Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 12.12.2023 · IWW-Abrufnummer 238659

    Finanzgericht München: Urteil vom 27.07.2023 – 14 K 2411/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht München 

    Urteil vom 27.07.2023


    In der Streitsache
    Klägerin
    prozessbevollmächtigt:
    ...
    gegen
    Finanzamt ... Beklagter

    wegen Umsatzsteuer 2020

    hat der 14. Senat des Finanzgerichts München durch
    ...
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2023 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin ist eine ARGE in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus den Unternehmern X GmbH und Y. Die kaufmännische Geschäftsführungsbefugnis der X GmbH umfasst die Vertretung vor Gericht.

    Die Klägerin führte aufgrund eines Zuschlags vom 4. März 2013 im Auftrag der Stadt A (im Folgenden: Stadt) Erschließungsmaßnahmen (Straßen-, Kanal- und Wasserleitungsarbeiten) im Baugebiet "B Straße" durch.

    Bei der Durchführung der Baumaßnahmen kam es auf Grund des Hochwassers im Jahr 2013 zu einem starken Anstieg des Grundwasserspiegels, wodurch sich die Baumaßnahmen der Klägerin aufwendiger gestalteten. Daraus resultierte ein Nachtragsangebot der Klägerin, welches die Stadt durch ein Ingenieurbüro überprüfen ließ. Dieses stellte fest, dass die Kosten gerechtfertigt waren. Dennoch wurde zwischen der Klägerin und der Stadt streitig, ob und in welchem Umfang Mehraufwendungen zu vergüten waren.

    Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 gab die Stadt aufgrund eines Nachtragsangebotes der Klägerin vom 15. April 2014 Zahlungen von insgesamt ... € unter Rückforderungsvorbehalt frei. Zugleich wies sie - insbesondere beim Kanalbau - weitere Nachträge aufgrund des sog. Jahrhunderthochwassers zurück, da die Nachträge nicht zeitnah vorgelegt worden seien und die Höhe nicht prüffähig aufbereitet gewesen sei. Die Stadt stellte der Klägerin anheim, eine ordnungsgemäße, prüffähige Schlussrechnung vorzulegen (sofern man nicht vorher eine einvernehmliche Regelung treffen könne), stellte aber gleichzeitig klar, dass dies noch keine Anerkennung der Ansprüche dem Grunde nach bedeute.

    Während eines bereits laufenden Mahnverfahrens wegen nicht vollständig beglichener Abschlagsrechnungen gegenüber der Stadt stellte die Klägerin am 31. März 2015 sechs Schlussrechnungen, getrennt nach einzelnen Titeln des Leistungsverzeichnisses:

    Re-Nr.    Schlussrechnungssumme brutto    Erhaltene Abschlagszahlungen brutto    offen (brutto)    offen (netto)
    10/001    ...    ...    ...    ...
    05/002    ...    ...    ...    ...
    05/003    ...    ...    ...    ...
    03/004    ...    ...    ...    ...
    03/005    ...    ...    ...    ...
    03/006    ...    ...    ...    ...
    Summe    ...    ...    ...    845.521,72 €

    Während die Rechnungen 10/001, 05/002 und 03/004 an die Stadt adressiert waren, waren die Rechnungen 05/003, 03/005 und 03/006 an die Kläranlange A GmbH (im Folgenden: GmbH) gerichtet, denn die Stadt hatte die Klägerin während des laufenden Bauvorhabens mit Email vom 17. Juli 2013 angewiesen, die Rechnungen aufzuteilen und die Leistungen bzgl. "Haupt-/Mischwasserkanal", "Schmutzwasser Hausanschluss öffentlich" und "Schmutzwasser Hausanschluss privat" an die GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Stadt, zu adressieren. Nach Auffassung der Klägerin lag dies daran, dass der GmbH die Abrechnung der Abwasserentsorgung übertragen worden sei. Zur Überzeugung der Klägerin wurde mit der Stadt als ausschließlicher Auftraggeberin keine Vertragsübernahme bzw. befreiende Schuldübernahme vereinbart (vgl. Klageschrift im Zivilrechtsstreit vom 13. Juli 2015).

    Die Klägerin berechnete die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten. In der am 24. März 2016 abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 2015 erklärte sie Umsätze zu 19 % i.H.v. ... € insgesamt (Umsatzsteuer ... €), die sich aus den in den Schlussrechnungen abgerechneten Umsätzen (... €), den Umsätzen des Nachtragsangebotes vom 15. April 2014 (... €) und einem Umsatz i.H.v. ... € zusammensetzten, und führte die Umsatzsteuer ab.

    Laut Mitteilung des für die GmbH zuständigen Finanzamts vom 17. Mai 2023 ergab eine Umsatzsteuer-Nachschau bei dieser, dass die Rechnungen 05/003, 03/005 und 03/006 bei der GmbH nicht eingebucht worden waren und diese für das Jahr 2015 auch keinen Vorsteuerabzug vorgenommen hat. Festsetzungsverjährung für die Umsatzsteuer 2015 trat bei der GmbH mit Ablauf des 31. Dezember 2020 ein.

    Die Schlussabnahme der Wasserleitungsbauarbeiten fand am 24. Juni 2015 statt. Es wurde festgestellt, dass keine Mängel vorhanden waren. Restleistungen waren noch zu erbringen. Diese waren am 20. November 2015 noch nicht erbracht (vgl. Aktennotiz zu fehlenden Schieber- und Hydrantenschildern).

    Die Schlussforderungen waren spätestens am 30. Mai 2015 zur Zahlung fällig. Da die Schlussrechnungen nicht bezahlt wurden, verklagte die Klägerin die Stadt auf Zahlung von ... € (nebst Zinsen und Auslagen) mit Klage vom 13. Juli 2015 beim Landgericht. In ihrer Klageerwiderung vom 4. Dezember 2015 machte die Stadt dagegen u.a. geltend, es liege eine Überzahlung vor, denn die Nachtragsleistungen seien bereits dem Grunde nach nicht berechtigt. Außerdem habe zwar eine förmliche Abnahme im Juli 2014 zum Straßen- und Verkehrswegebau und zum Kanal- und Wasserleitungsbau im Juni 2015 stattgefunden, es fehlten aber noch Restleistungen, so dass sie ein Zurückbehaltungsrecht geltend mache.

