· Fachbeitrag · Kapitalgesellschaften
Roll-over-Modell zur Heilung „vergessener“ Einlagen der Gesellschafter im steuerlichen Einlagekonto
von Prof. Dr. Hans Ott, StB/vBP, Köln
| Zu einem „Klassiker“ des Steuerrechts gehören Einlagen der Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft, die in der Feststellungserklärung nach § 27 Abs. 2 KStG versehentlich nicht als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto erfasst werden. Im Ergebnis führen solche „vergessenen“ Einlagen zu bestandskräftigen Feststellungsbescheiden i. S. d. § 27 Abs. 2 KStG, die weder einen Zugang noch einen (veränderten) Endbestand des steuerlichen Einlagekontos enthalten. Eine nachträgliche Berücksichtigung „vergessener“ Einlagen in Folgebescheiden wird durch die Grundlagenfunktion des Feststellungsbescheids nach § 27 Abs. 2 S. 2 KStG verhindert. Die spätere Rückzahlung der geleisteten Einlagen führt dann aufgrund der materiell-rechtlichen Bindungswirkung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG (vgl. BFH 11.2.15, I R 3/14, BStBl II 15, 816) zu einer der Kapitalertragsteuer unterliegenden Auszahlung und beim Anteilseigner zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. |
1. BFH-Urteil vom 25.2.25 ‒ VIII R 41/23
Mit dem Urteil vom 25.2.25 (VIII R 41/23, DStR 25, 1203), dessen praktische Auswirkungen kürzlich in dieser Zeitschrift bereits ausführlich dargestellt worden sind (vgl. Mayer, GStB 25, 258 ff.), hat der BFH entschieden, dass „vergessene“ Einlagen im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht zu einem Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG führen. Damit hat der BFH die in der Literatur vorgeschlagene Doppelmaßnahme in Form einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit anschließender Kapitalherabsetzung „abgesegnet“, die als „Heilungsmöglichkeit“ für „vergessene“ Einlagen diskutiert wurde (vgl. Binnewies, GmbHR 15, 1065, 1069, Ott, DStR 14, 673, 675). Die Durchführung der Doppelmaßnahme stellt nach überwiegender Meinung in der Literatur auch keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO dar. Die im Urteilsfall vorgenommene Kapitalherabsetzung, die nur ein Jahr nach der Kapitalerhöhung erfolgte, hat den BFH jedenfalls nicht dazu veranlasst, einen Gestaltungsmissbrauch überhaupt zu prüfen.
Im o. a. Urteil vom 25.2.25 hat der BFH unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzgebungsgeschichte klargestellt, dass „vergessene“ Einlagen bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auch nicht nach dem Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 S. 3 KStG oder aus systematischen Erwägungen zu einem Sonderausweis führen. Der BFH ist damit nicht der überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht gefolgt (vgl. z. B. Dötsch/Werner in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 28 KStG, Rz. 41, Stand: 9/2024; Stimpel in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl. 23, § 28 Rz. 37a), wonach unter „Einlagen der Anteilseigner“ i. S. d. § 28 Abs. 1 S. 3 KStG nur solche zu verstehen sind, die zuvor als Zugang zum Einlagekonto gesondert festgestellt worden sind. Vielmehr hat sich der BFH der allein auf den Wortlaut der Vorschrift gestützten Gegenansicht angeschlossen, wonach Einlagen der Anteilseigner materiell-rechtlich zu verstehen sind und daher vom Sonderausweis ausgenommen sind (zu dieser Gegenansicht vgl. Binnewies in: Streck, KStG, 10. Aufl. 22, § 28 Rz. 23; ders., GmbHR 15, 1065, 1069; Ott, DStZ 16, 227, 232; ders., DStR 14, 673, 675).
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