03.12.2018 · IWW-Abrufnummer 205917
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 28.05.2018 – 2 K 1925/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 12.09.2016 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 mit der Maßgabe geändert, dass die Einkommensteuer des Klägers für 2014 auf x € festgesetzt wird.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hat im Streitjahr wie in den vorangegangenen Kalenderjahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Bei dem vermieteten Objekt handelt es sich um ein vermietetes Appartement in A, das in einem Hotelkomplex belegen ist.
Das vermietete Appartement ist 38 m² groß und ist mit Küche und Bad ausgestattet. Diese Immobilie ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz in Teileigentum und Wohneigentum aufgeteilt. Auf dem Grundstück wird durch eine Hotelbetriebsgesellschaft ein Hotel betrieben. Das Appartement selbst steht im Eigentum des Klägers und wird dauerhaft an die Hotelbetriebsgesellschaft verpachtet. Für die Nutzung des Appartements erhält der Kläger eine umsatzabhängige Miete. Interessenten können das Appartement wahlweise mit oder ohne Hotelbetrieb anmieten.
Der Kläger hat die Immobilie im Jahr 1993 zu einem Preis von ca. x.000 DM erworben und die Anschaffungskosten seinerzeit zu 100 % fremdfinanziert. Nach Bekundungen des Klägers hat dieser das Objekt als Baustein für seine Altersvorsorge erworben. Er erwartet, dass im Jahr 2021 das zur Finanzierung der Immobilie aufgenommene Darlehen durch die Auszahlung einer zeitgleich abgeschlossenen Lebensversicherung i. H. v. x.000 € bis auf einen kleinen Restbetrag werde abgelöst werden können.
Der Kläger hat seit dem Erwerb der Immobilie in A im Jahr 1993 bis zum Streitjahr 2014 durchgängig Verluste erwirtschaftet (vgl. Bl. 24 der Gerichtsakte, Rückseite). Laut Angaben des Klägers beträgt der Verlust im Jahr 2015 5.184 € und in 2016 ist der Verlust auf 3.854 € zu beziffern.
Der Beklagte hat im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 14.07.2015 die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß berücksichtigt und den Bescheid hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für vorläufig erklärt. Weiterhin wurde der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen.
Mit weiterem Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 24.08.2015 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung ohne weitere steuerliche Änderungen aufgehoben. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger zunächst Einspruch eingelegt. Der Beklagte hat in seiner Einspruchsentscheidung vom 30.08.2016 nunmehr den geltend gemachten Verlust aus der Vermietung der Immobilie in A steuerlich nicht mehr anerkannt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei Vorliegen einer auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich ohne weitere Prüfung von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Im Streitfall liege weder eine verbilligte noch eine zeitlich begrenzte Vermietung vor.
Soweit der Beklagte von einer gewerblichen Vermietung und nicht von einer Vermietung einer Wohnung ausgehe, unterliege er einem Irrtum. Das vermietete Appartement sei in seinem Wesensgehalt mit einer Ferienwohnung vergleichbar. Neben der reinen Vermietung würden vom Kläger keinerlei Nebenleistungen erbracht werden. Der Grundriss der Teilungserklärung zeige ein Appartement auf 2 Ebenen in einer Größe von 38 m². Dies könnte auch der Grundriss einer Ferienwohnung sein. Zudem handele es sich laut Grundbuch zivilrechtlich um eine Wohnung, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt sei in Sondereigentum und Wohneigentum. Vergleichbare Einheiten würden in dem Gebäude auch von den Eigentümern selbst genutzt und nicht an das Hotel vermietet werden.
Nach dem Vortrag des Klägers führe seine beigefügte Prognoseberechnung zu einem Überschuss, so dass im Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Auslastung des Appartements durch Vermietung bei 70 % bzw. 80 % liege. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 12.10.2016 und vom 01.12.2016 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 12.09.2016 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkommensteuer des Klägers für 2014 auf x € festgesetzt wird;
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der geltend gemachte Verlust aus der Vermietung der Immobilie in A steuerlich nicht anerkannt werden könne. Ausgehend von einem Prognosezeitraum von 30 Jahren ergebe eine Gewinnprognose keinen Totalüberschuss aus der Vermietung der Immobilie. Somit könne auch nicht von einer Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ausgegangen werden.
