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  • · Fachbeitrag · Freiberufliche Tätigkeit

    Betriebsaufspaltung bei Freiberuflern: Wann ist der Weg in die Gewerblichkeit sinnvoll?

    von Dr. Helmar Fichtelmann, Ansbach

    | Der Zweck einer Betriebsaufspaltung besteht darin, aus dem vermieteten/verpachteten Unternehmen mit Einkünften aus § 21 EStG ein gewerbliches Unternehmen zu machen. Das setzt die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens voraus. Wenn wir von einer Betriebsaufspaltung bei Freiberuflern sprechen, so kann darunter nur ein Fall verstanden werden, in der die freiberufliche Tätigkeit in einer Personen- oder Kapitalgesellschaft ausgeübt wird. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Gesellschaft gewerblich tätig wird, soll in den folgenden Ausführungen untersucht werden. |

    1. Vorbemerkung

    Zunächst muss geklärt werden, in welcher Gesellschaftsform eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann. Maßgebend sind hierfür die einzelnen für freie Berufe geltenden Berufsordnungen. Beispielhaft sollen die Voraussetzungen für Steuerberater dargestellt werden.

    MERKE | Als Steuerberatungsgesellschaft können Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Partnergesellschaften anerkannt werden (§ 49 Abs. 1 StBerG). Die Anerkennung einer OHG oder KG als Steuerberatungsgesellschaft setzt voraus, dass sie wegen ihrer Treuhandtätigkeit als Handelsgesellschaft ins Handelsregister eingetragen ist (§ 49 Abs. 2 StBerG). Einzelheiten für die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft regelt § 50 StBerG.

     

    2. Die freiberufliche Tätigkeit in einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft

    2.1 Freiberufliche Tätigkeit in Gestalt einer Personengesellschaft

    Wann übt eine Personengesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit aus? Grundsätzlich gilt, dass eine Personengesellschaft (GbR) nur dann insgesamt eine freiberufliche Tätigkeit ausübt, wenn alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen (vgl. BFH 28.10.08, VIII R 69/06, BStBl II 09, 642; BFH 12.8.10, VIII 42/10, Fr 13, 281). Grund hierfür ist, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit nicht von der Personengesellschaft, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden können. Das erfordert, dass jeder Gesellschafter als Steuerpflichtiger die Hauptmerkmale des freien Berufes in eigener Person erfüllen muss (persönliche Berufsqualifikation) und die Berufstätigkeit, für die er die Qualifikation besitzt, tatsächlich ausübt.

     

    Wichtig | Erfüllt auch nur ein Gesellschafter die genannten Voraussetzungen nicht, so erzielen alle Gesellschafter (die Gesellschaftergesamtheit) keine freiberuflichen, sondern gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

     

    2.2 Sonderfall „mitunternehmerisch tätige Freiberufler-GmbH“

    Der Beteiligung eines Berufsfremden bei einer Personengesellschaft gleichgestellt ist die mitunternehmerische Beteiligung einer Kapitalgesellschaft, unabhängig von der Qualifikation der anderen Gesellschafter und ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (BFH 3.12.03, IV B 192/03, BStBl II 04, 303). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen diese Rechtsprechung des BFH nicht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss, 19.4.04, BvR 549/04).

     

    Die Beteiligung einer GmbH als Mitunternehmer an einer Personengesellschaft führt stets zu gewerblichen Einkünften (Abfärberegelung), denn eine GmbH erzielt in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG). Dies gilt auch dann, wenn hinter der GmbH Berufsträger stehen oder die GmbH z.B. eine anerkannte Steuerberatungsgesellschaft ist (BFH 8.4.08, VIII R 73/05, Abruf-Nr. 081834), da ein Durchgriff durch die GmbH im Zivil- und Steuerrecht nicht zulässig ist. Vielmehr ist eine GmbH originär gewerblich tätig und damit per se im Hinblick auf eine Freiberuflichkeit schädlich. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit können nur Freiberufler erzielen. Insoweit hat der BFH mit der Entscheidung vom 8.4.08 seine bisherige Linie konsequent fortgesetzt (vgl. BFH 4.7.07, VIII R 77/05, BFH/NV 08, 53).

