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  • · Fachbeitrag · Unternehmensplanung

    Inflation: Ausgewählte Möglichkeiten für Betriebe, die Preissteigerungen zu begrenzen (mit Excel-Tool)

    von Jörgen Erichsen, Leverkusen

    | Die multiplen Krisen und vor allem die Inflation stellen Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen. Ohne Gegensteuerungsmaßnahmen drohen Gewinnrückgänge, Verluste, Liquiditätsprobleme oder gar die Insolvenz. Doch Unternehmer sind nicht hilflos und können eine Vielzahl von Möglichkeiten nutzen, um diese Risiken zu begrenzen. Der Beitrag zeigt, welche Schwierigkeiten nicht nur durch die Inflation entstehen und macht Vorschläge, wie vor allem kleinere Betriebe dennoch weiter profitabel arbeiten können. |

    1. Multiple Belastungen für Unternehmer und Betriebe

    Seit inzwischen rund einem Jahr liegt die Inflationsrate zwischen 7 und etwa 10 %. Das Statistische Bundesamt weist vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2022 Steigerungen gegenüber dem Vorjahresmonat von um die 8 bis 10 % aus.

     

     

    Zwar soll die Inflationsrate in den kommenden Jahren wieder auf Werte von knapp 7 % im Jahr 2023 und gut 4 % im Jahr 2024 zurückgehen. Verlässlich prognostizieren kann dies aber niemand und die Einschätzungen liegen z. T. weit auseinander. Beispielsweise rechnet die Bundesregierung für 2023 mit 7 %, die EU-Kommission mit 7,5 % und die Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von knapp 9 % Inflation aus (siehe www.iww.de/s7546).

     

    Mit der Inflation kommen auf Unternehmer zahlreiche (neue) Schwierigkeiten zu. Die Preise auf den Beschaffungsmärkten steigen in immer kürzeren Abständen, teilweise müssen Preise trotz bestehender Vereinbarungen nachverhandelt werden. Und immer wieder sind Lieferanten nicht bereit, längerfristig geltende Preise zu gewähren (Stichwort z. B. Preisgleitklauseln). Da die Folgen der Inflation nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen und Arbeitnehmer betreffen, muss mit deutlichen Tariflohnsteigerungen gerechnet werden: Zahlreiche Abschlüsse wurden bereits getätigt. Gleichzeitig müssen Preise mit Kunden vereinbart und neue Verträge abgeschlossen oder bestehende verlängert werden, etwa für Energie, Mieten, Leasing, Pachten. Daneben sorgen die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank dafür, dass Finanzierungen teurer und die Kunden in vielen Branchen zurückhaltender werden. In der Bauindustrie z. B. gibt es bereits deutliche Nachfragerückgänge. Aber auch andere Industriezweige sind betroffen, u. a. der Maschinenbau und die Automobilindustrie. Geht hier die Nachfrage zurück, trifft es auch kleinere Betriebe, die oft weniger Möglichkeiten haben, finanzielle Belastungen zu verkraften.

    2. Bestandsaufnahme vornehmen

    Zunächst sollten sich Unternehmer fragen, in welchen Bereichen sie mit Problemen konfrontiert sind bzw. werden können. Erst wenn es einen guten Überblick über die aktuelle Lage gibt, lassen sich im Anschluss gezielt Maßnahmen umsetzen. Die Checkliste in Abb. 2 (Bestandteil der Excel-Arbeitshilfe) hilft bei der Analyse und Bewertung. In der Checkliste sind Positionen und Entwicklungen aufgeführt, die Unternehmen bei hohen oder steigenden Inflationsraten im Blick behalten sollten. Positionen, die relevant sind, können mit einem „J“ versehen werden. Die Auflistung ist nicht abschließend und kann ergänzt werden.

