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  • · Fachbeitrag · Sachzuwendungen

    Dauerstreitpunkt „Pauschalierung nach § 37b EStG“: BFH schafft in vielen Punkten Klarheit!

    von RiFG Dr. Alois Th. Nacke, Hannover

    | Der BFH hat kürzlich in vier Entscheidungen wichtige Streitfragen zu der Pauschalierung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG geklärt. Damit hat sich die Handhabung der Pauschalierungsvorschrift für den Praktiker verbessert und ein Dauerstreitpunkt im Rahmen von Lohnsteuer-Außenprüfungen deutlich entschärft. |

    1. Pauschalierung der Einkommensteuer auf Sachzuwendungen

    § 37b ist bereits mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.06 in das EStG eingefügt worden. Mit der Pauschalierungsvorschrift wollte der Gesetzgeber dem Zuwendenden die Möglichkeit einräumen, den Empfänger einer Sachzuwendung von der Besteuerungspflicht zu entlasten (BT-Drucks. 16/2712, 55). Nach § 37b Abs. 1 EStG können Sachzuwendungen einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten Zuwendungen pauschal mit 30 % beim Zuwendenden versteuert werden. Betroffen sind

     

    • 1. betrieblich veranlasste Sachzuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und
    • 2. Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen.

     

    MERKE | Wichtig ist also, dass die Zuwendung zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung und Gegenleistung erbracht wird (§ 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG). Damit soll verhindert werden, dass bereits vereinbarte Geldleistungen in Sachzuwendungen umgewandelt werden, um die Pauschalbesteuerung zu erlangen. So entfällt z.B. der Pauschalierungstatbestand, wenn bei einer Vertragsanbahnung Sachzuwendungen erbracht werden, da es hier an einem Grundgeschäft (vereinbarte Leistung oder Gegenleistung) im Zeitpunkt der Zuwendung fehlt.

     

    Eine Pauschalierung kommt nicht in Betracht, wenn es sich um eine Geldzuwendung handelt. Hier kann auf die anerkannten Grundsätze zur Abgrenzung von Barlohn und Sachlohn zurückgegriffen werden (vgl. OFD Frankfurt 10.10.12, S 2297bA - 1 - St222). Darüber hinaus kommt eine Pauschalierung nach § 37b EStG nicht in Betracht, wenn die Sachbezüge bereits nach anderen Vorschriften pauschaliert versteuert werden.

    2. Aktuelle BFH-Rechtsprechung

    Der BFH hat nun in vier Urteilen aktuelle Einzelfragen zur Pauschalierungsbesteuerung nach § 37b EStG beantwortet (BFH 16.10.13, VI R 57/11, BFH/NV 14, 399; BFH 16.10.13, VI R 52/11, BFH/NV 14, 397; BFH 16.10.13, VI R 78/12, BFH/NV 14, 401 sowie BFH 12.12.13, VI R 47/12, DStR 14, 320). Die „Knackpunkte“ der Entscheidungen werden im Folgenden auf den Punkt gebracht.

     

    2.1 Nur steuerbare und steuerpflichtige Zuwendungen pauschalierbar

    Die Finanzverwaltung hat bisher die Ansicht vertreten, dass alle Zuwendungen in die Pauschalierung einzubeziehen sind - unabhängig davon, ob sie dem Empfänger im Rahmen einer Einkunftsquelle nach § 2 EStG zugeflossen sind (BMF 29.4.08, IV B 2 - S 2297 B/07/0001, BStBl I 08, 566, Rz. 13). Davon hat der BFH nun Abstand genommen und zum Ausdruck gebracht, dass nur steuerbare und steuerpflichtige Zuwendungen einer pauschalierten Besteuerung zugänglich sind.

     

    • Beispiel

    Im Streitfall VI R 57/11 war fraglich, ob auch Sachzuwendungen einer inländischen Holdinggesellschaft eines weltweit tätigen Konzerns an Arbeitnehmer ausländischer Tochtergesellschaften nach § 37b EStG pauschalierbar sind. Hintergrund war ein Management-Meeting, an dem sowohl inländische Arbeitnehmer als auch im Inland nicht steuerpflichtige Arbeitnehmer teilgenommen hatten. Die Teilnehmer erhielten Sachzuwendungen von rund 124.000 EUR. Das Finanzamt setzte nach § 37b EStG eine pauschalierte Lohnsteuer von 37.000 EUR an (30 % von ca. 124.000 EUR). Der BFH sah das jedoch anders.

