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  • 23.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141837

    Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 30.01.2014 – 2 K 1346/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Saarland

    v. 30.01.2014

    Az.: 2 K 1346/13

    In dem Rechtsstreit
    A,
    - Kläger -
    Bevollmächtigt: Rechtsanwälte B,
    gegen
    Bundesagentur für Arbeit Familienkasse Rheinland-Pfalz/Saarland, Hafenstraße 18, 66111 Saarbrücken,
    - Beklagte -
    wegen Kindergeld ab September 2013
    hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Präsidenten des Finanzgerichts Prof. Dr. Peter Bilsdorfer als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht Hörndler und den Richter am Finanzgericht Prof. Dr. Roberto Bartone am 30. Januar 2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
    Tatbestand

    Der Kläger ist der Vater des am XX. XX 1988 geborenen Sohnes F. Er streitet mit der Beklagten darum, ob ihm Kindergeld für F über die Vollendung von dessen 25. Lebensjahr hinaus zusteht.

    F absolvierte nach seiner schulischen Ausbildung in der Zeit vom 1. September 2008 bis 31. August 2009 ein freiwilliges soziales Jahr (KiG, Bl. 38 ff.). In dieser Zeit bezog der Kläger Kindergeld für ihn von der Beklagten (KiG, Bl. 46). Im Anschluss hieran begann F ein Studium, das noch andauert (KiG, Bl. 81).

    Am 14. August 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, ihm Kindergeld für F über den August 2013 hinaus zu bewilligen (KiG, Bl. 80). Mit Bescheid vom 16. August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab (KiG, Bl. 86). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 6. September 2013 Einspruch ein (KiG, Bl. 88). Diesen Einspruch wies die Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 17. September 2013 als unbegründet zurück (KiG, Bl. 91 ff.).

    Am 17. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1).

    Der Kläger beantragt (sinngemäß, Bl. 3),

    unter Aufhebung des Bescheides vom 16. August 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2013 die Beklagte zu verpflichten, ihm Kindergeld für seinen Sohn F ab September 2013 zu bewilligen.

    Der Kläger macht geltend, die Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres rechtfertige die Verlängerung der Kindergeldzahlung über das 25. Lebensjahr hinaus. Insoweit sei es zumindest fraglich, ob die Regelung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG mit Art. 3 GG vereinbar sei. Es sei nicht erkennbar, warum im Falle der Ableistung des Grundwehrdienstes bzw. des Zivildienstes die Zahlung des Kindergeldes über das 25. Lebensjahr hinaus möglich sei, im Falle der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres jedoch nicht.

    Die Beklagte hat sich auf die Übermittlung der Kindergeldakte beschränkt (Bl. 11).

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Akten der Beklagten Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Kindergeld für F ab September 2013 zu. Ein entsprechender Fördertatbestand ist nicht gegeben.

    1.1. Nach §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt.

    Der Sohn des Klägers hat im Monat August 2013 durch Vollendung des 25. Lebensjahres die für die Berücksichtigung maßgebliche Altersgrenze nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG überschritten. Dies führt unabhängig von der Fortdauer der Berufsausbildung zur Beendigung des Anspruchs auf Kindergeld.

    1.2. Eine Verlängerung des Kindergeldanspruchs über das 25. Lebensjahr hinaus gemäß § 32 Abs. 5 EStG ist im Streitfall zu verneinen.

    Nach § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG wird ein Kind, das

    1. den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder

    2. sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder

    3. eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer i.S. des § 1 Abs. 1 Entwicklungshelfer-Gesetz ausgeübt hat,

    für einen der Dauer dieser Dienste oder Tätigkeit entsprechenden Zeitraum höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes, über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.

    Nach der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber hierdurch einen Ausgleich dafür schaffen, dass Kinder während der Ableistung des Grundwehr- oder Zivildienstes steuerlich und kindergeldrechtlich unberücksichtigt bleiben, jedoch sich deren Berufsausbildung zeitlich verzögert (Bundestagsdrucksache (BT-Drucks.) 13/1558, 155 f.; BFH vom 14. Oktober 2002 VIII R 68/01, BFH/NV 2003, 460; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Situation BFH vom 15. Mai 2003 VIII B 248/02, BFH/NV 2003, 1182 sowie BVerfG vom 29. März 2004 2 BvR 1340/03, [...]).

    F erfüllt keinen der aufgeführten Verlängerungstatbestände des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG. Die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres ist im Katalog des § 32 Abs. 5 EStG nicht enthalten.

    1.3. Eine Berücksichtigung des Sohnes des Klägers über den Wortlaut der Vorschrift hinaus kommt nicht in Betracht. Bei den in § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG genannten Dienstleistungen handelt es sich um einen abschließenden Katalog. Im Falle der Absolvierung anderer Dienste kann der Verlängerungstatbestand nicht in Anspruch genommen werden (FG Münster vom 23. April 2012 10 K 3219/11 KG, [...]; FG Münster vom 11. Mai 2010 8 K 2450/09, EFG 2010, 1706 [FG Münster 11.05.2010 - 8 K 2450/09 Kg]; FG Münster vom 19. Mai 2009 8 K 2947/08, EFG 2009, 1563 [FG Münster 19.05.2009 - 8 K 2947/08 Kg]).