     

    • Abb. 2: Checkliste zur Bestandsaufnahme (Auszug)

     

    Falls möglich, sollten zu jeder Position Plan- oder Vorjahreswerte eingegeben und anschließend über einen Prozentwert die möglichen negativen Folgen für den Betrieb abgeschätzt werden: Im Vorjahr belief sich der Umsatz im Beispiel auf 4 Mio. EUR und der Betrieb rechnet damit, dass seine Kunden 8 % weniger Geld zur Verfügung haben als bisher. Das kann sich in gleichem Umfang auf die Umsätze auswirken.

     

    In der Spalte „Priorität“ kann eingetragen werden, wie gefährlich eine Entwicklung ist und wie dringend Maßnahmen umzusetzen sind. Eine „3“ bedeutet höchste Priorität (Symbol färbt sich rot), eine „2“ mittlere Priorität (gelb) und es sind sofort oder zeitnah Maßnahmen zu ergreifen. Bei Eingabe einer „1“ färbt sich das Symbol grün und Maßnahmen können etwas später realisiert werden.

     

    PRAXISTIPP | Auch wenn bei allen Positionen gehandelt werden müsste, ist dies in der Praxis häufig kaum möglich, weil man zu viel gleichzeitig tun müsste und dabei die Gefahr besteht, sich zu verzetteln. Besser ist es, nicht mehr als zwei bis drei Maßnahmen gleichzeitig umzusetzen.

     

    Zusätzlich zu den Schätzungen sollten kritische Fragen gestellt werden, um die Situation noch besser analysieren und bewerten zu können.

     

    • Abb. 3: Fragenauswahl zur Abrundung der Analyse (Auszug)

     

    3. Lösungsansätze zur Begrenzung negativer Inflationsfolgen

    Die folgenden Maßnahmen zur Begrenzung der Folgen von Inflation und Versorgungsproblemen sind Beispiele und sollen vor allem Orientierung sowie Anregung bieten. Welche Maßnahmen (zuerst) umgesetzt werden sollten, ist u. a. abhängig von den Ergebnissen der Bestandsaufnahme und der Branche. Der Bereich „Materialien“ ist z. B. für viele Dienstleister weniger relevant.

     

    3.1 Generelle Preisanpassungen prüfen

    Eine Erhöhung der Verkaufspreise zum Ausgleich möglicher Einbußen ist mit die offensichtlichste Möglichkeit, dem Inflationsdruck zu begegnen. Auch wenn die meisten Kunden mit solchen Maßnahmen rechnen bzw. schon an anderer Stelle betroffen waren, gilt es, einige Spielregeln zu beachten, um die Kundenbindung zu erhalten. Dazu gehört es, den Kunden eine Begründung für die Erhöhung zu geben, etwa steigende Beschaffungspreise oder Personalkosten. Dabei sollte offen kommuniziert und gezeigt werden, welche Kostenarten betroffen sind und wie die Situation bislang und künftig aussieht, z. B. durch Gegenüberstellung der alten und neuen Preise. Es sollte außerdem möglichst keine pauschale Erhöhung bei allen Produkten um den gleichen Prozentsatz vorgenommen, sondern mit Differenzierungen gearbeitet werden. Beispielsweise können bei einigen Artikeln vor allem die Materialpreise für Preiserhöhungen verantwortlich sein, bei anderen die Personal- oder Energiekosten. Gleichzeitig kann den Kunden angeboten werden, dass sie, wenn sie bis zu einem bestimmten Termin ordern, noch zu den alten Konditionen beliefert werden. Das hat oft den Effekt, dass kurzfristig zusätzlich Umsätze generiert werden können, was die Liquidität verbessert und ggf. den Gewinn erhöht, wenn Preissteigerungen für eigene Vorprodukte noch nicht angekommen sind.

     

    Zu einer offenen und fairen Kommunikation gehört der Hinweis, dass es zu erneuten Preissteigerungen kommen kann, wenn sich die Lage weiter verschlechtert. Und auch über Preisgleitklauseln für einzelne Vorprodukte oder fertige Artikel sollten Kunden offen und fair informiert werden. Besonders vertrauensbildend ist es, anzukündigen und umzusetzen, dass Preissenkungen ebenfalls weitergegeben werden.