Im Übrigen handelt es sich nach Auffassung des Beklagten um die typischen Merkmale einer gewerblichen Vermietung, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht von der Fiktion einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden könne. So sei ein umsatzabhängiger Mietzins vereinbart worden und der Mietvertrag stehe in Abhängigkeit zum Nutzervertrag des Endnutzers (derzeit: B). Außerdem seien für eine Kündigung ausdrücklich die Bedingungen für ein gewerbliches Mietverhältnis vereinbart worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11.11.2016 Bezug genommen.
Dem Gericht haben die einschlägigen Steuerakten des Beklagten vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2014 in der Fassung vom 12.09.2016 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat darin zu Unrecht die Verluste des Klägers aus der Vermietung eines Appartements in A steuerlich nicht berücksichtigt.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. März 2003 IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1270 [BFH 08.05.2003 - IV R 35/01]). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. September 2002 IX R 63/01, BFH/NV 2003, 454). Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771), auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. April 2009 IX R 39/08, Bundessteuerblatt II 2009, 776). Diese Grundsätze gelten nur für die Vermietung von Wohnungen, und zwar auch wenn der Mieter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. April 2009 IX R 39/08, Bundessteuerblatt II 2009, 776), nicht jedoch für die Vermietung von Gewerbeobjekten.
Abweichend von vorstehendem Grundsatz ist bei Gewerbeimmobilien die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Februar 2013 IX R 7/10, Bundessteuerblatt II 2013, 436). Dabei sind Gewerbeimmobilien - in Abgrenzung zu einer Wohnung - alle diejenigen Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Oktober 2013 IX R 2/13, Bundessteuerblatt II 2014, 527). Eine Gewerbeimmobilie in diesem Sinne ist auch ein aus landwirtschaftlichen Grundstücksflächen und Gebäuden bestehendes Anwesen, das für den Betrieb einer Pferdepensionshaltung und Pferdezucht zu dienen bestimmt ist.
Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich vorliegend nach Auffassung des Gerichts bei dem vom Kläger vermieteten Appartement nicht um eine Gewerbeimmobilie, sondern um eine Wohnung. Das Appartement wies eine Fläche von 38 m² auf und verfügte über Küche und Bad. Es handelte sich somit um eine kleinere Wohneinheit, wie sie typischerweise an Studenten, alleinstehende Personen oder auch in Form von Ferienwohnungen am Wohnungsmarkt angeboten wird. Ihr alleiniger Bestimmungszweck war ihre - wenn auch nur zeitlich befristete - Nutzung zu Wohnzwecken.
Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der zwischen dem Kläger und der Hotelbetriebsgesellschaft geschlossene Mietvertrag die typischen Merkmale einer gewerblichen Vermietung aufweise. Dem Mietvertrag ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger als Vermieter das Appartement dem Mieter für dessen gewerbliche Zwecke, der Weitervermietung an Dritte, gegen Zahlung eines Mietzinses zur Verfügung stellt (§ 1 des Mietvertrages vom 29.10.1992). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger selbst das ihm gehörende Wohnobjekt in eine gewerbliche Immobilie umgewidmet hat.
Unabhängig von der Einstufung des Appartements als eine zu Wohnzwecken dienende Immobilie geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass aufgrund einer Gesamtüberschussprognose davon auszugehen sei, es fehle dem Kläger an einer Einkünfteerzielungsabsicht.
Zwar hat der Kläger in der Zeitspanne seit dem Erwerb der Immobilie bis zum Streitjahr - entsprechend der tabellarischen Aufstellung des Beklagten - bezüglich des Appartements durchgängig lediglich Verluste erwirtschaftet. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgelegte Prognoseberechnung (Bl. 10 der Gerichtsakte) verdeutlicht jedoch in diesem Zusammenhang, dass Ursache der Verluste ausschließlich die hohe Zinsbelastung für die Finanzierung der Immobilie war, deren Grund wiederum darin lag, dass der Kläger die Immobilie bei deren Erwerb zu 100 % fremdfinanziert hatte.
