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  • · Fachbeitrag · Rechnungswesen

    Ursachen und Maßnahmen zur Vermeidung einer Kostenremanenz

    von Dipl.-Bw. Jörgen Erichsen, Leverkusen

    | Als Kostenremanenz bezeichnet man das häufig zu beobachtende Phänomen, dass die Kosten bei einem rückläufigen Beschäftigungsgrad nicht im gleichen Maße sinken, in dem sie zuvor bei zunehmender Beschäftigung angestiegen sind. Die höheren Kosten (Abschreibungen für stillgelegte Maschinen, Personalkosten oder Kosten für nicht sofort kündbare Verträge) werden als remanente Kosten bezeichnet. Der Beitrag zeigt wesentliche Ursachen von Kostenremanenz und legt dar, was getan werden kann, um einen Anstieg zumindest zu begrenzen. |

    1. Ursachen und Hintergründe von Kostenremanenz

    In Zeiten von Umsatzeinbrüchen und Absatzflauten ist es für einen Unternehmer schwer zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, bestehende Überkapazitäten abzubauen, weil es sich um einen dauerhaften Einbruch des Absatzes handelt, oder ob es besser ist, die höheren Bereitschaftskosten zu tragen, um die Produktionsbereitschaft und Kapazität für einen möglichen späteren Aufschwung zu sichern.

     

    Gehen die Verkaufszahlen zurück, verringern sich die Kosten selten im gleichen Umfang, sondern sie liegen höher als zu Beginn des Wachstums (Abb. 1). Das liegt bspw. daran, dass die Fixkosten steigen, weil in neue und größer dimensionierte Anlagen investiert wurde, um evtl. weitere Steigerungen zu kompensieren. Oder es ist erforderlich, die EDV zu erweitern und man investiert in „zukunftsfähige“ Module, die zum Zeitpunkt der Investition noch nicht vollständig genutzt werden.

     

     

    Abb. 1: Schematische Darstellung von Kostenremanenz

     

    In beiden Fällen lassen sich die Kosten bei einem Absatzmengen- bzw. Umsatzrückgang kaum reduzieren, weil es nicht möglich ist, z.B. nur Teile des Anlagevermögens zu verkaufen. Die Strukturen wurden geschaffen und bleiben oft erhalten, auch wenn sich die Marktlage ändert. Auch vermeintlich variable Kosten können i.d.R. kurzfristig nur geringfügig reduziert werden, weil z.B. länger laufende Verträge mit festen Abnahmemengen abgeschlossen worden sind.

     

    • Hauptursachen für Kostenremanenz

    Im Wesentlichen sind es folgende Ursachen, die zu einem unnötigen Maß an 
Kostenremanenz in den Betrieben führen:

    • Fehlende Kostentransparenz und fehlendes Wissen um die Hintergründe von Kostenentstehung,
    • falsch verstandene Kundenorientierung, weil viele Entscheidungsträger gerade in mittelständischen Unternehmen immer noch der Auffassung sind, dass man jeden Auftrag annehmen und jeden Kunden gleichermaßen umfassend und gut betreuen muss,
    • ständig steigende Sortimentsbreite und -tiefe in Folge der falsch verstandenen Kundenorientierung sowie geringe Verdienstmöglichkeiten bzw.
    • nach wie vor ausgeprägtes Umsatzdenken in vielen Unternehmen und fehlende aussagekräftige Erfolgsgrößen wie mehrstufige Deckungsbeiträge von Produkten und Kunden oder Kaufregelmäßigkeiten.
     

    2. Kostenremanenz reduzieren und vermeiden

    Um das Problem der Kostenremanenz für Unternehmen zu entschärfen, ist es zunächst unabdingbar, sich einen fundierten Überblick über die Relevanz für den Betrieb zu verschaffen und sich zu überlegen, wie und mit welchen Werkzeugen nach Lösungen gesucht werden kann.

     

    2.1 Bestandsaufnahme durchführen und Transparenz herstellen

    Der erste Schritt sollte daher in einer Bestandsaufnahme bestehen, mit der möglicher Handlungsbedarf erkannt und bestimmt werden kann. Die Bestandsaufnahme kann auf relativ einfache Weise mithilfe der Checkliste in Abbildung 2 durchgeführt werden. Die Fragen müssen im Betrieb von den Führungskräften ehrlich beantwortet werden. Können mehr als 2 bis 3 Fragen nicht oder negativ beantwortet werden, besteht in der Regel Handlungsbedarf. Je mehr negative Antworten gegeben werden, desto akuter ist das Problem.