    Restarbeiten wurden im April 2016 durchgeführt.

    Das Landgericht entsprach der Ansicht der Klägerin mit Grundurteil vom 29. September 2017. Die Feststellung der genauen Höhe des Anspruchs blieb dem Betragsverfahren vorbehalten.

    Gegen dieses Grundurteil legte die Stadt Berufung ein. Vor dem Oberlandesgericht C wurde daraufhin am 17. Juni 2020 von beiden Parteien ein Vergleich geschlossen, mit dem sämtliche gegenseitigen Ansprüche - und im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter auch die von der und gegen die GmbH - aus dem Bauvorhaben abgegolten und erledigt sein sollten. Nach dem Vergleich war die Stadt verpflichtet eine Abschlusszahlung i.H.v. ... € zzgl. Umsatzsteuer an die Klägerin zu leisten.

    Diese Abschlusszahlung stellte die Klägerin der GmbH am 29. Juli 2020, wie im geschlossenen Vergleich auferlegt, in Rechnung. Die Stadt beglich den vereinbarten Betrag am 4. August 2020.

    Die GmbH machte hieraus die Vorsteuer geltend. Im Anschluss stellte sie über den (entsprechend Aufteilung durch die Prozessbevollmächtigten der Stadt) auf die Stadt entfallenden Betrag eine Rechnung und behandelte dies als steuerpflichtigen Umsatz.

    Für das 3. Quartal 2020 gab die Klägerin eine Umsatzsteuervoranmeldung ab, in der negative steuerpflichtige Umsätze zu 19 % i.H.v. - ... € und ein Erstattungsbetrag i.H.v. - ... € erklärt wurden. Dieser stimmte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) nicht zu.

    Im Rahmen einer mit Prüfungsanordnung vom 3. Dezember 2020 angeordneten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt (Prüfungsbericht vom 28. Januar 2021), dass die erklärten negativen Umsätze den Saldo von Forderungsverlusten (- ... €) und der Vergleichszahlung (+ ... €) darstellten. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Minderung der Bemessungsgrundlage nicht in 2020 anzuerkennen sei, da die Schlussforderungen bereits in 2015 uneinbringlich gewesen seien. Allerdings sei der Zahlungseingang als steuerpflichtiger Umsatz i.H.v. ... € zu berücksichtigen.

    Dementsprechend setzte das FA die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 3. Quartal 2020 mit Bescheid vom 11. Februar 2021 auf ... € fest.

    Im Rahmen des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens erging am 18. Oktober 2021 der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2020, in dem die Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 47.899 € festgesetzt wurde.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2021 lehnte das FA den Einspruch als unbegründet ab.

    Anträge der Klägerin auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 2015 (vom 24. März 2016), für die mittlerweile Festsetzungsverjährung eingetreten ist, und für 2016 (vom 16. Dezember 2021) unter Berufung auf § 174 der Abgabenordnung (AO) lehnte das FA ab. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2023 zurückgewiesen. Diese ist bestandskräftig.

    Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihre Forderung erst im Streitjahr uneinbringlich geworden sei. Eine erneute Berichtigung i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (UStG) habe insofern nicht zu erfolgen.

    Aus ihrer Sicht seien zuvor keine objektiven Anzeichen für eine Uneinbringlichkeit in dem Maße gegeben gewesen, dass sie eine Korrektur der Bemessungsgrundlage für gerechtfertigt hielt. Die Erfolgsaussichten der Zivilklage seien als positiv beurteilt worden, so dass ein Indiz für eine längerfristige Überschreitung des Zahlungsziels nicht vorgelegen habe. Zwar habe sich die Stadt ab 30. November 2015 seit mindestens sechs Monaten im Zahlungsverzug befunden, jedoch sei auf die noch im Dezember 2015 erfolgte Aufforderung zu verweisen, die noch vorhandenen Mängel zu beheben. Die Stadt habe das Bestehen der Forderung nicht substantiiert bestritten. Da sie (die Klägerin) noch im April 2016 im Auftrag der Stadt Restarbeiten erledigt habe, habe sie bei objektiver Betrachtung nicht damit rechnen können, dass sie ihre (Rest-)Forderung auf absehbare Zeit ganz oder teilweise nicht durchsetzen werde können. Vielmehr sei aus ihrer Sicht sowie nach allgemeiner Verkehrsanschauung nachvollziehbar, dass die Stadt die offene Forderung erst begleichen würde, wenn die Restarbeiten abgeschlossen seien. Die Stadt habe die Entrichtung des Entgelts auch nicht von Beginn an verweigert, denn es seien im Februar 2015 noch Zahlungen erfolgt. Unabhängig davon, ob man den Umsatz mit der Schlussabnahme am 24. Juni 2015 oder erst mit der Nachbesserung der Wasserleitungs-Hinweisschilder im Dezember 2015 als bewirkt ansehe, sei das Zahlungsziel zumindest in 2015 nicht mindestens sechs Monate überschritten gewesen. Aufgrund des positiven Ausgangs der Erstinstanz im Jahr 2017 seien weiterhin keine ausreichenden Indizien für eine objektive Uneinbringlichkeit gegeben gewesen, die eine Korrektur der Bemessungsgrundlage bereits im Jahr 2015 oder nachfolgenden Jahren rechtfertigten. Auch habe die GmbH die ihr in Rechnung gestellten Forderungen zu keinem Zeitpunkt bestritten.

    § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG sei nicht erfüllt, da Uneinbringlichkeit erst am 17. Juni 2020 mit Vergleichsabschluss und nicht zuvor eingetreten sei. Durch die erfolgten Festsetzungen der Umsatzsteuer für 2015 und 2020 liege eine Doppelbesteuerung in Höhe der aufgrund des Vergleichs vereinnahmten Umsatzsteuer i.H.v. ... € vor.