Diesen Aufwendungen standen jedoch in sämtlichen Jahren beachtliche Mieteinnahmen entgegen, die die Bekundungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung bestätigen, dass die Auslastung des Appartements durch Vermietung bei 70 % bzw. 80 % gelegen habe.
Unterstellt man im Prognosewege die Aussage des Klägers als zutreffend, dass ab dem Jahr 2021 durch die Auszahlung einer Lebensversicherung das zur Finanzierung aufgenommene Darlehen nahezu vollständig getilgt werde, so wird das Appartement, das dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt als Teil seiner Altersversorgung dienen sollte, eine nicht unbeachtliche Rendite erzielen.
In jedem Fall kann man die durch die Fremdfinanzierung verursachte hohe Zinsbelastung nicht zum Anlass nehmen, dem Kläger eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen, da es jedem Steuerpflichtigen freistehen muss zu entscheiden, ob er ein Anlageobjekt mit Eigenkapital oder mit Fremdkapital finanziert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird eine Vermietungstätigkeit, die in den Anlaufjahren zu Werbungskostenüberschüssen führt, nicht schon deshalb ohne die Absicht ausgeübt, Einnahmeüberschüsse zu erzielen, weil eine objektive betriebswirtschaftliche Beurteilung ergibt, dass die Vermietung in naher Zukunft nicht zur Einkünfteerzielung geeignet ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. September 1994 IX R 71/93, Bundessteuerblatt II 1995, 116). Ein besonderes Kennzeichen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung besteht danach darin, dass die Einkunftserzielung sich im Regelfall über längere Zeiträume - oft über Jahrzehnte - erstreckt und häufig zunächst jahrelang Werbungskostenüberschüsse getragen werden müssen, weil mit Immobilien, wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Die (frühere) Gesetzgebung hat indessen lediglich die Einkünfte im Sinn von § 21 Abs. 2 S. 1 und § 21a des Einkommensteuergesetzes, die überwiegend zu Werbungskostenüberschüssen geführt und sich im Ergebnis wie Subventionstatbestände ausgewirkt hatten, aus den steuerbaren Einkünften herausgenommen und durch offene Subventionen wie seinerzeit § 10e des Einkommensteuergesetzes (ab 1996: Eigenheimzulagengesetz) ersetzt. Hingegen wird die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ohne Einschränkung weiterhin als Tatbestand der steuerbaren Erzielung von Einkünften erfasst. Mithin beruht diese Norm auf der typisierenden Annahme, dass die langfristige Vermietung und Verpachtung trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Für die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht, die grundsätzlich eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung erfordert, gebietet es somit der vorgenannte Normzweck § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, im Fall einer beabsichtigten langfristigen Vermietung regelmäßig davon auszugehen, dass das Mietverhältnis im konkreten Fall letztlich zu positiven Einkünften führen soll, damit die Einkunftserzielungsabsicht gegeben ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände der Beweis des ersten Anscheins oder Beweisanzeichen (Indizien) gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Solche Indizien liegen im Streitfall nicht vor. Es ist offenkundig, dass man die Streitsache in keiner Weise mit Fallgestaltungen vergleichen kann, in denen eine Immobilie über längere Zeit leer steht und der Eigentümer keine geeigneten Anstrengungen unternimmt, um für deren Vermietbarkeit die Voraussetzungen zu schaffen, oder ein Immobilienobjekt baulich so gestaltet ist, dass kein Markt für deren Vermietbarkeit besteht und der Eigentümer es unterlässt, bauliche Umgestaltungen vorzunehmen, um einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, Bundessteuerblatt II 2010, 124).
Nach alledem war der Klage ein Erfolg beschieden.
