Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Umwandlungssteuerrecht

    Sperrfristbeendigung nach § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG nach qualifiziertem Anteilstausch?

    von Prof. Dr. Hans Ott, StB/vBP, Köln

    | Holdingstrukturen erfreuen sich in der Praxis einer steigenden Beliebtheit, weil sich hiermit wegen der steuerlichen Schachtel- oder Konzernprivilegien besondere steuerliche Vorteile erzielen lassen. Zudem wird das Vorhandensein einer Holdingstruktur oftmals als imagefördernd angesehen (vgl. Böttcher, GStB 21, 71 sowie 113). Die Vorteile einer Holdingstruktur werden nachfolgend nochmals skizziert, bevor kurz auf die steuerneutrale Errichtung sowie die damit verbundene siebenjährige Sperrfrist eingegangen wird. Im Schrifttum wird auf die Möglichkeit hingewiesen, wie die siebenjährige Sperrfrist nach § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG vorzeitig durch Gestaltungsmaßnahmen des Gesellschafters beendet werden kann. Mit diesen Gestaltungsmaßnahmen setzt sich der nachfolgende Beitrag kritisch auseinander und weist auf die bestehenden steuerlichen Fallstricke hin. |

    1. Steuerliche Vorteile einer Holdingstruktur

    Die Vorteile einer Holdingstruktur sind vor allem auf die steuerlichen Schachtelprivilegien im Zusammenhang mit erhaltenen Gewinnausschüttungen von in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften sowie bei der Veräußerung von Anteilen an solchen Kapitalgesellschaften zurückzuführen:

     

    • Erhaltene Gewinnausschüttungen sind nach dem körperschaftsteuerlichen Schachtelprivileg gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei, wobei lediglich 5 % der Ausschüttung als nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG gelten. Die 95%ige Steuerbefreiung setzt nach § 8b Abs. 4 KStG eine Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres von mindestens 10 %, oder aber den einheitlichen Erwerb von mindestens 10 % während des Wirtschaftsjahres (§ 8b Abs. 4 S. 5 KStG), voraus; anderenfalls sind die erhaltenen Gewinnausschüttungen grundsätzlich in vollem Umfang körperschaftsteuerpflichtig.

     

    • Nach den gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien gem. § 9 Nr. 2a GewStG bzw. § 9 Nr. 7 GewStG ist der Gewerbeertrag um Gewinne aus Anteilen (= erhaltene Ausschüttungen) zu kürzen, wobei eine Mindestbeteiligung von 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums vorausgesetzt wird. Die nach § 8b Abs. 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind dagegen nicht begünstigt, sodass erhaltene Gewinnausschüttungen auch gewerbesteuerlich nur zu 95 % steuerfrei sind. Werden die Voraussetzungen der 15%igen Mindestbeteiligung zu Beginn eines Erhebungszeitraums nicht erfüllt, unterliegen die Ausschüttungen in vollem Umfang der Gewerbesteuer. Die Möglichkeit, innerhalb des Jahres mindestens 15 % der Anteile zu erwerben, um das Schachtelprivileg zu erhalten, gibt es bei der GewSt ‒ anders als bei der KSt (s. o.) ‒ nicht.

     

    • Unabhängig vom Beteiligungsumfang sind Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Körperschaft nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, wobei nach § 8b Abs. 3 KStG 5 % des jeweiligen Veräußerungsgewinns nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Da § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 KStG auf die Gewerbesteuer durchschlägt, sind auch hier Veräußerungsgewinne zu 95 % steuerbefreit. Im Gegensatz zu laufenden Aufwendungen der Holding-GmbH im Zusammenhang mit den von ihr gehaltenen Beteiligungen (z. B. Finanzierungsaufwendungen), die voll abzugsfähig sind, können Gewinnminderungen im Zusammenhang mit diesen Beteiligungen (z. B. Teilwertabschreibungen, Veräußerungsverluste) nicht berücksichtigt werden.

