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  • Stille Gesellschaft

    Die Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft

    von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht Prof. Dr. Annemarie Butz-Seidl, FH Würzburg-Schweinfurt-Aschaffenburg

    Die Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen, jedoch sind die steuerlichen Konsequenzen sehr unterschiedlich. Nachfolgend werden verschiedene Möglichkeiten und Gestaltungshinweise vorgestellt.

    1. Abgrenzung „ typisch/atypisch stille Gesellschaft“

    Ein „stiller“ Gesellschafter beteiligt sich an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage (§ 230 Abs. 1 HGB). Einkommensteuerrechtlich ist folgende Differenzierung zu beachten:

    Eine typisch stille Gesellschaft – in Abgrenzung zu der atypisch stillen Gesellschaft – ist gegeben, wenn der stille Gesellschafter im Sinne der §§ 230 ff. HGB nicht als Mitunternehmer anzusehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist dies aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

    Eine atypisch stille Gesellschaft liegt vor, wenn der stille Gesellschafter im Rahmen des Handelsgewerbes, an dem er beteiligt ist, Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Für die Annahme einer Mitunternehmerschaft müssen zwar beide Merkmale vorliegen, können aber mehr oder weniger ausgeprägt sein (vgl. BFH 11.12.90, VIII R 122/86, DStR 91, 457 m.w.N.).

    Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder wirt-schaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich Geschäftswert vermittelt. Mitunternehmer-initiative liegt bereits vor, wenn im wesentlichen die Einsichts- und Kontrollrechte des § 233 HGB vorliegen.

    Ist der alleinige Anteilsinhaber einer Komplementär-GmbH zugleich stiller Gesellschafter der GmbH & Co. KG und führt er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der GmbH & Co. KG, so ist er selbst dann atypisch stiller Gesellschafter (Mitunternehmer), wenn er weder am Verlust noch an den stillen Reserven noch am Geschäftswert der GmbH & Co. KG beteiligt ist (BFH 11.12.90, aaO).

    Gewinnanteile aus einer typisch stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe im Sinne der §§ 230 ff. HGB stellen grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dar (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Bei der atypisch stillen Gesellschaft sind die erzielten Erträge Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

    2. Beendigung der typisch stillen Gesellschaft

    Wenn eine typische stille Gesellschaft beendet wird, sind mehrere Gestaltungen möglich, die sehr unterschiedliche steuerliche Konsequenzen haben.

    2.1 Rückzahlung des Nominalwerts der Einlage

    Aus steuerlicher Sicht ist es völlig problemlos, wenn der typisch stille Gesellschafter nur den Nominalwert seiner Einlage zurückerhält. Die Rückzahlung der Einlage ist ein (einkommensteuerlich unbeachtlicher) Vorgang auf der Vermögensebene.

    2.2 Zahlung einer Abfindung bei Beendigung der Gesellschaft

    In der Praxis wird dem typisch stillen Gesellschafter bei Beendigung der stillen Gesellschaft oft eine Abfindung ausgezahlt, die den Betrag seiner Einlage übersteigt.

    Beispiel

    G ist als stille Gesellschafterin an der X-KG beteiligt; die Beteiligung gehört zu ihrem Privatvermögen. Das Rechtsverhältnis bestimmt sich im einzelnen nach dem Gesellschaftsvertrag. Nach § 1 dieses Vertrages ist G als typisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 250.000 DM beteiligt. In § 6 des Vertrages ist bestimmt, daß die stille Gesellschaft zu Lebzeiten der G weder von dieser noch von der X-KG gekündigt werden kann.

    G und die Gesellschafter der X-KG sind nunmehr aber zerstritten. Zur Beendigung der stillen Gesellschaft wird G von der X-KG daher eine Abfindung in Höhe von 350.000 DM bezahlt.

    Soweit die Abfindung als Rückzahlung der stillen Einlage anzusehen ist, liegt ein (einkommensteuerlich unbeachtlicher) Vorgang auf der Ver-mögensebene vor, hier also in Höhe von 250.000 DM.

    Der über den Nennbetrag der Einlage hinausgehende Erlös von 100.000 DM ist als „besonderes Entgelt“ im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG anzusehen. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung sind.

    Der BFH geht davon aus, daß eine den Nennbetrag der Einlage übersteigende Abfindung gezahlt wird, um dem stillen Teilhaber ein zusätzliches Entgelt für die Überlassung der Einlage zu gewähren  (BFH 14.2.84, BStBl II, 580/582). Der Mehrbetrag diene nicht dazu, einen höheren „Wert“ der Einlage abzugelten. Der stille Gesellschafter hat keinen Wertanteil am Gesellschaftsvermögen (vgl. § 335 HGB), sondern einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auszahlung seines vereinbarten Gewinnanteils und – bei Beendigung der Gesellschaft – auf Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens.

    Soweit Wertsteigerungen des Betriebsvermögens bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens zu berücksichtigen sind, führen sie lediglich (bei fehlender Mitunternehmerinitiative) zu einer Erhöhung des Gewinnanteils für das letzte Geschäftsjahr. Der Wert der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird dadurch nicht beeinflußt.

    Der Mehrerlös unterlag bis Ende 1998 grundsätzlich dem halben durchschnittlichen Steuersatz nach § 24 Nr. 1b i.V.m. § 34 EStG. Ab 1999 greift nur noch die sogenannte Fünftel-Regelung. Eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1b EStG ist insbesondere dann gegeben, wenn eine den Betrag der Vermögenseinlage übersteigende Abfindung anläßlich der vorzeitigen Auflösung einer stillen Gesellschaft gezahlt wird (BFH 14.2.84, BStBl II, 580/583).

    2.3 Veräußerung der stillen Beteiligung an Gesellschaftsfremde

    Eine Beendigung der stillen Gesellschaft kann auch erreicht werden, indem die stille Beteiligung an Gesellschaftsfremde veräußert wird, zum Beispiel an ein Familienmitglied oder eine – gegebenenfalls neu gegründete – GmbH.

    Beispiel

    G ist als stille Gesellschafterin an der X-KG beteiligt. Die stille Einlage beträgt 250.000 DM; die Beteiligung gehört zu ihrem Privatvermögen. Durch schriftlichen Vertrag hat G „im Einvernehmen mit der X-KG“ ihre stille Beteiligung gegen Zahlung von 350.000 DM auf die Y-GmbH übertragen.

    Zunächst gilt auch hier: Soweit die Abfindung als Rückzahlung der stillen Einlage von 250.000 DM anzusehen ist, liegt ein (einkommen-steuerlich unbeachtlicher) Vorgang auf der Vermögensebene vor. Anders als im vorherigen Fall ist hier jedoch auch der übersteigende Teil von 100.000 DM eine steuerfreie Vermögensverwertung. Der über den Nennbetrag der Einlage hinausgehende Erlös kann nicht als Einkünfte im Sinne des § 20 EStG angesehen werden.

    Begründung: Gewinne, die durch die Verwertung einer Kapitaleinlage erzielt werden, sind keine Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG (BFH 11.2.81, BStBl II, 465/466). Der zugeflossene Mehrerlös kann auch nicht den „besonderen Entgelten und Vorteilen“ im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG zugerechnet werden. Dazu gehört alles, was der stille Gesellschafter als Gegenleistung für die Überlassung der Einlage erhält. Der über den Nennbetrag der Einlage hinausgehende Erlös wird hier aber nicht vom Geschäftsinhaber erbracht, sondern für die Übertragung der Beteiligung von einem bislang nicht beteiligten Dritten. Damit steht der zugeflossene Mehrerlös nicht im Zusammenhang mit der (Nutzungs-)Überlassung der Einlage.

    Fazit: Die Veräußerung einer typisch stillen Beteiligung an einen Dritten hat als Vorgang in der privaten Vermögenssphäre grundsätzlich keine ertragsteuerlichen Auswirkungen (BFH 11.2.81, BStBl II, 465).  Ausnahmen:

    • Die stille Beteiligung wird innerhalb der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG von einem Jahr verkauft.
    • Die stille Beteiligung befindet sich im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters.

    Für den Erwerber stellt sich die Anschaffung wie der Kauf eines Wertpapiers dar. Es kann für den Erwerber unter Umständen empfehlenswert sein, die Beteiligung in ein Betriebsvermögen einzulegen bzw. gleich für das Betriebsvermögen zu erwerben. Denn stellt sich heraus, daß sich seine Gewinnerwartungen nicht erfüllen und er die Beteiligung somit zu teuer erworben hat, kann er eine Teilwertabschreibung vornehmen. Die Wertminderung muß allerdings von Dauer sein; im übrigen ist das sogenannte Wertaufholungsgebot zu berücksichtigen.

    Hinweis: Es können sich steuerliche Probleme ergeben, wenn mit dem Veräußerungspreis auch die vor dem Gesellschafterwechsel entstandenen Gewinne abgegolten werden sollen, die dem Veräußerer noch nicht zugeflossen sind. Fraglich ist, ob und inwieweit der Gewinnanteil noch dem Veräußerer und dem Erwerber zuzurechnen ist. Auch der Versteuerungszeitpunkt ist fraglich. Vgl. hierzu: Dötsch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 20 Rz 125 ff.

    2.4    Vermögensverluste der Einlage durch Konkurs bzw. Insolvenz und Liquidation des Handelsgewerbes

    Ebenso wie die Veräußerung ist auch der Verlust einer typisch stillen Beteiligung lediglich ein Vorgang auf der Vermögensebene. Verliert der stille Gesellschafter seine Beteiligung durch Konkurs bzw. Insolvenz und Liquidation des Handelsgewerbes, ergeben sich für ihn somit keine ertragsteuerlichen Auswirkungen.

    Ist der Minderheits-Gesellschafter einer GmbH zugleich stiller Gesellschafter und verliert er seine stille Beteiligung durch Konkurs bzw. Insolvenz und Liquidation, wird der Verlust auch nicht als Werbungskosten bei den Beteiligungseinkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt. Aufwendungen für eigenkapitalersetzende Maßnahmen sind mit den Anschaffungskosten der Beteiligung vergleichbar und wie der Verlust der Beteiligung selbst dem privaten Bereich des Steuerpflichtigen zuzurechnen. Dies gilt auch, wenn die stille Beteiligung eingegangen worden ist, um die GmbH vor dem Konkurs zu bewahren (BFH 28.5.97, BStBl II, 724; vgl. auch Schmidt, EStG, § 20 Rz 147 m.w.N.).

    Von den Verlusten auf der Vermögensebene abzugrenzen sind laufende Verluste des Handelsgewerbes, soweit diese die Einlage des stillen Gesellschafters mindern: Die auf die Beteiligung eines stillen Gesellschafters entfallenden laufenden Verluste (vgl. § 232 Abs. 1 HGB) sind bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG grundsätzlich bis zur Höhe der Einlage als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. Schmidt, EStG, § 20 Rz 143 m.w.N.). Der laufende Verlustanteil eines typisch stillen Gesellschafters kann steuerlich allerdings aufgrund des Zu- und Abflußprinzips erst nach Feststellung des Jahresabschlusses des Handelsgewerbes geltend gemacht werden.

    Schrifttum

    Geck, DStR 94, 657;

    Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 16 Rz 335 ff.;

    Schmidt, EStG, § 20 Rz 147 m.w.N.;

    OFD Frankfurt/M. 26.6.96, S 2241 A-37-St II 21, FR 96, 604.

    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 10/1999, Seite 324

    Quelle: Ausgabe 10 / 1999 | Seite 324 | ID 103459

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