     

    2.1.1 Argumentation des BFH

    Der BFH folgte im Ergebnis der Entscheidung des FG Düsseldorf, das die Pauschalierung der Sachzuwendungen an die nicht steuerpflichtigen ausländischen Arbeitnehmer durch das Finanzamt abgelehnt hatte. Maßgeblich war für den BFH, dass § 37b EStG keine weitere eigenständige Einkunftsart begründe, sondern lediglich eine besondere pauschalierte Erhebungsform der Einkommensteuer zur Verfügung stelle. Dem ist zuzustimmen. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der rechtssystematischen Stellung des § 37b EStG.

     

    2.1.2 Schlussfolgerungen für die Praxis

    Eine Besteuerung nach § 37b EStG kann somit dann nicht erfolgen, wenn der Zufluss beim Empfänger nicht steuerpflichtig ist. Erfolgt eine Sachzuwendung an ausländische Arbeitnehmer, so dürfte eine pauschalierte Besteuerung nach § 37b EStG ausscheiden.

     

    Hinweis | Dies kann den Zuwendenden allerdings vor erhebliche praktische Probleme stellen. Es wird ihm im Einzelfall schwer fallen, die Besteuerungspflicht des Empfängers festzustellen. Dies zeigt auch der Besprechungsfall selbst. Denn der BFH hat die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen.

     

    2.2 Nur Zuwendung im Rahmen einer Gewinneinkunftsart

    Zwar erscheint der Wortlaut des § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG eindeutig, wenn nur „betrieblich veranlasste“ Zuwendungen der Pauschalierung zugänglich sind; jedoch hat auch hier eine Entscheidung des BFH gezeigt, dass dieser Wortlaut auslegungsbedürftig ist (s. Schneider, NWB 14, 588). Der BFH ist nämlich der Ansicht, dass neben privat veranlassten Zuwendungen auch gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendungen nicht pauschal besteuert werden können.

     

    • Beispiel

    Im Streitfall VI R 52/11 war der Kläger Hauptanteilseigner und zugleich Vorstandsvorsitzender einer AG. Anlässlich eines Jubiläums der AG wurde eine Feier und eine Incentive-Reise durchgeführt. Daran nahmen nicht nur ausgewählte Arbeitnehmer der AG teil, sondern auch Kunden und Geschäftsfreunde. Die gesamten Kosten wurden vom Kläger selbst übernommen.

     

    Zunächst wollte er die zugewandten Sachleistungen nach § 37b EStG versteuern und reichte eine entsprechende Lohnsteueranmeldung ein. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Bemessungsgrundlage erheblich zu erhöhen sei. Zuwendungen an ausländische Veranstaltungsteilnehmer und an Reisebegleiter, die Arbeitnehmer der AG waren, wollte das Finanzamt ebenfalls erfassen. Gegen den Nachforderungsbescheid legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Im Rechtsbehelfsverfahren widerrief er seinen Pauschalierungsantrag. Die Klage hatte Erfolg. Die Revision des Finanzamtes wurde zurückgewiesen.

     

    2.2.1 Argumentation des BFH

    Der BFH war der Ansicht, bei dem Tatbestandsmerkmal „betrieblich veranlasste“ Zuwendung handele es sich nicht um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers (so wohl das Finanzamt), sondern um eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Pauschalierung. Dies ergebe sich schon aus den Gesetzesmaterialien, worauf das FG auch bereits in seiner Entscheidung hingewiesen habe. Das Erfordernis des betrieblichen Zusammenhangs werde auch in dem Bericht des Bundesrechnungshofes deutlich, der eine gesetzliche Regelung nicht für sämtliche, sondern nur für solche Sachzuwendungen angemahnt hatte, die Unternehmen gewährten und die Grundlage des Gesetzgebungsverfahrens gewesen seien (BT-Drucks. 16/3036, 9; 16/160, 161 ff.).

     

    Beachten Sie | Auf den Streitfall gemünzt, bedeutete dies nach Auffassung des BFH, dass es sich nicht um Zuwendungen betrieblicher Art handelte. Denn der Kläger unterhielt selbst keinen Betrieb. Die Zuwendungen erfolgten durch Zahlungen von dem Privatkonto des Klägers.