     

    Die skizzierten Konzernprivilegien führen dazu, dass auf Ebene der Holding erhaltene Gewinnausschüttungen bzw. Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen lediglich mit 5 % der Besteuerung unterworfen werden und eine steuerliche Gesamtbelastung ‒ KSt und GewSt ‒ von lediglich ca. 1,5 % bezogen auf die erhaltenen Ausschüttungen bzw. die erzielten Veräußerungsgewinne auslösen. Die geringe Steuerlast verdeutlicht den besonderen „Spardosen-Effekt“ der Holding-GmbH. Erhaltene Ausschüttungen oder Veräußerungsgewinne stehen nahezu ungeschmälert für Reinvestitionszwecke wie z. B. zum Erwerb neuer Beteiligungen oder zur Darlehensvergabe an die Gesellschafter bzw. an die operativen Tochtergesellschaften zur Verfügung.

     

    Die temporär günstige Besteuerung der Holding-GmbH endet, wenn die Gewinne an deren Gesellschafter weiter ausgeschüttet werden und ‒ bei natürlichen Personen ‒ der Abgeltungsteuer von 25 % oder auf Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Solche Weiterausschüttungen an die Gesellschafter der Holding-GmbH erfolgen aber meist erst dann, wenn diese hierfür Bedarf haben oder deren steuerliches Umfeld günstig ist, weil z. B. niedrige Einkünfte oder sogar Verluste aus anderen Einkunftsarten vorliegen.

     

    MERKE | Benötigen nur einzelne Gesellschafter der Holding eine Gewinnausschüttung, so kann eine zeitlich gespaltene Gewinnverwendung und spätere inkongruente Gewinnausschüttung nach dem BFH-Urteil vom 28.9.21 (VIII R 25/19, GStB 22, 196) in Erwägung gezogen werden. Hierzu wird in die Satzung der Holding-GmbH die Regelung aufgenommen, dass ‒ abweichend von der Gewinnverteilung nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile ‒ die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit eine abweichende Gewinnverteilung beschließen kann und der jeweils an einzelne Gesellschafter nicht ausgeschüttete Gewinn auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutzuschreiben ist. Die auf dem personenbezogenen Rücklagenkonto thesaurierten Gewinne können dann zu einem späteren Zeitpunkt auf der Basis eines neuerlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlung ausgeschüttet werden. Diese Vorgehensweise stellt nach Ansicht des BFH keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO dar.

     

    2. Wege in die Holding-GmbH

    Die Gründung einer Holdingstruktur erfolgt regelmäßig im Wege des sog. qualifizierten Anteilstausches i. S. d. § 21 UmwStG. Dabei werden z. B. im Betriebs- oder Privatvermögen gehaltene GmbH-Anteile auf entsprechenden Antrag steuerneutral in eine neu gegründete bzw. bereits bestehende Holding-GmbH eingebracht. Um die bei Sacheinlagen erforderliche Werthaltigkeitsbescheinigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG zu vermeiden, erfolgt die Einbringung der Anteile oftmals als Sachagio in Kombination mit einer Bareinlage (vgl. dazu Böttcher, GStB 21, 72).

     

    Der steuerneutrale Anteilstausch ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

     

    • Die übernehmende Gesellschaft (Holding) hat nach der Einbringung aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der eingebrachten Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft (= Gesellschaft, deren Anteile eingebracht wurden). Nach der Verwaltungsauffassung in Rdnr. 21.09 UmwSt-Erlass ist sowohl der Fall begünstigt, dass eine mehrheitsvermittelnde Beteiligung erst durch den Einbringungsvorgang entsteht, als auch der Fall, dass eine zum Übertragungsstichtag bereits bestehende mehrheitsvermittelnde Beteiligung weiter aufgestockt wird. Verfügen einzelne Gesellschafter alleine nicht über mehrheitsvermittelnde Anteile, so steht dies grundsätzlich einem qualifizierten Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG nicht im Wege. Denn nach Rdnr. 21.09 UmwSt-Erlass genügt es, wenn Anteile in eine Holding-GmbH eingebracht werden, die nicht einzeln, sondern nur insgesamt die Stimmrechtsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG erfüllen, sofern die Einbringung in die Holding auf einem einheitlichen Vorgang beruht (z. B. Beurkundung am selben Tag und beim selben Notariat).

     

    • Weiterhin darf der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Anteilen gewährt werden, nicht mehr betragen als 25 % des Buchwerts bzw. der Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile oder absolut nicht mehr als 500.000 EUR, höchstens jedoch den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile. Werden diese Grenzen überschritten, erfolgt die Einbringung mit anteiliger Gewinnrealisierung.

