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  • · Fachbeitrag · Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

    Steuerliche Besonderheiten bei der Veräußerung und Aufgabe eines Mitunternehmeranteils

    von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehört zu den begünstigt zu besteuernden Veräußerungsgewinnen auch der Gewinn aus der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils. Wird nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils veräußert, führt dies stets zur Realisierung von laufendem Gewinn (§ 16 Abs. 1 S. 2 EStG). Dabei ist die positive Ergänzungsbilanz oder -rechnung korrespondierend in Höhe des veräußerten Bruchteils des Anteils aufzulösen (BFH 6.8.19, VIII R 12/16, Abruf-Nr. 212249 ). Dieser Beitrag zeigt, wie sich Veränderungen von Mitunternehmeranteilen auswirken. |

    1. Entgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils

    Scheidet ein Gesellschafter aus einer Mitunternehmerschaft (OHG, KG, GmbH & Co. KG, GbR etc.) aus, indem er seinen Gesellschaftsanteil entweder an einen neu eintretenden oder die verbleibenden Gesellschafter veräußert, erzielt er einen ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn, soweit der Veräußerungspreis nach Abzug etwaiger Veräußerungskosten den Buchwert der Beteiligung übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG).

     

    Entsprechendes gilt, wenn ein neuer Gesellschafter gegen (Zu-)Zahlung eines Entgelts an die Altgesellschafter in eine Personengesellschaft eintritt (BFH 8.12.94, IV R 82/92, BStBl II 95, 599). Einbringende sind in diesem Fall die Altgesellschafter, die die ideellen Anteile ihres Betriebsvermögens (ihre Mitunternehmeranteile) in die erweiterte Personengesellschaft einbringen (BFH 17.9.14, IV R 33/11, BStBl II 15, 717). Hat der Neugesellschafter hierfür ein Entgelt an die Altgesellschafter zu entrichten, erfolgt dies auf Rechnung der Neugesellschafter, weshalb eine Anwendung von § 24 UmwStG (Einbringungsmöglichkeit zu Buchwerten) ausscheidet (BFH 12.10.05, X R 35/04, BFH/NV 06, 521). Leistet dagegen der Neugesellschafter eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen, kommt eine Anwendung von § 16 Abs. 1 und 2 EStG bei den Altgesellschaftern nicht in Betracht. Vielmehr erlangt der neue Gesellschafter aktivierungspflichtige Anschaffungskosten für die erlangten Anteile am Gesamthandsvermögen in Höhe des Werts seiner Einlage (BFH 25.4.06, VIII R 52/04, BStBl II 06, 847).

     

    PRAXISTIPP | Der Kaufpreis kann in einem Barwert oder in einer Sachwertabfindung bestehen. Bei einer Sachwertabfindung durch die verbleibenden Gesellschafter ist zu beachten, dass die „Bezahlung” des ausscheidenden Gesellschafters mit Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zur Gewinnrealisierung und laufenden Besteuerung bei den verbleibenden Gesellschaftern führt. Bei dem ausscheidenden Gesellschafter ist eine Buchwertfortführung nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 EStG möglich (BMF 8.12.11, IV C 6 - S 2241/10/10002, BStBl I 11, 1279).

     

    Auch die entgeltliche Übernahme aller Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft durch die verbleibenden Gesellschafter führt zur Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (BFH 13.11.97, IV R 18/97, BStBl II 98, 290). Dagegen kommt eine Tarifbegünstigung des Veräußerungsgewinns nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen hat (BFH 9.12.14, IV R 36/13, BStBl II 15, 529). Entsprechendes gilt, wenn Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen einer KG unter Fortführung stiller Reserven auf eine Schwester-KG übertragen und die Mitunternehmeranteile an der Schwester-KG sodann veräußert werden, da nicht alle in der Person des Veräußerers (Mitunternehmers) vorhandenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden (BFH 17.12.14, IV R 57/11, BStBl II 15, 536).