     

    Checkliste / Handlungsbedarf Kostenremanenz

    Ja
    Nein
    Weiß nicht
    Grundlegende Handlungsempfehlungen

    Ist das Thema Kostenremanenz mit seinem Problempotenzial den Führungskräften im Betrieb bewusst? Wird regelmäßig darüber gesprochen oder gibt es Schulungen?

    Thema regelmäßig mit Führungskräften besprechen, ggf. Schulungen durchführen

    Sind die 3 - 5 größten Kostenblöcke sowie deren Anteil an den Gesamtkosten und die Entwicklung der letzten 2 - 3 Jahre bekannt?

    Kostenartenanalyse durchführen

    Werden die Preise für alle Produkte kalkuliert? Werden auch die Kosten für alle Produktvarianten kalkuliert?

    Produktkalkulation durchführen, Variantenkosten/-preise ermitteln

    Gibt es für Kunden und Produkte eine ABC-Unterteilung nach Deckungsbeiträgen (DB), nicht nach Umsatz?

    ABC-Unterteilung mit spezifischen DB vornehmen

    Werden bei der Deckungsbeitragsbetrachtung spezifische (mehrstufige) Deckungsbeiträge (DB) berechnet?

    s. vorherige Frage

    Ist die Anzahl von Produktvarianten und Sondermodellen in den letzten 2 - 3 Jahren in etwa konstant geblieben?

    Varianten-/Modellanalyse durchführen

    Sind die Losgrößen in den letzten 2 - 3 Jahren in etwa konstant geblieben? Ist es möglich, mit den aktuellen Losgrößen kostendeckend zu arbeiten?

    Losgrößenanalyse und -kalkulation durchführen

    Werden regelmäßig Prozessanalysen vorgenommen, um Hemmnisse aufdecken und Vereinfachungen sowie Beschleunigungen vornehmen zu können?

    Jährliche Prozessanalysen in wichtigen Bereichen, z.B. Einkauf, Produktion, Verkauf vornehmen

    Können künftig weiter die aktuellen Skalenvorteile in der Beschaffung realisiert werden (bleiben die Bezugsmengen so hoch, dass weiter hohe Mengenrabatte im Einkauf realisiert werden können)?

    Voraussichtliches Bestellvolumen ermitteln, mit Lieferanten verhandeln, alternative Anbieter suchen

    Gibt es einen genauen Überblick über alle Lagerbestände und die Umschlagshäufigkeiten (Einkaufs- und Verkaufsteile)?

    Lageranalyse vornehmen, Umschlagshäufigkeit ermitteln, Warenwirtschaftssystem verbessern

    Werden Kunden, die nur geringe DB IV erwirtschaften, bestimmte Kosten in Rechnung gestellt, z.B. für Frachten oder Bearbeitung oder wird mit Mindestbestellmengen gearbeitet?

    Kundenstammanalyse vornehmen und Möglichkeiten von „Sanktionierungen“ prüfen

    Wird bei Investitionsentscheidungen o.Ä. berücksichtigt, dass es zu Kostenremanenz kommen kann? Wird regelmäßig nach Lösungen gesucht, Kostenremanenz zu vermeiden oder zu entschärfen?

    Investitionsentscheidungen unter bes. Berücksichtigung von Kostenremanenz und Erlösstabilität treffen

    Wird im Unternehmen systematisch Kostenmanagement betrieben, also nach Möglichkeiten gesucht, die Kosten sehr früh, möglichst bei der Entwicklung, positiv zu beeinflussen?

    Kostenmanagement einführen/intensivieren

    Ist die EDV auf dem neuesten Stand, sodass z.B. moderne Warenwirtschafts-, Planungs- und Abrechnungsprogramme genutzt werden können?

    Aktualisierung prüfen, Kostenremanenz bedenken, mögl. modulares System mit „Rückbaumöglichkeiten“ wählen

    Wird bei Erweiterungen, z.B. in der EDV, der Produktion oder bei Standorten darauf geachtet, dass Kapazitäten modular ausgeweitet und ggf. reduziert werden können?

    s. vorherige Frage

    Wird im Einkauf bei A-Beschaffungsgütern konsequent versucht, Verträge so zu gestalten, dass sie flexibel an sich ändernde Bestellvolumina anpassbar sind (um Variabilität der Kosten zu erhalten)?