    2015 sei Leistungsempfängerin die Stadt gewesen, da diese Vertragspartnerin der Klägerin gewesen sei. In 2020 sei die GmbH jedoch durch den geschlossenen Vergleich in die vertraglichen Beziehungen aufgenommen worden. Die 2020 ausgestellte Rechnung habe insofern die GmbH zutreffend als Leitungsempfängerin bezeichnet.

    Die aus den 2015 zu Unrecht an die GmbH adressierten Rechnungen folgende Gefährdung des Steueraufkommens sei erst mit Ablauf der Festsetzungsverjährung bei der GmbH am 31. Dezember 2020 beseitigt gewesen.

    A. Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuer für 2020 unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2020 vom 18. Oktober 2021 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2021 auf - ... € festzusetzen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es trägt im Wesentlichen vor, dass die Forderung vollumfänglich bereits zuvor - nach seiner Auffassung in 2015 - uneinbringlich geworden sei und dementsprechend eine Korrektur im Streitjahr ausscheide. Die Uneinbringlichkeit richte sich nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten. So könne eine werthaltige Forderung aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht gleichwohl (vorläufig) uneinbringlich sein, weil die Umsatzsteuer nicht Forderungen als Vermögenswerte, sondern die tatsächlichen Zahlungen der Leistungsempfänger besteuere. Im vorliegenden Fall könne aus den noch erfolgten (Teil-)Zahlungen und der daraus zu folgernden Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Stadt umsatzsteuerrechtlich nicht folgen, dass die Forderung (noch) nicht uneinbringlich gewesen sei. Die Stadt habe in der Klageerwiderung vom 4. Dezember 2015 ihre Zahlung durch Verweis auf das fehlende Nachtragsangebot und das Fehlen von Restarbeiten substantiiert verweigert und sei sogar von einer Überzahlung ausgegangen. Schon bei nicht nur vorübergehender Zahlungsunwilligkeit des Schuldners sei Uneinbringlichkeit gegeben, wenn dieser sich erfolgreich der Zahlungsverpflichtung entziehe. Die subjektive positive Erfolgseinschätzung der Klägerin reiche nicht aus. Aufgrund ihrer völlig gegensätzlichen und offenkundig verhärteten Positionen hätten die Streitparteien auch keine baldige gerichtliche Entscheidung erwarten können, zumal schon zwischen Anspruchsbegründung (13. Juli 2015) und Klageerwiderung (4. Dezember 2015) mehrere Monate vergangen seien. Die behauptete Erwartung der Klägerin, dass die Stadt die offenen Forderungen von ... € netto (überwiegend im Bereich Kanalbau entstanden) begleichen werde, sobald vergleichsweise geringfügige Restarbeiten im Wasserleitungsbau abgeschlossen seien, sei objektiv nicht nachvollziehbar. Diese Erwartung habe sich zudem spätestens mit Erhalt der Klageerwiderung und den umfangreichen Einwendungen der Stadt als unrealistisch erwiesen. Dass ein Großteil des Werklohns in Form der Abschlagszahlungen vereinnahmt worden sei, sowie die im Schreiben vom 26. Februar 2015 dokumentierte Zahlungsbereitschaft der Stadt, die sich offensichtlich auf Abschlagszahlungen bezog, seien nicht ausschlaggebend. Anders als ertragsteuerliche Wertberichtigungen, könnten Berichtigungen nach § 17 UStG nicht nachgeholt werden. Für den Unternehmer bestehe kein Wahlrecht, sondern eine Verpflichtung zur Vornahme der Umsatzsteuerberichtigung, so dass eine spätere Geltendmachung der Umsatzsteuerberichtigung ausgeschlossen sei.

    Die GmbH sei hinsichtlich der Kanalarbeiten Leistungsempfängerin der von der Klägerin erbrachten Leistungen gewesen, da ihr diese Arbeiten funktional zuzuordnen seien. Außerdem seien die Parteien des Vergleichs davon ausgegangen, dass es sich bei der Rechnung aus 2020 um eine Berichtigung der Rechnungen aus 2015 handele, so dass keine Doppelabrechnung vorliege. Ein Fall des § 14c UStG liege damit nicht vor. Außerdem habe die GmbH aus der Rechnung vom 29. Juli 2020 den Vorsteuerabzug zwar insgesamt geltend gemacht, aber den auf die Stadt entfallenden Betrag weiterberechnet und als steuerpflichtigen Umsatz besteuert.

    Der gerichtliche Vergleichsbetrag (252.100,84 €) sei jedoch zu Recht unsaldiert in 2020 anzusetzen gewesen, da sich dies zwingend aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG bei späterer ganzer oder teilweiser Befriedigung ergebe.

    Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2023, die eingereichten Schriftsätze und auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen.

    II.

    Die Klage ist unbegründet. Die Umsatzsteuer war im Streitjahr nicht zu Gunsten der Klägerin zu berichtigen, da ihre Forderungen bereits zuvor uneinbringlich geworden waren. Das FA hat zudem zumindest im Ergebnis zu Recht Steuer in Höhe von 47.899 € aufgrund im Streitjahr in einer Rechnung unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer festgesetzt. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin aufgrund im Streitjahr vorzunehmender Berichtigung einer unberechtigt ausgewiesenen Steuer besteht nicht.

    1. Die Klägerin kann den aufgrund der Erschließungsarbeiten entstandenen Steuerbetrag im Streitjahr nicht mindern, da eine Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG bereits bei Uneinbringlichkeit der Entgeltforderungen in einem der Vorjahre zu erfolgen hatte.

    a) Im vorliegenden Fall war die Steuer für die Erschließungsarbeiten der Klägerin, die der Sollbesteuerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG unterlag, gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG mit der Leistungserbringung entstanden.

    b) Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG und damit um den im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung erhaltenen oder zu erhaltenden Gegenwert (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Dezember 2009 - V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869, Rn. 11). Wird dieses Entgelt uneinbringlich, ist der Steuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen.