     

    2.2.2 Schlussfolgerungen

    Wenn also Sachzuwendungen durch den Inhaber eines Unternehmens z.B. im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung geleistet werden, so kommt eine Pauschalierung der Einkommensteuer auf die Sachzuwendungen nicht in Betracht, wenn es sich um Aufwendungen privater Natur handelt. So dürfte eine Besteuerung nicht in Betracht kommen, wenn das Unternehmen in Form einer Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben wird und die Zuwendungen vom Unternehmensinhaber aus seinen privaten Mitteln aufgewandt werden.

     

    Hinweis | Dies dürfte auch dann gelten, wenn bei einer Personengesellschaft oder einem Einzelunternehmen die Kosten als Privatentnahme gebucht werden (ebenso Seifert, StuB 14, 136).

     

    • Beispiel

    Die A-GmbH besteht seit 50 Jahren. Gesellschafter sind A und seine Ehefrau. A veranstaltet eine Feier, auf der er den Arbeitnehmern aus privaten Mitteln Sachzuwendungen leistet (z.B. wertvolle Uhren oder Reisen).

     

    Lösung: Hier handelt es sich um keine „betrieblichen Zuwendungen“. Die Leistungen wurden vom Gesellschafter aus privaten Mitteln erbracht. Eine Pauschalierung nach § 37b EStG kommt nicht in Betracht. Natürlich kommt auch kein Betriebsausgabenabzug in Betracht.

     

    Diese Grundsätze gelten auch für Sachzuwendungen, die gesellschaftsrechtlich veranlasst sind, denn auch dann sind die Sachzuwendungen nicht betrieblich veranlasst. Werden verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen, können diese somit nicht als Sachzuwendungen nach § 37b EStG pauschaliert besteuert werden. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (s BT-Drucks. 16/2712, 56; s. auch Geserich SteuK 2014, 92; Schneider, NWB 14, 590).

     

    • Beispiel

    Die X-GmbH besteht seit 50 Jahren. Die Gesellschafter A,B,C und D erhalten neben den leitenden Mitarbeitern zum Jubiläum als Geschenk jeweils eine Reise von der GmbH.

     

    Lösung: Hier handelt es sich um gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendungen an die Gesellschafter, sodass keine Pauschalierung nach § 37b EStG erfolgen kann.

     

    2.3 Keine Pauschalierung bei eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers

    Eine weitere Fragestellung ergab sich im dritten Verfahren vor dem BFH. Im Streitfall VI R 78/12 ging es um die Abgrenzung des § 37b EStG zum Lohnbegriff. Denn § 37b Abs. 2 EStG erfasst betrieblich veranlasste, nicht in Geld bestehende Zuwendungen an Arbeitnehmer. Um jedoch bisher bestehende Regelungen der Besteuerung von Sachbezügen, die sich bewährt haben, nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG einzubeziehen, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, dies in § 37b Abs. 2 S. 2 EStG einschränkend zu regeln. Im Einzelnen sind danach folgende gesetzliche Bewertungsregelungen von der Pauschalierung ausgeschlossen:

     

    • Die Privatnutzung von betrieblichen Kraftfahrzeugen - (hier gilt die Ein-Prozent-Regelung oder die Fahrtenbuchmethode)
    • Sachbezüge, für die nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung amtliche Sachbezüge gelten (z.B. Mahlzeiten im Betrieb). Hier erfolgt die Besteuerung pauschaliert bereits nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG.
    • Rabattregelungen (§ 8 Abs. 3 EStG)
    • Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer, insbesondere im Rahmen des § 19a EStG
    • Sachprämien im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen (§ 37a EStG)

     

    Beachten Sie | Darüber hinaus kommt nach Ansicht des BFH auch dann keine Besteuerung nach § 37b EStG in Betracht, wenn die Sachzuwendung aus eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgte.

     

    • Beispiel

    Im Streitfall VI R 78/12 ging es um Außendienstmitarbeiter, die auf Geheiß des Arbeitgebers im Rahmen einer Kundenveranstaltung Kunden und Geschäftsfreunde betreuten. Bei der Kundenveranstaltung handelte es sich um eine Regattabegleitfahrt (mit Übernachtung und Catering) im Rahmen eines bekannten Segelsportereignisses.