    Vertragsmanagement prüfen/anpassen

    Wird der Vertrieb geschult, nur noch Order mit positiven DB IV anzunehmen? Werden ggf. sogar konkrete Vorgaben je Kunde/Produkt gemacht und das Vergütungssystem angepasst?

    Vertriebsschulungen vornehmen, Entgeltsystem anpassen, Kundeninformationen vornehmen

     

    Abb. 2: Checkliste Handlungsbedarf erkennen

     

    2.2 Ausgewählte Maßnahmen zur Begrenzung von Kostenremanenz

    Im Folgenden wird eine Auswahl von Maßnahmen vorgestellt, mit denen es möglich ist, Kostenremanenz vorzubeugen und zu begrenzen.

     

    2.2.1 Mehrstufige Deckungsbeitragsbetrachtungen vornehmen

    Eine Ursache für die zunehmende Sorten- und Variantenvielfalt in vielen Betrieben ist eine falsch verstandene Kundenorientierung. Aus Angst vor dem Abwandern von Kunden zu Wettbewerbern, wird jeder Auftrag angenommen, ohne dass bekannt ist, ob der Kunde für den Betrieb einen „nachhaltigen“ Deckungsbeitrag erbringt. Nachhaltig bedeutet, dass der Kunde nicht nur den „klassischens“, einstufigen Deckungsbeitrag erwirtschaftet, sondern auch dann noch einen positiven DB erbringt, wenn ihm weitere Kosten zugerechnet werden, etwa für Auftragsbearbeitung oder Rüstkosten.

     

    Es ist also notwendig, eine mehrstufige DB-Rechnung vorzunehmen, um hier Transparenz zu erhalten. Nur Kunden, die zusätzlich zum ersten DB auch die ihnen zurechenbaren fixen Kosten erwirtschaften, sollten vom Betrieb aktiv bedient werden. Gleiches gilt für Produkte: Auch hier sollte eine mehrstufige DB-Betrachtung vorgenommen werden, weil auch Produkte über die variablen weitere Kosten verursachen, die ihnen zugerechnet werden müssen, etwa für Bestellungen, Maschinenumrüstung oder Bearbeitung.

     

    Es ist also notwendig, die spezifischen Fix- oder Gemeinkosten zu erfassen und Kunden und Produkten zuzuordnen, z.B. mithilfe von Zeitaufschreibungen oder der Erfassung von Belegen. Ist eine verlässliche Bestimmung mehrerer DB für alle Kunden und Produkte aktuell nicht möglich, muss auf Schätzungen oder Stichprobenaufschreibungen zurückgegriffen werden. Für eine erste Näherung können z.B. für die wichtigsten 5 bis 10 Kunden und Produkte mehrstufige DB-Rechnungen erstellt und ein Aufschlag auf den DB I des Produktes bzw. Kunden berechnet werden. Dieser Zuschlagssatz wird bei allen Produkten und Kunden verwendet und auf den Umsatz aufgeschlagen.

     

    Kunden, die einen Umsatz erwirtschaften, der neben dem DB I nicht auch noch die zugeschlagenen Kosten deckt oder besser übertrifft, sollten nicht mehr bedient werden. Zudem muss versucht werden, ihnen einen Teil der Kosten separat zu berechnen.

     

    • Beispiel

    Ein Unternehmen arbeitet mit der DB-Rechnung, hat aber für Produkte und Kunden bisher nur den DB I errechnet. Um einen genaueren Erfolgsbeitrag von Produkten und Kunden ermitteln zu können, soll die Deckungsbeitragsrechnung mehrstufig ausgebaut werden. Da der Betrieb dies derzeit nicht für alle Produkte und Kunden mit vertretbarem Aufwand durchführen kann, wird nur für ausgewählte Artikel und Kunden eine mehrstufige DB-Rechnung erstellt (siehe hierzu Abb. 3 auf S. 222).