    Im vorliegenden Fall bemisst sich die entstandene Steuer nach dem zwischen der Klägerin und der Stadt vereinbarten Entgelt. Auf die Rechnungstellung an die GmbH kommt es nicht an, da diese nicht zum Entstehen eines Leistungsaustauschverhältnisses führt.

    aa) Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine "Leistung gegen Entgelt" i.S. des § 10 UStG bzw. Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dieser unmittelbare Zusammenhang beruht regelmäßig auf dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2021 - XI R 15/19, BStBl II 2021, 729, Rn. 15f, m.w.N.).

    bb) Hier bestand ein vertragliches Schuldverhältnis allein zwischen der Klägerin und der Stadt, die den Auftrag erteilt hatte. Auch durch die Aufforderung, die Rechnungen z.T. an die GmbH zu richten, änderte sich dies nicht, denn dadurch erhielt die GmbH weder eigene Leistungsansprüche gegenüber der Klägerin (im Sinne eines Vertrags zu Gunsten Dritter) noch trat diese (teilweise) in den Vertrag ein. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass die Vertreter der Stadt die Leistungen abnahmen (vgl. Abnahmeprotokoll vom 24. Juni 2015) und die Klägerin in der Folge ausschließlich die Stadt zivilrechtlich in Anspruch nahm. Dass die Vertragsparteien die GmbH als außenstehende Dritte ansahen, ergibt sich auch aus dem in 2020 geschlossenen Vergleich, in dem ausdrücklich geregelt wurde, dass die Rechtsfolge der Anspruchsfreistellung im Sinne eines Vertrags zu Gunsten Dritter für die GmbH wirken solle.

    c) Das (aus Sicht des leistenden Unternehmers - hier der Klägerin) als Gegenleistung vereinbarte Entgelt wurde bereits vor 2020 uneinbringlich i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

    aa) Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden, kommt es gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer sinngemäßen Anwendung von § 17 Abs. 1 UStG. Aufgrund dieses Verweises hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Uneinbringlichkeit zu berichtigen.

    bb) Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL. Neben den Fällen der Annullierung, der Rückgängigmachung und der Auflösung wird danach auch bei einer vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder einem Preisnachlass nach der Bewirkung des Umsatzes die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist zur Gewährleistung der steuerlichen Neutralität als endgültige Besteuerungsgrundlage bei Lieferung eines Gegenstands nur die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung anzusehen. Entscheidend für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und damit auch für deren Änderung ist, dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (BFH-Urteil vom 16. Januar 2020 - V R 42/17, BStBl II 2020, 361, Rn. 23, m.w.N.).

    Die auf den Fall der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung beschränkte Abweichungsbefugnis der Mitgliedstaaten von diesem Grundsatz in Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL beruht auf der Erwägung, dass es unter bestimmten Umständen und aufgrund der Rechtslage in dem betreffenden Mitgliedstaat schwierig sein kann, nachzuprüfen, ob die Gegenleistung endgültig oder nur vorläufig nicht erbracht wurde (EuGH-Urteil ELVOSPOL vom 11. November 2021 - C-398/20, EU:C:2021:911, Rn. 27, m.w.N.). Eine Möglichkeit, der Unsicherheit über die Einbringung der geschuldeten Beträge entgegen zu wirken, besteht nach Auffassung des EuGH darin, dass die Verminderung zuerkannt wird, wenn der Steuerpflichtige eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Ausfall der Schuld darlegt, aber die Steuerbemessungsgrundlage heraufgesetzt werden kann, wenn die Zahlung dennoch erfolgen sollte (EuGH-Urteil ELVOSPOL vom 11. November 2021 - C-398/20, EU:C:2021:911, Rn. 30).

    Diesen Vorgaben entspricht die Regelung in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG und deren Auslegung durch die Rechtsprechung. Danach ist ein Entgelt uneinbringlich, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 2019 - XI R 19/16, BFH/NV 2019, 928, Rn. 21, m.w.N.). Das ist u.a. der Fall, wenn und ggf. soweit der Leistungsempfänger das Bestehen dieser Forderung substantiiert bestreitet bzw. eine erstellte Rechnung beanstandet und damit erklärt, dass er die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) nicht bezahlen werde (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 2012 - V R 49/10, BFH/NV 2012, 1665, Rn. 22, m.w.N.). Wurden solche Einwendungen erhoben und kommt es deswegen zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Minderung der Forderung im Rahmen eines Vergleichs, deutet dies auf die Uneinbringlichkeit im Zeitpunkt der Erhebung der Einwendungen hin (vgl. zur umgekehrten Schlussfolgerung: BFH-Urteil vom 10. Dezember 2020 - V R 7/20, BStBl II 2022, 528, Rn. 39).

    dd) Im Streitfall spricht viel dafür, dass die Forderung bereits in 2015 uneinbringlich war, da trotz erfolgter Abnahme ohne Mängelbeanstandungen (abgesehen von untergeordneten Restarbeiten) keine Zahlung auf die Forderung erfolgte, die Klägerin sich am 13. Juli 2015 gezwungen sah, ihre Forderung gerichtlich geltend zu machen, und die Leistungsempfängerin in ihrer Klageerwiderung bereits die Anspruchsgrundlage für die Forderung bestritt, wobei dies auch insofern substantiiert erfolgte, als die Beurteilung des Nachtragsangebots (und der entsprechenden Zusatzarbeiten) durch das Ingenieurbüro als unverständlich und dem Zeitdruck des Mitarbeiters geschuldet angezweifelt wurde.

    Jedenfalls war aber spätestens in 2017 auf absehbare Zeit nicht mit der Zahlung zu rechnen, als nach Ergehen des Grundurteils des Landgerichts Landshut die Stadt Rechtsmittel einlegte. Insbesondere lässt sich aus einem Klageverfahren über die streitige Forderung - unabhängig von der subjektiven Einschätzung der Erfolgsaussichten - in der Regel nicht die Vermutung herleiten, die Forderung werde im Zuge des Klageverfahrens beglichen werden (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2012 - V R 49/10, BFH/NV 2012, 1665, Rn. 25).

