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  • 20.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122692

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 26.01.2012 – 10 K 235/10

    Erwirbt der Steuerpflichtige zu einem Kaufpreis von 107.000 ein MFH, bei dem ein Anteil von 36.600 auf das Gebäude entfällt und tätigt er im unmittelbaren Anschluss an den Erwerb Sanierungsaufwendungen von insgesamt 259.871 , die in den Bereichen Fenster, Elektro, Sanitär und Heizung jeweils einen Standardsprung zur Folge haben, sind diese Aufwendungen als Herstellungskosten zu qualifizieren.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 26.01.2012 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen auf ein vermietetes Wohngebäude zu sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen geführt haben oder als Herstellungskosten nur über Absetzungen für Abnutzung zu berücksichtigen sind.
    Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 19.07.2002 die Mehrfamilienhäuser A-Straße/B-Straße (Baujahr 1958) sowie sieben Wellblechgaragen zum Kaufpreis von 107.000,– EUR. Von dem Kaufpreis entfallen nach Angaben der Klägerin, die der Beklagte übernommen hat, 67,2% auf den Grund und Boden und 32,8% auf die Gebäude (= ca. 36.600 EUR). In der Einkommensteuererklärung erklärte sie aus diesen Objekten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtungen in Höhe von 9.849,– EUR sowie Werbungskosten in Höhe von 167.894,– EUR. Hierin enthalten waren 157.731,– direkt abgezogene Erhaltungsaufwendungen und die Abschreibungsbemessungsgrundlage erhöhende Bauaufwendungen in Höhe von 122.136,– EUR. Die gesamten Aufwendungen für die unmittelbar im Anschluss an den Erwerb vorgenommenen Baumaßnahmen betrugen 259.871,27 EUR.
    Die Gebäude waren vor der Instandsetzung zum Teil vermietet. Über den Zustand der Gebäude vor den Instandsetzungsarbeiten führt das Gutachten des Dipl.-Ing. C u.a. aus:
    „Elektro- und Sanitärinstallation, Heizung und Warmwasserversorgung