     

    Im Gegensatz zu einer Einbringung nach § 20 UmwStG ist beim qualifizierten Anteilstausch eine steuerliche Rückbeziehung von maximal acht Monaten nicht möglich. Erfolgt die Begründung der Holdingstruktur unterjährig, so ist besondere Vorsicht geboten, wenn Gewinnausschüttungen bereits unmittelbar im Jahr des Anteilstausches gewünscht sind. Denn die steuerlichen Schachtelprivilegien verlangen, dass die Beteiligungsvoraussetzungen zu Beginn des Erhebungszeitraums (Mindestbeteiligung von 15 % nach § 9 Nr. 2a GewStG) bzw. zu Beginn des Kalenderjahres (Mindestbeteiligung von 10 % nach § 8b Abs. 4 S. 1 KStG) erfüllt sind (zur Gewerbesteuer vgl. Böttcher, GStB 21, 79 f.).

     

    Möchten mehrere Gesellschafter, die je zu 50 % oder weniger an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind und damit die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 UmwStG nicht erfüllen, diese Anteile jeweils steuerneutral in eine eigene Holding-GmbH einbringen, kommen hierfür das „Huckepack-Modell“ oder die Vorabgründung einer GmbH & atypisch Still in Betracht (s. Böttcher, GStB 21, 117).

    3. Sperrfristbehaftete Anteile

    Bei einem steuerneutralen Anteilstausch nach § 21 UmwStG sind die eingebrachten Anteile bei der Holding-GmbH sperrfristbehaftet, während die im Zuge des Anteilstauschs erhaltenen Anteile nicht sperrfristverhaftet sind.

     

    Eine Sperrfristverhaftung der eingebrachten Anteile liegt jedoch nach § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG nicht vor, wenn diese von einer anderen Kapitalgesellschaft, die § 8b Abs. 2 KStG anwenden kann, in die Holding eingebracht werden. Veräußert die Holding-GmbH die eingebrachten und sperrfristbehafteten Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist, so hat der Einbringende einen Einbringungsgewinn II zu versteuern. Dabei werden die stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen rückwirkend zum Zeitpunkt der Einbringung ermittelt und versteuert. Der Einbringungsgewinn II wird für jedes nach der Einbringung abgelaufene Zeitjahr um ein Siebtel gekürzt. Entsprechendes gilt bei der Realisation eines Ersatztatbestands, die im Einzelnen in § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 bis 5 UmwStG aufgeführt sind, sowie beim Wegfall der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG. Der Einbringungsgewinn II gilt als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.

     

    Beachten Sie | Soweit die eingebrachten Anteile nach § 22 Abs. 2 UmwStG der Sperrfristverhaftung unterliegen, hat der Einbringende nach § 22 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UmwStG sieben Jahre lang ‒ jährlich bis spätestens zum 31.5. ‒ durch Bestätigung der übernehmenden Gesellschaft oder durch Vorlage ihrer Steuerbilanz nachzuweisen, wem die Anteile oder die auf diesen Anteilen beruhenden Anteile zuzurechnen sind.

    4. Vorzeitige Beendigung der Sperrfristverhaftung

    Vor allem die oben skizzierte 95%ige Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne könnte es nahelegen, vor einem Verkauf von wertvollen Anteilen an einer GmbH diese zunächst steuerneutral auf eine Holding-GmbH zu übertragen und von dort zeitnah mit Gewinn zu verkaufen. Beim Verkauf über die Holding-GmbH sind Veräußerungsgewinne nur zu 5 % steuerpflichtig, sodass z. B. bezogen auf einen Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR die Steuerbelastung nur ca. 1.500 EUR beträgt. Bei einem unmittelbaren Verkauf durch den Gesellschafter unterliegen Veräußerungsgewinne dagegen dem Teileinkünfteverfahren und werden zu 60 % erfasst. Bei einem persönlichen Einkommensteuersatz von z. B. 45 % wird bei einem Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR eine Steuerbelastung von 27 % von 100.000 EUR = 27.000 EUR ausgelöst. Das vorstehende Ergebnis tritt jedoch grundsätzlich erst nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist ein.

