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  • · Fachbeitrag · Beratungsfeld Prozessoptimierung

    So begleiten Sie Ihre Mandanten in 5 Schritten in die digitale Welt

    von StB Cordula Schneider, Dortmund

    | Die Unternehmensberatung steht häufig in dem Verdacht, dass der Berater keine wirkliche Ahnung vom Geschäft des Kunden hat und vorgefertigte Musterlösungen anbietet, die dann ‒ maximal leicht modifiziert ‒ übergestülpt werden. Als Steuerberater können Sie diesem Vorurteil gezielt entgegenwirken, z. B. auf dem Gebiet der Prozessberatung Rechnungswesen. Bei der Gelegenheit können Sie die digitale Zusammenarbeit mit dem Mandanten auch gleich optimal für die Kanzlei gestalten und haben anschließend im Kanzleiprozess deutlich weniger Nachfragen und Prüftätigkeiten. |

    1. Das qualifiziert Sie für die Prozessberatung

    Wenn Sie sich als Steuerberater der Prozessberatung widmen, haben Sie gegenüber anderen Unternehmensberatern große Vorteile:

     

    • Sie kennen Ihren Mandanten meist schon länger ‒ geschäftlich und auch persönlich.
    • Ihnen steht das nötige Zahlenmaterial zum großen Teil schon zur Verfügung.
    • Sie haben mit der Digitalisierung Ihrer eigenen Kanzlei schon Erfahrungen gesammelt.
    • Gerade auf dem Gebiet „Einhaltung von Formvorschriften“ sind Sie langjährig erfahren und haben Ihren Mandanten bisher schon bei diesen Themen begleitet, wenn auch in der Vergangenheit eher als Mahner und weniger als Prozessbegleiter.

    2. Das Beratungsfeld bestimmen

    Die erste Voraussetzung ist, dass Sie sich fachlich mit den von Ihnen gewählten Themen auskennen ‒ das unterscheidet sich nicht von der Steuerberatung. Es wäre auch nicht seriös, dem Mandanten eine Umwandlungsberatung anzubieten, wenn Sie davon fachlich nicht wenigstens grundsätzlich Ahnung haben. Zu den wichtigsten Beratungsfeldern in der Prozessberatung Rechnungswesen gehören:

     

    Übersicht / Prozessberatung Rechnungswesen

    Kassenberatung
    Verfahrensanweisung
    Digitalisierung
    • Kassenführung allgemein
    • Kassenführung Branche X
    • Simulation Kassennachschau
    • Kasse digital (Schnittstellen etc.)
    • Dokumentation
    • Optimierung
    • Schulung Mitarbeiter
    • BP-Simulation
    • Software-Auswahl
    • Datenaustausch FA, Bank & Co.
    • Arbeitsteilung mit der Kanzlei
    • E-Rechnung
     

    PRAXISTIPP | Fangen Sie mit einem Thema an und erweitern Sie Ihr Angebot dann nach und nach. Es ist nicht notwendig, sofort einen perfekten und umfassenden Dienstleistungskatalog zu erstellen.

     

    2.1 Kriterien der Auswahl

    Anhand der folgenden Kriterien können Sie Ihr erstes Beratungsfeld sinnvoll auswählen:

     

    • Mindestens zehn Ihrer Mandanten haben entsprechenden Beratungsbedarf. Als Ärzteberater beginnen Sie sicher nicht mit dem Feld Kassenberatung.

     

    • Sie haben auf diesem Gebiet grundsätzliches Wissen.

     

    • Was liegt Ihnen persönlich? Bei welchem Thema können Sie sich gut vorstellen, dass Ihnen Recherche und Beratung Spaß machen? Sie sind technikaffin? E-Rechnungen sind ein Thema, dass gerade nach der Corona-Krise wahrscheinlich mehr Aufmerksamkeit bekommen wird.

     

    2.2 Grundsätzliche Inhalte bestimmen

    Anschließend legen Sie den groben Inhalt Ihrer ausgesuchten Beratung fest. Um eine Struktur zu haben, empfiehlt es sich bereits an dieser Stelle, prozessorientiert zu denken. Denn für alle Beratungen gilt folgende Vorgehensweise:

     

    • Ist-Analyse: Welche Daten und Informationen brauchen Sie für diese Beratung? Welche davon haben Sie schon, welche müssen Sie beim Mandanten noch erheben? Das Ergebnis ist eine Checkliste, die Sie dem Mandanten sofort nach Auftragserteilung zusenden können.