     

    PRAXISTIPPS | Durch die Konzentration der Vertriebsaktivitäten auf Produkte mit besonders hohen Deckungsbeiträgen kann ggf. auf Preisanhebungen verzichtet werden, wenn es gelingt, von diesen Artikeln signifikant mehr zu verkaufen. Die Faustregel ist: mindestens 10 bis 15 % Mehrverkäufe. Gleichzeitig sollte versucht werden, sich von weniger lukrativen Produkten zu trennen oder sie Kunden zumindest nicht mehr aktiv anzubieten.

     

    Preisanhebungen lassen sich nicht unbegrenzt vornehmen. Ob und in welchem Umfang sie möglich sind, hängt auch davon ab, ob Kunden einen Artikel wirklich benötigen und welche Klientel erreicht werden soll. Richtet sich das Angebot v. a. an Kunden, die eher wenig Geld haben, ist der Anpassungsspielraum meist begrenzt. Spricht es eher wohlhabende Kunden an, gibt es mehr Möglichkeiten, die Preise zu erhöhen. Deshalb muss auch die Marktpositionierung mittelfristig überprüft und der Fokus ggf. auf kaufkräftigere Kunden gelegt werden. Dabei ist zu bedenken, dass u. U. das Geschäftsmodell angepasst werden muss und sich positive Auswirkungen oft erst nach mehr als einem Jahr bemerkbar machen. Und auf der anderen Seite entstehen zunächst zusätzliche Kosten, um z. B. Werbung und Vertriebskanäle anzupassen.

     

    3.2 Kostensteigerungen im Materialbereich begrenzen

    Unternehmen, die vor allem Projekte realisieren, können zwei Optionen prüfen. Eine Möglichkeit besteht darin, den Kunden die benötigten Materialien nicht zu einem festen Preis im Angebot, sondern zum Tagespreis bei Projektbeginn gegen Nachweis zu offerieren. Allerdings werden viele Kunden mit dieser Regelung weniger zufrieden sein, weil sie damit Kostenrisiken eingehen. Aus Unternehmenssicht sollte dann argumentiert werden, dass eine schnelle Angebotsannahme auch den Kunden Kalkulations- und Planungssicherheit bietet. Unternehmen können so die Risiken, die durch Preisgarantien für mehrere Wochen oder gar Monate entstehen, weitgehend vermeiden und wenn sich Kunden schneller entscheiden, steigt gleichzeitig die Planungssicherheit. Alternativ können Unternehmen Kunden die Zusage machen, dass sie die nötigen Materialien unmittelbar bei Angebotsannahme erwerben, wenn die Kunden Anzahlungen in entsprechender Höhe leisten. Für Projektfertiger entsteht ein weiterer Vorteil, weil sie weitestgehend auf hohe Lagerbestände verzichten können. Ausnahmen müssen vor allem bei Beschaffungsgütern mit langen Lieferzeiten oder besonderen Knappheiten beachtet werden.

     

    Beachten Sie | Unternehmen mit laufendem Geschäft, die z. B. klassische Handwerksleistungen erbringen oder Artikel in Serie fertigen, müssen meist flexibler reagieren. Hier ist es oft günstiger, wenn Materialien auf Lager gelegt werden, um jederzeit produktions- und lieferfähig zu bleiben. Die dadurch entstehenden höheren Kosten und Risiken wie Kapitalbindung, Schwund, Verderb, Diebstahl und Überalterung müssen dann über höhere Preise an die Kunden weitergegeben werden.

     

    Trotz der insgesamt eher angespannten Versorgungslage sollte geprüft werden, ob es möglich ist, besonders teure Materialien durch möglichst gleichwertige, aber preiswertere Güter zu ersetzen. Alternativ oder ergänzend kann versucht werden, sich von besonders teuren Lieferanten zu trennen und auf andere Partner zu setzen. Da der Aufwand hierfür i. d. R. hoch ist, sollte man sich in erster Linie auf A-Produkte konzentrieren und hier nach Kostensenkungspotenzialen suchen.