     

    In der Literatur wird daher ein Gestaltungsmodell diskutiert, das eine zeitnahe Veräußerung der in die Holding-GmbH eingebrachten Anteile auch während der siebenjährigen Sperrfrist ermöglichen soll. Dazu wird die Regelung in § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG eingesetzt, wonach eine Veräußerung der im Zuge des Anteilstausches erhaltenen Anteile die Sperrfristverhaftung der eingebrachten Anteile beendet (vgl. Böttcher, GStB 21, 77; Pitzal/Schumacher, DStR 21, 2553, 2558). Unter Hinweis auf die Verwaltungsauffassung in Rdnr. 00.02 UmwSt-Erlass, wonach die Einbringung nach §§ 20 ff. UmwStG ‒ unabhängig vom gewählten Wertansatz ‒ einen Veräußerungsvorgang darstellt, soll hierfür eine Buchwerteinbringung z. B. in eine GmbH & Co. KG nach § 24 UmwStG ausreichen (vgl. Böttcher, GStB 21, 71, 77 f.).

     

    • Beispiel

    Die natürliche Person V will seine im Privatvermögen gehaltene wertvolle 100%ige Beteiligung an der X-GmbH veräußern. Um die Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG nach dem Teileinkünfteverfahren steuerlich zu optimieren, bringt V seine Anteile im ersten Schritt im Wege des qualifizierten Anteilstausches nach § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG steuerneutral in die ihm ebenfalls zu 100 % gehörende H-GmbH ein. Die eingebrachten Anteile sind nunmehr sperrfristbehaftet, sodass eine Veräußerung der Anteile durch die H-GmbH innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren nach § 22 Abs. 2 UmwStG zur Versteuerung eines Einbringungsgewinns II führt. Im zweiten Schritt bringt V seine Anteile an der H-GmbH zu Buchwerten nach § 24 UmwStG in die gewerblich geprägte Z-GmbH & Co. KG ein, deren alleiniger Kommanditist V ist. Da die Buchwerteinbringung in die Z-GmbH & Co. KG einen Veräußerungsvorgang darstellt, soll hiermit die Sperrfristverhaftung im Hinblick auf die in die H-GmbH eingebrachten Anteile nach § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG beendet werden. Die Folge ist, dass die eingebrachten Anteile an der X-GmbH von der H-GmbH unter Nutzung von § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 KStG zu 95 % steuerfrei veräußert werden können.

     

    Die vorstehende Gestaltung birgt zunächst ein erhebliches Anerkennungsrisiko. Denn äußerst fraglich ist, ob die Finanzverwaltung die dargestellte Vorgehensweise billigen und eine Buchwert-Weitereinbringung der erhaltenen Anteile als sperrfristbeendende Veräußerung i. S. v. § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG ansehen wird. Da hierzu bisher keine einschlägige Rechtsprechung vorliegt, wird die Problematik kaum ohne Einschaltung der Finanzgerichte geklärt werden können. Nach h. M. im Schrifttum wird die Sperrfristverhaftung durch eine Veräußerung nach § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG deshalb beendet, weil jegliche Umwandlungen oder Einbringungen ‒ unabhängig vom gewählten Wertansatz ‒ nach Rdnr. 00.02 UmwSt-Erlass eine Veräußerung darstellen (vgl. Patt in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 22 UmwStG, Rz. 75; Stangl in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Rz. 482 ff.).

     

    Abgesehen von der unbestrittenen Tatsache, dass im Fall der Einbringung in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eine Veräußerung vorliegt, bleibt derzeit abzuwarten, ob die künftige Rechtsprechung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrfristverhaftung ‒ nämlich der Vermeidung einer Statusverbesserung durch Steuerfreistellung nach § 8b KStG ‒ eine Sperrfristbeendigung bei einer Buchwerteinbringung bestätigen wird (kritisch aus Verwaltungssicht vgl. Stimpel/Bernhagen, GmbHR 20, 301). Darüber hinaus ist das vorstehende Modell bereits aus einem anderen Grund nicht empfehlenswert:

     

    • Bei der Einbringung der 100%igen Beteiligung an der H-GmbH nach § 24 UmwStG zu Buchwerten in die Z-GmbH & Co. KG im zweiten Schritt des obigen Beispiels darf nicht übersehen werden, dass eine solche Beteiligung nach der Verwaltungsauffassung in Rdnr. 24.02 UmwSt-Erlass nur dann als fiktiver Teilbetrieb für Zwecke des § 24 UmwStG gilt, wenn die Beteiligung zu einem Betriebsvermögen gehört. Entgegen eines weit verbreiteten Irrtums kommt nämlich ‒ jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung ‒ für Anteile im Privatvermögen selbst bei einer Beteiligung von 100 % eine Einbringung nach § 24 UmwStG unter keinen Umständen in Betracht.