     

    • Lösungssuche inklusive Alternativen: Welche grundsätzlichen Lösungs-alternativen gibt es bei der Beratung? Hier können Sie sich an bereits erfolgten Beratungen (oder Teilen davon) orientieren. Die Alternativen-Übersicht ist für die spätere Individualisierung bei der Einzelberatung hilfreich.

     

    • Maßnahmenkatalog: Welche Maßnahmen führen grundsätzlich zum gewünschten Ergebnis der einzelnen Alternativen? Welche typischen Fehler machen Mandaten Ihrer Erfahrung nach? Diese Fehler zu beheben, bringt oft schon den ersten Erfolg.

     

    • Tools: Ohne einen Marktüberblick (mit Blick auf die Kompatibilität mit Ihrer Kanzleisoftware) werden Sie bei der Digitalisierung nicht als kompetenter Berater auftreten können. Fordern Sie hier Ihre Kanzleisoftware-Partner. Diese haben i. d. R. schon Tools zusammengestellt (z. B. auf dem DATEV-Marktplatz) oder in ihre Software integriert (z. B. Addison und sevDesk).

    3. Der Nutzen ‒ die konsequente Mandantensicht

    Die Basis für eine gute Beratung ist, dass Sie Ihren Mandanten und seine grundsätzlichen Prozesse kennen. Haben Sie bisher Ihre eigenen Kanzleiprozesse zu optimieren versucht, sollten Sie den Fokus jetzt auf den Mandanten lenken ‒ und das zunächst ergebnisoffen. Das bedeutet, dass das Ziel nicht direkt ein konkretes Angebot ist, sondern dass der Mandant merkt, Sie wollen seinen Betrieb und seine Probleme wirklich kennenlernen. Die beste Möglichkeit, den tatsächlichen Nutzen der einzelnen Mandanten zu erfahren, ist: fragen, fragen, fragen. Überlegen Sie sich zu jedem Punkt Ihrer Ist-Analyse ein paar konkrete Fragen, die Sie dem Mandanten stellen, ehe Sie ihm die (passende) Beratung anbieten. Mit diesem Fragenkatalog steigen Sie ein. Und das heißt nicht, dass auf jeden Fall jede dieser Fragen sofort gestellt werden muss. Entscheidend ist, dass Sie den Mandanten dazu bringen, sich mit seinen Prozessen zu beschäftigten.

     

    • Beispiel: Prozess Rechnungserstellung
    • Mit welcher Software werden die Rechnungen erstellt?
    • Wie können Rechnungen berichtigt werden?
    • Wie viele Rechnungen erstellen Sie pro Jahr?
    • Wie viel Zeit braucht es durchschnittlich für eine Rechnung?
    • Wer erstellt/kontrolliert die Rechnungen? Wer gibt sie frei?
    • Wann/wie oft werden die Rechnungen geschrieben?
    • Wie werden die Rechnungen verschickt (Papier/Mail)?
    • Arbeiten Sie mit Lastschriften? Können diese direkt aus dem Programm erstellt werden?
    • Wie viel Platz brauchen Sie für Ihr Rechnungsarchiv?

     

    Sie sollten auch Fragen zur persönlichen Einschätzung Ihres Mandanten stellen:

     

    • Wie oft müssen Sie sich selbst um die Rechnungen kümmern?
    • Wie viel Ihrer Zeit steckt in diesem Prozess?
    • Was nervt Sie an diesem Prozess? Was würden Sie anders haben wollen?
    • Was läuft aus Ihrer Sicht sehr gut?
     

    Wenn Ihr Mandant auf die erste Frage antwortet, dass er seine Rechnungen mit Word/Excel schreibt, könnte der Nutzen einer besseren Digitalisierung durch ein GoBD-konformes Fakturierungsprogramm sein: Die Vorschriften werden eingehalten (Revisionssicherheit etc.) und die Betriebsprüfung verwirft die Buchhaltung nicht. Darüber hinaus kann Ihr Mandant Zeit sparen und einen besseren Überblick über seine Einnahmen erlangen, wenn das Programm Erleichterungen wie z. B. eine Kundendatenbank, eine Artikeldatenbank, einen Rechnungsausgangsüberblick oder eine Verbindung zu seinem Banking bietet.

     

    MERKE | Das Gute ist: Sie kennen Ihren Mandanten schon sehr genau und wissen daher, welche Fragen Sie stellen müssen, um Ihrem Mandanten seinen Nutzen vor Augen zu führen.