     

    PRAXISTIPP | Bei den Materialkosten sollte auch geprüft werden, welcher Anteil der Steigerungen tatsächlich auf höhere Preise und welcher Anteil auf Mehrverbräuche ‒ etwa durch zusätzlichen Verschnitt ‒ zurückzuführen ist, um letztere ggf. zu reduzieren.

     

    3.3 Kostensteigerungen im Energiebereich begrenzen

    Bei den Energiekosten haben viele Unternehmen bereits vor allem kurzfristig wirksame Maßnahmen umgesetzt ‒ wie z. B. richtige Ausschaltung nicht genutzter Geräte, Installation von Zeitschaltuhren oder Bewegungsmeldern, Anpassung der Laufzeiten von Dauerverbrauchern oder Wärmepumpen, Nutzung programmierbarer Thermostate, richtiges Lüften, Anpassung der Raumtemperatur und Lastspitzenreduktion (Lastspitzen entstehen, wenn mehrere Maschinen gleichzeitig hochgefahren werden, die viel Strom brauchen). Die Praxis zeigt allerdings, dass sich im Laufe der Zeit wieder alte Gewohnheiten einschleichen und z. B. nicht mehr effektiv gelüftet oder die Raumtemperatur wieder erhöht wird. Bei den kurzfristigen Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten geht es daher in erster Linie darum, zu überprüfen, ob sich die Mitarbeiter an getroffene Regelungen halten. Ggf. sollte es konkrete Arbeitsanweisungen geben, um eine höhere Verbindlichkeit zu erreichen.

     

    Mittelfristig ‒ auf Sicht von zwei bis drei Jahren ‒ funktioniert Energieeinsparung nur, wenn investiert wird, z. B. in Wärmedämmung, automatisches Lastspitzenmanagement, Wärmerückgewinnung, Umstellungen im Fuhrpark oder Veränderungen im Produktportfolio, indem z. B. besonders energieintensive Produkte nicht mehr oder nur in geringen Stückzahlen gefertigt werden. Vor der Umsetzung von Maßnahmen ist es sinnvoll, sich beraten zu lassen und zu prüfen, ob und in welchem Umfang Fördermöglichkeiten bestehen (z. B. www.kfw.de oder www.energiefoerderung.info).

     

    PRAXISTIPP | Bei Neuanschaffungen sollten Energiekosten bei Entscheidungen mit einem höheren Gewicht berücksichtigt werden. Das gilt sowohl für den Fall, dass z. B. neue Maschinen oder Fahrzeuge benötigt werden, als auch für den Fall, dass Anlagegüter lediglich zu ersetzen sind.

     

    3.4 Kostensteigerungen im Personalbereich begrenzen

    Im Personalsektor haben Unternehmen nicht nur mit Kostensteigerungen, sondern auch mit Personalmangel zu kämpfen. Daher sind die Möglichkeiten, die Personalkosten zu reduzieren, stark eingeschränkt. Viele Unternehmer setzen bereits auf Subunternehmer. Damit sind Unternehmen flexibler, wenn es um die Erledigung von Aufträgen geht, und es entstehen keine oder nur geringe Fixkosten, weil Subunternehmer nur dann gebucht werden müssen, wenn konkrete Arbeiten anstehen. Alternativ oder ergänzend sollte der Einsatz von Zeitarbeitern in bestimmten Bereichen geprüft werden.