     

    • Wird die Beteiligung an der H-GmbH dennoch gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Z-GmbH & Co. KG eingebracht, so liegt hierin bereits ein Veräußerungsvorgang nach § 17 EStG beim Übertragenden, der zur vollständigen Auflösung und Versteuerung der stillen Reserven führt. Die anschließende, zu 95 % steuerfreie Veräußerung der Anteile an der X-GmbH durch die H-GmbH wird erkauft durch eine vorgelagerte vollständige Auflösung der stillen Reserven in der eingebrachten Beteiligung an der X-GmbH.

     

    • Auch die schlichte Einlage der Anteile an der H-GmbH in die Z-GmbH & Co. KG nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. b EStG (also ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten) ist nicht zielführend, weil die Einlage keinen Veräußerungsvorgang i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG darstellt.

     

    Eine ähnliche Gestaltung stellt das „Doppel-Holding-Modell“ dar. Dabei werden im vorstehenden Beispiel die Anteile an der X-GmbH in einem ersten Schritt steuerneutral nach § 21 UmwStG in die H-GmbH eingebracht. Die hierfür erhaltenen Anteile werden dann im zweiten Schritt wieder steuerneutral nach § 21 UmwStG in eine weitere GmbH eingebracht. Danach sollen die Anteile an der X-GmbH steuerfrei nach § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 KStG durch die H-GmbH veräußert werden können, weil die Weiter-Einbringung als Veräußerung nach § 21 Abs. 2 S. 5 UmwStG die Sperrfrist im Hinblick auf die Anteile an der X-GmbH beendet (vgl. dazu Schwetlik, GmbH-StB 22, 42). Ob die Finanzverwaltung sich dieser Ansicht anschließt, ist derzeit ungewiss (kritisch aus Verwaltungssicht vgl. Stimpel/Bernhagen, GmbHR 20, 301).

    5. Zusammenfassung

    Holdingstrukturen sind in der Praxis aufgrund der gewerbe- und körperschaftsteuerlichen Schachtelprivilegien besonders beliebt, weil erhaltene Ausschüttungen von Tochter-Kapitalgesellschaften bei einer Mindestbeteiligung von 15 % bzw. 10 % nahezu steuerfrei vereinnahmt werden können. Unabhängig von der Beteiligungshöhe gilt die 95%ige Steuerbefreiung auch, wenn Beteiligungen an in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften mit Gewinn veräußert werden. Die nach Steuern verbleibenden Erträge können z. B. für Investitionszwecke oder für Darlehen an Tochtergesellschaften genutzt werden. Die Holding eignet sich somit vor allem bei langfristiger Thesaurierung der vorgenannten Erträge.

     

    Die Errichtung einer Holdingstruktur lässt sich unter Anwendung der Regelungen des qualifizierten Anteilstausches nach § 21 UmwStG steuerneutral gestalten, ist aber für natürliche Personen verbunden mit einer siebenjährigen Sperrfrist, innerhalb derer die Holding-GmbH die eingebrachten Anteile nicht veräußern darf. Anderenfalls droht innerhalb der Sperrfrist die rückwirkende Versteuerung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen beim Einbringenden in Form eines sog. Einbringungsgewinns II. Unter Hinweis auf § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG werden in der Literatur Gestaltungsmodelle diskutiert, wonach die Veräußerung der im Zuge des Anteilstausches erhaltenen Anteile die Sperrfristverhaftung der eingebrachten Anteile vorzeitig beendet. Dieser Beitrag weist auf die erheblichen Steuerrisiken dieser Modelle hin und zeigt die teilweise eklatanten Fehler bei deren Umsetzung auf.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2022 | Seite 279 | ID 48285958

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents