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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Die richtige „Exitstrategie“: Elegante Lösung zur Beendigung einer Betriebsaufspaltung

    von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

    | Es kommt immer wieder vor, dass Mandanten im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück an die Betriebs-GmbH verpachtet haben, dieses Grundstück aber später ins Privatvermögen überführen wollen, weil es dem Gewerbebetrieb nicht mehr dienen muss. Natürlich sollen dabei möglichst keine stillen Reserven aufgedeckt werden. Zumindest sollen diese bei der Aufdeckung steuerbegünstigt sein. Nachfolgend wird eine Lösung aufgezeigt, um eine steuerbegünstigte Entnahme zu erreichen. |

    1. Sachverhalt

    Ein Einzelhändler hat sich entschieden, sein Ladengeschäft in Innenstadtlage aufzugeben und sich stattdessen voll und ganz auf seinen Online-Handel zu konzentrieren. Dazu benötigt er das betriebliche Grundstück nicht mehr, das sich seit vielen Jahren in seinem Besitz befindet. Vielmehr mietet er lediglich Lagerräume in einer Randlage an; das bislang genutzte Ladenlokal soll an einen anderen Unternehmer verpachtet werden. Der Einzelhandel wurde als GmbH betrieben; auch das Online-Geschäft soll als GmbH fortgeführt werden. Das Betriebsgrundstück wurde von dem Einzelhändler an die GmbH verpachtet, sodass sich sowohl die Immobilie als auch die GmbH-Anteile aufgrund der Betriebsaufspaltung im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens befinden. Neben dem Grundstück sind keine weiteren wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden.

     

    Der Einzelhändler ist 60 Jahre alt. Er fragt seinen steuerlichen Berater, wie das Betriebsgrundstück möglichst steuergünstig aus dem Betriebsvermögen entnommen und damit auch die Betriebsaufspaltung beendet werden kann. Das Betriebsgrundstück und die GmbH-Beteiligung enthalten stille Reserven von jeweils rund 500.000 EUR. Der Steuerpflichtige geht davon aus, dass die Immobilie weiter im Wert steigen wird. Die stillen Reserven der GmbH-Beteiligung möchte er nicht aufdecken.

    2. Variante 1: Entnahme ohne weitere Gestaltung

    Zunächst ist zu prüfen, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn der Steuerpflichtige die Vermietung an die GmbH beendet und das Grundstück ohne weitere Gestaltung ins Privatvermögen überführt bzw. überführen muss. Die Lösung ist jedoch ernüchternd: Die Betriebsaufspaltung wird beendet, weil keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr an die Betriebs-GmbH überlassen wird. Folglich sind sowohl die im Grund und Boden als auch die in den GmbH-Anteilen enthaltenen stillen Reserven in einem Zuge aufzudecken. Da der Steuerpflichtige bereits 60 Jahre alt ist, wäre der Aufgabegewinn, der auf das Grundstück entfällt, zwar tarifbegünstigt zu versteuern. Allerdings wäre auch die Entnahme der GmbH-Beteiligung zu versteuern, und zwar nach dem Teileinkünfteverfahren.

     

    PRAXISHINWEIS | Da GmbH-Beteiligungen oftmals nur mit Anschaffungskosten von 25.000 EUR bilanziert sind, haben sich hier regelmäßig hohe stille Reserven gebildet (im Beispielsfall 500.000 EUR). Dass die Beteiligung nach der Entnahme gemäß § 17 EStG weiter steuerverstrickt ist, hindert die Besteuerung der Entnahme nicht (vgl. BFH 13.4.10, IX R 22/09). Variante 1 ist daher wenig attraktiv.

     

    3. Variante 2: Einbringung in eine GmbH & Co. KG

    Üblicherweise haben Steuerpflichtige ein hohes Interesse daran, die stillen Reserven gerade nicht aufzudecken. Insofern lautet der Rat meist, man möge die wesentlichen Grundlagen des Besitzunternehmens in eine GmbH & Co. KG einbringen, damit diese dauerhaft steuerverstrickt sind und bei einer ungewollten Beendigung der Betriebsaufspaltung keine Aufdeckung der stillen Reserven droht.

     

    Sicherlich ist dieser Rat auch in den meisten Fällen richtig. Allerdings sollte man bedenken, dass eine spätere Veräußerung des Grundstücks ‒ z. B. durch die Erben ‒ dann stets steuerpflichtig sein wird. Bei den derzeitigen Wertsteigerungen kann es daher durchaus angezeigt sein, Grundstücke heute zu entnehmen, um sie später steuerfrei veräußern zu können. Daher soll die Einbringung in eine GmbH & Co. KG hier auch nicht weiter untersucht werden.

