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  • · Fachbeitrag · Finanzierungsberatung

    Immobilien: Welcher Kaufpreis kann noch finanziert werden?

    von Prof. Dr. Peter Hoberg, Worms

    | Durch die ausufernde Inflation müssen zurzeit ca. 4 % p. a. für langfristige Immobilienkredite bezahlt werden. In diesem Beitrag wird untersucht, welcher Finanzierungsspielraum potenziellen Käufern von Immobilien bleibt, wenn die Nebenkosten (einmalig und laufend) und die höheren Finanzierungskosten in der Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigt werden. Eine rechtzeitige Abschätzung ist sehr wichtig, damit nicht später in der Bank der Traum von der eigenen Immobilie platzt. |

    1. Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsrechnung

    Bei einer Investition in eine Immobilie muss der Käufer den Kaufpreis bezahlen (plus Nebenkosten) und erhält dafür alle Rechte und Pflichten des erworbenen Gegenstands. Finanziell betrachtet erhält er die zukünftigen Kaltmieten, wenn es um eine Kapitalanlage geht. Bei der Eigennutzung sind es die eingesparten Kaltmieten. In beiden Fällen müssen die nicht umlegbaren Nebenkosten und die Instandhaltungskosten abgezogen werden. Die Finanzierung geschieht mit dem vorhandenen Eigenkapital und dem aufzunehmenden Fremdkapital. Dessen maximale Höhe hängt bei gegebener Bonität davon ab, welche monatliche Rate nachhaltig aufgebracht werden kann. Daraus lässt sich dann die maximal mögliche Höhe des Immobilienkredits ableiten.

     

    Unter der Voraussetzung, dass es sich bei den Monatsraten (hier Nettomieten) um viele gleichmäßige Zahlungen (gleiche zeitliche Abstände, gleiche Höhe) handelt, können finanzmathematische Faktoren eingesetzt werden. In diesem Fall ist der Barwertfaktor (vgl. zur Auswahl der Faktoren Hoberg [2020], S. 1 ff.), relevant, der die Aufgabe erfüllt, die Kredithöhe aus den gleichmäßigen monatlichen Zahlungen unter Berücksichtigung von Zinsen zu ermitteln. Der nachschüssige Barwertfaktor (BWF) ist wie folgt definiert (vgl. z. B. Götze, S. 76 ff.):

     

    BWF = (qtn ‒ 1) ÷ (qtn × i)

    in EUR0 ÷ EUR1;tn

     

    i

    Kalkulationszinssatz pro Periode (hier: monatlich)

    q

    Periodenzinsfaktor 1 + i (hier: monatlich)

    tn

    Anzahl Perioden (hier: Anzahl Monate)

     

    Zur Steigerung der Klarheit werden erweiterte Einheiten verwendet. Danach hat eine Zahlung zum Zeitpunkt t nicht nur die Einheit EUR, sondern EURt (vgl. Hoberg [2018], S. 468 ff.). Die für den nachschüssigen BWF verwendete Einheit „EUR0 ÷ EUR1;tn“ bedeutet, dass für jeden EUR der gleichmäßigen Raten von t = 1 bis t = tn ein bestimmter Betrag in t = 0 resultiert.

     

    Der maximale Kreditbetrag (KBmax) ergibt sich, indem der BWF mit den gleichmäßigen Monatsraten (MR) multipliziert wird:

     

    KBmax = BWF × MR

    in EUR0

     

    Die Höhe des BWF hängt entscheidend von der Länge des Planungszeitraums tn ab. Daher sollen Beispiele für unterschiedliche Laufzeiten berechnet werden. Der Zinssatz sei mit 4 % p. a. angenommen. Aus dem Jahreszinssatz von 4 % ergibt sich ein effektiver Monatszinssatz iM von 0,3274 %. Die Kalkulationsweise wird anhand des Beispiels für eine 20-jährige Laufzeit bis zur kompletten Rückzahlung gezeigt. Die Kalkulation über die Volltilgung empfiehlt sich auch deswegen, weil weitere Zinserhöhungsgefahren drohen (vgl. Hoberg [2022a], S. 248 ff.). Für die Berechnungen der Barwerte werden BWF eingesetzt. Sie sind auf 1 EUR pro Rate normiert. Für den 20-jährigen Ansatz erhält man bei dem Monatszinssatz von 0,3274 % (= 0,003274):