     

    Für ein wichtiges Produkt A ergeben sich folgende Zahlen: Der DB I beträgt 70 EUR. Die dem Produkt zurechenbaren Fixkosten belaufen sich auf 62 EUR (30 + 18 + 14 EUR). Damit ergibt sich ein Zuschlagssatz auf den Umsatz von gerundet 48 % (62/100/130). Der Zuschlagssatz wird verwendet, um zumindest überschlägig zu berechnen, welchen Preis ein Produkt mindestens haben muss, wenn es alle ihm zurechenbaren Kosten tragen soll. Ein Artikel B, für den das Unternehmen 80 EUR verlangt und der einen DB I von 35 EUR erwirtschaftet, ist demnach nicht profitabel, weil er einen negativen DB IV von gut 3 EUR erwirtschaftet (35 EUR DB I - 38,4 EUR (48 % von 80 EUR).

    Für einen wichtigen Kunden X führt der Betrieb ebenfalls eine mehrstufige DB-Rechnung durch. Hier ergibt sich ein Zuschlagssatz von gerundet 37 % (Summe der zurechenbaren Fixkosten = 1.830 EUR zum Umsatz, vgl. Abb. 3). Der Kunde Y, der einen Umsatz von 6.000 EUR und einen DB I von 2.400 EUR erwirtschaftet, ist profitabel, weil die ihm zurechenbaren Fixkosten lediglich ca. 2.200 EUR betragen.

     

     

    Zwar ist auf diese Weise nur eine wirklich grobe Näherungslösung möglich; sie zeigt aber zumindest die grundlegenden Probleme und den Handlungsbedarf auf. Produkte und Kunden, die keine oder nur geringe DB IV erwirtschaften, sollten näher analysiert werden. Bestätigt sich das Ergebnis, sollten diese Produkte nicht mehr verkauft bzw. Kunden aktiv bedient werden. Oder es muss nach Möglichkeiten gesucht werden, die Kosten deutlich zu senken, die Preise zu erhöhen oder bestimmte Kosten den Kunden separat zu berechnen.

     

    • Beispiel einer mehrstufigen Produkt- und Kundendeckungsbeitragsrechnung
    Produkt A
    Kunde X

    Produktpreis

    130 EUR

    Nettoumsatz nach Abzug Vertreterprovision

    5.000 EUR

    ./. variable Kosten, z.B. Material, Lohn

    60 EUR

    ./. Summe variabler Kosten der Produkte (Basis DB IV Produkte)

    2.800 EUR

    = DB I

    70 EUR

    = KD-DB I

    2.200 EUR

    ./. Bestellkosten, z.B. für Material, Komponenten

    30 EUR

    ./. Kosten für Vertrieb, z.B. Vertreterbesuche

    650 EUR

    = DB II

    40 EUR

    = KD-DB II

    1.550 EUR

    ./. Bearbeitungskosten, z.B. Aufträge schreiben, Maschinen rüsten, Lohne erfassen

    18 EUR

    ./. Kosten für Werbung, z.B. spezielle Prospekte, Flyer

    720 EUR

    = DB III

    22 EUR

    = KD-DB III

    830 EUR

    ./. Lagerungskosten, wenn Zwischenlagerung erforderlich

    14 EUR

    ./. Kosten für Fracht, Zustellung

    320 EUR

    = DB IV

    8 EUR

    = KD-DB III

    510 EUR

    ./. Kosten für Reklamationsbearbeitung, Storno usw.

    140 EUR

    = KD-DB IV

    370 EUR

    Aufschlag auf Umsatz (gerundet)

    48,0 %

    Aufschlag auf Umsatz (gerundet)

    37,0 %

     

    Abb. 3: Mehrstufige Produkt- und Kundendeckungsbeitragsrechnung

     

    Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Unternehmen, würden sie in beiden Fällen nur nach DB IV entscheiden, ihr Betriebsergebnis erheblich steigern können, weil die Anzahl unprofitabler Produkte und Kunden erheblich zurückgeht. Faustregel für die Steigerung: 10 bis 15%.

     

    PRAXISHINWEIS | Mit dem pauschalen Zuschlagssatz werden vor allem teure Produkte und Kunden mit hohen Umsätzen „bestraft“, weil sich der Zuschlag auf den Umsatz bezieht. Daher sollten Kunden und Produkte, die auf diese Weise einen negativen DB IV erwirtschaften, genauer untersucht werden, bevor man sich entscheidet, einschneidende Maßnahmen wie Auslistung von Kunden und Produkten umzusetzen. Daher sollte auch versucht werden, die mehrstufige DB-Rechnung für alle Kunden und Produkte innerhalb eines Zeitraums von 1 - 1,5 Jahren umzusetzen.