    3. Sonderfall GmbH & Co. KG - Die Entscheidung des BFH vom 10.10.12

    Die GmbH & Co. KG übt eine gewerbliche Tätigkeit aus, wenn die Komplementär-GmbH als Mitunternehmerin an der KG beteiligt ist. Einen exemplarischen Fall dieser Art behandelt der BFH in seinem Urteil vom 10.10.12 (VIII R 42/10, FR 13, 281), auf das deshalb näher eingegangen werden soll.

     

    3.1 Sachverhalt

    In einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Rechtsform eine GmbH & Co. KG war die Komplementär-GmbH weder am Kapital noch am Vermögen der KG beteiligt. Am wirtschaftlichen Ergebnis der KG ist sie ebenfalls nicht beteiligt. Sie erhält lediglich eine Haftungsprämie für die Übernahme der Haftung den Gläubigern gegenüber. Die Haftung ist zwar im Innenverhältnis ausgeschlossen, was aber, wie der BFH ausdrücklich betont, im Außenverhältnis keine Wirkung zeigt. Die GmbH tätigt selbst keine Umsätze und tritt nach außen nicht als werbende Gesellschaft auf. In der Gesellschafterversammlung der KG hat sie kein Stimmrecht. Von der Geschäftsführung und der Vertretung der KG ist die GmbH ausgeschlossen. Alle Anteile an der GmbH sind im Besitz der KG.

     

    3.2 Entscheidung des BFH

    Der BFH hat die Mitunternehmerschaft der GmbH bejaht und damit die Gewerblichkeit der Einkünfte der KG festgestellt. Er begründet dies wie folgt:

     

    3.2.1 Merkmal der Unternehmerinitiative

    Mitunternehmerinitiative bedeutet nach allgemeiner Ansicht die gesellschaftlich oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme an den unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft.

     

    Es wird vom BFH nicht in Abrede gestellt, dass die Mitunternehmerinitiative im Streitfall nur schwach ausgeprägt ist. Sie wird vor allem darauf gestützt, dass zwar gesellschaftsrechtlich die Geschäftsführungsbefugnis ausgeschlossen werden könne, nicht aber die Vertretungsbefugnis (BFH 9.12.68, II ZR 33/67, BGHZ 51,198). Die Organstellung kann weder einem Kommanditisten noch einem Dritten übertragen werden (allg. Meinung). Zudem hatte die Komplementär-GmbH auch die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die den in § 716 Abs. 1 BGB geregelten Kontrollrechten bzw. den Rechten, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen, angenähert sind. Denn diese waren laut Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen. Dies verleihe der GmbH neben der Vertretungsbefugnis eine Stellung, die letztlich die Annahme einer Mitunternehmerinitiative rechtfertige.

     

    3.2.2 Merkmal des Unternehmerrisikos

    Die GmbH ist am Gewinn und am Verlust der KG nicht beteiligt, sondern erhält für ihre im Außenverhältnis nicht abdingbare unbeschränkte Haftung eine Prämie. Die Haftung reicht für den BFH im Anschluss an die Entscheidung des BFH vom 11.6.85 (VIII R 252/80, BStBl II 87, 33) aus, ein Mitunternehmerrisiko zu bejahen.

     

    3.3 Kritische Beurteilung der Entscheidung des BFH

     

    3.3.1 Ist die Komplementär-GmbH Gesellschafterin?

    Steuerlicher Mitunternehmer kann nur sein, wer gesellschaftsrechtlich Gesellschafter ist (BFH 25.6.84, GrS 4/82, BStBl II 84, 751). Erörtert wurde diese Frage vom BFH nicht, obwohl hierzu Veranlassung bestanden hätte. Gegen die Gesellschafterstellung der GmbH in der KG bestehen so erhebliche Bedenken, dass man ein Eingehen des BFH hierauf hätte erwarten müssen. Das hängt z.T. wohl auch damit zusammen, dass in der Entscheidung nicht scharf genug zwischen Gesellschafterstellung und Mitunternehmerschaft unterschieden wird.

     

    Eine Personengesellschaft wird gekennzeichnet durch die Verpflichtung der Gesellschafter, einen gemeinsamen Zweck in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB).