Der Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen (§ 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Der Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 12.09.2016 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 mit der Maßgabe geändert, dass die Einkommensteuer des Klägers für 2014 auf x € festgesetzt wird.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hat im Streitjahr wie in den vorangegangenen Kalenderjahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Bei dem vermieteten Objekt handelt es sich um ein vermietetes Appartement in A, das in einem Hotelkomplex belegen ist.
Das vermietete Appartement ist 38 m² groß und ist mit Küche und Bad ausgestattet. Diese Immobilie ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz in Teileigentum und Wohneigentum aufgeteilt. Auf dem Grundstück wird durch eine Hotelbetriebsgesellschaft ein Hotel betrieben. Das Appartement selbst steht im Eigentum des Klägers und wird dauerhaft an die Hotelbetriebsgesellschaft verpachtet. Für die Nutzung des Appartements erhält der Kläger eine umsatzabhängige Miete. Interessenten können das Appartement wahlweise mit oder ohne Hotelbetrieb anmieten.
Der Kläger hat die Immobilie im Jahr 1993 zu einem Preis von ca. x.000 DM erworben und die Anschaffungskosten seinerzeit zu 100 % fremdfinanziert. Nach Bekundungen des Klägers hat dieser das Objekt als Baustein für seine Altersvorsorge erworben. Er erwartet, dass im Jahr 2021 das zur Finanzierung der Immobilie aufgenommene Darlehen durch die Auszahlung einer zeitgleich abgeschlossenen Lebensversicherung i. H. v. x.000 € bis auf einen kleinen Restbetrag werde abgelöst werden können.
Der Kläger hat seit dem Erwerb der Immobilie in A im Jahr 1993 bis zum Streitjahr 2014 durchgängig Verluste erwirtschaftet (vgl. Bl. 24 der Gerichtsakte, Rückseite). Laut Angaben des Klägers beträgt der Verlust im Jahr 2015 5.184 € und in 2016 ist der Verlust auf 3.854 € zu beziffern.
Der Beklagte hat im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 14.07.2015 die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß berücksichtigt und den Bescheid hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für vorläufig erklärt. Weiterhin wurde der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen.
Mit weiterem Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 24.08.2015 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung ohne weitere steuerliche Änderungen aufgehoben. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger zunächst Einspruch eingelegt. Der Beklagte hat in seiner Einspruchsentscheidung vom 30.08.2016 nunmehr den geltend gemachten Verlust aus der Vermietung der Immobilie in A steuerlich nicht mehr anerkannt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei Vorliegen einer auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich ohne weitere Prüfung von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Im Streitfall liege weder eine verbilligte noch eine zeitlich begrenzte Vermietung vor.
Soweit der Beklagte von einer gewerblichen Vermietung und nicht von einer Vermietung einer Wohnung ausgehe, unterliege er einem Irrtum. Das vermietete Appartement sei in seinem Wesensgehalt mit einer Ferienwohnung vergleichbar. Neben der reinen Vermietung würden vom Kläger keinerlei Nebenleistungen erbracht werden. Der Grundriss der Teilungserklärung zeige ein Appartement auf 2 Ebenen in einer Größe von 38 m². Dies könnte auch der Grundriss einer Ferienwohnung sein. Zudem handele es sich laut Grundbuch zivilrechtlich um eine Wohnung, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt sei in Sondereigentum und Wohneigentum. Vergleichbare Einheiten würden in dem Gebäude auch von den Eigentümern selbst genutzt und nicht an das Hotel vermietet werden.
Nach dem Vortrag des Klägers führe seine beigefügte Prognoseberechnung zu einem Überschuss, so dass im Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Auslastung des Appartements durch Vermietung bei 70 % bzw. 80 % liege. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 12.10.2016 und vom 01.12.2016 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 12.09.2016 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkommensteuer des Klägers für 2014 auf x € festgesetzt wird;
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der geltend gemachte Verlust aus der Vermietung der Immobilie in A steuerlich nicht anerkannt werden könne. Ausgehend von einem Prognosezeitraum von 30 Jahren ergebe eine Gewinnprognose keinen Totalüberschuss aus der Vermietung der Immobilie. Somit könne auch nicht von einer Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ausgegangen werden.