    Soweit die Klägerin zivilrechtlich nur ... € eingeklagt hat, aber bei Berechnung ihres Berichtigungsanspruchs von einer Gesamtforderung von ... € ausgeht, ist davon auszugehen, dass dieser in 2015 versteuerte Differenzbetrag aus weiteren nicht beglichenen Restforderungen gegenüber der Stadt als einzigem Auftraggeber der nur für dieses Projekt gegründeten Klägerin resultiert. Auch wenn diese weitere Forderung nicht explizit eingeklagt wurde, bestritt die Stadt jegliche Ansprüche aus dem Bauvorhaben. Insofern ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht dargelegt, dass die Klägerin seit 2015 bis zum Vergleich in 2020 davon ausgehen konnte, gerade diese Teilforderung auf absehbare Zeit durchsetzen zu können.

    ee) Dass die GmbH die ihr in Rechnung gestellten Beträge nicht beglich, aber auch nicht substantiiert bestritt, ist für das Vorliegen der Uneinbringlichkeit des zwischen der Klägerin und der Stadt vereinbarten Entgelts unerheblich. Abzustellen ist auf das aus Unternehmersicht bestehende Schuldverhältnis und den Empfänger der ausgeführten Leistungen (BFHUrteil vom 8. März 2012 - V R 49/10, BFH/NV 2012, 1665, Rn. 22) und nicht auf den Rechnungsadressaten. Leistungsempfängerin war die Stadt.

    aaa) Leistungsempfänger ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrundeliegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 29. September 2022 - V R 29/20, BFHE 278, 363, Rn. 39, vgl. auch EuGH-Urteil Fenix International vom 28. Februar 2023 - C-695/20, EU:C:2023:127, Rn. 72, m.w.N.), dies gilt jedenfalls soweit die tatsächliche Durchführung vom zugrundeliegenden Schuldverhältnis nicht abweicht (BFH-Urteile vom 20. Oktober 1994 - V R 96/92, BFH/NV 1995, 459, Rn. 10; und vom 18. September 2019 - XI R 19/17, BStBl II 2020, 172, Rn. 37). Nicht maßgeblich ist dagegen, wem die empfangene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist oder wer sie bezahlt hat (BFH-Urteile vom 31. Mai 2017 - XI R 40/14, BStBl II 2021, 828, Rn. 31; und vom 29. Januar 2014 - XI R 4/12, BFHE 244, 131, Rn. 37, m.w.N.), denn der Grundsatz der "wirtschaftlichen Zuordnung" von Umsätzen betrifft nur die Frage, welche Leistungen zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, bzw. die Abgrenzung zwischen unternehmerischem und nichtunternehmerischem Bereich des Leistungsempfängers (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1994 - V R 96/92, BFH/NV 1995, 459, Rn. 14, m.w.N.).

    bbb) Vertragspartner der Klägerin hinsichtlich der Erschließungsarbeiten war nur die Stadt (vgl. oben). Dieser gegenüber wurden die Leistungen auch tatsächlich erbracht, was sich bereits daraus ergibt, dass die Abnahme durch die Stadt erfolgte. Dass insbesondere die Kanalarbeiten möglicherweise von der GmbH verwendet wurden und ihr insofern ggfs. wirtschaftlich zuzuordnen sind, ist hinsichtlich der Bestimmung des Leistungsempfängers unerheblich.

    d) Da die Entgeltforderung damit bereits vor dem Streitjahr uneinbringlich war und die Berichtigungsvoraussetzungen vorlagen, kann die Umsatzsteuer nicht im Streitjahr berichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2012 - V R 49/10, BFH/NV 2012, 1665, Rn. 24) - auch wenn mit dem Vergleich die Voraussetzungen einer Verminderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG im gleichen Umfang vorliegen. Ein entsprechendes Wahlrecht besteht nicht.

    aa) Aufgrund des Verweises auf § 17 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Uneinbringlichkeit zu berichtigen (BFH-Beschluss vom 28. September 2022 - XI R 28/20, BStBl II 2023, 598, Rn. 29). Hierbei handelt es sich nicht um eine Berichtigungsmöglichkeit und damit um ein Wahlrecht des Unternehmers, sondern es besteht eine Verpflichtung zur Berichtigung im Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit (BFH-Beschluss vom 8. Mai 2020 - V B 95/18, BFH/NV 2020, 1102, Rn. 6, mit weiteren Ausführungen und Nachweisen).

    bb) Insoweit hat der BFH auch bereits entschieden, dass der Ausschluss einer späteren Geltendmachung der Umsatzsteuerberichtigung weder zu einem Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt noch das Neutralitätsprinzip die Zulassung einer späteren (nachträglichen) Umsatzsteuerberichtigung erfordere, da sowohl das materielle Recht als auch das Verfahrensrecht eine Berichtigung der Umsatzsteuer ausdrücklich vorsehen und damit sicherstellen, dass der Unternehmer grundsätzlich letztendlich nur mit der auf die vereinnahmten Entgelte entfallenden Steuer belastet wird (BFH-Beschluss vom 8. Mai 2020 - V B 95/18, BFH/NV 2020, 1102, Rn. 14 ff). Dass diese verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ihre Grenze bei Eintritt der Festsetzungsverjährung finden, ist unionsrechtskonform, da Ausschlussfristen für die Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage zulässig sind (vgl. EuGH-Beschluss FGSZ vom 3. März 2021 - C-507/20, EU:C:2021:157, Rn. 28).

    2. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich im Streitjahr auch nicht aufgrund einer Berichtigung der in den Rechnungen vom 31. März 2015 an die GmbH ausgewiesenen Steuer.

    a) Nach § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG kann der aufgrund eines unberechtigten Steuerausweises gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG geschuldete Steuerbetrag berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Hierfür stellt § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG darauf ab, dass ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages ist gemäß § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG eingetreten sind.

    Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 203 MwStSystRL, wonach die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Hierzu hat der EuGH entschieden, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, das Verfahren festzulegen, in dem zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, wobei diese Berichtigung nicht im Ermessen der Finanzverwaltung stehen darf (BFH-Beschluss vom 27. Juli 2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, Rn. 17, unter Hinweis auf das EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth und Strobel vom 19. September 2000 - C-454/98, EU:C:2000:469, Rn. 70).

    b) Mit den Rechnungen 05/003, 03/005 und 03/006 vom 31. März 2015 wurde Umsatzsteuer gegenüber der GmbH offen ausgewiesen, obwohl allein die Stadt Leistungsempfängerin war (vgl. oben). Damit handelte es sich bei der Steuer, die in den an die GmbH adressierten Rechnungen ausgewiesen wurde, um einen unberechtigten Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG (vgl. Finanzgericht - FG - Münster, Urteil vom 14. Februar 2017 - 15 K 2862/14 AO, EFG 2017, 620; von einer solchen ausgehend bei falschem Rechnungsempfänger auch BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2020 - XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459, Rn. 24).

    Ob etwas anderes gelten würde, wenn die Stadt und die GmbH aufgrund einer bestehenden Organschaft als ein Leistungsempfänger im Sinne von § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG angesehen werden könnten (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2010 - V R 7/10, BStBl. II 2011, 391, zur Frage der berechtigten Rechnungsstellung durch eine Organgesellschaft) kann hier genauso dahinstehen wie die Frage, ob eine Organgesellschaft aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest zum Vorsteuerabzug aus von ihr "verbrauchten" Leistungen berechtigt wäre (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14 Rn. 324), denn im vorliegenden Fall ist zwar davon auszugehen, dass die GmbH eine 100%ige Tochtergesellschaft der Stadt war. Dass zwischen beiden eine Organschaft bestand, ist jedoch nicht bekannt. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte, denn die Umsatzsteuerprüfung bei der GmbH hat einen Vorsteuerabzug bei der GmbH (und nicht einem Organträger) bestätigt. Die später erfolgte "Weiterberechnung" unter Ausweis von Umsatzsteuer zwischen der Stadt und der GmbH spricht jedenfalls auch nicht für eine bestehende Organschaft.

    c) Allerdings ist eine Berichtigung der nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Steuer - unabhängig davon, dass diese vom FA bisher nicht festgesetzt wurde, und auch eine Zustimmung des FA nicht vorliegt - jedenfalls nicht im Streitjahr durchzuführen.

    aa) Während es bei einer Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG erst im Zeitpunkt der Rechnungskorrektur (und Vorliegen der Rückzahlung des erhaltenen Umsatzsteuerbetrags) zu einer Berichtigung kommen kann, hat eine Berichtigung aufgrund Beseitigung der Gefährdungslage nach § 14c Abs. 2 UStG (unabhängig vom Zeitpunkt des Berichtigungsantrags bzw. der Zustimmung des Finanzamts, vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, Rn. 22) in dem Zeitpunkt zu erfolgen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist, auch wenn sich dadurch eine "Rückbeziehung" ergeben kann (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, Rn. 23).

    Die Gefährdung des Steueraufkommens in diesem Sinne ist erst dann beseitigt und entsprechend erst in diesem Zeitpunkt die Korrektur des geschuldeten Steuerbetrages vorzunehmen, wenn endgültig feststeht, dass jedwede Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist (BFH-Urteil vom 8. November 2016 - VII R 34/15, BStBl II 2017, 496, Rn. 17, m.w.N.; EuGH-Urteil Rusedespred vom 11. April 2013 - C-138/12, EU:C:2013:233, Rn. 33). Da § 14c Abs. 2 UStG seinem Wortlaut nach lediglich darauf abstellt, ob ein Vorsteuerabzug im Ergebnis nicht durchgeführt wurde, ist die Regelung unabhängig davon anwendbar, weshalb der Vorsteuerabzug letztlich nicht geltend gemacht werden konnte (BFH-Beschluss vom 3. November 2016 - V B 81/16, BFH/NV 2017, 330, Rn. 5).

    Zu welchem Zeitpunkt in Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug nicht in Anspruch genommen wurde, zu berichtigen ist, hat der BFH bisher ausdrücklich nicht entschieden (BFH-Beschluss vom 27. Juli 2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, Rn. 20). In Betracht kommt insofern der Zeitpunkt der Rechnungsausgabe, da die Steuer in diesem beim Rechnungsaussteller entstanden ist und eine konkrete Gefährdung mangels Vorsteuerabzug nicht bestanden haben könnte (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG; vgl. Abschn. 14c.2 Abs. 5 Satz 6 des UmsatzsteuerAnwendungserlasses - UStAE -; Leipold in Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rn. 377; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, UStG, §?14c Rn. 130). Allerdings könnte - zumindest, wenn es nicht zu einer Rechnungsberichtigung kommt - auch erst auf den Zeitpunkt abzustellen sein, in dem aufgrund Eintritt von Rechtskraft bzw. Festsetzungsverjährung eine Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus der Rechnung durch den Rechnungsempfänger endgültig ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2016 - VII R 34/15, BFHE 256, 6, BStBl II 2017, 496, Rn. 6 und 21), da bis dahin aufgrund des Rechtsscheins der Rechnung weiterhin eine abstrakte Gefährdungslage besteht.

    bb) Im vorliegenden Fall wurde der Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnungen, der GmbH, laut Auskunft des zuständigen Finanzamts nicht durchgeführt. Eine Berichtigung im Jahr der Rechnungsausgabe (2015) würde somit nicht das Streitjahr betreffen. Selbst wenn aber auf die Änderbarkeit der Steuerfestsetzung des Rechnungsempfängers abzustellen wäre, wäre im vorliegenden Fall zumindest während des Streitjahrs die Gefährdungslage noch nicht beseitigt gewesen, da Festsetzungsverjährung für die Steuerfestsetzung 2015 bei der GmbH erst mit Ablauf des 31. Dezember 2020 eingetreten ist.

    3. Die Festsetzung eines Steuerbetrages i.H.v. 47.899 € erfolgte im Streitjahr im Ergebnis zu Recht, da die Klägerin diesen nach § 14c UStG aufgrund des Steuerausweises in der Rechnung vom 29. Juli 2020 an die GmbH schuldet.

    a) Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG).