    Für eine analoge Anwendung des Verlängerungstatbestandes des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG bei Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres besteht kein Raum. Es mangelt an einer planwidrigen Regelungslücke bei Interessenvergleichbarkeit zwischen dem gesetzlich geregelten und dem nicht geregelten Sachverhalt (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO-Komm., § 4, Rn. 365 ff. [Oktober 2011].).

    Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat die Verlängerungstatbestände in § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG dezidiert geregelt. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber versehentlich Dienstleistungen im Sinne von § 14 c ZDG im Katalog des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht berücksichtigt hat, liegen nicht vor (FG Münster vom 11. Mai 2010 8 K 2450/09, EFG 2010, 1706 [FG Münster 11.05.2010 - 8 K 2450/09 Kg]; FG Münster vom 19. Mai 2009 8 K 2947/08, EFG 2009, 1563 [FG Münster 19.05.2009 - 8 K 2947/08 Kg]).

    Zudem fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage zwischen den in § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG genannten Verlängerungstatbeständen und der vorliegenden zu beurteilenden Dienstleistung gem. § 14c Abs. 1 ZDG i.V. mit § 3 JFDG.

    Zwar verzögert sich regelmäßig auch im Falle einer Dienstleistung nach § 14c ZDG die Berufsausbildung des Kindes. Zudem besteht ein Zusammenhang zwischen dem freiwilligen Dienst i.S. des § 14c ZDG und dem Zivildienst, da bei Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres die Pflicht, Zivildienst zu leisten, erlischt (§ 14c Abs. 3 ZDG).

    Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass der Kindergeldberechtigte eines Zivil- bzw. Wehrdienst leistenden Kindes für die Dauer des Dienstes keinen Anspruch auf Kindergeld hat, während sich der Elternteil eines nach § 14c ZDG Dienst leistenden Kindes - wie der Kläger - aufgrund der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG auch für die Zeit des Dienstes Kindergeld beanspruchen kann (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Situation BFH vom 15. Mai 2003 VIII B 248/02, BFH/NV 2003, 1182 sowie BVerfG vom 29. März 2004 2 BvR 1340/03, [...]).

    Hiermit mag der Gesetzgeber zwar auch dem Umstand Rechnung getragen haben, dass die Dienstleistung nach § 14c ZDG - anders als der Grundwehr- und Zivildienst - unentgeltlich erfolgt, so dass die mit dem Kindergeldanspruch typisierend zugrunde gelegte Unterhaltsverpflichtung des Erziehungsberechtigten weiter besteht. Der Gesetzgeber rechtfertigt die Verlängerung des Kindergeldanspruchs um Zeiten der Absolvierung des Grundwehr- oder Zivildienstes jedoch insbesondere mit der fehlenden steuerrechtlichen bzw. kindergeldrechtlichen Berücksichtigung Wehrdienst- und Zivildienst leistender Kinder (BT-Drucks. 13/1558, 155). Gerade hierauf kann sich der Elternteil eines gem. § 14c ZDG Dienst leistenden Kindes nicht berufen.

    1.4. Der Senat hält die Regelung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG und die Nichtberücksichtigung von Dienstleistungen im Sinne von § 14 c ZDG auch nicht für verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht erkennbar.

    Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentliches Ungleiches ungleich zu behandeln. Das gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210).

    Eine unterschiedliche Behandlung zwischen den in § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG abschließend genannten Diensten und dem vom Sohn des Klägers geleisteten freiwilligen sozialen Jahr nach § 14c ZDG ist durch sachliche Erwägungen hinreichend gerechtfertigt (BFH vom 15. Mai 2003 VIII B 248/02, BFH/NV 2003, 1182 sowie BVerfG vom 29. März 2004 2 BvR 1340/03, [...]). Denn für Zeiten der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres besteht - anders als beim gesetzlichen Grundwehr- und Zivildienst - ein Kindergeldanspruch gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG, der dem Kläger auch gewährt worden ist. Eine zusätzliche Förderung über das maßgebliche 25. Lebensjahr hinaus wäre vor diesem Hintergrund sogar eine Ungleichbehandlung.

    Die wirtschaftlichen Nachteile durch die Nichtgewährung des Kindergeldes sind im Übrigen nicht zwingend. Denn eine fortwährende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber einem sich noch in der Berufsausbildung befindlichen Kind, für das kein Anspruch auf Kindergeld mehr besteht, begünstigt der Gesetzgeber mit einem steuerlichen Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG. Der Abzugsbetrag für Unterhaltsleistungen gegenüber Kindern gemäß § 33a Abs.1 EStG kann sich - unter der Voraussetzung, dass das unterhaltene Kind über keine bzw. nur geringe Einkünfte verfügt - sogar steuerlich günstiger auswirken als die tatsächliche Zahlung des Kindergeldes. Denn die maximale Förderung nach § 33a Abs. 1 EStG ist höher als die Summe der Kindergeldbeträge sowie der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (so FG Münster vom 23. April 2012 10 K 3219/11 KG, [...]).

    3. Die Kosten des Verfahrens werden nach § 135 Abs. 1 FGO dem Kläger auferlegt.

    Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG; § 62 EStG; § 63 Abs. 1 S. 2 EStG

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