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· Lohnentwicklung ab 1.1.2021

Trotz Corona-Krise: Mindestlohn soll auf 9,50 Euro steigen ‒ Kommissionsvorschlag umstritten

Bild: © psdesign1 - stock.adobe.com

| Zum 01.01.2021 soll der Mindestlohn um 15 Cent auf 9,50 Euro je Stunde steigen. Die Steigerung orientiert sich nachlaufend am Tarifindex und an den Tarifabschlüssen. Doch die Corona-Folgen sind da noch nicht absehbar gewesen. Entsprechend groß ist der Unmut über die Vorschläge in der Wirtschaft. |

 

  • Empfehlungen der Mindestlohnkommission

01.01.2021

9,50 Euro

01.07.2021

9,60 Euro

01.01.2022

9,82 Euro

01.07.2022

10,45 Euro

 

Beschlüsse Bundestag und Bundesrat stehen noch aus

Bundestag und Bundesrat müssen diesem Vorschlag aber noch zustimmen. Ob das so einfach wird, ist wegen der wirtschaftlich angespannten Lage umstritten. In zahlreichen Stellungnahmen verweisen Berufsverbände auf die Folgen der Corona-Krise. Ein Aufschub sei dringend erforderlich (Stellungnahmen).

 

Am 03.07.2020 wird im Bundesrat zudem beschlossen, dass auch die geänderte EU-Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie ins deutsche Recht übertragen wird. Das heißt: Mindestlohnansprüche auch für die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland.

 

 

Das IW Institut für der deutschen Wirtschaft schreibt neutral: „Mit der Rezession durch die Coronavirus-Pandemie wird der Mindestlohn einer Bewährungsprobe ausgesetzt.“

 

Beachten Sie | Durch die Koppelung an an Tarifindex und Tarifabschlüsse soll eigentlich abgesichert werden, dass bei schwächeren Tarifabschlüssen auch der Mindestlohn nicht überproportional steigt. Das Problem ist, dass die Bestimmung des Mindestlohnvorschlags sich an bereits bestehenden Tarifabschlüssen orientiert. Immerhin: Auch den politischen Forderungen nach 12 Euro Mindestlohn wurde damit eine Absage erteilt.

 

Seit 2015 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn (damals 8,50 Euro). In den Jahren 2017 und 2018 betrug er 8,84 Euro, seit 2019 9,19 Euro und seit 2020 beträgt er 9,35 Euro brutto pro Stunde.

 

Beachten Sie | Mit dem Mindestlohn wurde indirekt eine Höchstarbeitszeit bzw. Maximalstundenzahl eingeführt. Arbeiten Minijobber über diese Stundengrenze hinaus, wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Bei einem Stundenlohn von bisher 9,19 Euro (2019) beträgt die zulässige Höchstarbeitszeit 48,96 Stunden pro Monat. Aufgrund des erhöhten Stundenlohns im Jahre 2020 sinkt die Höchstarbeitszeit nun geringfügig (450 Euro: 9,35 Euro = 48,12 Stunden).

 

 

Hintergrund zum Mindestlohn

Die Mindestlohnkommission berät alle zwei Jahre über die Anpassungen der Höhe des Mindestlohns. Zu ihr gehören Vertreter von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaft. Sie soll eine Abwägung vornehmen, nach der

  • ein Mindestschutz der Arbeitnehmer gewährleistet wird,
  • der faire Wettbewerb erhalten bleibt und
  • die Beschäftigung für Unternehmer noch möglich (lukrativ) ist.

 

Bild: Quelle: BMAS | Grafik: IWW Institut

Bei der Anhebung zum 01.01.2021 auf 9,50 Euro brutto / Stunde richtete sich die Kommission nach dem Betrag, der sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts aus dem Tarifindex ergibt.

Dokumentationspflicht

Um den Nachweis zu erbringen, dass Unternehmer den Mindestlohn auch zahlen, besteht in bestimmten Branchen die Pflicht, die Arbeitszeiten zu notieren. Die Dokumentationspflicht gilt nur für

  • geringfügig Beschäftigte (Ausnahme: Minijobber im privaten Bereich) und

 

Diese Branchen müssen Arbeitszeiten aufschreiben:

 

  • Baugewerbe
  • Gaststätten und Herbergen
  • Spedition, Transport und Logistik
  • Forstwirtschaft
  • Gebäudereinigung
  • Messebau
  • Fleischwirtschaft
  • Zeitungszusteller
  • Paketdienste

 

PRAXISTIPPS |

  • 2. Pausenzeiten können Sie herausrechnen; die Dauer und Lage der Pausen sind irrelevant.
  • 3. Das BMAS hat auch eine App zur Erfassung entwickelt: Android iOS
 

Dokumentationsrahmen

  • Keine Unterschriften erforderlich
  • Korrekheit der Liste muss Arbeitgeber sicherstellen
  • Die Dokumentation darf max. eine Woche aufgeschoben werden
  • Halten Sie die Dokumentation griffbereit (Kontrolle durch den Zoll)

Relevante Gesetze zum Mindestlohn im Überblick

 

 

  • Lesen Sie dazu auch ...
  • Arbeitshilfe: Vordruck Dokumentation Arbeitszeiten → Abruf-Nr. 45417087
  • Arbeitshilfe: Mindestlöhne nach AEntG, AÜG und TVG → Abruf-Nr. 45417552
  • Arbeitshilfe: Ausländer und Mindestlohn: 6 Musterbeispiele zur Qualifikationsanalyse → Abruf-Nr. 45417555
  • Mindestlohn für Studenten: Eine Broschüre des BMAS → Abruf-Nr. 45417554
  • Broschüre der Bundesagentur für Arbeit zur Beschäftigung von Flüchtlingen → Abruf-Nr: 44837135
  • Broschüre der Bundesagentur für Arbeit zum Eingliederungszuschuss → Abruf-Nr: 44891852
  • Leitfaden für Unternehmer „Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Beschäftigung“, DIHK, Stand Februar 2017 → Abruf-Nr: 44867600
 

 

 

(JT)

 

Weiterführende Links

Quelle: ID 46675984