Im Übrigen handelt es sich nach Auffassung des Beklagten um die typischen Merkmale einer gewerblichen Vermietung, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht von der Fiktion einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden könne. So sei ein umsatzabhängiger Mietzins vereinbart worden und der Mietvertrag stehe in Abhängigkeit zum Nutzervertrag des Endnutzers (derzeit: B). Außerdem seien für eine Kündigung ausdrücklich die Bedingungen für ein gewerbliches Mietverhältnis vereinbart worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11.11.2016 Bezug genommen.
Dem Gericht haben die einschlägigen Steuerakten des Beklagten vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2014 in der Fassung vom 12.09.2016 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat darin zu Unrecht die Verluste des Klägers aus der Vermietung eines Appartements in A steuerlich nicht berücksichtigt.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. März 2003 IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1270 [BFH 08.05.2003 - IV R 35/01]). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. September 2002 IX R 63/01, BFH/NV 2003, 454). Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771), auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. April 2009 IX R 39/08, Bundessteuerblatt II 2009, 776). Diese Grundsätze gelten nur für die Vermietung von Wohnungen, und zwar auch wenn der Mieter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. April 2009 IX R 39/08, Bundessteuerblatt II 2009, 776), nicht jedoch für die Vermietung von Gewerbeobjekten.
Abweichend von vorstehendem Grundsatz ist bei Gewerbeimmobilien die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Februar 2013 IX R 7/10, Bundessteuerblatt II 2013, 436). Dabei sind Gewerbeimmobilien - in Abgrenzung zu einer Wohnung - alle diejenigen Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Oktober 2013 IX R 2/13, Bundessteuerblatt II 2014, 527). Eine Gewerbeimmobilie in diesem Sinne ist auch ein aus landwirtschaftlichen Grundstücksflächen und Gebäuden bestehendes Anwesen, das für den Betrieb einer Pferdepensionshaltung und Pferdezucht zu dienen bestimmt ist.
Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich vorliegend nach Auffassung des Gerichts bei dem vom Kläger vermieteten Appartement nicht um eine Gewerbeimmobilie, sondern um eine Wohnung. Das Appartement wies eine Fläche von 38 m² auf und verfügte über Küche und Bad. Es handelte sich somit um eine kleinere Wohneinheit, wie sie typischerweise an Studenten, alleinstehende Personen oder auch in Form von Ferienwohnungen am Wohnungsmarkt angeboten wird. Ihr alleiniger Bestimmungszweck war ihre - wenn auch nur zeitlich befristete - Nutzung zu Wohnzwecken.
Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der zwischen dem Kläger und der Hotelbetriebsgesellschaft geschlossene Mietvertrag die typischen Merkmale einer gewerblichen Vermietung aufweise. Dem Mietvertrag ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger als Vermieter das Appartement dem Mieter für dessen gewerbliche Zwecke, der Weitervermietung an Dritte, gegen Zahlung eines Mietzinses zur Verfügung stellt (§ 1 des Mietvertrages vom 29.10.1992). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger selbst das ihm gehörende Wohnobjekt in eine gewerbliche Immobilie umgewidmet hat.
Unabhängig von der Einstufung des Appartements als eine zu Wohnzwecken dienende Immobilie geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass aufgrund einer Gesamtüberschussprognose davon auszugehen sei, es fehle dem Kläger an einer Einkünfteerzielungsabsicht.
Zwar hat der Kläger in der Zeitspanne seit dem Erwerb der Immobilie bis zum Streitjahr - entsprechend der tabellarischen Aufstellung des Beklagten - bezüglich des Appartements durchgängig lediglich Verluste erwirtschaftet. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgelegte Prognoseberechnung (Bl. 10 der Gerichtsakte) verdeutlicht jedoch in diesem Zusammenhang, dass Ursache der Verluste ausschließlich die hohe Zinsbelastung für die Finanzierung der Immobilie war, deren Grund wiederum darin lag, dass der Kläger die Immobilie bei deren Erwerb zu 100 % fremdfinanziert hatte.