     

    2.2.2 Variantenkostenrechnung einführen

    Eine andere Möglichkeit, für Transparenz zu sorgen, ist die Einführung einer Variantenkostenrechnung. Hierbei wird eine DB-Rechnung für ein Basisprodukt erstellt. Wie zuvor sollte versucht werden, dem Produkt weitere Kosten neben den eigentlichen variablen Kosten zuzurechnen. Für jede Variante, jede abweichende Bauart oder jedes Sondermodell wird eine separate Kalkulation erstellt. Die Kalkulation wird pro Stück und für die zu erwartenden Losgrößen vorgenommen, um abschätzen zu können, ob es möglich ist, mit den voraussichtlichen Verkaufsmengen zumindest noch einen positiven DB II zu erwirtschaften, der anzeigt, dass variable und zurechenbare Fixkosten gedeckt sind.

     

    Beispiel einer einfachen Variantenkostenrechnung

    Ein Unternehmen fertigt und verkauft Tische, Stühle und andere Möbel. Zum Standardprogramm gehören 10 unterschiedliche Tischtypen, für die jeweils mehrere Varianten hergestellt werden, um möglichst viele Kundenwünsche erfüllen zu können. Das Unternehmen berechnet mithilfe der DB-Rechnung zwei Deckungsbeiträge pro Stück, zunächst für die Basisprodukte und dann für die Varianten. Dann werden die DB für die Losgrößen sowie weitere, produkt- bzw. losgrößenspezifische Kosten zugeordnet. Die Berechnung für das Produkt A zeigt, dass nur mit dem Basisprodukt und zwei Varianten zumindest ein positiver DB II erwirtschaftet wird. Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht sollten die Produkte mit negativem DB II daher nicht weiter angeboten werden.

    Variantenkostenrechnung
    Basisprodukt A
    Variante 1
    Variante 2
    Variante 3
    Variante 4
    Variante 5
    Variante 6
    Gesamt Produkt A

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Stück

    Gesamt

    Verkaufsmenge/Losgrößen

    1.000

    400

    320

    150

    80

    70

    110

    2.130

    Fertigungsmaterial/Teile usw.

    100

    100.000

    105

    42.000

    107

    34.240

    109

    16.350

    102

    8.160

    100

    7.000

    110

    12.100

    219.850

    Löhne

    50

    50.000

    52

    20.800

    48

    15.360

    54

    8.100

    56

    4.480

    60

    4.200

    58

    6.380

    109.320

    Andere 
Einzelkosten

    10

    10.000

    9

    3.600

    8

    2.560

    12

    1.800

    15

    1.200

    11

    770

    12

    1.320

    21.250

    Summe l
Einzelkosten

    160

    160.000

    166

    66.400

    163

    52.160

    175

    26.250

    173

    13.840

    171

    11.970

    180

    19.800

    350.420

    Preis

    180

    180.000

    180

    72.000

    180

    57.600

    180

    27.000

    180

    14.400

    180

    12.600

    180

    19.800

    383.400

    Deckungs-beitrag I

    20.000

    5.600

    5.440

    750

    560

    630

    0

    32.980

    Zurechenbare Gemein-/Fixkosten

    Bestellungen

    300

    350

    380

    340

    310

    330

    360

    2.370

    Ein-/Zwischenlager

    50

    140

    160

    150

    120

    160

    130

    910

    Disposition

    220

    260

    210

    230

    240

    250

    240

    1.650

    Maschinen umrüsten

    150

    370

    420

    370

    270

    180

    240

    2.000

    Entwicklung/Variantenkonzeption

    0

    1.120

    1.380

    1.090

    1.870

    1.450

    1.920

    8.830

    Summe Gemeinkosten

    720

    2.240

    2.550

    2.180

    2.810

    2.370

    2.890

    15.760

    Deckungs-beitrag II

    19.280

    3.360

    2.890

    -1.430

    -2.250

    -1.740

    -2.890

    17.220

     

     

    2.2.3 Sortimentsbereinigung prüfen und umsetzen

    Da sich zunehmende Sortimentsbreite und -tiefe für immer mehr Unternehmen zu einem Hauptkostentreiber entwickelt, sollten Unternehmen, die mehr als 200 bis 300 Produkte bzw. Produktvarianten im Portfolio haben, regelmäßig prüfen, ob und in welchem Umfang eine Sortimentsbereinigung möglich ist.

