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  • · Fachbeitrag · Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags

    § 7g EStG: Betriebsprüfer kann kein Fahrtenbuch zum Nachweis der betrieblichen Nutzung verlangen

    von Dr. Stephan Peters, Haltern am See

    | Steuerpflichtige können den Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen des Anwendungsbereichs von § 7g EStG nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern durch andere Beweismittel nachweisen (BFH 16.3.22, VIII R 24/19, Abruf-Nr. 229466 ). |

    1. Hintergrund

    Mit der Einführung von § 7g EStG wollte der Gesetzgeber Investitionen in KMU fördern. Dabei differenziert die Vorschrift zwischen einer Förderung in der Zeit vor Anschaffung des Wirtschaftsguts und einer zusätzlichen Unterstützung im Jahr der Anschaffung. Diese Kombination aus Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1 bis 4 EStG) und Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5 bis 6 EStG) führt in der Praxis zu teilweise problematischen Einzelfragen.

     

    Zentraler Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Norm ist die Größe des Betriebs. Aufgrund der Neugestaltung der Norm durch das JStG 2020 sind aktuell folgende Sachverhalte zu unterscheiden:

     

    Übersicht / Voraussetzungen für die Inanspruchnahme

    IAB für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.20 enden
    IAB für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.19 enden
    • Gewerbetreibende/selbstständig Tätige (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG): BV darf 235.000 EUR nicht überschreiten
    • Land- u. Forstwirtschaft: Wirtschaftswert darf nicht höher als 125.000 EUR sein
    • Betriebe o. g. Art bei Ermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG: Gewinngrenze beträgt 100.000 EUR
    • Gewinn wird nach § 4 oder § 5 EStG ermittelt
    • Einheitliches Betriebsgrößenmerkmal
    • Gewinn im Abzugsjahr ohne Berücksichtigung der IAB und/oder der Hinzurechnungen (§ 7g Abs. 2 EStG) darf 200.000 EUR nicht überschreiten
     

    Ziel der jüngsten Gesetzesänderung war es, das Investitionsverhalten noch einmal zu steigern. Ist eine Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags aufgrund der Größe des Betriebs zulässig, sind im Einzelfall die weiteren Voraussetzungen der Norm zu prüfen. Gefördert werden können

    • künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten
    • eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts
    • des Anlagevermögens,
    • die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahr
      • vermietet (neu JStG 2020) oder
      • in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden.

     

    Liegen diese Voraussetzungen vor, können bis zu 50 % (bisher 40 %) der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abgezogen werden (Investitionsabzugsbetrag). Diese Änderung erfolgt außerbilanziell. Durch die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags darf ein Verlust entstehen oder sich erhöhen (§ 7g Abs. 1 S. 3 EStG). Insgesamt darf die Summe der Investitionsabzugsbeträge, die im Wirtschaftsjahr des Abzugs und in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren insgesamt abgezogen wurden, je Betrieb den Betrag von 200.000 EUR nicht übersteigen.

     

    Darüber hinaus besteht nach § 7g Abs. 5 EStG die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung i. H. v. insgesamt bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

    2. Sachverhalt

    Der Kläger ist Rechtsanwalt und ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Für die künftige Anschaffung eines Pkw bildete der Kläger Investitionsabzugsbeträge i. H. v. 20.000 EUR (2009) und 8.000 EUR (2013). In 2011 und 2016 schaffte der Kläger Fahrzeuge an und ordnete diese dem Betriebsvermögen zu. Darüber hinaus führte der Kläger einen weiteren Pkw im Betriebsvermögen, der von der in der Kanzlei angestellten Ehefrau auch für private Fahrten genutzt wurde. Für Privatfahrten standen dem Kläger in der Zeit bis Dezember 2017 weitere Fahrzeuge zur Verfügung.

     

    Im Rahmen der Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die in den Streitjahren angeschafften Pkw auch für private Zwecke genutzt wurden. Die vorgelegten Aufzeichnungen (Fahrtenbuch) seien nicht ordnungsgemäß, der private Nutzungsanteil daher nach der 1 %-Methode zu ermitteln. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beiden Fahrzeuge fast ausschließlich betrieblich genutzt worden seien. Der Betriebsprüfer machte die gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die in Anspruch genommene Sonderabschreibung rückgängig. Die Eheleute wehrten sich zunächst erfolglos vor dem FG und verfolgten ihr Interesse nunmehr im Rahmen der Revision beim BFH.