     

    Gegen eine Gesellschafterstellung der GmbH spricht der Ausschluss der Beteiligung am Gewinn. Gesellschaftsrechtlich zulässig ist nur die Nichtbeteiligung am Verlust. Ohne Beteiligung am Gewinn kann der gemeinschaftliche Zweck nicht erreicht werden (vgl. BFH 28.10.99, VIII R 42/98, BStBl II 00, 399). Die Zahlung einer Haftungsprämie ist einer Gewinnbeteiligung nicht gleichzusetzen, einmal, weil sie auch in Verlustjahren anfällt, und zum zweiten, weil sie nicht aus dem erwirtschafteten Gewinn fließt (BFH 28.10.99, VIII R 42/98, BStBl II 00, 399). Auch der Ausschluss der Mitwirkung bei der Gewinnfeststellung und Gewinnverteilung steht der Annahme der Gesellschafterstellung entgegen, denn wenn man schon die Feststellungskompetenz eines Kommanditisten als unerlässlich ansieht (vgl. BGH 22.3.96, II RZ 263/94, BGHZ 132, 263), um wie viel mehr muss das für den Komplementär gelten (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 2 c).

     

    Der Ausschluss der GmbH von der Geschäftsführung, den die Rechtsprechung (vgl. BGH 9.12.68, II RZ 33/67, BGHZ 51/198) für die Gesellschafterstellung als unschädlich ansieht, gewinnt im Zusammenhang mit anderen gegen die Gesellschafterstellung sprechenden Merkmalen Bedeutung. Insgesamt kann m.E. eine Gesellschafterstellung der GmbH nicht bejaht werden. Die nicht abdingbare Vertretungsbefugnis der GmbH vermag daran nichts zu ändern. Sie bleibt eine formale Rechtsposition ohne tatsächliches Gewicht, da die GmbH & Co. KG nach außen nicht in Erscheinung getreten ist.

     

    3.3.2 Liegt eine Mitunternehmerschaft der GmbH vor?

    Selbst wenn man die Gesellschafterstellung als Voraussetzung für die Mitunternehmerschaft der GmbH bejahte, müssen doch erhebliche Zweifel am Bestehen einer Mitunternehmerschaft geäußert werden. Die unter 3.3.1 geäußerten Bedenken gelten auch für die Beurteilung der Mitunternehmerschaft.

     

    Die Nichtentziehbarkeit der Vertretungsbefugnis der GmbH für die KG kann nicht als Argument für die Mitunternehmerschaft verwendet werden. Sie begründet keine Mitunternehmerinitiative der GmbH. Es muss vielmehr gefragt werden, welches Gewicht die Vertretungsbefugnis besitzt. Die GmbH & Co. KG ist nach außen nicht in Erscheinung getreten. Es gab also nichts, was die GmbH zu vertreten gehabt hätte. Im Übrigen setzt die Vertretung nach außen eine interne Willensbildung voraus, was nach außen vertreten werden soll. Der Begriff der Mitunternehmerinitiative verlangt, dass alle Gesellschafter an den Entscheidungen beteiligt werden (vgl. Karl, BB 10, 1311). Von dieser Entscheidungsfindung ist die GmbH ausgeschlossen, da ihr kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zusteht. Die KG als Alleingesellschafterin der GmbH kann zudem der GmbH Weisung erteilen, die diese befolgen muss.

     

    Dass ein Unternehmerrisiko auch dann bestehen kann, wenn im Innenverhältnis die Haftung ausgeschlossen ist, soll nicht bestritten werden. Doch worin besteht denn bei einer Steuerberatungsgesellschaft das Haftungsrisiko? Die Gesellschaft muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, die im Normalfall den Schaden abdeckt. Wird die Komplementärin vor der KG in Anspruch genommen, kann sie von der KG Ausgleich verlangen, da sie von der Haftung freigestellt ist. Wirtschaftlich gesehen stellt die Haftung der GmbH keine ins Gewicht fallende Belastung dar. Sie kann deshalb i.S.d. Mitunternehmerschaft keine Rolle spielen (vgl. Karl, GmbHR 13, 163).

     

    MERKE | Wir haben eine nur schwach ausgeprägte Unternehmerinitiative, wie der BFH selbst feststellt. Folgt man der Rechtsprechung des BFH weiter, wäre ein besonders ausgeprägtes Unternehmerrisiko zur Annahme einer Mitunternehmerschaft der GmbH erforderlich. Denn nur so kann eine schwach ausgeprägte Unternehmerinitiative ausgeglichen werden (BFH 8.4.08, VIII R 73/05, BStBl II 08, 681; kritisch Haep in H/H/R, § 15 Anm. 305).

     

    Ergebnis: In der Entscheidung vom 10.10.12 besteht eine schwache Mitunternehmerinitiative, die von einem schwachen Mitunternehmerrisiko begleitet wird. Aus zwei schwachen Elementen der Mitunternehmerschaft leitet selbst der BFH keine Mitunternehmerschaft ab. Vorliegend kann der Komplementär-GmbH keine Mitunternehmerstellung zugesprochen werden.

    4. Welche Folgen sind zu ziehen?

    Wird die GmbH nicht als Gesellschafterin der GmbH & Co. KG behandelt, besteht die KG nur aus „Kommanditisten“. Da es eine solche Gesellschaft nicht gibt, ist die nominelle GmbH & Co. KG faktisch eine BGB-Gesellschaft, in der alle Gesellschafter zur Geschäftsführung (§ 709 BGB) und Vertretung (§ 714 BGB) berufen sind und beschränkt als Gesamtschuldner haften, oder nach den Umständen des Einzelfalls eine OHG.

     

    Die Stellung der GmbH in dieser Personengesellschaft ist in ein Rechtsverhältnis umzudeuten, das den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird. Der GmbH war die Befugnis eingeräumt worden, die Gesellschaft zu vertreten. Da eine gesetzliche Vertretungsbefugnis auszuschließen ist (sie steht nur Gesellschaftern zu), kann es sich nur um eine Vertretungsvollmacht handeln. Zugrunde liegt dieser Vollmacht (Außenverhältnis) ein Auftragsverhältnis (Innenverhältnis) der Gesellschafter als Auftraggeber mit der GmbH als Beauftragter (§§ 662 BGB).

     

    Beachten Sie | Der Auftrag kann von den Gesellschaftern jederzeit widerrufen und von der GmbH gekündigt werden (§ 671 Abs. 1 BGB). Bisher für die GmbH & Co. KG abgeschlossene Rechtsgeschäfte bleiben rechtswirksam.

     

    PRAXISHINWEIS | Über die Art der Einkünfte ist im Gewinnfeststellungsbescheid nach den §§ 179 Abs. 1 und 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO zu entscheiden. Inzidenter wird über die Nichtbeteiligung der GmbH entschieden, wenn der Gewinn/Verlust allein den anderen Gesellschaftern zugerechnet wird. Ein negativer Gewinnfeststellungsbescheid ist hierin nicht zu sehen.

     

    5. Fazit

    • 1. Eine in Gestalt einer Personengesellschaft tätige Personengruppe wird steuerlich gewerblich tätig, wenn auch nur eine mitunternehmerisch beteiligte Person die für eine freiberufliche Tätigkeit erforderliche Qualifikation nicht besitzt.
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    • 2. In einer GmbH & Co. KG führt die Beteiligung einer GmbH stets zu gewerblichen Einkünften, wenn sie im steuerlichen Sinne neben Personen mit freiberuflicher Qualifikation mitunternehmerisch beteiligt ist.

     

    • 3. Die gesellschaftsrechtliche Stellung der (Komplementär-)GmbH wird vielfach so eingeschränkt, dass geprüft werden muss, ob sie gesellschaftsrechtlich noch als Gesellschafter anzusehen ist. Ist das nicht der Fall, würde sie auch als steuerlicher Mitunternehmer ausscheiden.

     

    • 4. Gesellschaftsrechtlich könnte die Gesellschaft nach Nichtberücksichtigung der GmbH als Gesellschafterin nach den Umständen des Einzelfalls in eine BGB-Gesellschaft oder eine OHG umgedeutet werden, in der alle Gesellschafter unbeschränkt haften würden. Wird nur die Mitunternehmerstellung der GmbH verneint, ändert sich an der Rechtsform der GmbH & Co. KG nichts. Jedoch besteht die Mitunternehmerschaft ohne die GmbH, sodass insgesamt nur freiberufliche Einkünfte festzustellen sind.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 347 | ID 42247741

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