     

    Die Prüfung sollte systematisch vorgenommen werden. Sie kann z.B. mithilfe eines Scoring- oder Punktwertverfahrens umgesetzt werden: Zunächst ist es notwendig, sich mehrere Faktoren zu überlegen, mit denen man beurteilen kann, ob ein Produkt für das Sortiment des Unternehmens wichtig oder eher unwichtig ist. Bewertungsfaktoren können z.B. das DB-Volumen, die Intensität der Kundennachfrage, der Komplexitätsgrad (wie groß ist die Beanspruchung von Systemen und Prozessen durch ein Produkt) und die Prognose der Entwicklung der Variantenvielfalt sein.

     

    Für jeden Faktor muss festgelegt werden, mit welchem Gewicht er in die Entscheidung einfließen soll. Dann muss je Faktor ein Maximalpunktwert, etwa 10 Punkte, festgelegt werden. Anschließend ist zu prüfen, welchen Punktwert jedes Produkt bei jedem Faktor erreicht. Dies kann im Fall der DB anhand konkreter Zahlen erfolgen. Bei den anderen Faktoren genügt oft eine Einschätzung, z.B. in Form von „Sehr hoch“, „Hoch“, „Mittel“ usw. Der Punktwert wird dann mit dem Faktorgewicht multipliziert. Die erreichten Punktwerte je Faktor werden addiert und am Ende erhält jedes Produkt eine Gesamtpunktzahl. Produkte, die einen bestimmten Wert, z.B. 5,0 Punkte überschreiten, bleiben in jedem Fall im Sortiment, bei Produkten, die einen Wert zwischen 2,5 und 5,0 Punkten erreichen, sollte eine weitere Überprüfung erfolgen. Beispielsweise können Kundenumfragen durchgeführt oder die tatsächliche Beanspruchung der Systeme oder der Anzahl von Arbeitsvorgängen gemessen werden. Zudem müssen auch mögliche unternehmenspolitische Aspekte berücksichtigt werden. Produkte, die weniger als 2,25 oder 2,0 Punkte erreichen, sollten möglichst ausgelistet werden.

     

    • Punktewertanalyse zur Sortimentsanalyse
    Produkt
    Deckungsbeitrags-
    volumen
    Marketingsicht (Intensität Kundennachfrage)
    Komplexitätsgrad (Anforderungen an Abläufe, Anzahl Arbeitsschritte, EDV-Beanspruchung)
    Variantenentwicklung (Prognose über Zunahme von Varianten/ Sondermodellen mit negativer Auswirkung auf Kostenremanenz)
    Gesamtpunktzahl
    Empfehlung

    Gewichtung/Punkte

    25,00 %

    10

    Summe

    25,00 %

    10

    Summe

    25,00 %

    10

    Summe

    25,00 %

    10

    Summe

    100,00 %

    A

    6.500

    6

    1,50

    Hoch

    7

    1,75

    Hoch

    3

    0,75

    Mittel

    6

    1,50

    5,50

    Beibehalten

    B

    3.600

    4

    1,00

    Mittel

    5

    1,25

    Mittel

    6

    1,50

    Mittel

    6

    1,50

    5,25

    Beibehalten

    C

    2.880

    3

    0,75

    Sehr gering

    2

    0,50

    Hoch

    3

    0,75

    S. Hoch

    1

    0,25

    2,25

    Auslisten

    D

    1.675

    2

    0,50

    Gering

    3

    0,75

    S. Hoch

    1

    0,25

    S. Hoch

    1

    0,25

    1,75

    Auslisten

    E

    30.500

    9

    2,25

    Sehr hoch

    10

    2,50

    Mittel

    6

    1,50

    Mittel

    5

    1,25

    7,50

    Beibehalten

    F

    19.000

    7

    1,75

    Hoch

    8

    2,00

    S. Hoch

    1

    0,25

    Hoch

    3

    0,75

    4,75

    Prüfen

    G

    5.400

    5

    1,25

    Mittel

    6

    1,50

    Hoch

    3

    0,75

    Mittel

    5

    1,25

    4,75

    Prüfen

    H

    24.800

    8

    2,00

    Sehr hoch

    9

    2,25

    Mittel

    6

    1,50

    Gering

    9

    2,25

    8,00

    Beibehalten

    I

    45.000

    10

    2,50

    Sehr hoch

    10

    2,50

    Gering

    8

    2,00

    S. Gering

    10

    2,50

    9,50

    Beibehalten

     