     

    3.5 Wertverluste begrenzen

    Hier gibt es einen klaren Zielkonflikt für Unternehmen: Einerseits ist es sinnvoll, eine finanzielle Reserve für Krisenzeiten aufzubauen, die ausreichen sollte, um ca. zwei bis drei Monate ohne Einnahmen zu überstehen. Andererseits kommt es infolge der Inflation zu kaum vermeidbaren Geldentwertungen. Unternehmen sollten ihre Bank fragen, ob und in welchem Umfang sie Guthaben wieder verzinst. Die meisten Institute bieten inzwischen wieder Zinsen, offerieren das aber nicht von sich aus. Damit lässt sich zumindest ein kleiner Teil der Wertverluste auffangen.

     

    Da auch in Forderungen Geld gebunden ist, das im Zeitablauf weniger wert wird, sollten Unternehmen ihr Forderungsmanagement verbessern, z. B. durch:

     

    • Bonitätsprüfungen von Neu- und Bestandskunden ab bestimmten Beträgen, z. B. 400 bis 500 EUR.

     

    • Standardisierte Verträge mit einheitlichen Zahlungsbedingungen für möglichst viele Kunden; Ausnahmen nur bei Kunden mit hohen Deckungsbeiträgen: Die Vertragsgestaltung ist so umzusetzen, dass automatisch Verzug eintritt, z. B. nach 30 Tagen. Rabatte und Nachlässe sind zu begrenzen, auch wenn sie kalkuliert sind, da sie vollständig auf den Gewinn und die Liquidität durchschlagen. Nicht kalkulierte Nachlässe müssen absolut tabu sein.

     

    • Forcierung von für den eigenen Betrieb günstigen Zahlungskonditionen, z. B. höhere Anzahlungen, Abschläge, Vorauszahlung, (Firmen-)Lastschriften, Kartenzahlungen, Einsatz mobiler Zahlungsterminals; ansonsten zeitnahe Rechnungsstellung unmittelbar nach Leistungserbringung: Die Fakturierung sollte mindestens einmal ‒ besser zweimal ‒ pro Woche erfolgen. Kreditlimits (Kauf auf Rechnung) werden nur für Kunden gewährt, die stets pünktlich zahlen. Diese könnten auch einen Bonus erhalten, etwa einen kleinen Nachlass beim ersten Kauf im neuen Jahr.

     

     

    • Einführung eines mehrstufigen Mahnprozesses mit Bereitschaft, Forderungen an ein Inkassobüro abzutreten und gerichtlich gegen mehrfach säumige Zahler vorzugehen

     

    • Entwicklung klarer Eskalationsregeln, Vorgehensweisen und Zuständigkeiten für den Fall, dass Kunden Einwände erheben

     

    PRAXISTIPP | Durch das Einbinden großer Kunden in den Planungsprozess, z. B. im Rahmen regelmäßiger Kundengespräche, lässt sich nicht nur der Finanzstrom besser planen, sondern auch der Einkauf und die Produktion.

     

    3.6 Kleinaufträge vermeiden oder besser managen

    Vielen Unternehmern ist nicht bewusst, dass sie mit kleinen Aufträgen kein Geld verdienen oder sogar Verluste erwirtschaften. Ein Grund ist, dass bei der Auftragsbearbeitung oft hohe Fixkosten anfallen, die unabhängig vom Volumen entstehen. Beträgt die Bearbeitungszeit im Mittel z. B. eine Stunde und belaufen sich die Kosten hierfür auf 90 EUR, ist ein kleinerer Auftrag unprofitabel. Hinzu kommen häufig variable Kosten bzw. Kosten, die für die Auftragserledigung generell entstehen (bei Dienstleistern Arbeitsstunden). Betragen diese Kosten z. B. 200 EUR, lohnt sich die Annahme von Aufträgen unterhalb von 290 EUR nicht, weil noch nicht einmal alle direkten Kosten gedeckt sind. Soll ein Gewinn oder Deckungsbeitrag erzielt werden, müsste der Mindestauftragswert deutlich darüber liegen, etwa bei 300 bis 350 EUR. Je mehr Kleinaufträge es gibt, umso mehr muss versucht werden, das Auftragsvolumen zu erhöhen. Dazu können Unternehmen u. a. diese Möglichkeiten nutzen:

     

