverwaltung ermöglichen, den Unternehmer postalisch zu erreichen. Ist die postalische Erreichbarkeit (z.B. um Schreiben zu übersenden bzw. Schriftstücke zuzustellen) gewährleistet, kommt es nicht darauf an, welche Aktivitäten unter der Postanschrift erfolgen.

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    Das Kriterium der „geschäftlichen Aktivitäten“ ist außerdem viel zu unbestimmt: Müssen dort Kunden empfangen werden? Muss der leistende Unternehmer sich dort regelmäßig (wie lange) aufhalten? Muss er wirklich im Büro geschäftlich tätig werden oder reicht es aus, wenn er dort Zeitung liest und ansonsten von unterwegs mit Handy und Laptop tätig wird? Wer soll überprüfen, in welchem (nicht bestimmten) Umfang unter der Anschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden?

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    3. Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, braucht der Senat über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden. Er weist allerdings ergänzend darauf hin, dass seines Erachtens die Klage auch mit dem Hilfsantrag Erfolg hätte. Der Kläger hat alles getan, was von ihm zumutbarerweise verlangt werden kann, um die Unternehmereigenschaft des Z und die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen. Insbesondere musste er keine Bedenken gegen die Angabe der Anschrift haben, da dort tatsächlich die Fahrzeugübergaben stattfanden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hätte erkennen können, dass er ggfs. in einen Umsatzsteuerbetrug einbezogen wurde, sind nicht ersichtlich (s. hierzu z.B. EuGH, Urteile vom 6.2.2014, Rs. C-33/13, Jagiello und vom 18.12.2014, verbundene Rs. C-131/13, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti, C-163/13, Turbu.com und C-164/13, Turbu.com Mobile Phone‘s). Dass die Zahlungen auf ein französisches Konto erfolgten, reicht hierfür nicht aus.

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    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    40

    Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zu, unter welchen Voraussetzungen Rechnungen mit einer Anschrift, unter der keine geschäftlichen, zumindest keine büromäßigen, Aktivitäten stattfinden, zum Vorsteuerabzug berechtigen.

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