     

    Veräußerungsentgelt für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils ist auch eine der Höhe nach feststehende Kaufpreisforderung, die der Neugesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft durch Verzicht auf Teile des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zustehenden Gewinns zugunsten des Altgesellschafters oder bei vorzeitiger Beendigung der Gesellschaft im Rahmen einer Ratenzahlungsverpflichtung zu erfüllen hat (BFH 27.10.15, VIII R 47/12, BStBl II 16, 600).

    2. Abfindung unter Buchwert

    Erfolgt eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils ausnahmsweise zu einem Kaufpreis, der unter dem Buchwert liegt, erzielt der Ausscheidende in Höhe des Differenzbetrags zwischen Buchwert und Abfindung einen Veräußerungsverlust (BFH 12.6.75, IV R 10/72, BStBl II 75, 853), während die verbleibenden Gesellschafter die über der Abfindung liegenden Buchwerte abstocken müssen (BFH 7.2.95, VIII R 36/93, BStBl II 95, 770). Ist die Differenz zwischen den übernommenen Buchwerten und dem Entgelt größer als der Betrag, aus dem sich die Buchwerte abstocken lassen, ist in der Steuerbilanz/Ergänzungsbilanz ein passiver Ausgleichsposten zu bilden, der gewinnerhöhend gegen spätere Verlustanteile aufzulösen ist (BFH 21.4.94, IV R 70/92, BStBl II 94, 745).

     

    Hat der Erwerber dagegen aus privaten Gründen ein Entgelt unter Buchwert zu leisten, liegt eine voll unentgeltliche Übertragung vor, die beim Erwerber zwingend zur Buchwertfortführung (§ 6 Abs. 3 EStG) führt (BFH 7.2.95, VIII R 36/93, BStBl II 95, 770).

    3. Unentgeltliche Übertragung

    Ein Mitunternehmeranteil wird nur dann unentgeltlich (mit der zwingenden Verpflichtung zur Buchwertfortführung, § 6 Abs. 3 EStG) übertragen, wenn der Übertragende dem Empfänger seinen Anteil schenkweise i. S. d. § 516 Abs. 1 BGB überlässt, d. h. ihn unentgeltlich bereichern will. Ist dies nicht der Fall und wird ein Gesellschaftsanteil ohne Entgelt auf einen fremden Dritten übertragen, so führt dies beim Übertragenden zu einem Veräußerungsverlust (BFH 26.6.02, IV R 3/01, BStBl II 03, 112).

     

    Erfolgt die Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Vorbehalt des Nießbrauchs und wird der neue Gesellschafter Mitunternehmer, steht der Nießbrauchsvorbehalt der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen (BMF 20.11.19, IV C 6 - S 2241/15/10003, BStBl I 19, 1291 Rz. 7).

    4. Negatives Kapitalkonto

    Veräußert ein Kommanditist seinen Gesellschaftsanteil mit negativem Kapitalkonto, das lediglich zu verrechenbaren Verlusten geführt hat (§ 15a Abs. 2 EStG), entsteht ein Veräußerungsgewinn auch in Höhe des negativen Kapitalkontos. Dem Erwerber entstehen in entsprechender Höhe Anschaffungskosten. Allerdings mindert sich der Gewinn des Veräußerers insgesamt um die gesondert festgestellten verrechenbaren Verluste (§ 15a Abs. 2 EStG, BFH 16.12.92, XI R 34/92, BStBl II 93, 436).

    5. Sonderbetriebsvermögen

    Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens gehören zum Mitunternehmeranteil (BFH 12.12.96, IV R 77/93, BStBl II 98, 180) und der daraus erzielte Gewinn gehört zum begünstigten Veräußerungsgewinn, wenn sie zusammen mit dem Gesellschaftsanteil veräußert werden. Wird im Zuge der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils auch eine Darlehensforderung veräußert, erhöht das dafür erhaltene Entgelt den Veräußerungserlös. Liegt das Entgelt unter dem Nennbetrag der Forderung, führt dies zu einem Veräußerungsverlust im Sonderbetriebsvermögen (BFH 16.3.17, IV R 1/15, BStBl II 17, 943).