     

    Und an dieser Stelle können Sie sogar noch einen Schritt weiter gehen und dem Mandanten über gezielte Fragen den Nutzen der Digitalisierung nahebringen. Der folgende Fragebogen ist für das „Verkaufsgespräch“ mit dem Mandanten gedacht. Wenn die Nutzenargumente beim Mandaten einfach alle aufgezählt werden, sind sicherlich auch einige dabei, die auf den einzelnen Mandanten nicht zutreffen. Dieser bekommt dann den Eindruck, ihm soll etwas „aufs Auge gedrückt“ werden. Besser ist es, das Gespräch startet ergebnisoffen. (Sie haben sich selbstverständlich schon den Mandanten ausgesucht, der geeignet ist, von der Digitalisierung zu profitieren.)

     

    Die Einleitung könnte z. B. so aussehen: „Wir wollen bei der Digitalisierung vorangehen. Ich möchte mit Ihnen gerne jetzt klären, ob und inwieweit Ihnen die Digitalisierung in der Buchführung helfen kann, im Betrieb Zeit und Kosten zu sparen/Ihre Prozesse im Betrieb zu verschlanken. Bei dieser Gelegenheit können wir auch die digitalen Möglichkeiten unserer Zusammenarbeit besprechen.“

     

    Checkliste /l Fragebogen zum Nutzen der Digitalisierung

    Mandant:

    Nutzen
    Fragen an den Mandanten

    Zeitnahe Buchführung

    • Wie wichtig sind zeitnahe Auswertungen für Sie?
    • Wie oft schauen Sie in Ihre Zahlen?
    • Wie oft mahnen Sie zurzeit?

    Pendelordner vermeiden

    • Wie kommen Sie mit unserem Pendelordner zurecht?
    • Wie lange brauchen Sie für den Pendelordner (hin und zurück)?
    • Was machen Sie mit den Belegen, die wir Ihnen zurückgeben?

    Belege nur noch einmal anfassen/Elektronische Belege

    • Wie oft fassen Sie einen Beleg heute an, bis er endgültig abgelegt wird?
    • Wie viele Rechnungen kommen schon elektronisch (z. B. per Mail)?
    • Drucken Sie diese dann noch aus?

    Sichere Archivierung

    • Wie archivieren Sie Ihre Belege/Dokumente jetzt?
    • Wie steht es um den Datenschutz/die Datensicherheit?

    Thermopapier nicht mehr kopieren

    • Wie viele Thermobelege müssen täglich kopiert werden?

    Elektronische Notizen auf Belegen

    • Wie oft schreiben Sie Notizen auf Ihre Rechnungen?
    • Wie viele Menschen arbeiten mit Ihren Belegen?

    Suchmöglichkeiten

    • Wie oft suchen Sie Belege?
    • Wie oft brauchen Sie „alte“ Belege (z. B. für die Gewährleistung)?
    • Wie aufwendig ist das dann?

    Standortunabhängig

    • Wie kommen die einzelnen Standorte/der Außendienst an die notwendigen Informationen?

    Zeitunabhängig

    • Wann (und wo) schauen Sie in die Auswertungen? (Besser: Sie sind ja viel unterwegs, wäre es da nicht schön, die Auswertungen jederzeit und überall einsehen zu können?)

    Belege bleibenim Haus

    • Machen Sie sich „Sicherheitskopien“?
    • Unsere Buchführung dauert ja in der Regel x Tage. Was machen Sie in der Zeit ohne Belege?

    Zahlungsverkehr

    • Wie zahlen Sie Ihre Rechnungen heute?
    • Wie oft nimmt jemand die Rechnungen dafür in die Hand?
    • Nutzen Sie konsequent Skonto?
    • Wie planen Sie Ihre Liquidität?
     

    4. Der Preis ist heiß ‒ Klarheit und Transparenz

    Das Beste ist, Sie lösen sich vom weit verbreiteten ersten Glaubenssatz der Honorarabrechnung: „Der Mandant möchte die Beratung entweder umsonst oder zumindest möglichst billig haben.“ Es stimmt natürlich, dass der Preis bei der Entscheidung des Kunden eine Rolle spielt, aber um es in der Steuerberatersprache auszudrücken: nicht der Höhe, sondern dem Grunde nach. Entscheidend ist weniger, wie hoch der Preis ist, sondern dass es überhaupt einen klaren Preis gibt ‒ und zwar vor der Auftragserteilung. Ersetzen Sie bitte den „alten“ Glaubenssatz wie folgt: „Keine Dienstleistung ohne klaren Preis.“ Wenn der Mandant nicht weiß, worauf er sich finanziell einlässt, wird er sich nicht entscheiden.