     

    BWF (tn = 240; i = 0,003274) = (1,003274240 ‒ 1) ÷ (1,003274240 × 0,003274)= 166,05

    in EUR0 ÷ EUR1;240

     

    240 Monatsraten à 1 EUR1;240 sind somit nach Abzinsung per t = 0 166 EUR0 wert. Damit berechnet sich der KBmax bei einer Monatsrate von 1.000 EUR1;240 wie folgt:

     

    KBmax = 166,05 × 1.000 = 166.050

    in EUR0

     

    Mit dieser Formel kann somit die Teilaufgabe gelöst werden, wie hoch der maximale Kreditbetrag sein darf.

    2. Kalkulation mit Beispielen

    2.1 Ermittlung der maximalen Kreditrate

    Die gesamte Kalkulationsweise wird anhand eines Beispiels für eine 20-jährige Laufzeit mit Volltilgung gezeigt. Zunächst sei die maximale Kredithöhe ausgerechnet, die auf der maximal möglichen Kreditrate (Tilgung und Zinsen) beruht. Dazu muss im ersten Schritt bestimmt werden, welche Monatsrate gestemmt werden kann. Durch den Kauf entfällt die bisherige Kaltmiete (s. Zeile 1 in Tabelle 1), die für das Beispiel 1 mit 1.000 EUR monatlich angenommen wird.

     

    • Tabelle 1: Ermittlung der maximalen Finanzierungsrate
    Zeile
    Position
    Einheit
    Beispiel 1
    Beispiel 2
    Eigene Daten

    1

    Bisherige Kaltmiete

    EUR1;240

    1.000

    500

    2

    Nicht umlegbare Nebenkosten

    EUR1;240

    40

    30

    3

    Wohnfläche

    qm

    100

    54

    4

    Instandhaltung pro Fläche

    EUR/(qm × a)

    9

    12

    5

    Instandhaltung monatlich

    EUR1;240

    75

    54

    6

    Verfügbare Kaltmiete

    EUR1;240

    885

    416

    7

    Bisheriger Monatsüberschuss

    EUR1;240

    115

    50

    8

    Zusätzliches Sparpotenzial

    EUR1;240

    0

    100

    9

    Maximale Finanzierungsrate

    EUR1;240

    1.000

    566

     

    Der Großteil der Nebenkosten fällt auch dann an, wenn die Wohnung gekauft wurde, z. B. Strom, Wasser, Müllgebühren, Grundsteuer, Schneeräumen, Hausmeister, Fahrstuhl, Breitbandantenne. Der Besitzer der Wohnung muss aber noch zusätzliche, nicht umlegbare Positionen tragen wie z. B. die Kosten der Verwaltung und Bankgebühren (Zeile 2 in Tabelle 1). Dazu verbleiben auch Instandhaltungskosten beim Besitzer (Zeile 5). Diese werden üblicherweise über die Fläche und den Flächensatz abgerechnet, der je nach Alter der Wohnung grob bei 10 EUR/qm pro Jahr liegt. Mit diesen Abzügen reduziert sich die verfügbare Kaltmiete gemäß Zeile 6. Allerdings sollte geprüft werden, welcher Betrag jeden Monat gespart werden konnte bzw. in Zukunft gespart werden kann, was in Zeile 7 einzutragen ist. Hierbei sollte der Entscheider aber vorsichtig sein, weil gerade nach einem Umzug viele zusätzliche Auszahlungen notwendig werden können. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass zusätzliche Beträge eingespart werden können, weil die zu kaufende Wohnung eine bessere Verkehrsanbindung besitzt.

     

    Im Beispiel 1 stehen somit über die 20 Jahre (= 240 Monate) 1.000 EUR1;240 zur Verfügung (im Beispiel 2 sind es 566 EUR1;240).