    Beide Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 203 MwStSystRL, wonach die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Damit soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann (vgl. EuGH-Urteil Raiffeisen Leasing vom 29. September 2022 - C-235/21, EU:C:2022:739, Rn. 36, m.w.N.). Dementsprechend kommt es auf die Gutgläubigkeit beim Steuerausweis nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 2019 - V R 68/17, BStBl II 2020, 65, Rn. 15).

    b) Das von der Klägerin unter dem Datum 29. Juli 2020 ausgestellte Dokument ist eine Rechnung i.S.v. § 14c UStG.

    aa) Nach § 14 Abs. 4 UStG muss eine Rechnung u.a. grundsätzlich den Umfang und die Art der sonstigen Leistung sowie den (auf das Entgelt entfallenden) Steuerbetrag enthalten. Der Steuerbetrag muss ein Geldbetrag sein, der als Steuerbetrag gekennzeichnet ist (BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 - XI R 5/18, BStBl II 2023, 521, Rn. 24, m.w.N.). Angaben ausschließlich über den Zahlungsverkehr zwischen zwei Parteien und damit nicht über die Abrechnung von Leistungen, begründen das Vorliegen einer Rechnung i.S. des § 14c UStG nicht (BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 - XI R 5/18, BStBl II 2023, 521, Rn. 32; Abschn 14.1 Abs. 1 Satz 4 UStAE).

    Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 226 MwStSystRL, wonach eine Rechnung u.a. Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen sowie den zu entrichtenden Mehrwertsteuerbetrag enthalten muss. Die Angaben, die eine Rechnung nach Art. 226 MwStSystRL enthalten muss, sollen es den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und gegebenenfalls das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren (EuGH-Urteil Raiffeisen Leasing vom 29. September 2022 - C-235/21, EU:C:2022:739, Rn. 37, m.w.N.).

    bb) Ob diese Angaben in einer Rechnung unzutreffend sind, bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Daher sind - wie bei der Prüfung, ob eine Rechnung hinreichende Angaben enthält, die zum Vorsteuerabzug berechtigen - auch im Anwendungsbereich des § 14c UStG Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 - XI R 5/18, BStBl II 2023, 521, Rn. 27, m.w.N.). Denn die Gefährdung des Steueraufkommens lässt sich vermeiden, wenn die Steuerverwaltung über die Angaben verfügt, die erforderlich sind, um festzustellen, ob die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind, und zwar unabhängig davon, ob die Mehrwertsteuer in einem als "Rechnung" bezeichneten Dokument oder in einem anderen Dokument, wie etwa einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, ausgewiesen wurde (vgl. EuGH-Urteil Raiffeisen Leasing vom 29. September 2022 - C-235/21, EU:C:2022:739, Rn. 41).

    Im Ergebnis ist somit bei der Prüfung, ob eine Rechnung i.S. des § 14c UStG vorliegt, anhand des vorliegenden "Rechnungsdokuments" sowie der darin in Bezug genommenen Dokumente zu beurteilen, ob diese tatsächlich die Angaben enthalten, die im konkreten Fall erforderlich sind, damit die Steuerverwaltung feststellen kann, ob die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil Raiffeisen Leasing vom 29. September 2022 - C-235/21, EU:C:2022:739, Rn. 44). Aufgrund des Zwecks, eine Gefährdung des Steueraufkommens zu vermeiden, gilt dies sowohl zu Gunsten des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 - XI R 5/18, BStBl II 2023, 521, Rn. 28), wie zu seinen Lasten.

    cc) Im vorliegenden Fall sind diese Rechnungsvoraussetzungen des § 14c UStG erfüllt.

    Das mit "Rechnung" überschriebene Dokument, datiert auf den 29. Juli 2020, weist die Klägerin als Leistende und Rechnungsausstellerin aus, und die GmbH als Leistungsempfängerin und Rechnungsadressatin. Bezug genommen wird auf das Bauvorhaben Erschließungsarbeiten Baugebiet "B Straße" in A. Als "Leistungsdatum" wird der 31. Dezember 2014 genannt. Das Bruttoentgelt wird mit ... € angegeben und eine Umsatzsteuer i.H.v. ... € ausgewiesen.

    Zur Leistungsbeschreibung wird auf den Vergleich vom 17. Juni 2020 vor dem OLG C Bezug genommen und ausgeführt: "Die Klägerin stellt der GmbH eine Rechnung über ... € zuzüglich Mehrwertsteuer als Schlusszahlung für Erschließungsarbeiten Baugebiet "B Straße" in A gemäß Vergleich vor dem Oberlandesgericht C im Verfahren 13 U 3651/17 vom 17. Juni 2020." Diese Formulierung entspricht der in Ziff. 2 des Vergleichs enthaltenen Vereinbarung, wonach die Klägerin die entsprechende Rechnung zu stellen habe, um die unter Ziff. 1 geregelte Zahlung der Stadt zu erhalten.

    Somit ergibt sich aus dem vorgelegten "Rechnungsdokument", dass eine Schlussabrechnung über Leistungen (Erschließungsarbeiten) in 2014 an die GmbH vorgenommen werden soll. Auch bei Berücksichtigung des Vergleichscharakters (vgl. Anspruchsfreistellung in Ziff. 3 des Vergleichs) des in Bezug genommenen Dokuments ergibt sich kein Hinweis auf eine bloße Entgeltminderung oder darauf, dass es sich lediglich um eine Aufstellung gegenseitiger Zahlungen bzw. Forderungen handeln sollte. Selbst die Zahlungspflicht der Stadt an die Klägerin (Ziff. 1 des Vergleichs) entspricht der Regelung einer Entgeltzahlung durch einen Dritten. Damit ergaben sich aus den vorliegenden Dokumenten alle Angaben, die auf das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei der GmbH hinwiesen. Auch der Umstand, dass eine Anspruchsfreistellung vereinbart wurde, entspricht dem befriedenden Charakter eines Vergleichs, steht aber grundsätzlich nicht einer abschließenden Abrechnung entgegen, denn ein Vergleich über gegenseitige Forderungen setzt nicht voraus, dass über diese bereits zuvor abgerechnet wurde.

    dd) Insbesondere ist aus dem protokollierten Vergleich in Verbindung mit der Rechnung vom 29. Juli 2020 nicht ersichtlich, dass hiermit bereits ausgestellte Rechnungen aus 2015 storniert oder korrigiert werden sollen. Insofern fehlt jegliche Bezugnahme auf andere Rechnungen. Selbst der im Protokoll bezeichnete Streitgegenstand lautet lediglich auf "Forderung". Selbst wenn sich die am Vergleich beteiligten Parteien einig gewesen sein sollten, dass insofern eine Rechnungskorrektur durch Stornierung der ursprünglichen Rechnungen aus 2015 und Erstellung einer neuen Rechnung vorgenommen werden sollte, führt dies nicht zum Wegfall der abstrakten Gefährdung des Steueraufkommens, da dies nach außen nicht erkennbar war.