     

    Beachten Sie | Für erbschaftsteuerliche Zwecke wird es aufgrund der stark eingeschränkten Begünstigung von Verwaltungsvermögen höchstwahrscheinlich keinen Unterschied machen, ob sich das Grundstück im Privat- oder im Betriebsvermögen befindet. Im Einzelfall wären die möglichen Auswirkungen aber zu prüfen.

    4. Variante 3: Schaffung von zwei Teilbetrieben

    Um das Ziel der steuerbegünstigten Entnahme des Betriebsgrundstücks zu erreichen, kann sich folgende Gestaltung anbieten: Der Steuerpflichtige gründet eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Gesellschafter er wird. Die Beteiligung an der Betriebs-GmbH bringt er anschließend gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 EStG (nicht Abs. 3; siehe BFH 20.7.05, X R 22/02) zum Buchwert in sein Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG ein. Das Betriebsgrundstück überführt er zeitgleich ins Privatvermögen, und zwar zum ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG.

     

    Was ist geschehen? Zunächst einmal hat der Steuerpflichtige mit der GmbH-Beteiligung ein Wirtschaftsgut steuerneutral in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Übrig geblieben ist das entnommene Grundstück. Für Zwecke der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns gilt eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als ‒ fiktiver ‒ Teilbetrieb (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Damit ist das Grundstück ein zweiter Teilbetrieb, und ebendieser wird tarifbegünstigt entnommen.

     

    Dass ein einzelnes Grundstück ein Teilbetrieb ist, ist rein praktisch zwar eher unwahrscheinlich. Allerdings hilft hier die BFH-Rechtsprechung weiter:

     

    Wenn der Gesetzgeber mit der GmbH-Beteiligung einen Teilbetrieb fingiert, muss es denklogisch einen zweiten Teilbetrieb geben. Und das wiederum kann im Streitfall nur das Betriebsgrundstück sein (BFH 28.5.15, IV R 26/12, BStBl II 15, 797). Der BFH führt weiter aus: Für die Tarifbegünstigung darf es keinen Unterschied machen, welcher der beiden Teilbetriebe zuerst veräußert oder aufgegeben wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe ist weder Gestaltungsmissbrauch noch ein Gesamtplan anzunehmen. Mithin ist die Aufgabe oder Veräußerung eines Teilbetriebs nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 u. Abs. 3 EStG tarifbegünstigt.

     

    Es stellt sich schon aus Kostengründen die Frage, ob der „Umweg“ über die Einbringung der GmbH-Beteiligung in die GmbH & Co. KG überhaupt erforderlich ist. Das BFH-Urteil könnte auch zu dem Gedanken verleiten, die Beteiligung müsse gar nicht erst in ein anderes Betriebsvermögen überführt werden. Vielmehr könnte das Grundstück auch allein als fingierter Teilbetrieb steuerbegünstigt ins Privatvermögen überführt werden und die GmbH-Beteiligung bliebe als gewillkürtes Betriebsvermögen im Einzelunternehmen enthalten.

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | M. E. wäre das durchaus zulässig. Im Zuge einer Abwehrberatung sollte bei einer ungewollten Beendigung einer Betriebsaufspaltung durchaus in dieser Richtung argumentiert werden. Im Rahmen der Gestaltungsberatung ist das Terrain aber sicherer, wenn man sich an den vom BFH entschiedenen Sachverhalt anlehnt. Ggf. wäre nach einer gewissen Schamfrist zu überlegen, ob eine Verschmelzung der GmbH & Co. KG mit der GmbH sinnvoll ist.

     

    5. Beachtung von Sperrfristen

    Sofern das Grundstück später aus dem Privatvermögen heraus veräußert werden soll, ist § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu beachten. Das heißt, die Überführung des Grundstücks ins Privatvermögen ist als Anschaffungsvorgang zu werten, der die 10-Jahresfrist in Gang setzt. Bei einer eventuellen Veräußerung innerhalb der Frist wäre allerdings der Entnahmewert als Anschaffungskosten anzusetzen, sodass sich die Steuerbelastung in Grenzen halten dürfte.

     

    Schwieriger ist zu beurteilen, ob hinsichtlich der GmbH-Beteiligung die dreijährige Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG gilt. Hierzu hat jedoch der BFH entschieden, dass eine Sperrfrist bei einer Einmann-GmbH & Co. KG sinnwidrig sei (BFH 31.7.13, I R 44/12; BFH 26.6.14, IV R 31/12). Im Originaltext heißt es: „Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht (Situation der sog. Einmann-GmbH & Co. KG), so wird die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die KG ‒ bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen ‒ das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist.“ Insoweit kann also Entwarnung gegeben werden. Letztlich ist in umsatzsteuerlicher Sicht selbstverständlich noch § 15a UStG zu prüfen. Denn die Nutzungsänderung des Betriebsgrundstücks kann zu einer Vorsteuerberichtigung führen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 331 | ID 44672423

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