     

    2.2 Ermittlung des maximalen Kaufpreises

    Auf Basis der gerade berechneten maximalen Finanzierungsrate kann nun der höchstmögliche Kreditbetrag ermittelt werden. Dazu muss die Rate mit dem BWF multipliziert werden, wie bereits beschrieben:

     

    KBmax = 166,05 × 1.000 = 166.050

    in EUR0

     

    Hinzu kommt das vorhandene Eigenkapital, das ebenfalls wichtig ist, um einen günstigen Zinssatz zu erhalten. Denn je höher die Eigenkapitalquote ist, umso geringer fällt der Risikoaufschlag der Banken aus. Es wird ein Betrag von 30 TEUR0 angenommen, sodass insgesamt gerundet 196 TEUR0 zur Verfügung stehen. Auch hier sollte eine kleine Sicherheitsreserve abgezogen werden, damit die defekte Waschmaschine nicht zum Problem wird. Leider kann dieser Betrag nicht vollständig für den Kaufpreis verwendet werden, da zum Kaufzeitpunkt noch Kaufnebenkosten anfallen für Grundsteuer (5 bis 6,5 %), Notar und Grundbuch (ca. 2 %) und ggf. für den Makler bis zu 3,47 % Käuferprovision. Geht man von 10 % aus, die auf den Kaufpreis aufgeschlagen werden müssen, ergibt sich der maximale Kaufpreis (KPmax) zu:

     

    KPmax = 196 ÷ 1,1 = 178,2 TEUR0

     

    Es muss also ein Kaufpreis von maximal 178 TEUR verhandelt werden.

    3. Verallgemeinerung mit Tabellen

    Die beschriebene Kalkulation basierte auf einem bestimmten Set von Zahlen. Es können aber auch andere Kombinationen eintreten. Daher werden in der folgenden Tabelle wesentliche Parameter geändert. Einen sehr großen Einfluss üben das vorhandene Eigenkapital und die maximale Finanzierungsrate aus. Für diese sind verschiedene Ausprägungen angegeben. Die weiteren Parameter finden sich im Kopf der Tabelle.

     

    • Tabelle 2: Maximaler Kaufpreis in TEUR bei 20 Jahren Laufzeit und 4,0 % Zinssatz

    Laufzeitjahre

    20

    Kaufnebenkosten

    10,0 %

    Jahreszinssatz

    4,0 %

    Barwertfaktor

    166,1

    Maximale Finanzierungsrate in EUR/Monat

    400

    500

    600

    800

    1.000

    1.200

    1.400

    1.600

    1.800

    2.000

    Eigenkapital in TEUR

    10

    69

    85

    100

    130

    160

    190

    220

    251

    281

    311

    20

    79

    94

    109

    139

    169

    199

    230

    260

    290

    320

    30

    88

    103

    118

    148

    178

    208

    239

    269

    299

    329

    40

    97

    112

    127

    157

    187

    218

    248

    278

    308

    338

    50

    106

    121

    136

    166

    196

    227

    257

    287

    317

    347

    75

    129

    144

    159

    189

    219

    249

    280

    310

    340

    370

    100

    151

    166

    181

    212

    242

    272

    302

    332

    363

    393

    125

    174

    189

    204

    234

    265

    295

    325

    355

    385

    416

    150

    197

    212

    227

    257

    287

    318

    348

    378

    408

    438

     

    Als Faustregel ist festzuhalten, dass der maximale Kaufpreis je 100 EUR höherer maximaler monatlicher Finanzierungsrate um 15 TEUR0 steigt. 10 TEUR mehr Eigenkapital lassen den Preis um ca. 9 TEUR ansteigen (wegen der Kaufnebenkosten nur unterproportional). Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Kreditzinssatz in der Praxis sinkt, wenn mehr Eigenkapital eingesetzt werden kann. Daher kann der Effekt von zusätzlichem Eigenkapital auch deutlich höher liegen (vgl. Hoberg [2019], S. 235 ff.).

     

    Im nächsten Schritt werden die Parameter im Kopf der Tabelle geändert. Statt 20 fließen nun 30 Jahre in die Berechnung ein. Der Zinssatz steigt dadurch leicht auf 4,1 % an.

     

    • Tabelle 3: Maximaler Kaufpreis in TEUR bei 30 Jahren Laufzeit und 4,1 % Zinssatz