    • 1. Mindestvolumen für Aufträge festlegen, z. B. 300 bis 350 EUR, Aufträge mit geringeren Werten ablehnen oder Mindermengenzuschlag verlangen
    • 2. Versand und Verpackungskosten separat fakturieren oder Selbstabholung anbieten
    • 3. Bündelung ähnlicher Aufträge, um Umrüstarbeiten und Verschnitt zu verringern
    • 4. Festlegung von Mindestgrößen bei der Verpackung, damit das Volumen über dem Mindestwert liegt
    • 5. Keine aktive Ansprache kleiner Kunden, Vertrieb zur Forcierung von Aufträgen über dem Mindestvolumen verpflichten

     

    3.7 Produkte und Leistungen getrennt fakturieren

    Produkte und Leistungen könnten getrennt fakturiert werden. So kann z. B. versucht werden, sich bisher kostenlose Dienstleistungen wie Lieferung oder Montage vor Ort gesondert honorieren zu lassen. Diese Vorgehensweise ist oft realisierbar bei Neukunden oder wenn es Wettbewerber ebenso machen.

     

    3.8 Berichtswesen anpassen

    Um die Inflations- und Kostenentwicklung im Blick behalten zu können, sollte überlegt werden, das Berichtswesen anzupassen. Zusätzlich zu den Standardberichten und -informationen sollte dabei neben der Kostenentwicklung in den genannten Bereichen auch die Wirkung bereits ergriffener Maßnahmen dargestellt werden.

     

    3.9 Arbeit mit Forecasts und Szenarien forcieren

    Nicht nur in kritischen Zeiten sollten Unternehmen stärker als bisher auf die Arbeit mit Szenarien, mit denen z. B. Umsatzrückgänge oder Kostensteigerungen abgebildet werden, setzen. Denn auch ohne COVID-19, Ukrainekrieg und erhebliche Kostensteigerungen wird die Umwelt immer dynamischer und die Auswirkungen auf Gewinne und die Liquidität lassen sich nicht mehr ein Jahr im Voraus planen und einschätzen. Mit dem einfachen Tool der Arbeitshilfe ist ein leichter Einstieg in das Thema möglich:

     

    Es können eine Ausgangsplanung sowie bis zu drei Szenarien erstellt werden. Die Veränderungen können positionsweise vorgenommen werden, indem man Prozentwerte eingibt. In der Anwendung können nicht nur Umsätze und Kosten angepasst werden, sondern auch Positionen, die die Liquidität verändern, etwa Investitionen oder Kredittilgungen. In Szenario I wird z. B. damit gerechnet, dass sich die Materialkosten gegenüber der Ursprungsplanung um 15 % verändern und die Energiekosten um 20 % steigen. In der Abb. 4 ist zu sehen, dass je nach Szenario bis zu 281.000 EUR an Liquidität fehlen und bei Szenario II auch ein Verlust eintritt. Die Szenarien zeigen, dass der Betrieb vor allem darauf achten muss, dass die Umsätze stabil bleiben. Außerdem sollte er Kostensenkungen bzw. eine Begrenzung von Kostensteigerungen in erster Linie bei den Materialkosten anstreben, da diese die größte Position ausmachen.

     

    • Abb. 4: Beispiel einer einfachen Szenariorechnung

     

    FAZIT | Im Beitrag wurden zahlreiche Beispiele für Maßnahmen vorgestellt, die Unternehmen bei der Bewältigung negativer Inflationsfolgen helfen können. Was genau getan werden muss, ist abhängig von der jeweiligen Lage eines Unternehmens und dem, was bereits realisiert wurde. Wichtig ist, dass Unternehmer ein Konzept erstellen und Maßnahmen systematisch umsetzen. Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter informiert und aktiv einbezogen werden, damit alle im Unternehmen an einem Strang ziehen und so dafür sorgen, dass der Betrieb weiter profitabel agieren kann.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2023 | Seite 66 | ID 48982650

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