Diesen Aufwendungen standen jedoch in sämtlichen Jahren beachtliche Mieteinnahmen entgegen, die die Bekundungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung bestätigen, dass die Auslastung des Appartements durch Vermietung bei 70 % bzw. 80 % gelegen habe.
Unterstellt man im Prognosewege die Aussage des Klägers als zutreffend, dass ab dem Jahr 2021 durch die Auszahlung einer Lebensversicherung das zur Finanzierung aufgenommene Darlehen nahezu vollständig getilgt werde, so wird das Appartement, das dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt als Teil seiner Altersversorgung dienen sollte, eine nicht unbeachtliche Rendite erzielen.
In jedem Fall kann man die durch die Fremdfinanzierung verursachte hohe Zinsbelastung nicht zum Anlass nehmen, dem Kläger eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen, da es jedem Steuerpflichtigen freistehen muss zu entscheiden, ob er ein Anlageobjekt mit Eigenkapital oder mit Fremdkapital finanziert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird eine Vermietungstätigkeit, die in den Anlaufjahren zu Werbungskostenüberschüssen führt, nicht schon deshalb ohne die Absicht ausgeübt, Einnahmeüberschüsse zu erzielen, weil eine objektive betriebswirtschaftliche Beurteilung ergibt, dass die Vermietung in naher Zukunft nicht zur Einkünfteerzielung geeignet ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. September 1994 IX R 71/93, Bundessteuerblatt II 1995, 116). Ein besonderes Kennzeichen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung besteht danach darin, dass die Einkunftserzielung sich im Regelfall über längere Zeiträume - oft über Jahrzehnte - erstreckt und häufig zunächst jahrelang Werbungskostenüberschüsse getragen werden müssen, weil mit Immobilien, wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Die (frühere) Gesetzgebung hat indessen lediglich die Einkünfte im Sinn von § 21 Abs. 2 S. 1 und § 21a des Einkommensteuergesetzes, die überwiegend zu Werbungskostenüberschüssen geführt und sich im Ergebnis wie Subventionstatbestände ausgewirkt hatten, aus den steuerbaren Einkünften herausgenommen und durch offene Subventionen wie seinerzeit § 10e des Einkommensteuergesetzes (ab 1996: Eigenheimzulagengesetz) ersetzt. Hingegen wird die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ohne Einschränkung weiterhin als Tatbestand der steuerbaren Erzielung von Einkünften erfasst. Mithin beruht diese Norm auf der typisierenden Annahme, dass die langfristige Vermietung und Verpachtung trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Für die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht, die grundsätzlich eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung erfordert, gebietet es somit der vorgenannte Normzweck § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, im Fall einer beabsichtigten langfristigen Vermietung regelmäßig davon auszugehen, dass das Mietverhältnis im konkreten Fall letztlich zu positiven Einkünften führen soll, damit die Einkunftserzielungsabsicht gegeben ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände der Beweis des ersten Anscheins oder Beweisanzeichen (Indizien) gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1997 IX R 80/94, Bundessteuerblatt II 1998, 771).
Solche Indizien liegen im Streitfall nicht vor. Es ist offenkundig, dass man die Streitsache in keiner Weise mit Fallgestaltungen vergleichen kann, in denen eine Immobilie über längere Zeit leer steht und der Eigentümer keine geeigneten Anstrengungen unternimmt, um für deren Vermietbarkeit die Voraussetzungen zu schaffen, oder ein Immobilienobjekt baulich so gestaltet ist, dass kein Markt für deren Vermietbarkeit besteht und der Eigentümer es unterlässt, bauliche Umgestaltungen vorzunehmen, um einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, Bundessteuerblatt II 2010, 124).
Nach alledem war der Klage ein Erfolg beschieden.
Der Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen (§ 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).