     

    Die Teilnahme der Mitarbeiter stand nicht in ihrem Belieben. Wenn Kunden der Mitarbeiter an der Veranstaltung teilnehmen wollten, mussten die Mitarbeiter ihre jeweiligen Kunden begleiten und als Repräsentanten des Arbeitgebers auftreten. Dazu gehörte auch, entsprechende Jacken mit dem Firmenlogo zu tragen. Das Finanzamt war der Ansicht, dass eine Pauschalierung nach § 37b EStG gegeben war. Das Finanzgericht lehnte dies ab. Dem folgte auch der BFH.

     

    2.3.1 Argumentation des BFH

    Der BFH weist darauf hin, dass Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nicht als Entlohnung darstellen, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. In diesen Fällen steht das sog. eigenbetriebliche Interesse ganz überwiegend im Vordergrund. Mit anderen Worten, der verfolgte betriebliche Zweck steht in diesen Fällen ganz im Vordergrund und ein mögliches eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, ist dann zu vernachlässigen.

    Für den Streitfall bedeutete dies, dass das Interesse der Mitarbeiter an der Regattabegleitfahrt vernachlässigbar und damit ein nichtlohnsteuerbarer Vorteil war. Dies habe - so der BFH - selbst dann zu gelten, wenn es sich um ein bekanntes Segelsportereignis handele. Das eigenbetriebliche Interesse an der Betreuung der Kunden der Mitarbeiter stand somit ganz überwiegend im Vordergrund.

     

    2.3.2 Schlussfolgerungen

    Es ist somit stets auch zu prüfen, ob die Leistungen an die Mitarbeiter des zuwendenden Unternehmens überhaupt einen Fall der Pauschalierungsregelung darstellen. Denn nach Auffassung des BFH wird kein geldwerter Vorteil ausgelöst, wenn die Teilnahme im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Unternehmens erfolgt. Dies kann in ähnlich gelagerten Fällen - wie z.B. beim Betreiben einer VIP-Lounge - dazu führen, dass der Vorteil für die Arbeitnehmer wegen des eigenbetrieblichen Interesses völlig zurücktritt.

     

    2.4 Erstreckung des § 37b EStG auf Geschenke nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG

    Ein weiteres ungeklärtes Problem der Pauschalierung nach § 37b EStG war die Frage, wie die Bezugnahme auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG zu verstehen ist. Ist insbesondere die dort genannte Freigrenze von 35 EUR zu beachten oder nicht? Der BFH verneint dies nun in seiner vierten Entscheidung.

     

    • Beispiel

    Im Streitfall VI R 52/11 hatte eine GmbH ihren Kunden und Geschäftsfreunden in den Jahren 2007 bis 2009 Geschenke zukommen lassen. Nach den Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung ging es dabei um Zuwendungen im Wert von 1.741 EUR (2007), 6.396 EUR (2008) und 1.192 EUR (2009). Nachdem die Klägerin für diese Sachzuwendungen ihre Option gemäß § 37b EStG ausgeübt hatte, erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid über pauschale Lohnsteuer von 522,30 EUR (2007), 1.918,80 EUR (2008) sowie 357,60 EUR (2009) nebst Annexsteuern.

     

    Im Klageverfahren machte die GmbH insbesondere geltend, dass Zuwendungen und Geschenke im Wert zwischen 10 EUR und 35 EUR nicht gemäß § 37b EStG zu versteuern seien und dass die Finanzverwaltung nach Maßgabe des oben genannten BMF-Schreibens zu Unrecht bei Zuwendungen an Arbeitnehmer eine Grenze von 40 EUR anwende, bei Nichtarbeitnehmern aber nur eine solche von 10 EUR.

     

    2.4.1 Argumentation des BFH

    Die vom Kläger vertretene Ansicht, nur Geschenke über 35 EUR könnten einer Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG zugeführt werden, folgt der BFH nicht. Aus der Bezugnahme auf § 4 EStG folgert er, dass Geschenke auch dann zu erfassen sind, wenn sie die Grenze von 35 EUR nicht überschreiten. Diese Ansicht entspricht der Auffassung der Verwaltung (s. z.B. OFD Niedersachsen 20.10.11, S2297b-1-St214, n.v.)

     

    Dies gelte auch für Geschenke in Form von Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 EUR nicht überschreiten. Soweit die Finanzverwaltung derartige Sachzuwendungen als „Streuwerbeartikel“ einstuft und diese deshalb nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG einbezieht (BMF 29.4.08, BStBl I 08, 566, Rz. 10), folgt der BFH dem ebenfalls nicht. Auch diese seien zu erfassen.