    Elektroinstallation:einfache Ausstattung, technisch überaltert, teilweise auf Putz verlegt; Klingelanlage
    Heizung:Einzelöfen, Mehrraum-Warmluft-Kachelofen, mit festen Brennstoffen (Kohle);
    MFH Weltstraße:zwei Wohnungen mit je einer Gas- und Kohleetagenheizung (einfache Stahlradiatoren).
    Warmwasserversorgung:überwiegend, Boiler (elektro)
    Sanitäre Installation:einfache Wasser- und Abwasserinstallation, Aufputz
    Bad:freistehende Wanne, WC, Waschbecken; überalterte Ausstattung und Qualität
    Küchenausstattung:Kohlebeistellherd; Wasserzapfstelle
    Allgemeinbeurteilung
    Die 1958 errichteten Mehrfamilienhäuser sind mit den damals zur Verfügung stehenden Materialien und einfacher Ausstattung wie Holzkastenfenster, Einzelofenheizung auf Kohlebasis, im Bad freistehender Wanne und Kohlebadeofen, in der Küche mit Kohlebeistellherd und Wasserzapfstelle kalt versehen. … Damit sind die MFH nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Die Tragekonstruktion ist noch stabil, der Wohnungszustand entspricht noch heutigen Ansprüchen, das Grundstück ist in einer ansprechenden Umgebung gelegen. Das sind grundlegende Voraussetzungen für eine gute Vermietbarkeit nach einer Komplettsanierung der Wohngebäude.”
    Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
    Die Klägerin ließ im Anschluss an den Erwerb folgende Arbeiten ausführen:
    Das Dach wurde instandgesetzt. Im Sanitärbereich wurden die vorhandenen Sanitäranlagen demontiert, entsorgt und neue Sanitäreinrichtungen installiert. In Küchen und Bädern wurden Fliesen und Putz abgehackt, entsorgt, Wand und Boden abgedichtet und neu gefliest. Türen und Fenster wurden komplett durch neue ersetzt. Die vorhandene Elektroinstallation wurde dem heutigen Wohnanspruch angepasst. Die Kelleraußenwand wurde trockengelegt und Sanierputz im Außen- und Innenbereich aufgetragen. Ofenheizung wurde durch Gaszentralheizung ersetzt. Balkone wurden neu angebaut. Wegen der Aufwendungen im Einzelnen wird auf die Aufstellungen vom 28.04.2003 (Blatt 10 und 11 der Gerichtsakten 10 K 2007/04) sowie die Kostenvoranschläge/Rechnungen (in der Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen.
    Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid vom 05.08.2003 die Bauaufwendungen insgesamt als nachträgliche Herstellungskosten.
    Die Kläger legten rechtzeitig gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens beantragten sie, die Bauaufwendungen entgegen der ursprünglichen Aufteilung insgesamt den direkt abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen zuzuordnen. Der Beklagte folgte dem Einspruch teilweise und erkannte direkt abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 87.045,– EUR an. Die Abschreibungsbemessungsgrundlage reduzierte sich entsprechend. In dem Änderungsbescheid vom 10. Februar 2004 wurde daraufhin die Einkommensteuer auf 0,– EUR festgesetzt.
    Gleichzeitig erging der Bescheid, dass kein verbleibender Verlustabzug zum 31. Dezember 2002 festzustellen sei.
    Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und beantragten erneut, die Bauaufwendungen insgesamt den direkt abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen zuzuordnen und einen entsprechenden Verlustfeststellungsbescheid zu erlassen.
    Diesen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2004 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
    Die hiergegen erhobene Klage hat der erkennende Senat mit Urteil vom 17.4.2008 10 K 2007/04 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bundesfinanzhof hat dieses Urteil mit Urteil vom 22.9.2009 IX R 21/08 aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
    Die Kläger tragen vor:
    Sanierungsaufwendungen seien für alle vier Bereiche, die der Bundesfinanzhof in seiner seit dem Urteil vom 12. September 2001 geänderten Rechtsprechung als Gebrauchswert bestimmend ansieht, durchgeführt worden. Der Beklagte gehe davon aus, dass in drei der vier Zentralbereiche ein sog. Standardsprung eingetreten sei und behandele die Kosten der Sanierung deshalb zum Teil als Herstellungskosten.
    Hinsichtlich des Zentralbereichs „Fenster” bestehe Einigkeit (die der Beklagte bestreitet), dass diese im ursprünglichen und im sanierten Zustand einen mittleren Standard aufwiesen bzw. aufweisen.
    Soweit die Finanzverwaltung in der Einspruchsentscheidung davon ausgehe, dass die Einordnung der Zentralbereiche „Heizungs- und Elektroinstallation” in den sehr einfachen Standard unstreitig sei, treffe dies nicht zu, darauf werde aber nicht eingegangen.
    Uneinigkeit bestehe im Besonderen über die Einordnung der Baumaßnahmen zur Sanitärinstallation. Das Bundesministerium für Finanzen habe in dem Schreiben vom 18.07.2003 dargestellt, dass „sehr einfacher Standard” vorliege, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale im Zeitpunkt der Anschaffung nur in nötigem Umfang oder technisch überholtem Zustand vorhanden seien. Für die Sanitärinstallation solle ein sehr einfacher Standard nur vorliegen, wenn das Bad kein Handwaschbecken besitze, keine Entlüftung im Bad vorhanden sei, die Badewanne oder Verblendung frei stehe, die Wände nicht überwiegend gefliest seien oder lediglich ein Badeofen vorhanden sei. Aus den dem Beklagten überlassenen Originalbildern von Badezimmern im Ursprungszustand sei ersichtlich, dass sowohl Waschbecken vorhanden, Badewannen abgemauert und verfliest, die Wände bis über die Hälfte ihrer Flächen gefliest und Belüftungen in Form von Fenstern in den Badezimmern vorhanden gewesen seien. Diese Ausstattungsmerkmale seien in zeitgemäßer Form ersetzt worden.
    Die Kläger beantragen,
    den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 5. März 2004 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 19. März 2004 zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2002 mit der Maßgabe festzustellen, dass die gesamten Aufwendungen in Höhe von 259.871 EUR als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen behandelt werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Ergänzend zur Einspruchsentscheidung führt er aus:
    Entgegen der Auffassung der Kläger bestehe keine Einigkeit hinsichtlich der Zuordnung der Fenster in den mittleren Standardbereich. Die Fenster seien dem einfachen Standard zuzuordnen. Wegen der Besonderheit der Kastenkonstruktion sei von der Annahme eines sehr einfachen Standards abgesehen worden.
    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
    Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, einen vortragsfähigen Verlust nach § 10 d EStG festzustellen.
    Der Bundesfinanzhof hat in dem zurückverweisenden Urteil ausgeführt:
    „Übliche Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, also die bloße Instandsetzung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, sind in der Regel sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen (Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 EStG). Indes können solche Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zu einer wesentlichen Verbesserung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, wenn dadurch der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand, d.h. hier dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs, deutlich erhöht wird (…). Das ist der Fall, wenn die Maßnahmen bei mindestens drei der Kern-Bereiche (Heizung, Sanitär, Elektro und Fenster) jeweils zu einer Standarderhöhung geführt haben (…). … Ob die streitigen Maßnahmen als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, hat das FG als Tatsacheninstanz anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei ist zunächst zu ermitteln, welchem Standard (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll) die Kernbereiche im „ursprünglichen Zustand” im Sinne von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entsprachen. Für diese Beurteilung sind die Maßstäbe zugrunde zu legen, die zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Gebäude im ursprünglichen Zustand befand, allgemein üblich waren (…). Im Streitfall ist das der Zeitpunkt des Erwerbs, also das Jahr 2002, nicht das Baujahr 1958 …”.
    Unter Berücksichtigung dieses Urteils (siehe hierzu auch grundsätzlich Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.09.2001 IX R 39/97, BStBl II 2003, 569) kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass es in allen vier Kernbereichen zu einem Standardsprung gekommen ist, so dass die Aufwendungen als Herstellungskosten zu beurteilen sind:
    1. Fenster
    Nach dem Gutachten handelte es sich bei den Fenstern um „Kastenfenster aus Holz, Fensterbänke innen aus Holz; Fensterbänke außen aus Kunststein”.
    Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei dieser Ausführung und fehlender Isolierung um einfachsten Standard. Im Jahre 2002 entsprachen nichtisolierverglaste Fenster keinesfalls mehr mittleren Standard. Eingebaut wurden sodann Kunststofffenster im Profil KBE in erstklassiger Verarbeitung, Einhand-Dreh-Kippbedienung und ISO-Verglasung 1,3kW. Hierbei handelte es sich zumindest um mittleren Standard.
    2. Elektro
    Aus dem Gutachten ergibt sich, dass die Elektroinstallation eine einfache Ausstattung darstellte, technisch überaltert, teilweise auf Putz verlegt war. Aus dem Gutachten ergibt sich somit ein einfacher Standard der Elektroanlage. Aus der Rechnung ergibt sich, dass jetzt zumindest ein mittlerer Standard vorhanden ist. Es ist zu einer Kapazitätserweiterung durch fünfadrige Herdleitungen und einen Kilometer verlegte Leitungen gekommen. Außerdem wurden moderne Sicherungskästen mit zusätzlichen Automateneingebaut, die erst eine reibungslose Stromversorgung ermöglichen.
    3. Sanitär
    Nach dem Gutachten lag eine einfache Wasser- und Abwasserinstallation, Aufputz vor. Die Badewannen wurden über Kohlebadeöfen mit Warmwasser versorgt. Dies war in 2002 noch nicht einmal mehr einfachster Standard. Nach den Umbauarbeiten geht der Senat davon aus, dass die Warmwasserbereitung für die Badewannen über die Zentralheizung läuft. In den Rechnungen sind keine Elektrodurchlauferhitzer für die Badewannen aufgeführt, die nunmehr über den Gas-Heizkessel im Keller beheizt werden. Die Toiletten wurden über oben an der Wand hängende Spülkästen mit Wasser versorgt. Eingebaut wurde nunmehr Wand-, Tiefspül-, WCs aus Porzellan mit Wandeinbau-Spülkästen oder Wandeinbau-Druckspüler. Damit liegt ein Standardsprung auf zumindest mittleren Standard vor. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Warmwasserbereitung zum Sanitärbereich und nicht zur Heizung gehört. Dies ist allgemein üblich und dem Senat aus eigener Kenntnis bekannt.
    4. Heizung
    Ursprünglich waren Einzelöfen, Mehrraum-Warmluft-Kachelöfen mit festen Brennstoffen (Kohle) bzw. eine Etagenheizung auf Kohlebasis vorhanden. Das Mehrfamilienhaus A-Straße enthielt in zwei Wohnungen jeweils eine Gas- und Kohleetagenheizung (einfache Stahlradiatoren). Nach den Sanierungsmaßnahmen gibt es jetzt in beiden Häusern eine Gaszentralheizung. Dies stellt einen Standardsprung vom einfachsten auf mittleren Standard dar, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da er die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übernimmt und auf einen Einzelfall anwendet.

    VorschriftenEStG § 9, HGB § 255, EStG § 7

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