     

    Eine Sortimentsbereinigung ist nicht immer sinnvoll. Wenn es z.B. das Alleinstellungsmerkmal eines Betriebes ist, den Kunden jederzeit jedes Ersatzteil liefern zu können, ist es überlebensnotwendig, über ein entsprechendes Sortiment zu verfügen. Hier ist es notwendig, die Prozesse so zu gestalten und die EDV (Warenwirtschaftssystem) so zu nutzen, dass der Bestand so niedrig es geht, gehalten werden kann. Dazu gehört auch, mit den Lieferanten regelmäßig über günstige Verträge, Preise und Konditionen zu verhandeln.

     

    2.2.4 Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Kostenremanenz

    Darüber hinaus bestehen weitere Möglichkeiten, Kostenremanenz vorzubeugen. Zu denken ist z.B. an folgende Punkte:

     

    • Überprüfung und Anpassung der Verträge im Einkauf und möglichst Vereinbarung flexibler Abnahmemengen, um bei Produktionsrückgängen nicht auf unnötigen Kosten „sitzen zu bleiben“.
    • Überprüfung, ob ein Modulkonzept oder Baukastensystem mit „Plattformlösungen“ möglich ist, wie es erfolgreich z.B. im Automobilbau praktiziert wird.
    • Überprüfung, ob ein Teil der Produkte von Dritten hergestellt und bezogen werden kann (Make-or-Buy, Eigen- oder Fremdbezug).
    • Überprüfung, ob und bei welchen Produkten Funktionen oder Merkmale gestrichen werden können (wichtig: Kundenumfragen erforderlich).
    • Kontinuierliche Verbesserung von Einkaufs-, Produktions- und Verkaufsprozessen sowie Verbesserung der innerbetrieblichen Kommunikation.
    • Systematisches Kostenmanagement, z.B. frühzeitige Entscheidungen für günstige Materialien, Lieferanten und Kooperationspartner bereits in der Entwicklungsphase, Planung künftiger Abläufe unter Berücksichtigung vorhandener Strukturen, Überlegungen zu Make-or-Buy usw.
    • Umstellung des Provisionssystems im Vertrieb von Umsatzprovisionen auf Gewinn orientierte Systeme. Das Denken in Umsätzen und Umsatzprovisionen verleitet Vertriebsmitarbeiter dazu, die Artikel bevorzugt zu verkaufen, die ihnen die höchsten Verdienste bringen. Problematisch wird das Verhalten, wenn z.B. Produkte, Produktvarianten oder Exoten den Vertriebsmitarbeitern hohe Prämien, dem Unternehmen hingegen geringe oder sogar negative DB bringen. Daher sollte eine Umstellung des Provisionssystems geprüft werden, bei dem vor allem der Verkauf profitabler Produkte honoriert und der Verkauf wenig profitabler Artikel nicht gefördert wird.

    3. Fazit und Ausblick

    Von unprofitablen Kunden und Produkten sollte sich ein Unternehmen möglichst trennen, soweit keine unternehmenspolitischen Gründe dagegen stehen. Auch die Schulung der Mitarbeiter, speziell im Vertrieb, trägt dazu bei, dass Problem Kostenremanenz zu begrenzen: Wenn es gelingt, vom Denken in Umsätzen zum Denken in Deckungsbeitrags- oder Gewinngrößen zu gelangen, etwa durch Schulungen und einer Umstellung des Provisionssystems, werden die Mitarbeiter bevorzugt Produkte mit einem hohen Nutzen für das Unternehmen verkaufen und vor allem profitable Kunden bedienen. Somit findet mittelfristig quasi eine „automatische“ Sortimentsbereinigung statt; man trennt sich von unprofitablen Artikeln und Kunden und steigert so das Betriebsergebnis, oft um 10 % und mehr - und das häufig bereits innerhalb eines Jahres.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 219 | ID 42262002

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