     

    2.4.2 Schlussfolgerungen

    Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung darauf reagieren wird. Für die Praxis bedeutet dies jedenfalls, dass bei Ausübung des Wahlrechts nach § 37b EStG alle Geschenke ohne Rücksicht auf den Wert pauschaliert zu besteuern sind.

     

    Beachten Sie | Bloße Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer fallen hingegen nicht unter die Pauschalierung. Dies ist bereits in R 19.6 LStR geregelt. Hierzu gehören beispielsweise Blumen, Genussmittel, Bücher oder Tonträger, deren jeweiliger Wert 40 EUR (inkl. Umsatzsteuer) nicht übersteigt.

     

    Überdies ist die Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG in Höhe von 44 EUR zu beachten. Wird sie nicht überschritten, liegt kein steuerpflichtiger Sachbezug vor. Bei der Überprüfung der Freigrenze werden die nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu bewertenden Vorteile, die nach den §§ 37b und 40 EStG der Pauschalversteuerung unterliegen, nicht berücksichtigt (BMF a.a.O, Rz. 17).

     

    3. Fazit: Einiges ist geklärt - es bleiben aber Fragen offen

    Die vorgestellten Entscheidungen des BFH ermöglichen in den angesprochenen Punkten einen praxisgerechten Umgang mit § 37b EStG. Denn insoweit sind die Streitfragen nun höchstrichterlich geklärt und können bei der Abwägung, ob das Wahlrecht ausgeübt werden soll, berücksichtigt werden. Da zurzeit keine weiteren Verfahren zu § 37b EStG beim BFH anhängig sind (s. Schneider NWB 14, 591), dürfte sich hier höchstrichterlich in nächster Zeit auch nichts tun. Doch leider gibt es nach wie vor offene Fragen:

     

    So ist weiterhin ungeklärt, wie der Widerruf der Pauschalierung verfahrensmäßig zu bewerten ist. Hier gehen die Meinungen auseinander. Während das BMF eine Bindungswirkung an die Ausübung des Wahlrechts annimmt (BMF a.a.O, Rz. 4, S. 3), sind andere der Ansicht, dass ein Widerruf auch im Rechtsbehelfsverfahren noch möglich ist.

     

    Hinweis | Die Tatsache, dass die Unwiderruflichkeit des Pauschalierungsantrags nicht - wie sonst üblich (s. z.B. § 4d Abs. 33 S. 2 EStG, § 43a Abs. 3 S. 5 EStG, § 50 Abs. 1 S. 6 EStG) - im Gesetz geregelt wurde, könnte dafür sprechen, von einer Widerruflichkeit auszugehen (vgl. Geserich, SteuK 2014, 93). In der Gesetzesbegründung zum JStG 2007 wird allerdings ein Widerruf des Pauschalierungsantrags nach § 37b EStG abgelehnt (BT-Drucks. 16/2712, 55).

     

    Auch die unterschiedlichen Auffassungen zur Widerruflichkeit des möglicherweise vergleichbaren Pauschalierungsantrags nach § 40 EStG helfen hier nur bedingt weiter:

     

     

    • In der Literatur findet die Rücknahmemöglichkeit des Pauschalierungsantrags nach § 40 EStG ebenfalls Zustimmung (z.B. Heuermann, DB 94, 2414; vgl. auch Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 40 EStG Rz. 15).

     

    PRAXISHINWEIS | Hier sollte sich der Berater, wenn er nach einer lohnsteuerlichen Anmeldung der Pauschalsteuer von diesem Vorhaben Abstand nehmen möchte, nicht auf das BMF-Schreiben zu § 37b EStG verlassen, sondern den Antrag widerrufen und dies ggf. in einem Rechtsbehelfsverfahren überprüfen lassen.

     

    Beachten Sie | Ebenso ist ungeklärt, ob die Pauschalsteuer unbeschränkt als Betriebsausgabe beim Zuwendenden abgezogen werden kann oder ob die Pauschalsteuer, soweit sie auf nichtabziehbare Geschenke i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG entfällt, nicht abgezogen werden kann (so BMF, a.a.O., Rz. 26). Für einen vollen Abzug könnte sprechen, dass nach § 37b Abs. 3 S. 2 EStG die Vorschrift des § 40 Abs. 3 EStG entsprechend gilt. Das FG Niedersachsen hat dies allerdings abgelehnt (FG Niedersachsen 16.1.14, 10 K 326/13, Rev. BFH: Az. IV R 13/14).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 205 | ID 42612468

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