    Laufzeitjahre

    30

    Kaufnebenkosten

    10,0 %

    Jahreszinssatz

    4,1 %

    Barwertfaktor

    208,8

    Maximale Finanzierungsrate in EUR/Monat

    400

    500

    600

    800

    1000

    1200

    1400

    1600

    1800

    2000

    Eigenkapital in TEUR

    10

    85

    104

    123

    161

    199

    237

    275

    313

    351

    389

    20

    94

    113

    132

    170

    208

    246

    284

    322

    360

    398

    30

    103

    122

    141

    179

    217

    255

    293

    331

    369

    407

    40

    112

    131

    150

    188

    226

    264

    302

    340

    378

    416

    50

    121

    140

    159

    197

    235

    273

    311

    349

    387

    425

    75

    144

    163

    182

    220

    258

    296

    334

    372

    410

    448

    100

    167

    186

    205

    243

    281

    319

    357

    395

    433

    471

    125

    190

    209

    228

    266

    303

    341

    379

    417

    455

    493

    150

    212

    231

    250

    288

    326

    364

    402

    440

    478

    516

     

    Durch die längere Laufzeit erhöht sich der maximale Kaufpreis wesentlich, z. B. bei einer monatlichen Finanzierungsrate von 1.000 EUR und 30 TEUR Eigenkapital von 178 TEUR auf 217 TEUR (fett markiert in den Tabellen 2 und 3). Aber der Schritt hin zu längeren Laufzeiten muss wohlüberlegt sein, weil sich zusätzliche Risiken ergeben. Auch kann es z. B. sein, dass nach 20 Jahren Geld für das Studium der Kinder benötigt wird.

    4. Übertragbarkeit auf Kapitalanleger und andere Investitionen

    Das vorgestellte Berechnungsschema ist für den Käufer einer selbst genutzten Immobilie konzipiert worden, es kann aber auch für den Kapitalanleger eingesetzt werden. Dieser muss sich überlegen, wie teuer eine Immobilie sein darf, die vermietet werden soll. Der monatliche Überschuss kann wieder aus der Nettomiete abzüglich der nicht umlegbaren Nebenkosten und der Instandhaltungskosten berechnet werden. Auch die Höhe des Eigenkapitals, die für die Absicherung der Immobilie verwendet werden soll, muss sich der Kapitalanleger überlegen. Diese wird die Bank bei der Festlegung des Kreditzinssatzes ebenfalls wissen wollen. Die Rechenschritte sind dann dieselben wie beschrieben.

     

    Die vorgestellte Kalkulationsweise kann außerdem auf andere Problemstellungen angewendet werden, wenn teure Wirtschaftsgüter gekauft werden sollen. Im privaten Bereich kann so z. B. der Kauf eines Fahrzeugs beurteilt werden.

     

    FAZIT | Angesichts der gestiegenen Zinssätze ist die Situation für Käufer sehr viel schwieriger geworden. Da zurzeit ca. 4 % p. a. für langfristige Immobilienkredite bezahlt werden müssen, ist die Finanzierung deutlich teurer geworden. Das hat zu einem Einbruch der Verkäufe geführt, weil die Verkäufer (noch) nicht bereit sind, ihre Preise deutlich zu senken (vgl. Hoberg [2022b], S. 336 ff.). Um eine zukünftige finanzielle Überforderung zu vermeiden, sollte der potenzielle Käufer mit dem vorgestellten Schema überprüfen, ob er schon kaufen kann oder noch warten muss. Der maximal mögliche Kaufpreis dient vor allem der Vorsortierung. Ob eine bestimmte Immobile dann wirklich gekauft werden sollte, muss mit einer speziellen Investitionsrechnung überprüft werden (vgl. z. B. Hoberg [2021], S. 298 ff.).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Götze, U.: Investitionsrechnung, Modelle und Analyse zur Beurteilung von Investitionsvorhaben, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 2014
    • Hoberg, P. (2018): Einheiten in der Investitionsrechnung, WISU, 47. Jg., 4/2018, S. 468 ‒ 474
    • Hoberg, P. (2019): Ermittlung des optimalen Eigenkapitals ‒ dargestellt an einem Immobilienbeispiel, BBP 19, 235
    • Hoberg, P. (2020): Controllers Trickkiste: Die sichere Auswahl von finanzmathematischen Faktoren, iww.de/s5464
    • Hoberg, P. (2021): Finanzierung eines Immobilienerwerbs als Vermögensanlage: Berechnung der Kreditdauer, BBP 21, 298
    • Hoberg, P. (2022a): Finanzierung bei Zinserhöhungsgefahren, BBP 22, 248
    • Hoberg, P. (2022b): Nach Erhöhung der Zinssätze: Wie weit müssen die Immobilienpreise fallen, um attraktiv zu bleiben?, BBP 22, 336
    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 314 | ID 49323798

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