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· Mindestlohn

Aussetzen des Mindestlohns verfassungsgemäß: aber voller Nachtarbeitszuschlag!

| Zeitungszusteller waren bislang vom Mindestlohn ausgenommen. Ihr Lohn war erst schrittweise auf das gesetzliche Niveau angehoben worden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied jetzt: Die Übergangsregelung war rechtens und verstößt nicht gegen das Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes. Zusteller, die dauerhaft nachts Zeitungen austragen, haben Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag (30 Prozent des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns) e‒ BAG, Urteil vom 25.4.2018, 5 AZR 25/17 . |

Der Fall

Eine Zustellerin hatte sich bis in die höchste Instanz durchgeklagt. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6.00 Uhr morgens zu. Arbeitsvertraglich vereinbart war eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent auf den Stücklohn.

 

Der beklagte Vertrieb zahlte entsprechend einer geltenden Übergangsregelung 2015 nur 75 Prozent des Mindestlohns; 2016 dann 85 Prozent und erst 2017 den vollen Mindestlohn von 8,50 Euro (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG).

 

Das Arbeitsgericht (erste Instanz) hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Bremen (zweite Instanz) hat angenommen, § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin konnte daher 2015 und 2016 nur den geminderten Mindestlohn von 6,38 Euro brutto (2015) bzw. 7,23 Euro brutto (2016) beanspruchen. Darauf sei für Nachtarbeit ein Zuschlag von 25 Prozent zu zahlen. Es hat der Klägerin insgesamt 236,24 Euro brutto nebst Zinsen als weiteren Nachtarbeitszuschlag zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

Nachtarbeitszuschlag: Kleiner Erfolg für die Zustellerin

Die Revision des Zeitungslogistikers nur 10 Prozent Nachtarbeitszuschlag auf den Mindestlohn zu zahlen, hat das BAG abgelehnt. Im Gegenteil: Die Zustellerin habe wegen ihrer Dauernachtarbeit einen Anspruch auf 30 Prozent Zuschlag entsprechend des Bruttoarbeitsentgelts. Insoweit war die Revision der Klägerin erfolgreich. Ansonsten hat das BAG die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Diese hatte im Streitzeitraum nur Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn. § 24 Abs. 2 MiLoG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat die ihm bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften vom Bundesverfassungsgericht eingeräumte besondere Gestaltungsfreiheit mit der auf drei Jahre begrenzten Sonderregelung des Mindestlohns für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller nicht überschritten.

 

Quelle | BAG, Urteil vom 25.4.2018, 5 AZR 25/17

Quelle: ID 45276333