     

    MERKE | Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Gewinn aus der Anteilsveräußerung nur dann tarifbegünstigt ist, wenn die gesamten stillen Reserven des Mitunternehmeranteils (einschließlich des zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörenden Sonderbetriebsvermögens) aufgedeckt werden. Dabei ist im Bereich des § 16 EStG auf die funktional-quantitative Betrachtungsweise abzustellen. Das bedeutet, zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören sowohl Wirtschaftsgüter, die nach der Art des Betriebs und ihrer Funktion im Betrieb für diesen wesentlich sind (unabhängig von den in ihnen enthaltenen stillen Reserven), als auch die Wirtschaftsgüter, denen zwar keine funktionale Bedeutung zukommt, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind.

     

    Deshalb liegt zwar keine tarifbegünstigte Veräußerung, aber eine tarifbegünstigte Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 EStG) vor, wenn anlässlich der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten und in das Privatvermögen überführt werden (BFH 31.8.95, VIII B 21/93, BStBl II 95, 890). Werden dagegen wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Anteilsveräußerung zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt, liegt weder eine tarifbegünstigte Veräußerung noch eine tarifbegünstigte Aufgabe vor (BFH 18.10.99, GrS 2/98, BStBl II 00, 123). Das gilt auch, wenn der Veräußerer wesentliche Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich und unter Fortführung des bisherigen Buchwerts dem Erwerber überträgt (BFH 6.12.00, VIII R 21/00, BStBl II 03, 194).

     

    Es kommt zu einer Übertragung zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG, wenn der Mitunternehmeranteil und sämtliche Wirtschaftsgüter des funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich übertragen werden (BMF 20.11.19, IV C 6 - S 2241/15/10003, BStBl I 19, 1291 Rz. 8). Dabei steht es der Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs 3 EStG zum Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörende Wirtschaftsgüter zeitgleich oder taggleich nach § 6 Abs. 5 EStG überführt oder übertragen werden (BFH 2.8.12, IV R 41/11, BStBl II 19, 715; BFH 12.5.16, IV R 12/15, BStBl II 19, 726).

    6. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils

    Zu einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils kommt es, wenn zwar der gesamte Mitunternehmeranteil übertragen, aber eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen des mitunternehmerischen Betriebsvermögens nicht an den Erwerber des Gesellschaftsanteils, sondern an einen anderen Erwerber veräußert oder in das Privatvermögen überführt wird. Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschaftsanteil im Ganzen entgeltlich übertragen und in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang das wesentliche Sonderbetriebsvermögen an einen weiteren Erwerber (dies können auch die verbleibenden Gesellschafter der Mitunternehmerschaft sein) veräußert wird (BFH 3.12.15, IV R 4/13, BStBl II 16, 544).

     

    Beachten Sie | Zu einer begünstigten Betriebsaufgabe führt auch die Zerschlagung einer Gesellschaft durch Veräußerung der Wirtschaftsgüter an verschiedene Erwerber, sofern das wesentliche Sonderbetriebsvermögen ebenfalls veräußert oder in das Privatvermögen überführt wird.

     

    Aufgabegewinn ist der Betrag, um den die

    • Summe aus dem Veräußerungspreis für die im Rahmen der Aufgabe veräußerten Wirtschaftsgüter und den im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Aufgabe anfallenden sonstigen Erträgen oder Aufwendungen
    • nach Abzug der Aufgabekosten

     

    den Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Aufgabe übersteigt (§ 16 Abs. 3 S. 6 und 7 i. V. m. § 16 Abs. 2 EStG).

     

    PRAXISTIPP | In der Besteuerungspraxis führt die Frage der tarifbegünstigten Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen häufig zu Streitpunkten. Hier sollte, um die Tarifbegünstigung nicht zu gefährden, in jedem Fall darauf geachtet werden, dass nicht nur der Anteil am Gesamthandsvermögen, sondern auch das dazugehörige, zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörende Sonderbetriebsvermögen mit veräußert wird.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2021 | Seite 342 | ID 47000349

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