    3. Entscheidung

    Der BFH hat der Revision stattgegeben. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die in den beiden Streitjahren nach § 7g Abs. 1 EStG gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die im Streitjahr 2013 nach § 7g Abs. 5 EStG in Anspruch genommene Sonderabschreibung rückgängig zu machen sind.

     

    Zwar seien die vorgelegten Aufzeichnungen durch das FG zu Recht verworfen worden. Zu Unrecht ist das FG allerdings davon ausgegangen, dass bei Vorliegen nicht ordnungsgemäßer Fahrtenbücher ein Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen von § 7g EStG ausgeschlossen sei. Zwar sei es richtig, dass bei Anwendung der 1 %-Methode von einem privaten Nutzungsanteil von ca. 20 bis 25 % auszugehen sei (BFH 3.1.06, XI B 106/05). Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung ist aber nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Er kann auch durch andere Beweismittel erbracht werden, da die allgemeinen Bewertungsregelungen nicht abschließend zu verstehen sind. Somit kann der Beweis auch durch andere Beweismittel erbracht werden.

     

    Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder untauglich ist oder wenn die infrage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH 29.6.11, X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715, m. w. N.).

     

    Da vorliegend kein Grund ersichtlich war, der eine Vernehmung der Zeugen entbehrlich gemacht hätte, hob der BFH die Entscheidung des FG auf. Dem FG wird Gelegenheit gegeben, die unterbliebene Beweiserhebung nachzuholen.

    4. Relevanz für die Praxis

    Unklare Beweisfragen hat der BFH nunmehr zulasten der Finanzverwaltung geklärt und damit einen weiten Spielraum für Beweisanträge eröffnet. Mit der gesetzlichen Neuregelung hat der Gesetzgeber auf praktische Anwendungsfragen reagiert und damit neue Spielräume für Investitionen geschaffen. Insbesondere die Aufnahme von vermieteten Wirtschaftsgütern dürfte zu einer größeren Relevanz der Norm in der Praxis führen. Zudem hat der Gesetzgeber mit der Neugestaltung die Möglichkeit der Vermietung von geförderten Wirtschaftsgütern des notwendigen Betriebsvermögens eröffnet und für die Inanspruchnahme des § 7g Abs. 1 EStG als unschädlich erklärt. Zudem führt die Einführung einer einheitlichen Gewinngrenze für alle Einkunftsarten zu einer spürbaren Erleichterung in der Handhabung der Norm. Gleichzeitig wurde eine insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen häufig anzutreffende, aber vom Gesetzgeber nicht gewollte Gestaltungsmöglichkeit durch Einführung von § 7g Abs. 2 S. 2 EStG verhindert. Eine nachträgliche Inanspruchnahme des IAB ist danach nur noch möglich, wenn das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist. Zudem hat der Gesetzgeber mit Einführung von § 7g Abs. 7 EStG auf eine Rechtsprechung reagiert und klargestellt, dass der Abzugsbetrag nur dort in Abzug gebracht werden kann, wo auch die spätere Investition erfolgt. Wurde ein IAB im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft geltend gemacht, kann der Abzugsbetrag auch nur für Investitionen dieses Mitunternehmers in seinem Sonderbetriebsvermögen verwendet werden.

     

    FAZIT | Der BFH hat mit seiner Entscheidung für weitere Rechtssicherheit im Anwendungsbereich des § 7g EStG gesorgt. Gleichwohl ist das Zusammenspiel aus Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung fehleranfällig und dürfte daher auch weiterhin im Rahmen von Betriebsprüfungen im Fokus bleiben. Insbesondere die klare Abgrenzung von Investitionen im Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen und der entsprechenden Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen dürfte aufgrund der Neuregelung des § 7g Abs. 7 S. 2-3 EStG aus Sicht der Betriebsprüfung von Interesse sein.

     

    Zum Autor | Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2022 | Seite 173 | ID 48412091

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