     

    PRAXISTIPP | Rechnen Sie bei Beratungen grundsätzlich nicht nach Stunden ab ‒ weder Sie noch der Mandant können das vor der Auftragserteilung wirklich absehen. Selbst die StBVV (die bei Organisationsberatung ja gar nicht gilt) „denkt“ bei Beratung grundsätzlich in Gegenstandswerten. Die Kunst ist aber, für die Beratung einen Gegenstandswert zu wählen, der dem Mandanten vertraut und plausibel ist. Bei der Beratung rund um das Rechnungswesen ist das der Umsatz des Mandanten. Den Preis können Sie also gut in Prozent (meist sogar Promille) des Umsatzes ausdrücken.

     

    5. Die Alternativen ‒ lassen Sie dem Mandanten die Wahl

    Dem Mandanten soll die Entscheidung für eine Beratung so leicht und attraktiv wie möglich gemacht werden. Und aus der Verkaufspsychologie ist bekannt, dass wir uns einfacher entscheiden, wenn wir Alternativen haben. „Ganz oder gar nicht“ macht uns das Entscheiden schwer. Am einfachsten ist für Kunden die Entscheidung zwischen drei Alternativen. Gerne nehmen sie dann die goldene Mitte.

     

    Das folgende Beispiel der Beratung zur Verfahrensanweisung zeigt das System konkret: Sie sehen drei Angebotspakete, die vom Inhalt immer umfangreicher werden. Der kostenlose Check ist der Einstieg. Die maximal zehn grundsätzlichen Fragen, die Sie sich zu diesem Thema überlegt haben, können Sie dem Mandanten als „Sensibilisierungsmaßnahme“ an die Hand geben, z. B. in Form eines Fragebogens auf Ihrer Website. Es ist aber auch ein guter Fragenkatalog, den einer Ihrer Mitarbeiter kurz mit dem Mandanten persönlich oder telefonisch durchgehen kann.

     

    MERKE | Menschen lieben Selbsttests: Formulieren Sie hier ruhig geschlossene Fragen. Wenn der Mandant fünf „nein“ gesammelt hat, gibt es Beratungsbedarf.

     

    Mit diesem Angebot reden Sie beim Verkaufsgespräch subtil nicht mehr davon, ob eine Beratung erfolgen, sondern wie diese aussehen soll. Wenn Ihr Mandant Ihnen vertraut, wird er Ihrer Empfehlung folgen. Und er kann Ihnen vertrauen, denn Ihre Fragen haben ihn erkennen lassen, dass Sie seinen Nutzen im Blick haben.

     

     

    Beachten Sie | Aus der Erkenntnis der Verkaufspsychologie wird gerne Folgendes abgeleitet: Da der Kunde sich ja immer für die Mitte entscheidet, konzipieren wir das mittlere Paket mit dem Inhalt, den wir verkaufen möchten. Die beiden anderen sind quasi die Ablenkung, die wir gar nicht wirklich verkaufen wollen. Von einer solchen Vorgehensweise ist abzuraten. Es gibt mittlerweile viele Kunden, die das System durchschauen und sich dann manipuliert fühlen.

     

    FAZIT | Digitalisierung ist das Gebot der Stunde. Die Kunst ist es, den tatsächlichen Nutzen jedes einzelnen Mandanten herauszufinden und dem Mandanten dann eine Vorstellung zu geben, wie die Digitalisierung bei ihm aussehen kann. Und das sollte so klar wie möglich geschehen ‒ bis hin zum Preis und zum Prozess der Beratung.

     

    Darüber hinaus sorgt die Corona-Pandemie aktuell dafür, dass die Bereitschaft zur Digitalisierung ‒ vom Homeoffice bis hin zur digitalen Buchhaltung oder der Videokonferenz ‒ deutlich gestiegen ist. Diesen Schub sollten Steuerberater nutzen, um die Digitalisierung möglichst direkt nach der Krise in eine konstante Welle umzuwandeln. Zeigen Sie Ihren Mandanten kreativ und positiv in der Krise, dass Digitalisierung die Lösung und nicht das Problem ist. Und dann besprechen Sie mit Ihren Mandanten nach der Krise, was digital gut funktioniert hat. Das bildet die Grundlage für die weitere Digitalisierung. Eines trifft Ihre Mandanten genau wie Sie: Es bleibt schon noch Zeit, mit der Digitalisierung fertig zu werden. Es bleibt aber keine Zeit mehr, damit anzufangen.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 243 | ID 46510179

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