    Auch ein Fall der mehrfachen (identischen) Ausfertigung einer Rechnung über dieselbe Leistung, in welchem - zumindest bei Hinweis auf das Vorliegen eines Duplikats - keine Steuerschuld nach § 14c UStG begründet würde (Abschn. 14?c.1 Abs. 4 Satz 3 UStAE), liegt hier offensichtlich nicht vor.

    c) Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob es sich bei der zum Teil mehrfach abgerechneten Leistung - den Erschließungsarbeiten im Rahmen des Bauvorhabens - um eine zu hoch ausgewiesene Steuer (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) oder - da der zweiten Rechnung keine (weitere) erbrachte Leistung zu Grunde lag - um einen unberechtigten Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG) handelt (vgl. dazu mit weiteren Nachweisen: Leipold in Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rn. 46, 47), denn in jedem Fall sind die Voraussetzungen eines unberechtigten Steuerausweises deswegen erfüllt, da die Rechnung an die GmbH gerichtet war, die nicht Leistungsempfängerin der Erschließungsarbeiten war (vgl. oben).

    Insbesondere ist die GmbH nicht durch Aufnahme in den Vergleich nachträglich Leistungsempfängerin i.S. des Umsatzsteuerrechts geworden. Zwar wurde sie - obwohl nicht Beteiligte des Zivilrechtsstreits - ausdrücklich im Rahmen eines Vertrags zu Gunsten Dritter von etwaigen Ansprüchen der Klägerin freigestellt und die Stadt verzichtete gleichermaßen auf etwaige Ansprüche der GmbH gegenüber der Klägerin. Diese Regelungen bezog sich jedoch zum einen ersichtlich nicht auf Ansprüche bezüglich der Erbringung von Lieferungen oder sonstigen Leistungen. Zum anderen sollte damit nicht nachträglich der umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfänger der bereits abgeschlossenen und erbrachten Erschließungsarbeiten ausgetauscht werden. Letzteres wäre auch nicht möglich. Eine zivilrechtliche Vertragsübernahme mit der Folge eines umsatzsteuerrechtlich anzuerkennenden Wechsels in der Person des Leistungsempfängers ist nach der Rechtsprechung des BFH zwar bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und damit der Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG anzuerkennen (BFH-Urteil vom 29. September 2022 - V R 29/20, BFHE 278, 363, Rn. 39). Nach diesem Zeitpunkt ist aber nicht nur die Steuer in der Person des Leistungserbringers, sondern auch der Vorsteueranspruch (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) in der Person des Leistungsempfängers bereits entstanden. Maßgebend sind insofern die Vertragsverhältnisse im Zeitpunkt der Leistungsausführung (vgl. BFH-Urteile vom 12. Februar 2020 - XI R 24/18, BFHE 268, 351, Rn. 58; und vom 11. März 2020 - XI R 38/18, BFHE 268, 376, Rn. 52). Das Abrechnungspapier ist nur ein Beweisanzeichen (Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1 Rn. 160). Eine spätere "Auswechslung" allein aufgrund zivilrechtlicher Abreden widerspricht dem Grundsatz des Umsatzsteuerrechts, dass der Besteuerung die tatsächlichen Vorgänge zu Grunde legt (vgl. EuGH-Urteil Newey vom 20. Juni 2013 - C-653/11, EU:C:2013:409, Rn. 42).

    4. Der nach § 14c UStG geschuldete Steuerbetrag kann auch nicht im Streitjahr berichtigt werden, denn die Korrekturvoraussetzungen einer unberechtigt ausgewiesenen Steuer (vgl. oben) liegen nicht vor.

    a) Hat der unberechtigte Steuerausweis als Vorsteuerabzug Eingang in eine für den Rechnungsempfänger vorliegende Steuerfestsetzung gefunden, ist die Berichtigung des sich aus dem unberechtigten Steuerausweis ergebenden Steuerbetrages für den Zeitraum der Rückzahlung der Vorsteuer durch den Rechnungsempfänger an sein Finanzamt vorzunehmen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. August 2021 - V R 38/20, BFH/NV 2022, 146, Rn. 17; und vom 27. Juli 2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, Rn. 20).

    b) Im vorliegenden Fall hat die GmbH die in der 2020 ausgestellten Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht und diese auch bisher nicht an das FA zurückgezahlt, so dass sich eine Gefährdung des Steueraufkommens verwirklicht hat und noch nicht wieder - jedenfalls nicht im Streitzeitraum - beseitigt wurde. Daran ändert auch die "Weiterberechnung" an die Stadt mit Ausweis und Abführung von Umsatzsteuer nichts, da es sich hierbei um einen weiteren - möglicherweise abermals die Voraussetzungen des § 14c UStG erfüllenden und damit korrigierbaren - Vorgang handelt, der nicht im Rahmen einer "Gesamtbetrachtung" bei Beurteilung, ob das Steueraufkommen durch einen Steuerausweis i.S. des § 14c UStG gefährdet ist, zu berücksichtigen ist.

    5. Auf die von den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob auch § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG Rechtsgrundlage für die Steuerfestsetzung i.H.v. 47.899 € sein konnte, obwohl es an einer "ersten" Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG fehlt, kommt es für die Entscheidung somit nicht an.

    6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

    7. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents